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wahrnimmt und könne man ihn nicht anders als höchstens für einen mit dem Schwindel und davon abhängenden Zufällen behaftet ansehen. Eine mitgetheilte Unterhaltung beweist aber zweifellos eine sehr gedrückte Gemüthsstimmung. Der Arzt empfiehlt dann die Entlassung, da er nicht gemeingefährlich sei und schlägt vor, ihn am Fuß zur Ader zu lassen circa aequinoctia et solsitium aestivum, öfters ein Fußbad zu brauchen und solche Medicamente zu geben, welche dem orgasmo sanguinis widerstehen. Der Patient war im Tollhaus übrigens schon zur Ader gelassen worden und hatte stark purgiren müssen. Es wurde dann das Zeugnis des Pastoren am Dollhause angezogen, der jene Menschen auch nicht für Doll-Leute halte. Sollten neue Erkrankungen eintreten, so könnten nach Ansicht jenes Amtmanns solche Personen wohl nach einem anderen Dollhause, Neumünster oder sonst, gebracht werden für 4 ß pro Tag, was eine Erleichterung für jene Aemter wäre. Es wurde dann bestimmt, das Dollhaus zu verkaufen, nachdem der Melancholiker auf freien Fuß gesetzt und der andere Kranke seinen begüterten Freunden, d. h. seinen 2 Schwestern, die vor 6 Jahren seines Unterhaltes überdrüssig geworden waren, zur selbsteigenen Aufsicht übergeben worden sei. Bei der Versteigerung des Dollhauses wurden 262 erzielt und wird angegeben, daß der Bau desselben seiner Zeit 2000 gekostet habe. Daraus muß man schließen, daß das Gebäude des Dollhauses mindestens einige Jahrzehnte bestand und inzwischen baufällig geworden war. Daß die Verwaltungskosten verhältnißtmäßig zu große waren, geht daraus hervor, daß angestellt waren: ein Pastor, ein Chirurg, ein Speisemeister und 2 Mann vom Corps der Invaliden und mehr, wenn zeitweilig eine größere Anzahl Kranker verpflegt wurde. Der Chirurg hatte Corporals-Rang, der Speisemeister war Gefreiter. Eine eigene Instruktion „vor dem beym Dollhause bestellten Pastor“ bestimmte, daß er ein bis zwei Mal in der Woche die Wahnwitzigen im Dollhause besuche, ihnen mit Lehren, Vermahnen und Tröstungen, nach eines jeden Zustande beyspringe, auch

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0149.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)