Seite:Zeitschrift für Volkskunde I 187.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Vaters. Er bat also das Fröschlein, sich für den folgenden Tag bereit zu halten, und dieses versprach, sein Bestes zu thun.

Wie erstaunte aber der Prinz am andern Morgen, als ihm aus dem Schlafgemach eine junge Dame von einer solchen Schönheit entgegentrat, wie er noch nie zuvor eine gleiche gesehen hatte. Und so kam es denn auch, dass die Frau des jüngsten Prinzen für die schönste erklärt wurde, so lieblich auch die Gemahlinnen der anderen Prinzen waren. Der König bestimmte nun auch, dass ihm der jüngste Prinz in der Regierung nachfolgen sollte. Er konnte es auch nicht unterlassen, zu fragen, woher der Prinz das schöne Mädchen bekommen habe. Dieser erzählte ihm alles, und da der König ein sehr erfahrener Mann war, welcher in seinem Leben vielerlei gehört hatte, so riet er jetzt dem Prinzen an, derselbe solle sofort nach Hause eilen, in dem Schlafgemach nach dem abgestreiften Froschhäutchen suchen und dasselbe sofort verbrennen; hätte er das gethan, so wäre seine junge schöne Gemahlin entzaubert.

Der Prinz befolgte den Rat seines Vaters, fand das Froschhäutchen glücklich, verbrannte es, dann eilte er wieder zurück in das Schloss seines Vaters.

Als er später mit seiner jungen Gemahlin heimgekehrt war, merkte diese gar bald, was sich zugetragen hatte. Da wurde sie traurig und sagte: „Lieber Gemahl, ich weiss, was du gethan hast; nun wirst du mich niemals mehr sehen.“ Kaum hatte die junge schöne Frau das gesprochen, so setzte sich dieselbe auf das Fensterbrett, verwandelte sich in einen Kuckuck und flog davon.

Der Prinz eilte zu seinem Vater und erzählte diesem unter Thränen, was vorgegangen war. Dieser sagte tröstend zu ihm: „Zieh’ in die weite Welt, mein Sohn, und suche deine Gemahlin. Wenn du sie gefunden hast, so kehre mit derselben heim und besteige den Thron.“

Der Prinz beschloss, diesem Rate zu folgen; er nahm Abschied und zog von dannen.

Lange schweifte er in der weiten Welt umher, aber nirgends fand er eine Spur von seiner Gemahlin. So kam er auch eines Tages an eine kleine Hütte mitten im Walde. Der Prinz trat dort ein und fand in derselben eine Zauberin. Er fragte dieselbe, ob sie nicht einen Kuckuck gesehen habe. „Ja“, sagte die Zauberin, „einen Kuckuck habe ich jeden Tag gesehen, denn täglich, wenn es zum Abend geht, kommt ein Kuckuck zu mir in diese Hütte geflogen und setzt sich auf meine linke Schulter. Ich weiss, was du willst, und deshalb gebe ich dir folgenden Rat. Verstecke dich hier unter das Bett; wenn der Kuckuck kommt und sich auf meine Schulter gesetzt hat, so komm leise unter dem Bett hervor und fasse den Kuckuck. Der Kuckuck wird sich in einen Fisch verwandeln, den Fisch musst du bei der Flosse ergreifen. Alsbald wird sich der Fisch in eine Schlange verwandeln. Die Schlange musst du ergreifen. Dann wird aus der Schlange eine Spindel werden. Die Spindel musst du dann erfassen, über das Knie legen und zerbrechen. Hast du das gethan, so ist deine Gemahlin entzaubert.“

Empfohlene Zitierweise:
Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_187.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)