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sie im Uferwalde empor. Bei einer kleineren an die vorige angenäherten Insel wurde die erste Ambatsch-Vegetation bemerkt (Herminiera Elaphroxylon G. P.), welche von hier an eine so hervorragende Rolle unter der Ufervegetation spielt und überhaupt als das merkwürdigste Gewächs der Flora des obern Nils bezeichnet werden kann. Sie kommt auch im Senegal vor und ist durch die beispiellose Leichtigkeit ihres Holzes, das rapide Wachsthum des schwammigen Holzkörpers und eine 5–6jährige Vegetationsepoche ausgezeichnet, welche dadurch entsteht, daß nach Verlauf dieser Zeit, wenn die bis zu 15 and 20 Fuß Höhe aufgeschossenen und an der Basis mannsstarken Stämme ihre Verholzung vollendet haben, Sumpfameisen und Gewürm die festeren Theile unten am Boden zerstören, so daß die ganze Masse umstürzt und schnell faulend den Strom hinabtreibt. Zahllose Sämlinge gewinnen nun Platz zur Entwickelung, erreichen indeß im ersten Jahre nicht diejenige Größe, welche der Schifffahrt Hindernisse bereiten könnte. Hieraus erklärt sich die seltsame Erscheinung, daß an Stellen, wo vor einigen Jahren Ambatschmassen ein undurchdringliches Dickicht auf der Oberfläche des trägefließenden Stromes bildeten, jetzt weites klares Fahrwasser sich dem Reisenden darbietet, wo man nur an den Ufern die 1–2 Fuß hohen frisch sprossenden und einjährigen Ambatschpflanzen wahrnimmt. Der letztere Fall begünstigte, wie man aus dem Folgenden ersehen wird, außerordentlich die Fahrt in den Gewässern des Gazellenstromes.

13. Januar 1869. Man hält wieder bei einer Insel mit Hochwald, immer noch im westlich von der Insel Aba gelegenen Canale steuernd. Grüngraue Meerkatzen und Marabut-Störche treten hier zum ersten Male in größerer Menge vor die Augen des Fremdlings und vermehren den romantischen Zauber dieser Waldeinsamkeit. Auch fand hierselbst das erste Zusammentreffen mit Schilluk-Negern statt, welche ehedem auf allen diesen Inseln ansässig, jetzt nur ausnahmsweise bis in diese Breite (12° 30′) auf ihren Kähnen von ausgehöhlten Tamarindenstämmen vordringen, während die Baggāra-Araber immer mehr festen Fuß an den Flußufern fassen und sich bereits mit ihren Heerden weit in das Innere an der östlichen Seite des Stromes hineinwagen.

Nachmittags passirt man, eine seltene Erscheinung im Fahrwasser des Weißen Nil, lange, streifenförmige Sandbänke, welche mit unabsehbaren Schaaren des Kronenkranichs bedeckt erscheinen, den man nicht selten auch an den Küsten Siciliens antrifft und der einer der in größten Massen diese Gewässer bewohnenden Vögel ist. In 4 bis 5 Reihen aufgestellt, wie ein Regiment Soldaten, machen sie alle nach Norden zu Front. Am westlichen Ufer gewahrt man auch große

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_033.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)