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Feinde derselben, vertrieben sie von ihrem Grund und Boden und tilgten die Spuren ihrer Anwesenheit mit Stumpf und Stiel aus[1]. In richtiger Erkenntniß des Werthes ihrer Freundschaft und ihrer Landesproducte stellten die Regierungen der benachbarten modernen Staaten die Goajiro’s unter ihre besondere Protection, begünstigten ihren Tauschhandel in den Städten Rio Hacha und Maracaibo und bürgten für die Sicherheit ihrer Person und ihres Eigenthumes. Reibereien jedoch und Uebergriffe von beiden Seiten, hier Uebervortheilung, dort Raub und Todtschlag, und die unverbesserliche Gewohnheit der Goajiro’s, jede Grenzüberschreitung in ihrem Lande mit dem Tode zu ahnden, führten zu wiederholten gegenseitigen Zwangsmaßregeln, so daß endlich der Tauschhandel an die Grenze verlegt und das Ueberschreiten derselben von beiden Seiten durch einen ständigen Militärposten verhindert wurde.

Ebenso eifersüchtig wie die Landgrenze bewachen die Goajiro’s bis zur gegenwärtigen Stunde auch die Küste. Havarirende oder scheiternde Schiffe nehmen sie als ein Geschenk ihrer Götter, oder ihrer selbst, in Besitz, die Mannschaft fällt unter ihren Pfeilen oder Flintenkugeln. Die Kapitäne schielen daher sehr mißtrauisch zu jener Küste hinüber; südlich vom Port Espada hat sich noch in jüngerer Vergangenheit wieder eine Katastrophe abgespielt, die das alte Mißtrauen von neuem belebte. Es landete dort der Kapitän La Roche um Tauschhandel zu treiben; nach voraufgegangenem Streite, der von dem Kapitän durch maßlose Anforderungen und freche Uebergriffe hervorgerufen sein soll, wurde derselbe mit seinen Leuten überwältigt und ermordet; von der ganzen Mannschaft entkam nur der Bruder des Kapitäns mit einem Schiffsjungen; beide erreichten in einem Boote Maracaibo. Die Regierung von Venezuela strafte die Verletzung ihres Ansehens durch einen militärischen Feldzug gegen die Urheber des Attentates; jedoch die aus dem Hinterhalte geschleuderten vergifteten Pfeile ihrer Feinde richteten größeren Schaden an als die Kugeln der Regierungstruppen. Der tapfere Kazike, der die unwürdigen Forderungen eines wüsten Kreolen zurückgewiesen, fiel als Opfer für die Ehre seines Volkes; ihn und eine Anzahl der Seinigen streckten die Kugeln der Soldaten nieder. Fern von seiner Heimath hat die kraftvolle Lebensgestalt jenes tapferen Häuptlings des freien, wilden Volkes ein unvergängliches Denkmal gefunden; sein Bild befindet sich im Besitze des Kunstkabinettes im Berliner Museum. Der Maler Bellermann, von dem kunstliebenden Könige Friedrich Wilhelm IV. in die Tropenregionen Südamerika’s gesendet,


  1. Ein Aufsatz über die Goajiros von demselben Autor findet sich im „Ausland“, Jahrg. 1865, No. 34. 35.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 422. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_422.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)