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ADB:Georg Wilhelm (Herzog von Liegnitz)

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Artikel „Georg Wilhelm, Herzog von Schlesien-Liegnitz“ von Carl Krebs in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 696–698, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Georg_Wilhelm_(Herzog_von_Liegnitz)&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 07:22 Uhr UTC)
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Georg Wilhelm, der letzte Sproß des Piastenstammes, geb. den 29. Sept. 1660 auf dem Schlosse zu Ohlau, † am 21. Novbr. 1675 zu Brieg, war der einzige überlebende Sohn des Herzogs Christian von Brieg-Liegnitz[WS 1] und der Fürstin Luise, geborenen Prinzessin von Anhalt-Dessau[WS 2]. Da die Geistlichkeit den Vorschlag, ihm den Namen Piast beizulegen, mißbilligte, weil derselbe nicht im christlichen Kalender stehe, so wurde er nach seinen Taufpathen, dem großen Kurfürsten und Herzog Georg III. von Brieg[WS 3] genannt. Schon in dem frühen Alter von 5 Jahren wurde der Prinz von dem ersten Hofprediger seines Vaters in den Lehren des reformirten Bekenntnisses unterwiesen, seine wissenschaftlichen Studien leitete der Hofmeister August Friedrich Bohne und der Leibarzt des Herzogs Heinrich Martini, der auch eine Rhetorik für den Prinzen ausarbeitete. Der junge Fürst zeigte von Jugend auf ein starkes Gedächtniß und schnelle Fassungsgabe, er verstand es sich in der italienischen und spanischen Sprache [697] schriftlich auszudrücken und sprach lateinisch und französisch. Auch die übrigen Seiten seiner Erziehung wurden nicht vernachlässigt, er lernte reiten, tanzen und fechten und hielt zu seiner Uebung oft kleine Vorträge vor seinen Eltern und vor Gästen am Hofe. Schon früh bewies G. W., wie fast alle seine Vorfahren, eine große Neigung zu den Vergnügungen der Jagd; am 23. August 1672 hat der zwölfjährige Prinz bei einer Jagd im Thiergarten zu Brieg sogar einen Jägerorden „des goldenen Hirsches“ gestiftet. Am 27. Februar 1672, dem Tage vor dem Tode seines Vaters, schickte die Mutter den jungen Prinzen mit seinem Hofmeister auf die Universität Frankfurt a./O. Dort wurde ihm ein eigenes Haus gemiethet und ein kleiner Hofstaat eingerichtet, die nöthigsten Lebensbedürfnisse wurden von Steinau und Brieg aus zu Wasser hingeschickt. Von Frankfurt aus machte G. W. auch Besuche am kurfürstlichen Hofe zu Berlin. Nach seiner 1673 erfolgten Heimkehr wurde erwogen, ob man den Prinzen nicht zu seiner weiteren Ausbildung auf Reisen schicken solle; die Mutter sprach sich indeß dagegen aus und so unterblieb es. Nach den testamentarischen Bestimmungen des verstorbenen Herzogs hatte die Mutter des Prinzen bisher die Regentschaft über die Herzogthümer und die Vormundschaft über den Sohn geführt. Ob die Fürstin nun durch ihre etwas frauenhafte Art zu regieren Anstoß im Lande erregt hatte, oder ob die Vormundschaftsräthe größeren Einfluß zu erlangen hofften, genug, letztere trugen plötzlich am Kaiserhofe auf Mündigkeitserklärung des Fürsten an, und G. W., obwol er den Widerwillen der Mutter gegen diesen Vorgang kennen mußte, stimmte zu. Am 14. März 1675 hatte er in Wien Audienz bei Kaiser Leopold und leistete die Huldigung. Am 30. März hielt der neue Landesfürst seinen feierlichen Einzug in Brieg, am 26. August in Liegnitz, etwas später in Wohlau. Im September wohnte der junge Herzog einem Landtage in Liegnitz bei und kehrte dann nach Brieg zurück, um die Hirschjagden im Oderwalde zu beginnen. Schon waren einige Edelleute an verschiedene Fürstenhöfe abgesandt worden, um eine passende Braut für G. W. auszusuchen, schon hatte er den vollständigen Entwurf einer Verfassung für die Herzogthümer ausarbeiten lassen, als er sich am 15. November auf einer Jagd in den Wäldern der rechten Oderuferseite plötzlich unwohl fühlte. Um sich zu erwärmen, trat er in Groß-Neudorf in ein Bauernhaus, in welchem blatternkranke Kinder gelegen haben sollen. Die Aerzte erkannten zunächst seine Krankheit nicht, bis endlich die Pocken in gefährlichster Weise ausbrachen. Die gerade auf einer Reise nach Wien begriffene Mutter des Herzogs konnte dem Sohne keine Pflege angedeihen lassen. Nachdem G. W. den Kaiser noch in einem eigenhändigen Briefe gebeten hatte, seine „lieben Unterthanen bei ihren Privilegien und ihren bisherigen Glaubensübungen“ zu belassen, verschied er unter heftigen Schmerzen am 21. November Mittags, 15 Jahre, 1 Monat und 23 Tage alt. Die übertreibende Geschichtsschreibung hat ihm den Namen Incomparabilis beigelegt; doch ist es natürlich, daß dem Fürsten bei der kurzen Regierungszeit von 9 Monaten wenig Gelegenheit zu hervorragenden Thaten gegeben war. Als Beweis für seine Geistesgegenwart führen seine Bewunderer die Antwort an, welche er dem Kaiser Leopold auf die Frage, welches die beste Religion sei, gegeben habe: die, Gott und dem Kaiser getreu sein! Eine gleichzeitige Beschreibung, welche auch durch ein in der Aula des ehemaligen Gymnasiums in Ohlau befindliches Gemälde bestätigt wird, schildert den Herzog als einen Jüngling von blühender Gesichtsfarbe, blonden Augenbrauen, gerader Nase, großen Augen und etwas vorstehenden Lippen; die lockigen Haare fielen ihm bis auf die Schultern herab. Mit G.W. starb das Haus der Piasten aus, „nachdem es 900 Jahre geblüht, Polen 24 Könige, Schlesien 123 Herzöge, der Kirche 6 Erzbischöfe und Bischöfe und einem großen Theile des östlichen Europa Religion und Cultur geschenkt hatte“. [698] Der Kaiser zog das erledigte Lehen ein, ohne die brandenburgischen, auf die Erbverbrüderung von 1537 sich stützenden Ansprüche zu berücksichtigen.

Glawnig, Brieger Wochenblatt von 1790. Schönwälder, Piasten zum Briege III. Kraffert, Chron. von Liegnitz, II, 2.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Ein Sohn des Herzogs Johann Christian
  2. Schwester Johann Georgs II. von Anhalt-Dessau
  3. sein Onkel