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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Und hoch auf der Stangen vergoldeten Spitzen,
     da hing für die Sieger der rühmliche Preis,
Halskragen und Tücher und Westen und Mützen
     am lustig sich schaukelndem Ebischenreis.

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Die Burschen bestimmten die Reihe durch’s Loosen,

     die Sieben, die böse, erlooste sich Schmidt;
die Mädchen beschossen die Reiter mit Rosen,
     sie neckend ermunternd zum lustigen Ritt.

Der Erste gab jubelnd dem Gaule die Sporen,

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     und griff nach dem Gäns’rich im vollen Galopp,

doch hätt’ er beinahe den Sattel verloren,
     laut lachten die neckischen Mädchen darob.

Der Zweite, der Dritte, der Vierte, der Fünfte,
     der Sechste, sie theilten des Ersten Geschick,

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Der Eine wohl lachte, ein Anderer schimpfte,

     ein Dritter auch zog sich voll Aerger zurück.

Noch schwebte der Gänserich hoch an der Leine,
     da sprengte stilllächelnd der Gerber hinan,
und glücklich erhascht’ er den Vogel am Beine,

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     und zerrte mit möglichsten Kräften daran.


Wohl wand sich der Gänserich wüthend im Ringe,
     biß grimmig und schlug mit den Flügeln umher,
doch fest hielt der Gerber die hanfene Schlinge,
     als ob er dran selber gebunden mit wär’.

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_203.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)