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erlegte ich eine Python-Schlange von 15 Fuß Länge. Auffallend dabei erschien die schnelle Tödtung des Ungethüms durch einen Schuß mit 4 groben Schroten. Die rechte Seite des Hauptstromes wird übrigens hier nicht vom Festlande, sondern von einer durch den langen Arm gebildeten Insel eingenommen, die sich mehrere Stunden weit ober- und unterhalb Faschōda’s erstreckt. Dahinter sollen die hier noch unbelästigten Dinka in ausgedehnten Ortschaften seßhaft sein.

27. Januar 1869. Von Soldaten der Regierung begleitet unternahm ich eine Rundtour durch die Umgegend Faschōda’s, auf welcher mehrere Dörfer der Schilluk visitirt wurden. Nach außen nicht umfriedigt bestehen dieselben aus ziemlich eng zusammengehäuften Hütten, an welche sich Strohmatten-Zäune anschließen, die in sich den Viehbestand eines jeden Familienvaters beherbergen. Die Hütten selbst bestehen aus einer runden Erdmauer, welche das etwas gewölbte, kuppelförmige Strohdach trägt. Eine kreisrunde Oeffnung im Innern der Umzäunung, die von jeder Hütte ausgeht, führt in den runden, reinlich mit neuen Strohmatten ausgelegten Raum. In der Mitte eines jeden Hüttencomplexes (von Dörfern kann eigentlich keine Rede sein, da das ganze westliche Nilufer 50 Meilen weit wie ein einziges Dorf erscheint, indem die einzelnen Weiler höchstens 500 bis 1000 Schritt auseinander liegen) befindet sich eine Art Marktplatz von rundlicher Gestalt, wo man Abends zusammenkommt und auf Thierhäuten oder Stücken von Ambatschholz am Boden niederkauernd das mückenfeindliche Arom der unablässig angefeuerten Haufen trockenen Kuhmists einathmet oder aus riesigen Pfeifen von ungebranntem Nilthon den keineswegs zu verachtenden Tabak des Landes raucht. Auf solchen Plätzen steht gewöhnlich ein großer Baumstamm eingegraben, an welchem große mit Ziegenhäuten überspannte Kürbisschalen (s. g. Nogara) befestigt sind, um bei herannahender Gefahr die ganze Ortschaft zu alarmiren und die Kunde davon den Nachbarn mitzutheilen.

Die äußere Erscheinung der Schilluk ist keineswegs einnehmend. Zunächst mißfällt dem Beschauer der fast allen Negerstämmen des oberen Nilgebiets eigene Mangel der unteren Schneidezähne, die frühzeitig ausgebrochen werden. Ihre an und für sich unästhetisch gestalteten Körper, jeder Bekleidung baar, erhalten durch die beständige Tünchung mit Asche einen wahrhaft diabolischen Ausdruck. Die knochigen, äußerst dürren Gliedmaßen, fast vollständiger Mangel an äußerer Fettbildung und schließlich die Passivität aller ihrer Attituden verleihen dem Schilluk nicht selten ein mumienhaftes Aussehen; der an ihren Anblick noch nicht gewöhnte Neuling kann sich kaum der Täuschung erwehren, in diesen aschgrauen Gestalten eher verschimmelte

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_043.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)