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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Voll Verdruß faßt er das Fäustel
     und erhebt es lauernd still,
als das Mäuschen, Unrath merkend,
     in die Druse flüchten will.

245
„Dies zum Lohn, du Undankbare!“

     heftig schlägt er nach der Maus,
und das Fäustel sprengt vom Flötze 13)
     ein gewaltig Stück heraus.

„Großer Gott!“ Der arme Teller

250
     schrack vor Freuden weit zurück,

starr, und tief den Oden schöpfend,
     stand er da mit stierem Blick,
seiner Hand entsank das Fäustel,
     betend blickt’ er himmelan;

255
denn ein Gang gediegnen Silbers

     brach vor seinen Augen an.

Nieder zog’s ihn auf die Kniee:
     „Lieber Gott, dein Auge wacht
über uns, so wie zu Tage,

260
     also auch im finstern Schacht!

Gabst mir deiner Berge Segen,
     gieb mir nun das Beste ein,
daß ich mag des neuen Stückes
     und des Reichthums würdig seyn.“

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Ernst und stillzufrieden kehrte

     zu den Seinen er zurück,
und erzählt dem kranken Weibe
     allgemach sein seltnes Glück.


[Ξ] 13)

Flötze, eine horizontale Lage von Erd- oder Steinmassen, welche sich von der Bergart unterscheidet.

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_150.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)