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und sein Nachfolger war bis 1833 der Physikus Dr. Koch, zu dessen Zeiten wichtige Veränderungen eintraten.

Sehr erfreulich ist ein Bericht vom 6. August des Jahres 1782, den die Königliche Ober-Inspektion des Glückstädter Zuchthauses erstattet; es leuchtet daraus schon der freie Geist humaner Irrenpflege hervor. Ich gebe folgende Sätze des Berichts hier wieder. „Allein es giebt bei dem Unserer Oberaufsicht Allergnädigst anvertrauten Institut noch eine Classe von Leuten, deren trauriger Zustand uns dringend am Herzen liegt, die unser und eines jeden ganzes Mitleid verdienen, und die, um es nicht beim bloßen Mitleide bewenden zu laßen, gegenwärtige ganz gehorsamste Vorstellung veranlassen. Dies sind nämlich die Unsinnigen und Wahnsinnigen im Tollhause. Der Chirurgus Beye behauptet nicht ohne Grund, daß die Sorge für die Wiederherstellung dieser Unglücklichen ihm, nach seinem Contracte, nicht zur Pflicht liege: und wenn auch diese Behauptung ungegründet wäre, so würde es doch wenig helfen, ihn hierzu pflichtig zu machen, da zu dieser schweren Cur mehr Einsicht und Geschicklichkeit erfordert wird, als von ihm vermuthet und verlanget werden kann. Der Physikus und Dr. Köppen aber ist noch weniger diese Cur unentgeltlich zu übernehmen schuldig. Jene bedauernswürdige Leute sind also von dem Augenblicke ihres Eintritts ins Tollhause an, bloß ihrem kläglichen Schicksal überlassen. Nicht sie allein aber sind ea, die einen gerechten Anspruch auf unsere Hülfe machen, sondern auch diejenigen, welche für ihre Detention im Tollhause jährlich 40 thl. bezahlen, dürften nicht unbillig erwarten, daß mit der Sorge für ihre sichere Bewahrung hieselbst auch die Sorge für ihre Wiederherstellung verknüpfet werde, zumalen eben in dieser Rücksicht für einen Wahnsinnigen 8 thl. mehr als für einen Züchtling bezahlet wird. Oft werden und müßen diese unglücklichen Geschöpfe ins Tollhauß abgeführet werden ehe daß vorhero wirksame Mittel anhaltend zu ihrer Genesung angewandt werden, weil bei dem ungewissen Ausgang, theils die Kosten zu ihrer Heilung, theils die Kosten zu ihrer sicheren Bewachung, die

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0181.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)