ADB:Nauendorf, Friedrich August Graf

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Nauendorf, Friedrich August Graf: Naum, Jodocus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 23. Duncker & Humblot, Leipzig 1886, S. 299Fehler im Ausdruck: Unerwarteter Operator < Nauendotf: Friedrich August Graf N., k. k. Feldmarschalllieutenant und Cominandeur des Militär-Maria-Theresin-Ordens, Inhaber des k. k. Husarenrtsgiments Nr. 8, entstammte einem sächsischen adeligen Geschlechte, welches früher auch staundorf genannt wurde, kam am August 1749 zu Heilsdorf im Voigtlande zur Welt und ist am 3s). December 1801 zu Troppau gestorben. Schon Nauendorf’s Vater stand als Hauptmann in kaiserlichen Kriegsdiensten; er selbst trat im 1763 in daß k. t. Husarenregiment Nr. Z, wo er bald bis zum Rittmeister vorgerückt sein soll und sich zweifellos rasch zu einem tüchtigen Reitcriührer heranbildete. Denn als solcher bewährte er sich bereits im baierischen C-rbfolgekriege, am 7. Juli 1778 bri Starkos (Skalitz), wo er dem von Nachod her vordringenden, bedeutend stärkeren Gegner hartnäckigen Widerstand leistete und sich endlich geschickt durchzuschlagen wußte; dann am 6. August bei Rückerttz (RGerbersdorf), zwischen welchen Orten er als Major und Divisions Commandant mit llmsicht und Klugheit einen großen Provianttransport überfiel, 24O Wagen und 476 Pserde erbeutete, sowie fast die ganze Bedeckungsmannschaft [300] zu Gefangenen machte. Für letztere, überdies mit Herzhaftigkeit und Selbstständigkeit vollführte That wurde N. im J. 1779 durch die Zuerkennung des Ritterkreuzes des Militär-Maria-Theresien-Ordens und die Erhebung in den Grafenstand ausgezeichnet; 1784 avancirte N. zum Oberstlieutenant!, 1788 und 1789 kämpfte er im Türkenkriege fast ausschließlich gegen die allseits herumschwärmenden Spahis, deren wilder verwegener Eigenart er rasche Orientirung, große Beweglichkeit und berechnete Kühnheit entgegensetzte. Durch ihn wurden dieselben wiederholt in die Flucht gejagt und an der Ausführung gefahrdrohender Unternehmungen gehindert. So am 17. October 1788 bei Tomasovac, wo die Spahis den beabsichtigten Bau einer Pontonbrücke durch das Niedechauen eines Theiles der Bedeckungstruppen und durch die Gefangennahme des Restes derselben vorübergehend vereitelten, doch von dem bei USdies lagernden N., welcher beim Vernehmen des Gewehrfeuers, ohne einen Befehl abzuwarten, mit seinen Husareu in scharfem Tempo zu Hilfe eilt, verjagt wurden und auf die Fortschleppung der Gefangenen verzichten mußten. Besondere Anerkennung brachte ihm auch der 24. October 1788, an welchem er freiwillig an der Recognoscirung des von den Türken in Brand gesetzten Ortes Panesova Theil nahm und dem aus Spahis bestehendem Nachtrabe bedeutende Verluste bereitete. Endlich hat N., – seit dem J. 1789 Oberst und Regimentscommandant – die am 16. September 1789 bei Pories zu Wasser und zu Land angreifenden Türken mit Jufanterie, Cavallerie und Artillerie auf das jenseitige Ufer gegen Ribniza getrieben und eine ansehnliche Beute an Proviant gemacht. Auch in den Fcldzügen gegen Frankreich bethätigte N. seine dem Dienste der kaiserlichen Waffen gewidmete Befähigung sowie einen hohen Grad militärischer Tugenden. Er befand sich 1792 bei der Vertheidigung von Pellingen und vertrieb den Gegner am 15.Decembrr aus Merzkirchen und Freudenburg. am 16. December aus Tawern, am 2J. December aus Oberleuken. Im J. 1793, in welchem er zum Generalmajor vorrückte, scheint seine Verwendung eine untergeordnete gewesen zu sein; dagegen ergaben sich ihm im J. 1794 eine Reihe von Ausgaben, die daß Vertrauen in seine vielseitige Brauchbarkeit erkennen lassen. Er hatte nämlich vorerst die zwischen Aachen und Luxemburg verkehrends n Nachschubtransporte zu sichern, später nahm er regsten Antheil an den Vorbereitungen zur Wiedergewinnung Trier’s, ferner deckte er eine Zeit hindurch den linken Flügel Clairfayt’s, endlich vertheidigte er gegen Ende des Feldzuges im Vereine mit Melas die Festung Coblenz. Mehr noch als bei all’ diesen Anlässen bekundete N. aber im J.1795 persönlichen Muth, rechtzeitige Entschlossenheit und klugen Unternehmungssinn. Es geschah dies anfänglich bei Ueberwachung der Kordonftrecke zwischen Neuwied und Kaub, dann gegenüber von Sachsenhausen und Höchst, wo er den Gegner durch Scheinbewegungen fesselte und am 13. October nächst Höchst, als er mit einem Theile seiner Truppe den Main durchschwamm und die Franzosen bei Wegnahme von Geschütz und Wagen bis Niederhausen drängte. Nun wurde N. zu den Angriffstruppen aus Mainz berufen; dort umging er am 29. October den rechten Flügel der Franzosen und nöthigte dieselben zum Rückzuge, während welchem er am 2. und 3. November bei Kirchheim-Bolanden, am 13. November bei Frankenstein, am 15. November bei –Otterberg und am 8. December bei Lauterecken achtenswerthe Erfolge errang. Noch vor Schluß des Jahres wurde N. für sein Wirken in dem abgelaufenen Feldzuge, namentlich aber für jenes bei Mainz, daß Commandeurkreuz des Militär-Maria-Thetesien-Ordens verliehen; anfangs 1796 erhielt er seine Eintheilung bei der Armee in Italien, doch schon im Juli 1796 rückte er an der Spitze von Verstärkungen wieder zur Armee nach Deutschland, deren Oberbesehlshaber, der Erzherzog Karl den fähigen und verläßlichen N. unter seinem Commando zu haben wünschte. Und wie sich erwies, [301] mit Recht, denn N. wußte nicht nur durch beispielgebende Tapferkeit und nie schwankende Vcfehlsgebung sondern vorzüglich durch rechtzeitiges Erkennen der Absichten des Gegners und zwt–ckentsprechende Gegenn1aßregeln dem Feinde wiederholt empfindlichen Schaden zu bereiten. Nachdem N. vom 20.–24. August bei Theissing, Neumarkt, Deining und Amberg mit Ehren gefochten, wurde er am 27. August mit einem kleinen Corps von 8 Vataillouen und 22 Eskadrouen an die Donau gesendet, um die neu festgestellte Communication aus Böhmen über Schwarzenfeld, später Eger vor den Unternehmungen Moreau’s auf dem linken Ufer zu schützen. Diesen Auftrag vollführte N. mit bestem Erfolge, theils im Vereine mit Latour, gtößerentheils jedoch allein manövrirend und kämpfend, so . bei Neuburg am 14. und 15. September, bei Donauwörth am 20. September und zwischen Ulm und Heidenheim am 23. und 24. September. Zum gänzlichen Rückzuge Moreau’s hat aber N. dadurch entschieden beigetragen, daß er in dessen linken Flanke voraneilte, sich mit dem Detachement Petrasch in Verbindung setzte und Morcau von Tübingen abschnitt. Unmittelbar hierauf vereinigte sich N. wieder mit dem Haupthet-re an der C-lz, in welchem Verbande er bei Emmendingen (sWaldkirch) am 19. October, bei Langen-Denzlingen am 20. October und bei Schlingen am 24. October für seine Dispositionsfähigkeit und sein sicheres Eingreifen unter allen Verhältnissen gleichfalls die verdiente Anerkennung fand. Nunmehr avancirte N. im J. 1797 zum Feldmarschalllieutenant und wurde im 1799 zum Inhaber des Husarenregiments Nr. 8 ernannt. Im Jahre 180O stand er zum letzten Male im Felde, leider in Folge der vielen Kriegsst1–apazen körperlich schon stark angegriffen. Dennoch ließ sich N. auch in diesem Feldzuge fast jederzeit in erster Linie oder als Commandant der Nachhut verwenden. Anfangs März leitete er sorgsamst die Sicherung der Strecke von Schaffhausen bis an den Wehrfluß bei Säckingen, worauf er ausdauernd und durch die Wahl seiner jeweiligen Stellungen sich bemerkbar machend bei Engen am 3. Mai, bri Mskirch am 5. Mai, bei Biberach am 9. Mai und bei Ulm vom 16. bis 1S-. Mai gekämpft hat. Bis zum Schlusse des Feldzuges auszuharren, war ihm aber nicht möglich; früher schon sah er sich auf ärztlichen Rath hin genöthigt, in den Ruhestand zu treten, in welchem er 1801 ohne Nachkommen starb. Sein Ansehen als tüchtiger Reiterführer und hochbegabter Feldherr hat ihn aber überlebt. Beweis hiefür, daß sich Erzherzog Karl in seinem Werke: „Grundsätze der Strategie 1c. Wien 1817“ S. 341 bezüglich Nauc11dorf–“s Verhalten im September 179ts wie folgt, äußert: „N. beurtheilte die Lage der Dinge richtiger lswie Feldzeugmeister Latour) – – – Aber warum zog der Erzherzog in der Ueberzeugung von Nauendorf’s richtiger Veurtheilung nicht vor, den Feldzeugmeister abzurufen und ersterem ganz daß Commando zu übertragen`? – Allerdingß wäre es zuträglicher gewesen, aber N. war Generalmajor; alle bei den Truppen in Baiern angestellten Feldmarschalllieutenant-ß gingen ihm im Range vor und der Erzherzog konnte eine so plötzliche Umstoßung der verjährten Dienstordnung ohne nachtheilige Folgen nicht auf sich nehmen.`“ Wurzbach, Viogr. Lex. d. Kaiserth. Oesterreich. 20. Thl. Wien 1869. – Hirtenfeld, Der Militär-Maria-Theresien-Orden ec. Wien 1857. – Szöllösy, Tagebuch gefeyerter Helden &c. Fünskirchen 1837. – Kaiser Joseph II. als Staatsmann und Feldherr in Mitth. d. k. k. Kriegsarchivs. Wien 1882 und 1883. – Thürheim, Gedenkblätter 1c. Wien 1880. – Amon, Gesch. d. 8. 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