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bewirken, wenn die Folgen derselben stark genug wären, um auf’s Neue den Schwerpunkt (wenigstens für den indisch-chinesischen Handel) nach dem Mittelmeere zu verlegen. Ob dieses Statt finden wird oder nicht, muß sich gleichfalls aus den nach mehrjähriger Erfahrung aufzustellenden Rechnungen bald genug ergeben. Von der Bevölkerung Europas findet weit über die Hälfte ihre natürlichen Ab- und Bezugscanäle für Production und Consumtion in den Häfen der Nord- und Ostsee, während die am Mittelmeer auf das Suezthor am nächsten hingewiesenen Länder in ihrer Bevölkerung größtentheils nicht nur schwächer an Zahl sind, sondern auch an Erzeugungsthätigkeit und Verbrauch. Aus dem Herzen Deutschlands führen die natürlichen Straßen längs Elbe, Weser, Oder, Rhein und Weichsel zum Meere, während die Häfen des Mittelmeeres durch das Bollwerk der Alpen abgeschnitten sind, und obwohl die Eisenbahnen Alles nivelliren, muß ihre Erhaltung in Gebirgsgegenden doch stets eine theure, ihr Frachtensatz demnach ein höherer sein. Der Kaufmann bat also einen dritten Ausgabeposten zu notiren und zu berechnen, ob die Waaren trotz der Tonnengelder im Canal, trotz der Dampfmiethe, trotz der Mehrfracht der Alpenbahnen vortheilhafter über Suez, als um das Cap bezogen werden. Frankreich vertheilt allerdings seine Häfen zwischen südliche und nördliche Küsten, aber die an den letztern als der Hauptstadt am nächsten liegend, werden auch am directesten von diesem Mikrokosmos des ganzen Landes und umliegenden Bezirken belebt. Für den ganzen Norden Europas, für das insulare England wird das Mittelmeer ein wenig beachteter Binnensee bleiben, und auch Rußland neigt seit Petersburg’s Gründung nach der Ostsee und dortigen Häfen, da der freien Entwickelung an den Ufern des Pontus noch immer ein Riegel vorgeschoben bleibt. Befindet sich einst Byzanz in den Händen des Zaren, dessen Gebote schon jetzt an den Wogen des Pacific, am Fuße des Himalaya ertönen, dann schlägt die große Stunde des Panslavismus, und wie sich unter der dann nothwendigen Umgestaltung aller politischen Constellationen die commerciellen Chancen des Suez-Canals stellen würden, darüber wäre es frühreif, schon jetzt Speculationen anzustellen.

Die enge Verbindung Europas mit Amerika durch den atlantischen Handel, wie sie durch die am Ausgange des Mittelalters betretenen Seewege eingeleitet wurde, mag durch diese Rückkehr zu älteren Aspecten in einigen Punkten wiederum gelockert werden, aber um so näher wird sich der für uns westliche Continent den von ihm jüngst im Westen geöffneten Reichen anschließen, die das frühe Morgenland unserer Weltstellung bilden.

Von den Pacific-Bahnen ist die vom Endpunkt der Kansas-Bahn

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 505. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_505.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)