Seite:Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin V 007.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

kleine Bäume bildet, und deren scharft giftiger Milchsaft von den Fischern zum Vergiften der Fische benutzt wird. Die canarischen Inseln sind an Euphorbien überaus reich. Mehr als 20 verschiedene Arten finden sich hier; mehrere derselben erheben sich zu starken, dicht verzweigten Bäumen. Eine davon, die süße Wolfsmilch (Euphorbia balsamifera), welche wir auf den Strandklippen hinter den Küstenbatterien von Santa Cruz fanden, gleicht unsern Wachholderbüschen, und ist ausgezeichnet durch den süßen, nicht giftigen Milchsaft, welcher eingedickt als Gelée verspeist werden soll.

Zwischen diesen Euphorbien wuchsen auf den Felsen des Barranco zerstreut kleine Büsche mit gegliederten, fleischigen, nur an der Spitze blättertragenden Aesten, die wir ebenfalls für eine baumartige Wolfsmilch hielten. Aber beim Abbrechen der Zweige entleerte sich kein Milchsaft, und bald entdeckten wir einzelne gelbe Compositenblüthen an ihnen, welche uns sofort zeigten, daß wir eine von den Euphorbien weit entfernte Pflanze vor uns hatten. Es war die Kleinia nereifolia, eine unserm Huflattig nahe verwandte Composite. Die auffallende Aehnlichkeit in der ganzen Tracht, welche zwei im Systeme, d. h. im Stammbaum, so weit von einander entfernte Pflanzen zeigen, erklärt sich einfach durch die Anpassung an gleiche Lebensbedingungen. Noch ein kleiner Strauch, den wir zwischen den Euphorbien und Kleinien in der Valle Ameida fanden, mag hier erwähnt werden, weil er gleich jenen Beiden zu den bedeutendsten Charakterpflanzen der canarischen Inseln gehört. Das ist die Plocama pendula, ein Busch von 8–10 Fuß Höhe, welcher mit unserm Waldmeister und Geisblatt, aber auch mit dem auf Teneriffa cultivirten Caffeebaume in eine und dieselbe Familie gehört. Mit ihren zahllosen feinen niederhängenden Zweigen und schmalen dünnen Blättern gleicht die Plocama einer Trauerweide im Kleinen. Während meine Reisegefährten tiefer unten zwischen den Felsen umherstiegen, war ich höher in die Ameida-Schlucht hinaufgeklettert, und gelangte hier zu einigen Bauernhütten, welche von Cactus-Pflanzungen umgeben waren. Vor den niederen Hütten spielten nackte braune Kinder, und bei meiner Annäherung stürzte mir eine Schaar von großen halbwilden Hunden laut bellend entgegen. Diese wolfähnlichen Thiere, Perros genannt, die in großer Anzahl auf den Inseln leben und gegen die wir uns später noch oft mit den Stöcken zu wehren hatten, erinnerten mich an die großen Hunde, welche den canarischen Inseln ihren Namen gegeben haben. Zur Zeit von Christi Geburt sandte Juba, der tapfere König von Numidien, einige Schiffe nach den glückseligen Inseln aus, welche zuerst genauere Nachrichten darüber nach der Mittelmeerküste brachten. Diese Expedition, die älteste und einzige des Alterthums, von der wir nähere historische

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_007.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)