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Steigen dieser Zahlen bei dem raschen Anwachsen einzelner größerer Städte für die nächste Zeit noch sehr zu befürchten.

Aus dem Jahre 1845/46 fand ich eine Notiz in einem Berichte der Schleswig-Holsteinischen Regierung über Erweiterung der Irrenanstalt bei Schleswig durch Neubau, die Interesse verdient. Es heißt, wenn aus der letzten Volkszählung eine Zahl von 2125 in den Herzogthümern vorhandenen Irren zur Anzeige gebracht sei, so werde diese Zahl als unsicher betrachtet, und zwar als zu hoch. Die 1835 stattgehabte Volkszählung wies 772,974 Einwohner nach und würde sich daraus ergeben, daß damals schon 27–28 Geisteskranke auf je 10,000 Einwohner kamen. Die Nähe dieser Angabe mit derjenigen von 1880, wo 33,7 auf 10,000 kamen, ist allerdings auffallend, immerhin aber möglich. Es erklärt sich aus diesen großen Zahlen aber vielleicht auch die Thatsache, daß die Schleswig-Holsteinsche Regierung im Jahre 1843 (Bericht vom 28. März) bei Erörterung der Frage über eine umfaßende Veränderung und Erweiterung der vorhandenen Irrenanstalt die Etablirung einer zweiten Irrenanstalt zur Allerhöchsten Entscheidung vorstellte, die man dann in Kiel errichten wollte.

Wenn 1805 auf Grund der gewonnenen Zahlen eine Anstalt für 150 Personen verlangt wurde, so bleibt diese Anstaltspflege für 1/5 bis 1/4 des Gesammtbestandes freilich hinter der jetzigen von 1/3 noch ziemlich zurück; jedenfalls müssen wir darin aber als Anfang einer geregelten Irrenpflege einen sehr erfreulichen Fortschritt begrüßen. Bei der Forderung von 75 Einzelräumen scheinen englische Vorbilder vorgeschwebt zu haben, denn in England ist diese Art der Unterbringung noch sehr gebräuchlich; das berühmte St. Lukas-Hospital, Betlem und York, ferner das Institut von Willis werden genannt, in welchem letzterem jeder Wahnsinnige nicht nur seine eigene Wohnung, sondern auch seinen eigenen Wärter habe. Jene „Behälter“ waren zum Theil für wüthende Wahnsinnige gedacht, während man damals 38 freundlicher ausgestattete Räume plante für ruhige Wahnsinnige

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0201.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)