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in Maracaibo nur einen untergeordneten Rang unter den Tafelgenüssen ein. Mehr Theilnahme widmet man aus dem Geschlechte der Lurche der Landschildkröte, dem Morocoy; gegen die Kammeidechse aber, deren zartes, weißes Fleisch das Huhn in Schatten stellen soll, verhält sich der Gourmand von Distinction hartnäckig ablehnend, ebenso gegen die Eier der Lurche, obgleich die des Morocoy wie der Iguana eine ebenso nahrhafte als wohlschmeckende Speise darbieten.

Von allen jenen Marktzusammenflüssen bilden nur Kaffee und Cacao (etwas Zucker, Taback, Häute und einige andere geringe Exportartikel fallen nicht besonders schwer ins Gewicht) das große Tauschobjekt zwischen den West-, Ost- und Nordkontinenten, aber eine schwere Münze, mit welcher sich die überseeischen oft nur zu unsoliden und werthlosen Fabrikate bezahlt machen. Desgleichen gehen reiche Schätze an Nutz- und Farbehölzern und den werthvollsten Droguen als Eintausch gegen Fabrikate in den unproduktiven Norden, deren realer Werth durch den sehr relativen Werth des Aus- und Ueberschusses der absorbirenden Fabrikindustrie nicht zur Hälfte aufgewogen wird. Eine detaillirte Betrachtung aller jener kostbaren, wenig preiswürdig bezahlten Erzeugnisse der unerschöpflich reichen Tropenländer verbietet sich hier von selbst. Von den Balsamen ist in der Neuzeit der Canime, – der Copaivabalsam, – ein gewinnreicher und nicht unbedeutender Handelsartikel geworden; durch denselben hat mancher Speculant in wenigen Jahren seinen materiellen Wohlstand begründet, ganz besonders ein deutscher, jetzt von den Ergebnissen seiner Spekulation in Hamburg lebender Apotheker. Der schöne Baum, Copaifera Jacquinii, der diese Goldader in seinem Holze führt, überragt eine ausgewachsene Buche an Umfang und Höhe; eine herrliche Belaubung von glänzend-grünen, gefiederten Blättern umkleidet seine ausgebreitete Astkrone; er wächst in den heißen Niederungen der Strombecken zahlreich eingestreut in den hohen Baumwuchs der Tropenwälder. Ein Kanal, der das Holz von Stamm und Aesten durchzieht, enthält den goldgelben, dickflüssigen, durchdringend riechenden und schmeckenden, fettigen Balsam, der als Heilmittel wirksam befunden sein soll. An günstigen Standorten liefert ein einziger Baum aus einem solchen Kanale gegen 40 Flaschen Balsam. Die Anzapfung, wie ich derselben beigewohnt, geschieht in der Weise, daß mit der Axt eine Höhlung mit glatter Unterfläche, dem sogenannten Tische, in den Stamm geschlagen wird, bis der Balsamkanal getroffen ist. Der ausfließende Balsam sammelt sich mehrere Wochen hindurch in der Höhlung an und wird von der glatten, gereinigten Unterfläche abgeschöpft. Der Baum selbst soll an der Operation nicht zu Grunde gehen, die innere Wunde vernarben und der Kanal sich

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 435. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_435.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)