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solcher elenden Leute nicht eingerichtet sind.“ Freilich ist der gewünschte Erfolg nicht eingetreten und die Einrichtung des Irrenhauses zu Glückstadt bei dem dortigen Zuchthause im folgenden Jahre (1755) ist der offenbare Beweis, daß jene beiden Männer ihrer Zeit doch schon zu weit vorausgeeilt waren in solchen humanen Plänen. Erst etwa ein halbes Jahrhundert später kam die Frage wieder in Fluß und bedurfte es dann noch langer Jahre ehe es zu ihrer praktischen Erledigung kam. Freilich war ja der Anfang unseres Jahrhunderts nicht geeignet große Summen aufzuwenden, und erklärt sich dadurch auch die schließliche Verzögerung in der Ausführung der Pläne. Wie wild die Verhältnisse waren, zeigt beispielsweise eine Bemerkung, die ich in meinen Akten fand, daß 1803 ein Pinneberger Landvogt um militairische Unterstützung bat, weil die Franzosen in Hannover alle Zuchthäuser der Billigkeit halber geleert hätten.

Die beginnende Ueberfüllung der allerdings ja sehr kleinen und ungenügenden Einrichtungen ließ auf Auswege und Hülfsmittel aller Art sinnen. Aus Altona schreibt Herr von Stemann am 1. November 1803: „Ich zweifle nicht daran, daß man Wahnsinnige aus den Herzogthümern in dem Hamburgischen Pest- oder Krankenhofe allemahl annehmen würde. Auf die bei dem jetzigen Provisor dieser Stiftung desfalls geschehene Anfrage erklärte derselbe sich auch bereitwillig, während der Dauer seines Provisorats alle Wahnsinnige, die ihm aus den Herzogthümern würden gesandt werden, so oft und lange der Platz des Hauses es erlaubte, aufzunehmen; doch wolle er das für selbige, nach der verschiedenen Beschaffenheit der Tollen und Wahnsinnigen zu erlegende Kostgeld nicht im Vorwege bestimmen, sondern glaubte, daß solches in jedem einzelnen Falle, besonders regulirt werden müsse etc.“ Die Antwort enthielt die Angabe, daß die Anzahl der Wahnsinnigen in den Herzogthümern sich aus höchstens 30 belaufe, mit welcher Zahl die Errichtung eines eigenen Irrenhauses nicht in einem gehörigen Verhältnisse stehe. – Schon vorher war unterm 12. November 1802 bei Gelegenheit der Abschaffung

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0193.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)