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mehrere der schönsten und großartigsten Gestalten auf, die Bananen und die Palmen. Wer Sinn für Naturschönheit hat, findet auf dieser köstlichen Insel kräftigere Heilmittel als das Klima. Kein Ort der Welt scheint mir geeigneter, die Schwermuth zu bannen und einem schmerzlich ergriffenen Gemüthe den Frieden wieder zu geben.“

Unter den vielen einzelnen Merkwürdigkeiten der canarischen Inseln, welche in Humbold’s und Buch’s Schilderungen unser Interesse erwecken, stellt aber wieder ein einziger Gegenstand alle übrigen in Schatten: Das ist der Pik von Teyde auf Teneriffa, oder der Teyde, wie ihn die Insulaner schlechtweg nennen. Weit alle übrigen Krater der Inselgruppe überragend, erhebt sich dieser stolze Centralvulkan aus dem Schooße der atlantischen Fluth ungefähr zu derselben Höhe, welche unsere schneeschimmernde Jungfrau im Berner Oberland erreicht. (Die neueren Messungen bestimmen die Meereshöhe des Pik zu 12,200 Fuß, während einige ältere Messungen ihm mehr als 13,000 Fuß, andere allerdings auch weniger als 12,000 Fuß geben.) „Wenn der Krater des Pik, sagt Humboldt, der seit Jahrhunderten halb erloschen ist, Feuerbüschel ausströmte, wie der Stromboli-Vulkan auf den liparischen Inseln, so würde der Pik von Teneriffa, einem riesigen Leuchtthurm ähnlich, dem Schifffahrer in einem Umfang von mehr als 260 Meilen zur Richtung dienen.“ So werden wir es nicht wunderbar finden, wenn die Alten in dieser mächtige Felsenpyramide den Grundpfeiler gefunden zu haben glaubten, dessen mächtige Schultern das Himmelsgewölbe tragen, und wenn in ihrer dichterischen Phantasie der Teyde ebenso zum Atlas wurde, wie glückseligen Inseln zu den elysäischen Gefilden.

Aber nicht die gewaltige Felsmasse, die imposante Pyramiden-Gestalt und die erstaunliche Höhe, bis zu welcher der Pik sich mitten aus dem atlantischen Ocean erhebt, haben ihn zu einem der berühmtesten Berge gemacht. In noch viel höherem Maaße haben dazu die Naturschönheiten beigetragen, die seinen Fuß umgürten, und die geologischen Merkwürdigkeiten, die sein Haupt krönen. Man kann nicht Humbold’s glänzende Schilderung des Orotava-Thales lesen, ohne von lebendiger Sehnsucht nach diesem Paradiesgarten ergriffen zu werden; und man kann sich nicht in Buch’s meisterhafte Darstellung von den vulkanischen Wundern des Piks vertiefen, ohne die lebhafteste Begierde nach ihrem unmittelbaren Anblick zu empfinden. Dazu gesellt sich für den Naturforscher noch das tiefere Interesse für die classische Bedeutung, welche der Pik durch Buch’s und Humbold’s Untersuchungen für die Geologie und für die Pflanzengeographie gewonnen hat.

Schon in früher Jugend war durch diese Darstellungen die Wanderlust nach dem Pik von Teneriffa mächtig in mir angefacht worden,

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_002.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)