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die öde Tropenhaide keinem Hausthiere mehr Aufenthalt und Unterkommen.

In dieser Bodenfläche wechseln Lehm- und Mergelschichten, sowie lockrer und zerpulverter grauer und rother Sandstein mit losem Kies und Sand; dann wieder betten sich Lager eines braunrothen, festen, stückigen Bodens ein, der den Anblick einer keimlosen Todesstätte von ausgebrannten Schlacken darbietet; er besteht aus einem sehr fest durch eine Eisenkieselmasse verkitteten Conglomerate von Thon und thonigem Sande; die einst in die Masse eingekitteten Gerölle aber sind herausgewaschen und lassen in der festen Bindemasse blasige Höhlungen und äugige Poren zurück; die Einwohner geben daher dem steinfesten Rücken den treffenden Namen: piedra de ojo, d. h. Augenstein. Mit beginnender Bodenerhebung gegen das Gebirge hin, welches das Lagunenbecken ringsum wie ein großes Kesselthal umschließt, zerklüftet sich der rothe Sand und Thon und der grobsandige Mergel; während die großen Zuflüsse des See’s im Westen und Südwesten ihr unteres Strombette durch einen zähen, schweren blauen und schiefergrauen Thon wühlen, auf welchem eine üppige Wald- und Sumpfvegetation sich entfaltet, enthalten die aufsteigenden Höhen in großer Mächtigkeit einen hellblauen, zähen, bituminösen und Ammoniten einschließenden Kalk, der mit Sandstein und einer quarzigen, zu einem dichten Gestein zusammengefügten Breccie wechselnd lagert. In diesem Gebirgssystem liegen reiche Lager von Erdpech, keine Hand aber zieht Nutzen daraus. Theils weiß man das Pech nicht zu verwerthen und findet keine Abnehmer, theils übersteigen die Kosten des Transportes auf den Maulthierpfaden den Werth der voluminösen Waare bedeutend; ja, die Eigenthümer des Grund und Bodens, aus welchem Petroleum hervorquillt, das jenen unterirdischen Erdpechlagern entstammt, wie z. B. an dem südöstlichen Ufer des Maracaibosees bei dem Pueblo Batijoque, sind nur mißvergnügt über diese Naturgeschenke; denn das weidende Vieh sucht in der trockenen Jahreszeit, wenn die Quellen und Wasserlachen versiegen, das unter dem Steinöl hervorquellende Wasser auf und versinkt dabei in den Pechteichen.

Nicht die klimatischen, sondern die territorialen Zonen des geographischen Tropengürtels legen die, dem aequinoctialen Amerika eigenthümliche Verschiedenartigkeit des lokalen Pflanzenwuchses auch in dem Strombecken des Maracaibosees schroff und mannigfach aneinander; rings um die Lagune schlingt sich in scharfen Contrasten ein Teppich von Cactus- und Gestrüppsteppen-, Flußthal- und trockner Savannen-, Blattpflanzen- und Palmen- und hoher Waldvegetation. Denselben betritt, je nach seiner Gruppirung, als belebende Gestalt

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 448. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_448.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)