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Zur Hexenverfolgung in Straelen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Leopold Henrichs
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Titel: Zur Hexenverfolgung in Straelen
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aus: Niederrheinischer Geschichtsfreund, Nr. 24 (31. Dezember 1882): S. 189-190.
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Erscheinungsdatum: 1882
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Quelle: ULB Düsseldorf
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Zur Hexenverfolgung in Straelen.
Von L. Henrichs.

     Im Jahre 1612 wurde eine gewisse Maria Brunner zu Straelen eines falschen Eides angeklagt und überführt. Bevor sie die verdiente Strafe erlitt, mußte sie noch wegen Zauberei, die sie an einem Kinde sollte vorgenommen haben, im Verhör erscheinen. Allgemein wurde sie als Hexe angesehen und waren einige Jahre vorher auch etliche ihrer Vorfahren wegen desselben Verbrechens in Strafe genommen. („Deselve Marieken Brunner durch Stadt und Land, gelieck den Schepenen und Jedermenniglich bekannt, befaemd is van Touverie, ende ook eenige vor etlichen Jaeren van oere Vorelderen darover gestrafft sin worden.”) Sie läugnete in der Voruntersuchung das ihr zugeschriebene Verbrechen und erklärte sich zum Beweise ihrer Unschuld bereit, selbst der härtesten Tortur auf der Folter sich zu unterziehen. Der Ankläger meinte jedoch, da der Verdacht gegen sie zu wenig begründet sei, man solle sie, wie es auch an andern Orten zu geschehen pflege, bloß „up het Water versuiken”, was ohne Nachtheil der Angeschuldigten geschehen könne, und stellte es deshalb den Schöffen anheim, ob die peinliche Examination oder die Probe mit dem Wasser stattfinden solle. Als Brunner am 19. März 1612 vor dem ganzen Gericht sich befand, gab sie zwar den falschen Eid zu, betheuerte jedoch, hinsichtlich der Zauberei ganz und gar unschuldig zu sein, und hat zugleich, daß man noch am selbigen Tage die Probe mit ihr vornehmen möge.
     Ueber den Ausgang dieser criminellen Untersuchung wird uns in dem Schöffen-Protokollbuche Straelens, aus dem wir Vorstehendes entnommen haben, nichts berichtet; zweifelsohne wird aber von der Angeklagten die Probe glücklich bestanden sein. Worin bestand dieselbe? Offenbar galt es sich um die Probe des kalten Wassers (judicium aquae frigidae), jenes Ordal, welches schon bei den heidnischen Deutschen in Anwendung kam. War nicht irgend ein Fluß oder ein Teich in der Nähe, so stellte man ein großes Gefäß mit Wasser auf. Nach bestimmten Gebeten wurde die angeklagte Person entkleidet, Hände und Füße kreuzweise gebunden, mit einem um den Leib geschlungenen Strick in’s Wasser gelassen; sank sie unter, so galt sie als unschuldig, blieb sie aber oben auf dem Wasser, so war sie schuldig. Fast allgemein lebte man des Glaubens, daß Hexen in Folge des mit dem Teufel geschlossenen Bündnisses specifisch leichter als andere Menschen seien und allen Gesetzen der Schwere und des Raumes zuwider mit Leichtigkeit und Schnelligkeit sich durch die Luft bewegen könnten. Noch bis in das vorige Jahrhundert hat die Probe des kalten Wassers fortbestanden. Ein Beispiel derselben und der ihr ähnlichen Probe mit der Wage führt Böhmer (Ius eccl. tom. V) aus dem Jahre 1728 an. Damals wurden zu Szegedin in Ungarn dreizehn Personen männlichen und weiblichen Geschlechtes, zu welchen auch der sonst geachtete, zweiundachtzigjährige Stadtrichter gehörte, wegen Hexerei in Gewahrsam genommen. Nachdem zuerst in der oben mitgetheilten Weise bei Jedem die Probe des kalten Wassers vorgenommen war, „wo sie dann nach Hexenart gleich einem Pantoffelholze auf’m Wasser geschwommen,” wurden sie auf die Hexenwage gebracht, „wobei sich herausgestellt habe, „daß ein großes dickes Weib nur 1½ Quentchen, ihr Mann, ebenfalls von ziemlichem Umfange, 5 Quentchen gewogen habe.” Alle wurden darauf zum Tode verurtheilt und verbrannt.
     Daß die Vorfahren der Maria Brunner wegen ihrer Zauberei gerade zu Straelen Strafe erlitten haben, darf aus Obigem nicht mit Bestimmtheit angenommen werden; möglich ist es ja, daß sie auswärts gewohnt und die Brunner späterhin nach Straelen übergesiedelt ist.
     Eine große Verfolgung der Hexen brach zu Straelen im Jahre 1613 aus und wurden von da an bis zum Jahre 1628 in Gegenwart zweier verordneten Commissare aus dem souverainen Hof von Roermond nicht weniger als dreißig Frauen und eine Mannsperson zum Scheiterhaufen verurtheilt

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und auf der Holthuser Heide dem Feuertode übergeben. Die Akten dieser Prozesse sind vor etlichen Jahrzehnten absichtlich durch Feuer vernichtet worden, so daß wir nun über so manche interessante Einzelheiten, z. B. über die den Hingerichteten angedichteten Verbrechen, über die Bekenntnisse der Unglücklichen u. s. w. nichts Sicheres mehr erfahren können. Noch heutzutage gibt es mehrere Bewohner Straelens, die als Epigonen jener vermeintlichen Hexen angesehen werden und mit denen von Verschiedenen der Verkehr geflissentlich gemieden wird.