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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Ei ich Närrin, daß ich vor euch
     solch ein hohes Glück begehret!
Haltet’s meinem Stand zu Gute,
     thut, als ob ihrs nicht gehöret!““

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Freundlich bittend schaut die Fürstin

     in die Augen ihres Gatten;
dieser nickt mit mildem Lächeln,
     Gundchens Wünsche zu gestatten.
„Wohl, spricht Anna drauf, so will ich

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     dich zu meiner Zofe wählen,

und der Schlosserstochter, hoff’ ich,
     wird der Adelsbrief nicht fehlen.

Fromme Unschuld adelt höher,
     als es Kaiser je vermögen!

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Kunigunde, du sollst fürder

     bei mir seyn auf allen Wegen!
Sollst schon heute mich begleiten,
     noch vor Tage geht es weiter,
brauchst dabei nichts mitzunehmen,

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     als die besten deiner Kleider.“


Gundchen neigt sich tief, und danket
     freudig überrascht dem Paare.
Sinnend reibt der Meister Schlosser
     mit dem Käppchen sich die Haare:

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„Hm, und bei mir also bliebe

     keines mehr von meinen Kindern?
Nun, meintwegen! geh nur, Gundchen,
     will dich nicht am Glück verhindern!“

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_214.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)