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Zu den andern Ogern aber sprach sie: „Der Kaufmann hat keine Perlenkette.“

Da gaben ihr alle Oger jeder fünf Perlen, und sie selbst tat zehn dazu, so daß er über fünfzig Perlen hatte. Die faßte sie an einem Faden auf und hängte sie ihm um den Hals. Jede einzelne dieser Perlen war mehrere hundert Lot Silber wert.

Der Kaufmann kochte nun das Fleisch; dann ging er mit der ganzen Herde zur Höhle hinaus, um den großen König zu empfangen. Sie kamen in eine weite Höhle; mitten darin lag ein großer Felsblock, der war glatt und eben wie ein Tisch. Ringsum standen steinerne Sitzplätze. Der Ehrenplatz war mit einem Leopardenfell bedeckt, die übrigen alle mit Hirschfellen. Mehrere Dutzend der Oger saßen in Reih und Glied in der Höhle.

Plötzlich erhob sich ein großer Sturm, der den Staub aufwirbelte, und ein Ungeheuer kam herbei, das in seiner Gestalt den Ogern glich. Die Oger kamen alle in großer Aufregung heraus, ihn zu empfangen. Der große König lief in die Höhle hinein, setzte sich mit gespreizten Beinen nieder und blickte mit runden Adleraugen um sich. Die ganze Herde folgte ihm dann in die Höhle. Sie stellten sich zu seinen beiden Seiten, blickten zu ihm empor und legten die Arme auf der Brust in Form eines Kreuzes zusammen, auf diese Weise ihm ihre Ehrfurcht bezeugend.

Der große König nickte mit dem Haupt, blickte sie an und fragte: „Sind von dem Wo-Me Berge alle da?“

Die ganze Herde bejahte es.

Dann erblickte er den Kaufmann und fragte: „Und woher kommt der?“

Seine Frau antwortete für ihn, und alle erwähnten mit Lob seine Kochkunst. Ein paar von den Ogern brachten gekochtes Fleisch herbei und breiteten es auf dem Tische aus. Der große König fraß sich satt daran und lobte ihn dann mit vollem Munde und befahl, ihm immer diese Speise zu liefern.

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_219.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)