Seite:Zerstreute Blaetter Band III 121.jpg

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sie nicht aus der Eltern Hause mitbrachte, erfand die Ihrige und mit jeder neuen Form nahm Bild, Sage und Dichtung auch eine neue schönere Gestalt an. Bei allen Völkern also, die ihre Mythologie nicht durch Gesänge und Lieder, durch Vorstellung, Kunst, den Tanz und zuletzt durch die Schrift verfeint haben, ist sie ein rohes Chaos geblieben; wie z. B. die meisten Negervölker und viele Amerikanischen Nationen zeigen. Sobald der Peruaner aber seine Regengöttinn und ihren Bruder, den Donnerer, in ein Lied brachte, ründete sich die Dichtung. Jene rohen Schlacken der alten Sage wurden weggeworfen und durch jeden Gesang, durch jedes neue Sylbenmaas im Liede, durch jedes neue System eines epischen Mährchens, einer dramatischen Vorstellung, endlich gar einer sittlichen, philosophischen Anwendung wurde dies Bild, jene Allegorie feiner geschlungen, vester geordnet. Kurz, nachdem ein Volk poetisch

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_121.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)