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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang
Fr. Adler, Rose, Grafe, Chr. Adler: Sagen aus der Provinz Sachsen I

Die Stelle, wo der Klei von dem einen Stiefel liegen blieb, heisst der Dorberg, die andere, wo der Riese den fetten, schwarzen Boden von dem anderen Fusse abschüttelte, aber der Kallowberg.

Dort erheben sich noch jetzt auf den Sand- und Kiesbergen diese Aufschüttungen; die schwarze Erde ist mit Knochen gemischt.


Auf den Steinstücken, welche etwa eine Viertelstunde weit auf der Ostseite von dem Dorfe Vehlitz liegen, befand sich bis in die dreissiger Jahre hinein ein grosser Stein, auf welchen sich ein Riese zu setzen pflegte. Oben auf dem Steine und zwar in der Mitte der Oberfläche desselben sah man eine runde, schüsselförmige Aushöhlung. Dieselbe rührte von dem Gesäss des Riesen her. Stand nun der Riese von seinem Sitze auf, so streckte er die Arme nieder und stützte sich dabei mit seinen Fingern auf den Stein um sich zu heben.

Von diesem Vorgang waren auf der Oberfläche des Steines an seinem Rande rings runde Löcher.


Unfern des Dorfes Wallwitz liegt ein altes Hühnen- oder Riesenbett. Wenn die Knechte beim Pflügen auf dem angrenzenden Ackerstücke mit den Pferden sich dem alten Hühnenbett nähern, so fangen dieselben an unruhig zu werden; sie sind an dem Hühnenbett nicht vorbei zu bringen, so dass die Knechte vorher wenden müssen. Wie man erzählt, liegt dort ein berühmter Krieger begraben.

Gleiches berichtet man von dem Steintisch bei Körbelitz.

Grafe.     


Drachensagen.

Eines Abends fuhren verschiedene Bauern von Möckern, von wo sie aus der Haide Holz geholt hatten, ihrem Heimatsdorfe Vehlitz zu. Als sie mit ihren schwer beladenen Gefährten in die Niederung bei dem Dorfe Wallwitz gekommen waren, sahen sie, wie eine Feuerkugel über sie hinweg flog, welche einen langen Schein wie einen Schwanz hinter sich herzog. Da wussten alle, welche das gesehen hatten, dass ihnen der Drache (Dråk) erschienen war.

Chr. Adler.     


Wenn sich in einem Hause ein Drache (Dråk) festgesetzt hat, so zeigt sich derselbe bald als schwarze Katze, bald als dreibeiniger Hase, bald als einbeiniges Huhn. So war auch in Barby auf dem Gute der Drache. Sobald es nämlich des Abends anfing dämmerig zu werden, sah man auf dem Hofe einen dreibeinigen Hasen hin- und herlaufen. Nun wusste Jeder, dass man einem Drachen nichts anhaben darf, aber auf dem Hofe war ein Knecht, welcher sich das nicht gesagt sein liess, sondern nach dem dreibeinigen Hasen schlug.

Aber der Drache liess sich das nicht gefallen, sondern wischte dem Knecht gehörig eins aus.

Fr. Adler.     
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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_022.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)