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wesentlich nützen. Man rechnete dabei auf die Zahl von 37 Wahnsinnigen aus Glückstadt, für deren Verpflegung und Wartung wenigstens 4–6 Personen nöthig seien. Wegen des augenblicklichen Nothstandes wollten Einige eine Interimsanstalt ankaufen, doch ging dieser Vorschlag nicht durch. Am 27. August 1805 traten dieselben Herren schon mit dem bestimmten Vorschlage hervor, von den Capitalien des Schaßischen Stipendiums eine unmittelbar an den botanischen Garten in Kiel stoßende Koppel von 4 Tonnen Land zu kaufen, weil die Irren-Anstalt daselbst hinlänglich weit entfernt von allen übrigen Anstalten liege und zugleich mit einem großen Garten umgeben sei. Leider wurde diese psychiatrische Klinik damals nicht gegründet und die Universität Kiel ist jetzt, statt eine der ersten Universitäten wie sie es hätte sein können, eine der letzten geworden, die eine solche Klinik noch zu gründen haben. Mit der späteren Erbauung der Irrenanstalt bei Schleswig trat die Frage und der Wunsch nach psychiatrischem Unterricht wieder zurück, und ist es sogar augenblicklich noch zweifelhaft ob sich die Mittel und Wege finden werden, dem Bedürfniß in dieser Richtung schon bald zu genügen. Der Verfasser, der jetzt durch mehrere Semester psychiatrische Vorträge mit klinischen Demonstrationen einmal wöchentlich in Kiel hielt, hatte besondere Gelegenheit den Mangel einer Station für Geisteskranke daselbst zu empfinden. Uebrigens ist doch noch einmal seit 1805 der Versuch gemacht worden, klinischen psychiatrischen Unterricht in Kiel einzuführen; dies war im Jahre 1843 als der Direktor der Irrenanstalt bei Schleswig, der berühmte Dr. Jessen und gleichzeitig mit ihm Dr. de Castro aus Wandsbeck ein Gesuch für eine psychiatrische Professur in Kiel einreichten. Die medicinische Fakultät, damals aus den Professoren Ritter, Meyn und Langenbeck bestehend, befürwortete dies Gesuch, freilich ohne Erfolg. Jessen hatte schon vorher mit Meyn um die Professur der internen Medicin concurrirt. Die Seelenheilkunde bildete damals in Kiel wie überall einen Theil des umfassenden, durch mehrere Semester hindurch gehenden Collegs über specielle Pathologie und

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0196.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)