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sechs verschiedenen Nationen an, unter denen Deutschland in der Majorität, nämlich durch zwei Angehörige vertreten war. Ich selbst wurde von meinem freundlichen Wirthe in Folge voraufgegangener Empfehlungsbriefe persönlich in Empfang genommen und in das schönste Haus der Stadt, unmittelbar an der Landungsbrücke, geführt, in welchem ich durch mehrere Jahre hindurch periodisch eine unbeschränkte Gastfreundschaft wiederfand. Dort, auf dem Fensterbalkone meines Zimmers habe ich oft, wenn ich im Laufe der folgenden Jahre todtmüde und krank von den Kreuz- und Querzügen meines entbehrungsreichen Wald- und Wanderlebens in die immer offene Herberge zurückkehrte, unter den Sternen der Tropennacht und über der stillen glänzenden Spiegelfläche des Wassers gestanden, und neue Kraft und Genesung getrunken aus Eindrücken, wie jene der ersten Ankunft, und nimmer vergesse ich jener Nacht, in der ich, dem Leben nach den schwersten Drangsalen wiedergegeben, von hier in stummer Andacht den Tönen eines deutschen Männerquartettes lauschte, die aus einem über die glitzernden Wellen, in lautloser Stille gleitendem Boote zu mir heraufdrangen.

Viele Handelsschiffe aus allen Meeren gehen nicht zu gleicher Zeit in dem Hafen von Maracaibo vor Anker. Der überseeische Handel Maracaibo’s ist noch von sehr jungem Datum; erst in neuerer Zeit hat er größere Dimensionen angenommen, und namentlich ist der direkte Verkehr mit den Vereinigten Staaten im Zunehmen, nicht so jedoch der mit Europa. Sehr rege ist der Verkehr zwischen den holländischen und dänischen Inseln Westindiens und Maracaibo; der größte Theil der Einwohner lebt von diesem Handel; die benachbarte holländische Insel Curazáo ist Hauptstapelplatz des Schmuggelhandels, der in dem Antillen-Archipel mit großem Eifer und Gewinne betrieben wird und eine geschickt manövrirende Flotille in dauernder Bewegung erhält. Während die beiden andern Häfen der Nordküste Venezuela’s, La Guayra und Porto Cabello, die reichsten Provinzen des Landes hinter sich haben, welche sie mit Importen versorgen und deren Produkte sie einnehmen und zugleich unter sich einen lebhaften Zwischenverkehr unterhalten, besonders seit durch die fremden Häuser eine Dampfschifffahrt zwischen ihnen ins Leben gerufen, liegt Maracaibo ganz isolirt; es bildet aber gegenwärtig einen wichtigen Stapelplatz für die Provinzen Trujillo und Mérida und auch für die benachbarten reichen Provinzen von Neu-Granada, zumal für die reichen Thäler von Cúcuta; für die Staaten Neu-Granada’s hat es freien Transitverkehr.

Wiederholte einschneidende Störungen hat der Handel Maracaibo’s in Folge seiner geographischen, isolirten Lage erfahren, da diese es

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 427. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_427.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)