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der Seriba, daß der Djūr noch vor wenigen Tagen den Leuten bis an die Schultern gereicht habe, und daß jetzt sein niedrigster Stand eingetreten sei. Als ich zehn Tage später den Fluß an einer ¾ Stunden südlicher gelegenen Stelle überschritt, war sein ganzes Bett in einer Breite von 200 Schritt wasservoll, allein dessen ungeachtet konnte ich auf den Schultern zweier starker Männer sitzend trocknen Fußes das andere Ufer erreichen. v. Heuglin, welcher an einer Stelle, die ich auf 8½ deutsche Meile von hier gen NO. zu N. gelegen annehme, den Djūr am 8. April 1863 überschritt, gab daselbst eine Breite von 300 Schritt und eine Tiefe von 1–3 Fuß an.[1]

Nachdem ich an erstgenannter Stelle ein Canoe zur Ueberfahrt benutzt, unternahm ich in der Mittagshitze auf der gegenüberliegenden Seite eine mehrstündige Jagd auf große Kuhantilopen, verirrte mich und langte äußerst erschöpft im Dorfe des Rōl an, wo ein Paar meiner Leute auf mich warteten. Wir hatten in SSW. noch l½ Stunden zu marschiren, um Kurschuk Ali’s neue Hauptseriba, die in diesem Jahre gegründet worden, zu erreichen.

Kurschuk-Ali’s Djūr-Seriba liegt nach allen Seiten von dichtbewaldeten Hügelwellen umgeben, in einer unregelmäßig zum Flusse geneigten Thalniederung, welche mich wiederholt an die Umgegend von Bukow und die sogen. märkische Schweiz erinnerte. Hier hat Chalīl, der Verwalter, nach der gänzlichen Zerstörung des alten Etablissements durch eine Feuersbrunst das neue in Gestalt einer Art Muster-Seriba errichtet. Nirgends gewahrte ich bei den andern Seriben Planmäßigkeit, Ordnung und Reinlichkeit wie hier. Die Magazine allein und die Wohnung des Verwalters erhoben sich auf einem freien sauberen Platze inmitten des Pallisaden-Carré’s, welches in geraumem Abstande erst von den Hütten der Soldaten und Zugehörigen des Etablissements umgeben wird. Die der Salubrität so nachtheilige Anhäufung vieler dieser lüderlichen Behausungen auf einem Platze, und die in Folge derselben beständig drohende Feuersgefahr, schließlich der Nachtheil bei einem Angriff seitens der Eingebornen, nirgends freies Terrain zur Vertheidigung zu haben, bestimmten Chalīl zu diesen Neuerungen. Sehr fremdartig nahmen sich die schönen neuen Hütten aus, welche er nicht, wie fast in ganz Afrika gebräuchlich, von runder Gestalt erbauen ließ, sondern die hohe, vierkantige Wände besaßen, und in Folge dessen weit mehr Raum und Bequemlichkeiten darboten.

Alsbald nach meiner Ankunft sah ich mich von einer ganzen Schaar neu angelangter Niām-Niām umgeben, welche mit ungleich


  1. Thatsache ist, daß eine vor Jahren am Djūr gezimmerte Barke Kurschuck Ali’s beim Hochwasser ohne Hindernisse den Gazellenfluß erreichte.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_128.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)