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in der Minderzahl, und es scheint dies auch für andere Tedā-Stämme zu gelten, wenn wir dem Scheich Mohammed-Ebn-Omar-el-Tunsi und seinem Zeugniß über die Goraʿan Glauben schenken sollen.

Noch mehr als durch die Hautfarbe weichen sie durch Gesicht- und Kopfbildung von den Einwohnern Bornu’s ab. Da ist Nichts von dem runden Gesichte der Bornani, ihrer Stumpfnase mit den plattgedrückten Nasenbeinen und den aufwärts oder nach vorn gekehrten weiten Nasenlöchern, keine Spur von den vorspringenden Jochbeinen, dem unförmlichen Munde mit den wulstigen Lippen und dem massigen, quadratischen Unterkiefer, der gegen den Oberkiefer zurückweicht Kopfform und Gesichtsbildung im Allgemeinen sind entschieden kaukasisch. Wie bei den Negern Bornu’s, soweit ich sie kenne (und sie sind so weit über Nord-Afrika verbreitet, daß man kaum in ihr Vaterland zu reisen braucht, um den allgemeinen Typus zu kennen), Alles plump, rund, massig ist, so ist bei den Tedā Tu’s Alles schlank, länglich, gefällig. Die Nasen sind wohlgebildet, meist gerade, von mäßiger Länge, und wenn sich Stumpfnasen finden, so giebt es auf der andern Seite vielleicht eben so viel Adlernasen, die ich, zumal bei den Frauen, nicht selten sah. Durch die mäßige Größe des Mundes und die Lippenform, welche die Zähne bedeckt, sieht man diese selten; auch haben sie keinerlei Veranlassung mit ihnen zu kokettiren, da sie wohl in Folge des unausgesetzten Tabakkauens, nicht eben von blendender Weiße sind.

Der Bartwuchs ist auch bei ihnen spärlich, doch immerhin häufiger entwickelt, als man ihn bei den Negern findet. – Das Haar wird länger und ist weniger wollig und hart, als bei diesen, doch immer noch weit entfernt von der kaukasischer Weichheit.

Ihre Züge im Allgemeinen sind regelmäßig und würden, wenn auch natürlich nicht Alle hübsche Leute sind, einnehmend und gefällig sein, wenn ihr Ausdruck nur etwas Freundliches, Lachendes, Vertrauliches, Offenes an sich hätte. Doch ihr verschlossener, argwöhnischer, falscher Blick verdirbt den empfangenen Eindruck.

Die Tätowirung der Tibbu tritt so sehr in den Hintergrund, daß man stets behauptet hat, sie wären ohne eine solche. Doch dies ist ein Irrthum: die Männer haben alle 4–6 Zoll lange Schnittnarben, welche jederseits von der Schläfe auf den arcus zygomaticus herabsteigen und „berī berî“ heißen; nur sind sie wenig in die Augen fallend.

Die Frauen und Mädchen genießen dieselben Vortheile eines schlanken, zierlichen Wuchses, kleiner Hände und Füße, regelmäßiger Gesichtsbildung, gefälliger Züge und kaukasischer Kopfbildung. Sie sind ausgezeichnet[WS 1] durch eine stolze, selbstbewußte, ja elegante


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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_238.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)