Seite:Zerstreute Blaetter Band I 260.jpg

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alle unser Träume nur mit Scenen aus der Jugend: selbst die Personen, die in ihnen spielen, wenn es uns die nächsten und leibsten wären, nehmen andre, gleichsam süßere romantische Gestalten an. Bei allen Phantasien der Liebe ist der erste Eindruck der süßeste und unauslöschlich: kurz wir buchstabieren, wo wir können, ein Alphabeth aus der Jugend wieder, dessen Züge uns die angenehmsten, eindrücklichsten, geläufigsten sind. Habe ich Ihnen mit meiner Auflösung ein Gnüge geleistet?

     Ch. Noch nicht völlig. Einige Erinnerungen sind doch so sonderbar, so fremde, und gleichsam (um mit Ihrer Sprache zu reden) so gar nicht zu buchstabieren mit den Eindrücken der Kindheit und Jugend dieses Lebens, daß –

     Th. Daß man zu Ihnen nothwendig eine andre Welt ein früheres Leben brauchte? Nun warum bleiben Sie denn nicht Ihrer Hypothese ganz treu, und nehmen wirklich eine andre Welt, ein früheres Zusammenseyn im Reiche der Geister und Seelen an, wie es Plato dichtete,

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_260.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)