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in einem besonderen Behältniß allezeit an einem Stender geschlossen gehalten und oft gepeitscht.

Nov. 1755 Bericht … „daß der unglückselige Jürgen Köhn aus dem Amte Oldenburg, so nicht allein beständig fast mit der Epilepsie behaftet, sondern auch die Füsse mehrentheils abgefrohren, und zu dem ende beständig auf die Knieen gehen muß, ferner, hat er die ganze Zeit seines Hieseyn, Tag und Nacht heftig gewütet und geschrieen, wodurch er, denen andern Wahnwitzigen, gantz irre und verwirrt macht“.

1755 befand sich ein Ehepaar Rissen aus Wesselburen im Zuchthause wegen Gemüthskrankheit, der Mann wurde bald genesen entlassen, die Frau litt an schwerer Melancholie. „Der Paroxysmus bricht in sonderheit, zwar in keiner Wuth, sondern mittelst einer Tiefsinnigkeit und beständigem Weinen bey ihr aus, wesfalls man dan bey dieser Persohn durch Härte nichts ausrichtet, vielmehr mit derselben Mitleiden haben mus, hinfolglich solche zu Züchtlings-Arbeiten, wozu sie ohnhin kein Natürliches Geschicke hat, nur leidlich angehalten werden darft, und dieserwegen der Zucht Haus Casse weit mehr denn andere Züchtlinge zur Last kömt.“ – Gegen die Entlassung der Frau hatte das heimathliche Kirchspiel protestirt, weil sie „die Freiheit zum Saufen wieder erlangen möchte“ und zahlte die Verpflegungskosten im Zuchthaus. Dies Verhältniß wurde für 1 Jahr zu ihrer Correktion gewährt.

Jan. 1756. Gesuch des Chirurgen Carstens, in welchem er berichtet, daß der Lütje wider aller menschliche Vernunft curiret sei.

„Wann es sich aber zugetragen, daß der Wahnwitzige und mit der Epilepsie behaften Jacob Buermeister, gleichfalls vom Schlage gerührt worden ist, nun dieser Apoplexia Sideratio Morbus Attonicus, besonders gefährlich und tödtlich ist, weile einer gäntzlichen Laesion und Relaxirung denen Nerven ist, mithin, nach menschlichen ansehen nach, nicht über 2 monathe leben kann; Als habe Ew. Kaiserliche Hoheit hiedurch allerunterthänigst bitten sollen, ob Höchst Ew. Kaiserliche Hoheit nicht die Hohe gnade vor mir haben wolten,

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0175.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)