Seite:Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin V 054.jpg

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den größten Theil desselben einnehmenden Augen, flattert gespentisch am Boden hin und her, kaum wahrnehmbar bei seiner mit dem dürren Grase und schwarzen Erdthone übereinstimmenden Färbung. Auch ein kleiner brauner Reiher, der auf dem Scheitel eine Federtolle trägt, gehörte zu den auffallenden Erscheinungen in der bisherigen Vogelwelt. Die Nächte der letzten Tage waren auffallend frisch und wohl in Folge dessen auch die Mückenplage, von welcher frühere Reisende häufig an dieser Stelle berichtet haben, kaum wahrnehmbar.

10. Februar. Der ganze Tag vergeht wieder in Anstrengungen um in grasverengten Canälen durchzukommen. Große Papyrus-Massen treten nun auf und nach langer Unterbrechung auch wieder einmal wirkliches Nilschilf, das Ssūf der Alten. Merkwürdigerweise wird das allverbreitete Sumpfgras der Ufer des weißen Nils und des Gazellenflusses von den heutigen Befahrern dieser Ströme Om-Ssūf oder Om-Ssōfa, (d. h. Mutter der Wolle) genannt, wegen der eigenthümlichen Behaarung der langen Blattscheiden, welche dieser Grasart die unangenehme Eigenschaft ertheilen, die Körper der in ihren Massen sich durcharbeitenden Leute, wie mit einem dichten feinen Flaume zahlloser stechender Borsten zu bekleiden. Auch die Schärfe der Blattränder und die häufigen Schnittwunden, welche die Haut erleidet, vermehren die Unannehmlichkeiten dieses tagtäglichen Kampfes gegen eine Welt von Gras, und dennoch ist dieses endlose Grasmeer nichts anders als eine unerschöpfliche Wiese, welche Rindern, Schafen und Pferden die beste Weide darbieten könnte; denn der Om-Ssūf-Graswald wird von allen gern gefressen. Abends wird offenes Fahrwasser gewonnen, und die Barken halten am linken Ufer, welches von baumloser Steppe gebildet wird.

11. Februar. In der Frühe geht es endlich mit Segeln bei mäßigem Winde und offenem Wasser glücklich weiter, allein dieser Vortheil währt nicht lange, denn bald verzweigt sich der Hauptarm wieder zu einem Gewirre zahlloser Grascanäle, in welchen hin und her steuernd, kein Schiffer im Stande wäre, eine richtige Vorstellung von der eigentlichen Richtung des Stromes zu gewinnen. Die Spitzen und Nasen der einzelnen Grasinseln erscheinen stets von riesigen Papyrusgebüschen gekrönt. Immer nur in gesonderten Massen auftretend bildet er hier nicht den zusammenhängenden imposanten Ufersaum, wie an den oberen Ufern des Gazellenflusses, wahrscheinlich weil er ruhigen Wassers bedarf und an dieser Stelle, wo der Strom der zahlreichen Grasverstopfungen wegen mit großer Gewalt aus den verengten Canälen hervorquillt, solches vermißt. Dieser Umstand macht nun auch öfter das Seilziehen unmöglich, und die Mannschaft hat Mühe genug, um schwimmend die größeren Papyrus-Massen zu gewinnen, und an

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_054.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)