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ADB:Johann III. (Herzog von Kleve-Mark und Jülich-Berg)

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Artikel „Johann III. (Herzog von Kleve-Mark und Jülich-Berg)“ von Woldemar Harleß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 213–215, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_III._(Herzog_von_Kleve-Mark_und_J%C3%BClich-Berg)&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 13:23 Uhr UTC)
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Johann III., Herzog von Cleve-Mark und Jülich-Berg, ältester Sohn des Vorigen, geb. am 10. Novbr. 1490, trat nach dem Tode seines Schwiegervaters Wilhelm II. († 6. Septbr. 1511) in Gemeinschaft mit der Gemahlin Maria die Regierung der Lande Jülich, Berg und Ravensberg an und empfing demgemäß am 8. Oktbr. 1511 die Huldigung der Stände von Berg und Blankenberg sowie am 26. April 1512 die Belehnung mit den altpfalzgräflichen Besitzungen im Herzogthum Jülich, dagegen erst im J. 1516 durch König Karl von Spanien nach Beschwichtigung der sächsischen Ansprüche die Reichsbelehnung mit Jülich, Berg und Ravensberg. Von vorn herein mit Klugheit und Festigkeit das Hauptaugenmerk auf die Besserung der inneren Zustände richtend, wußte er mittels ansehnlicher Steuerbewilligungen, zu denen er die jülich-bergischen Landstände bewog, verpfändete Landestheile, wie das bergische Amt Windeck und Eschweiler im Herzogthum Jülich, bedeutend durch seine Kohlenbergwerke, dem Territorialbestande wiederzuzuführen und durch das von ihm sammt seinem Vater am 25. Novbr. 1519 mit König Karl V. als Herrn der Niederlande geschlossene Schutz- und Trutzbündniß die Erbfolge seiner Gemahlin und die Union der clevischen und jülichschen Gebiete zu sichern. Als diese Vereinigung nach dem Ableben Johanns II. (15. Mai 1521) zur Thatsache geworden war, zeigte sich der neue Landesherr auch für Cleve-Mark alsbald im Lichte eines Mannes, von dem eine entschiedene Wendung zu Gunsten der fürstlichen Macht zu erwarten war. Im erfreulichsten Gegensatze zu der früheren Regierung kam jetzt ein consequentes, sparsames und immer den nächsten Bedürfnissen zugewandtes System zur Geltung, dessen wohlthätige Wirkungen sich überall im öffentlichen Leben, in Landesverwaltung, Sitte, Rechtspflege, Kirche und Schule spürbar machten. Geschickt wurden die bestehenden ständischen Verhältnisse zur Abhaltung weiterer Uebergriffe benutzt und eine neue Organisation der obersten Regierungsbehörden geschaffen, welche in Anlehnung an die schon im 15. Jahrhundert nachweisbaren Gruppen der obersten Landesregierung (Räthe, Kanzler mit der gelehrten Kanzlei und Rechenmeisteramt unter der Leitung des Landrentmeisters) in drei selbständige Abtheilungen sich gliederte, das Hofmeisteramt als Behörde für die Verwaltung der fürstlichen Domänen, das Marschallamt als leitende Instanz für Kriegs- und Militärwesen und die Kanzlei, welche mit den Kanzlern an der Spitze die eigentlichen äußeren wie inneren Regierungsgeschäfte zu besorgen hatte. Für jede dieser drei Abtheilungen wurden bestimmte Räthe, auch Hofräthe genannt, und Secretäre angestellt. Daß diese Behörden sowohl in Jülich und Berg als in Cleve-Mark in paralleler Besonderheit sich wiederholten, entsprach den Verhältnissen der Personalunion der betreffenden Lande seit 1521. Es gab (laut der Hofordnung von 1534 und 1564) als Glieder des fürstlichen Hofstaats zwei Kanzler, einen für Jülich, Berg und Ravensberg, den andern für Cleve und Mark, drei Hofmeister, je einen für Cleve-Mark, für Jülich und für Berg, ebenso drei Marschälle, zwei Kammermeister, einen Stallmeister, zwei, unter Umständen auch vier Räthe ohne speciellen Amtstitel aus den Ritterschaften oder Amtmännern der verschiedenen Lande; ferner an adligen Hofbeamten im engeren Sinne: einen Haushofmeister, vier [214] Thürwärter, zwei Küchenmeister, einen Bottelierer als Chef des fürstlichen Kellers, zwei Spinder zur Aufsicht über die Spinden oder Vorrathsschränke am herzoglichen Hofe, zwei Vorschneider, zwei Schenken; außerdem zählten zum Hofhalte noch 8 Edelleute, 20 bis 24 Junker, ein Schützenmeister, zwei rechtskundige Doctoren, ein Licentiat der Rechte, drei Secretäre, ein Leibarzt, zwei Wundärzte, zwei Küchenschreiber als Rechnungsbeamte für die Hoftafel, von den untersten Hofbediensteten abgesehen. Das Wichtigste aber war, daß diese Organisation in einem der ansehnlichsten, in sich abgeschlossensten Ländercomplexe des damaligen römischen Reichs deutscher Nation durchgeführt wurde, in einem Länderverbande, der seinem Beherrscher eine hervorragende Stellung im deutschen Westen und die Grundlage bedeutender politischer Machtentwicklung wohl zu gewähren vermochte. Und in der That war J. ein Mann, der in einer Zeit, in der das deutsche Landesfürstenthum überhaupt erst zu seiner vollen Ausgestaltung gelangte, in seinem Lande die fürstliche Autorität mit gewissenhaftem Ernste zu erhalten und zu einer alle öffentlichen Verhältnisse regelnden Macht zu entwickeln, sie zu der von Gott gesetzten Obrigkeit zu machen suchte, berufen, überall Zucht, Ordnung und Recht zu stabiliren. Das Bedächtige, Nüchterne, ja Schwerfällige des clevischen Volkscharakters, so verschieden von der beweglichen, lebhaften Art des rheinfränkischen Uferbewohners, eignete ihm dabei durchaus: weit aussehenden und gewagten Unternehmungen abhold, Feind alles dessen, was ihm als Uebermaß oder gar als radikaler Umsturz vor Augen trat, auch in der Politik gern dem Frieden das Wort redend, übrigens Kaiser und Reich in Treue ergeben und zudem an dem spanisch-burgundischen Bündnisse festhaltend, trägt er in der Geschichte nicht mit Unrecht den Namen des Friedfertigen. Seiner ganzen Richtung nach auch in kirchlicher Hinsicht jeder Neuerung abhold, die nicht von den geordneten Autoritäten in Kirche und Reich ausging, trat er im J. 1517 in seinen Landen der Verbreitung der lutherischen Lehre entgegen und erließ noch im März 1525 ein scharfes Edict zu deren Unterdrückung. Daß er gleichwohl kirchliche Reformen wollte, bewies er namentlich durch das Edict vom 8. Juli 1525 und die Kirchenordnungen vom 11. Jan. 1532 und 8. April 1533, im Anschlusse an die in Niederdeutschland besonders mächtigen humanistisch-religiösen Tendenzen des Erasmus von Rotterdam, zu dessen Schülern und Anhängern die einflußreichsten Männer in der Umgebung des Fürsten, der edle, milde, in den Kirchenvätern wie in den Classikern bewanderte bergische Kanzler Gogreve († 1554), der hervorragend begabte Konrad Heresbach oder Hertzbach, seit 1. Septbr. 1523 als Erzieher des Jungherzogs Wilhelm an den Hof berufen, der treue auch als Diplomat tüchtige Karl Harst, der zurückhaltende, aber im Rathe viel geltende jülichsche Kanzler Johann von Blatten, Scholaster zu Xanten und Propst zu Cranenburg, der geschäftsgewandte, biedere Heinrich Bars, gt. Olifleger zählten. Hand in Hand mit Johanns III. Erlassen in kirchlichen Angelegenheiten gingen die von ihm angeordneten Kirchenvisitationen (1533–1534) und die mit dem Erzbischof und Kurfürsten Hermann V. von Köln angeknüpften Reformationsverhandlungen (1533–37) nach der unter des Herzogs persönlicher Mitwirkung erfolgten Niederwerfung des Regiments der Wiedertäufer zu Münster (1533–35). Der vermittelnden Stellung des Herzogs entsprach es zugleich, daß er dem von Kaiser Karl V. projectirten Gegenbündnisse der katholischen Reichsstände gegenüber dem Schmalkaldischen Bunde, dessen Entwurf ihm Ende December 1537 durch die kaiserlichen Abgesandten, den Bischof Johann von Lund und den kaiserlichen Rath und Vicekanzler Dr. Matthias Held unterbreitet wurde, nicht beipflichtete, sondern vielmehr unter dem 8. Februar 1538 auf die Anträge Karls V. eine zur Hauptsache ausweichende Antwort ertheilte, lediglich auf die Nothwendigkeit der baldigen Veranstaltung eines allgemeinen [215] christlichen Concils, einer Nationalversammlung oder eines Reichstages hinweisend. Er unterließ dabei nicht, die „große Empörung und des gemeinen Mannes Unverstand“ in religiösen Dingen zu betonen. Gern gewählt als Vermittler in politischen Händeln, z. B. in dem Conflicte zwischen der Stadt Utrecht und Herzog Karl von Geldern anläßlich der Forderungen des Letztern für geleistete Truppenhülfe (1534–1535), sah J. noch an seinem Lebensabende den Beginn der neuen Verwicklung wegen des Herzogthums Geldern, die in ihrem Verlaufe für das clevisch-jülichsche Fürstenhaus sich so tragisch gestalten sollte, zuerst aber großer Hoffnung Nahrung gab, nachdem die Stände von Geldern und Zütphen, der jülichschen Erbrechte auf ihre Heimathlande eingedenk und die österreichisch-burgundische Herrschaft vor Allem scheuend, auf dem Landtage zu Nymwegen am 12. Decbr. 1537 den Jungherzog Wilhelm von Cleve-Jülich-Berg zu ihrem Erblandesherrn erkoren hatten und der Erbanfall der geldrischen Lande zudem unter dem 27. Jan. 1538 von beiden Theilen förmlich verbrieft worden war. Der Tod Herzogs Karl von Geldern († 30. Juni 1538), machte die Uebereinkunft zur vollendeten Thatsache, fachte aber auch den glimmenden Funken des Streites mit Karl V. in Bezug auf die geldrische Succession zu heller Flamme an. Doch bevor die Katastrophe eintrat, starb Herzog J. (6. Febr. 1539), bis zuletzt eifrig bemüht, auf friedlichem Wege und mit Hülfe der Reichsstände Geldern seinem Hause zu sichern. Auch er ward zu Cleve bestattet und hinterließ von seiner Gemahlin Marie († am 29. August 1543) vier Kinder, nämlich außer dem Jungherzoge und Nachfolger Wilhelm (III., geb. 1516) die Töchter Sibylla (geb. am 17. Juli 1516 und 1527 mit dem Kurprinzen Johann Friedrich von Sachsen vermählt, † 1554), Anna (geb. am 1. Juli 1515, zuerst für Franz von Lothringen bestimmt und bekanntlich 1539 die Gemahlin Heinrichs VIII. von England, † 1557), und Amalia (geb. am 14. Novbr. 1517, † ledigen Standes am 1. März 1586).

Lacomblet, Urkundenbuch Bd. IV und Archiv Bd. IV u. V. v. Haeften a. a. O. S. 12–16. A. Wolters, Konrad von Heresbach (1867) u. A. m.