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berufen, die Gewinnung und Verarbeitung neuer und besserer Materialien über diese Gebiete zu erstreben, als es vom Anfange seiner Wirksamkeit an, sich nicht durch die zufälligen Grenzlinien des Staates eingeschränkt gefunden, sondern über dieselben hinaus auch anderwärts, z. B. in Italien eine die geographische Wissenschaft und den gemeinen Nutzen höchlich fördernde Thätigkeit entfaltet hat. So umfaßt denn schon die von Herrn v. Scheda, der bekanntlich schon seit einer Reihe von Jahren die eigentliche Seele jener Anstalt ist, herausgegebene wegen des Reichthums ihres Inhalts, wie wegen ihrer trefflichen technischen Ausführung geschätzte Karte der österreichischen Monarchie in 20 Blatt (Maßstab 1:576,000) und noch mehr die neuerdings erfolgte Erweiterung derselben zu einer Karte von ganz Central-Europa in 48 Blatt namhafte Theile der südöstlichen Nachbarländer und zwar in gleichmäßig detaillirter Ausführung nicht nur des hydrographischen Netzes, sondern auch der Orographie, wie die aus wirklichen Aufnahmekarten reducirten Ländergebiete der Culturstaaten. Das auf diese Weise hergestellte Kartenbild mag dem Laien, den die scheinbar so detaillirte Darstellung von Gebieten, die noch halb außer der europäischen Civilisation liegen, erfreut, schön und zweckmäßig erscheinen: dem kritischen Beschauer aber muß schon bei flüchtiger Betrachtung bei aller Schönheit des Stiches der Abstand zwischen dem charakteristisch naturwahr (wenn auch meist mit etwas sehr scharfer Accentuirung) ausgeführten Terrain des Bereiches der Aufnahme – Oesterreich und Walachei – und der manierirten fast einförmig grauen größtentheils ausdruckslosen Terraindarstellung der Nachbarländer auffallen und bei eingehender Prüfung erheben sich noch viel schwerere Bedenken. Höchstens für die Moldau, die zwar von den Oesterreichern bis jetzt noch nicht neu vermessen ist, für die aber die ältere russische Aufnahme, wenn sie auch heutigen Ansprüchen durchaus nicht mehr genügt, eine für den Maßstab der Redaction allenfalls ausreichende Grundlage darbot und deren Berg- und Hügelland mit dem Territorium diesseit der Grenzlinie so unauflöslich zusammenhängt, konnte man sich das angewendete Verfahren einer geschickten Uebersetzung in die normale Terrainmanier der Karte wohl gefallen lassen. Für Serbien und Bosnien dagegen, welche wenigstens gegen Norden das breite Stromthal der Donau und Save scharf genug von dem Bereiche der genauen Kartirung scheidet, während freilich nach Dalmatien hin die jetzige Grenze ein physisch und ethnographisch zusammengehöriges Gebiet störend durchschneidet, wäre der Uebergang zu einer leichten Andeutung der Hauptformen des Terrains, die den Mangel detaillirter Grundlagen der Zeichnung sofort hätte ins Auge springen lassen, ja selbst gänzlicher Verzicht auf jede Terraindarstellung dem jetzt vorliegenden irreführenden Phantasiebilde vorzuziehen gewesen. Durch Autopsie zu einer maßgebenden Kritik berufene Kenner dieses Landes, wie die verdienten Forscher A. Boué und F. Kanitz in Wien haben wiederholt ihr scharfes Urtheil über diese Theile der Scheda’schen Karte ausgesprochen, und der Herr Verfasser selbst konnte auf Befragen, worauf denn diese scheinbar so speciell ausgeführte Terraindarstellung, namentlich Serbiens, beruhe? – nur einige ältere handschriftliche Skizzen in den Wiener Sammlungen und die auf das gegebene hydrographische Netz als Grundlage angewiesene Phantasie des Zeichners namhaft machen. Nun weiß man ja durch abschreckende Beispiele genug, zu welchen

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_271.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)