ADB:Mettenleiter, Johann Georg
Reisach und des Kanonikus Dr. Karl Proske auf ihn. Diese beiden kunstsinnigen Männer [526] gaben auch den Anstoß dazu, daß das Stiftscapitel U. L. Frau zur alten Kapelle den jungen Reformator als Chorregenten und Organisten nach Regensburg berief. In dieser Stellung blieb er bis zu seinem Tode, der am 6. October 1858 erfolgte. Mettenleiter’s Bedeutung liegt darin, daß er einer der ersten Vorkämpfer war für die Reform der Kirchenmusik, welche sich zunächst in Regensburg vollzog. Unter Leitung des bekannten Musikgelehrten Dr. K. Proske, der sein Lehrer und väterlicher Freund wurde, entfaltete M. in Regensburg eine ungemeine Thätigkeit auf kirchenmusikalischem Gebiete. Während Proske dafür sorgte, daß die bedeutendsten Werke der classischen Periode der Kirchenmusik aus dem Staube der Bibliotheken herausgezogen und neu publicirt wurden (Musica divina – Selectus novus Missarum) nahm M. dieselben in das Repertoire seiner Kapelle auf und suchte durch Aufführungen in der Kirche und in kirchenmusikalischen Concerten den Sinn des Publicums auf die von echt kirchlichem Geiste durchwehte ältere Kirchenmusik hinzulenken und für dieselbe zu gewinnen. Obwol manche Schwierigkeiten und Hindernisse zu überwältigen waren, sah er doch bald, daß er sich nicht umsonst bemüht hatte; denn Regensburg wurde der Ausgangspunkt der Entwickelung der kirchenmusikalischen Reform, die von hier aus ihren Weg durch ganz Deutschland nahm. Nicht minder thätig war M. als Componist. Seine Lieder, Psalmen, Messen, von denen nur Einzelnes im Druck erschien (Psalm 95, „Singt Jehova“, für 6 Männerstimmen. Regensburg, Pustet, 1847. – Psalm 114, „Alleluja, Liebe erfüllt“, Mainz, Schott, 1852 – „Crux fidelis“, für 2 Chöre mit Posaunen, Brixen, Weger, 1868) bekunden eine originelle Conception und eine vollendete Kunstform im Anschluß an den Stil der alten Meister. Sein künstlerisches Schaffen krönte er mit der Herausgabe des „Enchiridion Chorale“, welches die liturgischen Gesänge bei der heiligen Messe, Vesper und Complet enthält (Regensburg, Pustet, 1853) und der Orgelbegleitung dazu (daselbst). Diese letztere Publication legt Zeugniß davon ab, daß M. die alte Kirchenmusik in ihrem tiefsten Wesen und in ihren charakteristischen Eigenthümlichkeiten erfaßt hatte und ist in Bezug auf den mehrstimmigen Satz meisterhaft und zum Studium sehr zu empfehlen. In der Praxis hat sich das Werk überlebt, weil man den erhabenen Schwung des Gregorianischen Choralgesanges durch eine solche Accordbegleitung nicht beeinträchtigen will und deshalb in neuerer Zeit der Begleitung nach dem System der „durchgehenden Noten“ den Vorzug gegeben hat.
Mettenleiter: Johann Georg M. wurde am 6. April 1812 zu St. Ulrich im Lohnthal (in Württemberg) geboren. Im Alter von 12 Jahren schickte ihn sein Vater, der Volksschullehrer war und seinen Sohn ebenfalls für das Schulfach ausbilden lassen wollte, nach Wallerstein, wo der Onkel Joh. Michael M. die Stelle eines fürstlich Wallerstein’schen Secretärs und Chorregenten bekleidete. Hier erhielt der Knabe Unterricht in der lateinischen und französischen Sprache, sowie auch im Zeichnen. Im J. 1836 bezog er das K. Schullehrer-Seminar in Bamberg. Er vollendete jedoch den Seminarcursus nicht. Schon im Februar 1837 rief ihn ein Decret des Fürsten Aloys von Oettingen-Spielberg in die Residenz als Chorregenten der Stadtpfarrkirche St. Sebastian. Während des zwei- und einhalbjährigen Aufenthaltes in dieser Stadt führte M. eine totale Regeneration der Kirchenmusik herbei. Seine Wirksamkeit in dieser Hinsicht machte viel von sich reden und lenkte die Aufmerksamkeit des BischofEin jüngerer Bruder des Genannten, Dr. Dominikus M., geb. den 20. Mai 1822 zu Thannhausen (in Württemberg), seit 1850 Vicar an der alten Kapelle U. L. Frau zu Regensburg, † am 2. Mai 1868, ist als Musikschriftsteller vortheilhaft bekannt geworden. Er schrieb zunächst eine Biographie seines Bruders, „Joh. Georg Mettenleiter, ein Künstlerbild“, Brixen, Weger, 1866, sodann eine Biographie Proske’s, Regensburg, Bössenecker, 1868, außerdem als Vorarbeiten zu einer Musikgeschichte Baierns eine „Musikgeschichte der Stadt Regensburg“, daselbst 1866; eine „Musikgeschichte der Oberpfalz“, Amberg, Pohl, 1867; „Orlando di Lasso, Registratur für die Geschichte der Musik in Baiern“, Erstes Heft, Brixen, Weger, 1868; „Philomele, Musikal. Taschenbuch“ für 1866 und 1868, Regensburg und Brixen 1866/68; „Musika, Archiv für Wissenschaft, Geschichte, Aesthetik und Litteratur der heiligen und profanen Tonkunst“, 1. u. 2. Heft, Brixen 1866/68, endlich eine „Faßliche und practische Grammatik der katholischen Kirchensprache“, Regensburg 1865 und mehrere kleinere Abhandlungen.