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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang
Fr. Adler, Seeger, Eberth, Chr. Adler: Sagen aus der Provinz Sachsen VI

Der Mann sagte ihm nur: „Es ist schon gut, ich weiss schon alles, geh nur nach Hause, du wirst dein Laken wieder bekommen, dafür werde ich sorgen.“

Der Knappe ging nach seiner Mühle, und richtig, am andern Morgen hing das Laken auf dem Sterz.

Fortan wurde in der Mühle nichts mehr gestohlen.

Seeger.     


4. Die gespenstige Katze.

In einem Dorfe bei Magdeburg lebte ein alter Schäfer. Derselbe war über Land gewesen und ging wieder dem Heimatsdorfe zu. In seiner Begleitung befand sich ein Arbeiter aus dem Dorfe, mit dem er sich unterwegs etwas erzählte. Es war Abend geworden und der klare Mond stand am Himmel. So kamen sie an einer Wiese vorbei. Auf der Wiese, unfern des Weges, sass eine Katze. Der Arbeiter wollte nach der Katze schlagen, aber der alte Schäfer sagte ihm: „Thue das nicht, sonst geht es uns schlecht, mit der Katze hat es nicht seine Richtigkeit.“ Aber der Arbeiter hörte nicht darauf und schlug mit seinem Stocke nach der Katze, indem er noch dazu sagte: „Ick will doch mal sieen, ob ick de Katte nischt duen darf.“ So gut der Arbeiter nun auch gezielt haben mochte, er traf die Katze nicht. Das kam ihm seltsam vor, aber noch seltsamer war es, dass die Katze nun den beiden folgte. Sie hatten noch einen weiten Weg vor sich und hofften, die Katze werde sich unterwegs verlieren, aber so oft sie sich umblickten, immer war ihnen die Katze auf der Ferse, ja sie folgte ihnen auch dann noch, als sie durch ein Dorf gehen mussten. Endlich kamen sie in ihrem Heimatsdorfe an. Dort mussten sie sich trennen. Der Arbeiter, welcher nach der Katze geschlagen hatte, war in Angst, dass ihm dieselbe noch etwas anhaben werde, aber das hatte der alte Schäfer nun schon gemerkt, dass ihnen die Katze nichts thun würde, deshalb sagte er zu dem Arbeiter: „Goch man ruhig nâ Huse, nu deit di de Katte nischt mehr.“ Darauf verabschiedeten sie sich von einander, die Katze aber folgte dem Arbeiter nach, welcher am Ende des Dorfes wohnte. Der alte Schäfer blieb noch ein Weilchen stehen und sah den beiden nach. Dann ging er auf sein Haus zu, welches an dem einem Ende der Kirchhofsmauer stand. Wie aber war er erstaunt, als er auf der Mauer dicht bei seinem Hause dieselbe Katze sitzen sah, von welcher er eben noch gesehen hatte, dass sie dem Arbeiter gefolgt war! Aber gethan hat auch ihm die Katze nichts.

Eberth.     


5. Der dreibeinige Hase.

Zu einem Dorfe bei Magdeburg gehört auch eine Wassermühle, welche etwa zehn Minuten davon entfernt liegt. Von diesem Dorfe führte früher ein Weg nach der Mühle hin, auf dessen einer Seite eine Wiese liegt, welche eine Hecke von dem Wege schied, auf der andern Seite des Weges befand sich Unland. Auf diesem Unlande haben viele Leute, wenn sie des Abends zur Mühle gingen, dicht neben dem Wege einen dreibeinigen

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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_347.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)