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ADB:Brun (Stifter des Kartäuserordens)

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Artikel „Brun, Stifter des Karthäuserordens“ von Philipp Woker in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 436–437, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Brun_(Stifter_des_Kart%C3%A4userordens)&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 19:59 Uhr UTC)
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Brun, der heilige Bruno, Stifter des Karthäuserordens, wurde ums J. 1050 zu Köln geboren, † 1102. Seine Bildung erhielt er auf französischem Boden, doch ist es ungewiß, ob er zu Laon oder zu Bec in der Normandie den niederen Schulcursus durchmachte, ob er zu Paris oder zu Tours seine theologischen Kenntnisse sammelte. Nach der Rückkehr in seine Vaterstadt bekleidete er dort eine Zeitlang die Stelle eine Canonicus, verließ aber bald die Heimath wieder um ins Rheimser Domcapitel einzutreten. Hier leitete er die Domschule und erzog sich dankbare Schüler, von denen zwei in sein späteres Leben bestimmend eingegriffen haben. Doch war in Rheims seines Bleibens nicht, da den sittenstrengen Mann das lose Leben des Erzbischofs Manasses und der seinem Beispiel folgenden Geistlichen anwiderte und er in Streit mit dem Erzbischof gerieth. B. verzichtete daher auf seine kirchlichen Würden und faßte den Entschluß, die Welt zu verlassen und in der Einsamkeit Gott zu dienen. Auf diesem Punkte setzt die Legende ein, um durch ein Wunder den Entschluß Bruno’s zu begründen. Zu Paris, so erzählt sie, starb ein berühmter Doctor der Theologie, Raimund Diocres, er hatte für einen frommen Mann gegolten, aber bei den Exequien verkündigte der Mund des Todten, daß er von Gott verdammt sei. Dies furchtbar ernste Ereigniß bestimmte B. zu seinem Entschlusse. Die Erzählung ging ins Brevier über, wurde aber von Urban VIII. aus demselben gestrichen und gab die Veranlassung zu einem heftigen Streite zwischen dem Jesuiten Theophil Raynaud und dem Herrn von Launoy, von denen der erstere für das Wunder eintrat, während der zweite die Entscheidung Urban’s vertheidigte. Nachdem B. von Rheims geschieden, wandte er sich zunächst allein nach Saisse-Fontaine bei Langres, dann fand er sechs Genossen, mit denen er eine noch rauhere Gegend aufsuchte. Sie wanderten um das J. 1086 zusammen der Diöcöse Grenoble zu. Die unwirthlichen Berge dieser Gegend zogen sie an und von dem frommen Bischof Hugo, einem Schüler Bruno’s, konnten sie sich Hülfe bei ihrer Niederlassung versprechen. Der Bischof zeigte denn auch wirklich großes Verständniß für ihre Wünsche, er führte sie an einen besonders unwirthlichen Ort, in die Wüste Chartreuse: was er hier an Land besaß schenkte er den Ankömmlingen und bewog den Abt von Chaize-Dieu auch sein Besitzthum in der dortigen Gegend ihnen zu geben. So siedelten sie sich an, bauten sich ein unansehnliches Bethaus und noch elendere Zellen, anfangs bewohnten sie zu je zwei eine solche Zelle, allmählich wurde für jeden eine besondere errichtet. B., der mit seinem Beispiele den Uebrigen voranleuchtete, war der Vorsteher dieser Genossenschaft. Er gab seinen Brüdern keine geschriebenen Statuten, sie richteten sich wie die Mönche von Cluny und Citeaux nach der Regel des heil. Benedict und verschärften dieselbe nur an manchen Punkten. Mit Gebet und Gesang wechselte bei ihnen allerlei Handarbeit, vor allem mit dem Abschreiben von Büchern [437] gewannen sie ihren Lebensunterhalt. Sie bedurften nicht viel, denn durch spärliche schlechte Kost und durch harte Bußen tödteten sie ihren Körper ab. Sechs Jahre hatten die Freunde so in völliger Abgeschiedenheit von der Welt verlebt, da störte sie ein päpstlicher Befehl aus ihrer Ruhe auf. Urban II., ebenfalls ein Schüler ihres Priors, verlangte von B., daß er nach Rom komme und sein Berather sei. B. gehorchte, aber er kam nicht allein: mit ihm verließen seine Freunde die stille Chartreuse, hoffend, daß sie auch im Getümmel der Weltstadt ein abgeschiedenes Plätzchen finden würden. Urban nahm sie freundlich auf, gab ihnen in Rom ein Haus und machte B. zum Manne seines Vertrauens. Aber weder B. noch seine Freunde fühlten sich lange in Rom behaglich, die Letzteren erhielten schon bald Erlaubniß nach der Chartreuse zurückzukehren, B. aber mußte noch eine Reihe von Jahren in Rom ausharren. Gelegenheit, der ewigen Stadt zu entfliehen, fand sich für ihn erst, als Urban II. sich zu einer Reise nach Frankreich anschickte, und da nun um dieselbe Zeit (um 1096) die Einwohner von Reggio ihn zum Erzbischof zu haben wünschten, ihn also in Gefahr brachten noch tiefer ins öffentliche Leben hineingezogen zu werden, so entschloß er sich kurz, sammelte einige Gesinnungsgenossen in Rom um sich und zog mit ihnen in eine Einöde Süditaliens. In dem Sprengel von Squilace zu la Torre siedelten sie sich an. Dort fand sie Roger, Graf von Sicilien und Calabrien, als er einst in der Gegend jagte, wandte ihnen seine Gunst zu, baute ihnen eine Kirche und vergrößerte ihre Einsiedelei. B. gab seinem neuen Convente dieselben Einrichtungen wie den älteren, er hielt seine Genossen in strenger Zucht zusammen, bis der Tod ihn im J. 1102 aus einem Leben voll Mühsal und Abtödtung abrief. Nach seinem Tode verfiel zu la Torre bald die frühere Zucht, die Mönche gaben sich einem zügellosen Leben hin. Die kirchliche Behörde strafte sie mit Auflösung ihrer Niederlassung und gab ihr Kloster den Cisterciensern. Zu la Torre ging Bruno’s Werk zu Grunde; was er aber in der Chartreuse gepflanzt, das blühete und entfaltete sich zum Orden der Karthäuser. Und während man am Orte seines Todes gegen ihn gleichgültig wurde, wahrten ihm die französischen Freunde, mit denen er auch, so lange er lebte, in brieflicher Verbindung geblieben war, ein treues Andenken. Später bemächtigte sich die Legende seiner Person, seine Reliquien wurden wunderthätig: im Jahre 1514 ward er heilig gesprochen. B. besaß eine für seine Zeit ungewöhnliche Gelehrsamkeit; das beweisen seine auf uns gekommenen Schriften bestehend in zwei Briefen, einem Commentar zu den Psalmen und einem anderen zu den Paulinischen Briefen (Ausgabe seiner echten und unechten Schriften von Petrejus. Köln 1640).

Vgl. Tracy, Vie de S. Bruno. Paris 1786. Fink: Artikel Karthäuser in der Allg. Encyclopädie von Ersch und Gruber, Th. 21.