Seite:Zerstreute Blaetter Band I 310.jpg

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     – Ich darf mich also nicht verhüllen vor dir, großer Pan, ewige Quelle des Lebens, du hast mich in mich selbst verhüllet. Kenne ich doch die Welt von Leben nicht, die ich meinen Körper nenne. Ohne Zweifel würde meine zu schwache Seele, wenn sie das unzählbare Heer sähe, das ihr in allen Graden und Klassen der Belebung dienet – sie würde ihren Herrscherstab fallen lassen, und ihrem Thron entsinken. In meinen Adern, in den feinsten, mir zugetheilten Gefäßen, wallen diese zu höherm Leben hinauf, wie sie durch so mancherley Gänge und Zubereitungen getrieben, aus der ganzen Schöpfung in mich wallten. Ich bereite sie weiter, wie alles sie zu mir bereitete: keine Zerstöhrung, kein Tod ist in der Schöpfung, sondern Auflösung, Entbindung, Läuterung. So arbeitet der Baum mit seinen Aesten und Gliedern den Saft der Erde und der Luft, das Feuer des Bodens und des Himmels, zu seiner Natur, zum edlen Safte sein selbst und seiner Kinder. Seine Blätter saugen und machen fruchtbar. Jedes Blatt ist

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_310.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)