Seite:Zerstreute Blaetter Band I 168.jpg

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die Rede sey, und was die Tonkunst für Wirkung auf menschliche Gemüther habe. Du hast dich genug gerechtfertiget, meine Tochter, und deine Kunst bis zum Olymp erhoben; es ist Zeit, daß deine Schwester rede.

     Wohl, sagte die Mahlerey, hat sie ihre Kunst bis zum Olymp erhoben, sie, die es so fremde fand, daß meine Lieblinge nur den Traum einiger Göttergestalten hegten. –

     Lasset, sagte Apollo, den Olymp unverworren, meine Töchter. Ihr seyd beyde himmlische Wesen, und eure Künste müssens auch seyn, wenn sie einige Wirkung haben sollen auf der Erde. Auch die menschliche Seele ist unsre Schwester, und alles, was auf sie wirken soll, muß was Unermeßliches in sich haben, und also von himmlischer Art seyn. So nennen es die Menschen, und sie haben Recht. Alle Formen und Gestalten, so rein und ausstudirt sie seyn mögen, thun nichts bey dir Malerey, wenn keine Seele, kein himmlischer Geist sie belebt. Auch

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_168.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)