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Ich kehre nun zu den östlichen Zuflüssen des Pogang-Sees zurück. Beide genannten Flüsse kommen aus den Grün-Thee-Districten. Diese sind eine der reizvollsten Gegenden von China. Die productivsten sind zu beiden Seiten der Wasserscheide der östlichen Zuflüsse des Pogang-Sees gegen den Si-ngan-kiang gelegen. Sehr bequeme Pässe, zum Theil von weniger als 1000 Fuß Meereshöhe, verbinden die beiderseitigen Quellflüsse. Breite fruchtbare Weitungen wechseln mit engen aber stets anmuthigen Thälern. Alles, Gebirge, Thäler und Schichtung der Gesteine, hat eine südwest-nordöstliche Richtung. Die allgemeine Höhe der Gebirge ist nicht mehr als 2500–3500 Fuß. Nur einzelne zerstreute Gipfel ragen höher auf: der Wang-tschan zu über 6000 Fuß (er ist der höchste und liegt 10 Meilen nordöstlich von Ki-mön), der Kiu-wan-tschan bei Tung-lin zu etwas weniger, der Tien-mu-schan westlich von Hang-tschan zu 4500 Fuß. Dies sind drei berühmte und heilige Berge bei den Chinesen, mit vielen Tempeln zwischen bizarren Felsen. Die Vertheilung der Gebirge ist viel unregelmäßiger als auf den Karten angegeben ist. Es scheint, daß überhaupt im östlichen China wenig hohe und einseitliche Gebirgsketten vorhanden sind, sondern vielmehr der Charakter ausgedehnter Gebirgsländer mit niedrigen Pässen und auffallend gleichmäßigem Fall der Gewässer vorwaltet. Dabei scheint es, daß die Flüsse im Allgemeinen nur auf kurze Strecken den Längsrichtungen folgen, sondern vielmehr aus häufig wechselnden Längs- und Quer-Strecken zusammengesetzt sind. In den ersteren finden sich die Thalweitungen, während die Querstrecken fast immer enge Schluchten sind. Die Wirkung der Gewässer hat aber durch so lange Zeiten hindurch stattgefunden, daß fast sämmtliche Flüsse ein ziemlich gleichmäßiges Gefälle erlangt haben und, wenn sie nur Wasser genug haben, beschifft werden können, selbst wenn der Fluß eine Kette von Stromschnellen bildet. Auch die Abwesenheit von Wasserfällen, sowie von wirklichen Seen (Pogang-See, Tung-ting-See und andere entstehen nur durch periodische Ueberfluthung flacher Landstriche) spricht für eine zur großen Vollkommenheit gediehene Erosion der Thäler.

Von den reizvollen Theedistricten fuhr ich den Si-ngan-kiang- und Tsien-tang-Fluß nach Hang-tschau hinab. Bis unterhalb der Vereinigung beider sind Stromschnellen häufig. In der unteren Strecke ist der Tsien-tang ein schöner breiter Strom. Aber er ist doch für Schifffahrt schlecht geeignet; denn seine Mündung ist sehr seicht und der Fluthstrom hat zuweilen die fast unglaubliche Geschwindigkeit von

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 328. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_328.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)