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um seinen Pinsel in die Licht- und Farbengluth der Südsonne selbst zu tauchen und mit dem Künstlerauge die in ihre Majestät gekleidete Natur zu belauschen, hatte den Kaziken noch wenige Monate vor jener Katastrophe in seinem einfachen, nur in einem federgeschmückten Barrette bestehenden Häuptlingsornate abgebildet.

Auf jenem von Stürmen kaum heimgesuchten Küstenmeere und in dem Golfe stellen sich der Schifffahrt keine besonderen Schwierigkeiten entgegen; den Verkehr zwischen Festland und Inseln vermittelt ein offenes Boot ebenso gefahrlos, wie ein Seeschiff, wenn auch in der heftig schaukelnden kleinen Bretterschale die unangenehme Seekrankheit weit mehr herausgefordert wird. Küste und Meer jener Region werden vorherrschend von Ostwinden bestrichen, die von 2 bis 7 Uhr des Morgens frischer ansetzen, dann nachlassen und bis um 11 Uhr eine Richtung aus Südost oder Süd nehmen; alsdann macht der Luftstrom eine Wendung und weht aus dem Norden und Nordosten. Windstille tritt nur ein in den Monaten September und October, wechselnd mit einem häufig andauernden Nordwestwinde; derselbe herrscht während der Monate November und Dezember den größten Theil des Tages hindurch bis nach Mitternacht; darauf springt er nach Osten um, bis am Morgen über die erhitzte Erde wieder ein kühlerer Luftstrom aus Norden weht. Wohl aber stellen sich der Schifffahrt Hindernisse entgegen an der Einmündung des 540 Quadrat-Leguas großen Meerbusens in den 700 Quadrat-Leguas (393 deutsche Quadrat-Meilen) großen Süßwassersee von Maracaibo. Die schmale Einfahrt aus dem Golfe in den See, ein nur 1900 Varas breiter, jedoch für Seeschiffe fahrbarer Kanal, die sogenannte Barra de Maracaibo, wird von zahlreichen Untiefen verlegt, deren gefährlichstes Moment ihre beständige Wandelbarkeit ist; ohne Lootsen und die größte Ortskenntniß und Wachsamkeit ist die Barre nicht zu durchfahren, die Durchfahrt während der Nacht aber ganz unausführbar. Ein dänischer Schooner, von Maracaibo kommend, lag trotz Lootsen und Kapitän fest auf dem Sande und wurde nach Bergung der Güter auf Abbruch verkauft. Der Wasserstand in dem Kanal, in welchem die Fluthhöhe zur Zeit des Neu- und Vollmondes 2–2½ Fuß beträgt, ist bei Hochwasser 15 engl. Fuß und in der Regenzeit 17 Fuß hoch, so daß Schiffe mittlerer Größe von 9–12 engl. Fuß Tiefgang bei sicherer Führung allezeit leicht in den Südwassersee gelangen können. Der See oder die Lagune von Maracaibo würde allen Schiffen, die das Meer kreuzen, ebenso offen stehen wie der Golf, wenn nicht der heftige Strom in dem Einmündungscanal und jene veränderlichen Untiefen innerhalb desselben (die Bajos del Tablazo) ihr Einlaufen verhinderten.

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 423. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_423.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)