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ADB:Fresenius, Johann Philipp

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Artikel „Fresenius, Johann Philipp“ von Georg Eduard Steitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 353–354, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fresenius,_Johann_Philipp&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 22:49 Uhr UTC)
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Fresenius: Johann Philipp F., Theologe und Senior des lutherischen Ministeriums in Frankfurt a. M., geb. 22. Oct. 1705 zu Niederwiesen, erhielt im elterlichen Hause eine fromme Erziehung und von seinem Vater, dem Ortspfarrer, Unterricht in den Gymnasialfächern bis zum 17. Jahre, wo er einem benachbarten Pfarrer zur Unterweisung im Hebräischen übergeben wurde. Sein Fleiß war so eisern, daß er schon um Mitternacht sich vom Lager erhob; sein Eifer, sich praktisch zu bethätigen, so warm, daß er schon als Jüngling sich verwahrloster Bauernkinder annahm. Im Herbste 1723 bezog er mit 15 Gulden die Hochschule Straßburg zum Studium der Theologie, wo er durch Privatstunden seine Bedürfnisse bestritt und sich wochenlang von Wasser und Brod nährte, bis ihm Professoren einen regelmäßigen, unentgeltlichen Mittagstisch vermittelten. Die Lectüre der Schrift, der Kirchenväter und der Werke Luther’s waren in Straßburg neben den Vorlesungen die Schule seiner theologischen Bildung; seine Studienzeit schloß am 25. Sept. 1725 mit der Vertheidigung von Thesen über die Rechtfertigung. Zwei Jahre versah er die Amtsgeschäfte des erkrankten Vaters, sechs Monate widmete er der Erziehung des jungen Rheingrafen von Salm-Grumbach, 1727 wurde er nach des Vaters Tode Pfarrer von Oberwiesen. Schwere innere Kämpfe und Zweifel an dem Segen seiner Amtsführung, opferwillige Wohlthätigkeit, der Erfolg einer Missionspredigt an die Juden in Grumbach, durch die er zwar nicht diese, aber mehrere christliche Zuhörer bekehrte, bezeichnen den Charakter seiner ersten Amtsjahre. 1731 stellte [354] er der Schmähschrift des Jesuiten Weißlinger: „Friß Vogel oder stirb!“ seinen Antiweisslingerus entgegen, der ihm die Nachstellung des erbitterten Clerus zuzog. Der Landgraf Ernst Ludwig von Hessen, in dessen Hauptstadt Darmstadt er flüchtete, bestellte ihn 1734 zum zweiten Burgprediger in Gießen, an dessen Hochschule er exegetische und ascetische Vorlesungen hielt. Innige Freundschaft verband ihn mit Rambach. Als Hofdiaconus zu Darmstadt (seit 1736) erwirkte er die Gründung einer Anstalt für Proselyten, deren er 400 der evangelischen Kirche zuführte, aber 600 als Betrüger zurückwies. 1742 kehrte er als Burgprediger und außerordentlicher Professor nach Gießen zurück, nahm aber schon im folgenden Jahre den Ruf als Sonntags- (d. h. Vormittags-) Prediger an die Peterskirche zu Frankfurt a. M. an. Für die Ablehnung mehrerer ehrenvollen Berufungen zum Generalsuperintendenten in Meiningen, zum Professor in Helmstädt, sowie Abt zu Mariathal und Michaelstein entschädigte ihn der Rath 1748 durch Ernennung zum Senior des lutherischen Ministeriums und Sonntagsprediger an der ersten Hauptkirche zu den Barfüßern; die theologische Facultät zu Göttingen verlieh ihm gleichzeitig den theologischen Doctorgrad. Dreizehn Jahre hat F. in dieser Stellung segensreich gewirkt, fromm, aber ohne Frömmelei, treu an dem lutherischen Bekenntnisse haltend, aber im milden Geiste Spener’s, seines einstigen Vorgängers in diesem Amte bis zum J. 1686, und Francke’s, eine schöne Erscheinung, imponirend durch Würde und Ernst, gewinnend durch Sanftmuth und Ruhe. Seine „heilsame Betrachtungen“ über die Sonntagsevangelien und Episteln, nicht nur durch ihren Gehalt, sondern auch durch die Einfachheit und Schönheit ihrer Sprache ausgezeichnet, haben wie sein „Beicht- und Communionbuch“ bis in die neuere Zeit wiederholte Auflagen erlebt. Seine divinatorische Gabe – er sagte z. B. das Eintreffen seiner Vocation nach Frankfurt auf die Stunde voraus – seine oft wunderbare Rettung aus drohenden Gefahren, der Erfolg, womit er nicht nur Juden und Katholiken, sondern auch Naturalisten bekehrte, wie den Baron von Wunsch und den bei Bergen tödtlich verwundeten General v. Dyhern, das alles erhöhte den Eindruck seiner musterhaften Amtsführung und unterstützte die erwecklichen Einflüsse, die von ihr ausgingen. Das Herrnhuter Wesen hat er mit Entschiedenheit bekämpft; sein Widerstand gegen die wiederholten Versuche der Reformirten, ein öffentliches Religionsexercitium in der Reichsstadt zu gewinnen, beruhten wol noch mehr auf localen und socialen Antipathien, welche die ganze lutherische Bürgerschaft mit ihm theilte, als auf dogmatischem Grunde. Er starb, nicht nur von Freunden, sondern auch von Gegnern geachtet und geehrt, am 4. Juli 1761 im 56. Lebensjahre mit Hinterlassung einer zahlreichen, aber durch seine großartige Wohlthätigkeit mittellosen Familie. Goethe hat ihm in den „Bekenntnissen einer schönen Seele“, worin er als Hofprediger eingeführt wird, und in dem 4. Buche der „Dichtung und Wahrheit“ ein schönes Denkmal gesetzt. Von seinen zahlreichen Schriften erwähnen wir seine polemischen gegen die Herrnhuter und ihre Lehre, seine Pastoralsammlungen 1748–60 (24 Thle.) und seine „Nachrichten vom Leben und den Schriften Johann Albrecht Bengel’s“. Auch Lappenberg ist in den „Reliquien der Fräulein von Klettenberg“ den Spuren seines Wirkens nachgegangen.