ADB:Nicolai, Heinrich
Johann Gerhard in Jena, mit besonderer Gunst bedacht. Nachdem er 1626 in Marburg den Magistergrad der Philosophie erlangt hatte, machte er nach der Sitte jener Zeit noch eine große Reisetour durch das westliche Europa. Er schloß sie in Rostock ab. Hier blieb er nun drei Jahre bis 1631, wo er der von dem Danziger Rathe an ihn ergangenen Berufung zur Professur der Logik und Metaphysik an dem dortigen Gymnasium Folge gab. Mit großem Fleiße erfüllte er die Aufgaben seines Amtes; 13 philosophische Schriften gab er bis zum Jahre 1645 heraus. Sein Ruf verbreitete sich mehr und mehr; zwei Fürsten erboten sich ihm den Doctorgrad kostenfrei zu verschaffen, welches Anerbieten N. freilich in Bescheidenheit nicht annahm. Vielleicht lag diesem Abweis auch noch ein anderes Motiv zu Grunde, die Besorgniß bei Gelegenheit der Doctorpromotion in theologische Streitigkeiten verwickelt zu werden. Schon stand er seit seiner Ankunft bei den Danziger Theologen in Verdacht nicht ganz orthodox zu sein, so daß der Rath ihn nicht auf die Predigerstelle berief, zu der er anfangs designirt gewesen. Doch im J. 1645, da das Thorner Religionsgespräch introducirt und abgehalten wurde, trat er durch allzu sanguinische Hoffnungen auf den Ausgang dieses Gespräches verleitet, offen mit seinen Ansichten in einer Schrift hervor, die den Titel führt „Irenicum s. de differentiis religionum conciliandis commentatio“ (Gedani, 4°). Mit dieser Veröffentlichung reihte er sich den Vertretern der „Synkretismus“ genannten Richtung an und hatte nun gleich ihnen heftige Angriffe und Widerwärtigkeiten von den streng-lutherischen Geistlichen Danzigs, unter denen sich damals Abraham Calov befand, Jahre lang zu erdulden. Streitschriften werden gewechselt, Disputationen gehalten, aber in allen blieb N. in Folge seiner unklaren Ansichten im Nachtheil. Nach einer im Mai bis Juli 1650 zwischen ihm und den Danziger Geistlichen gehaltenen Conferenz, in der er so manche seiner Aussprüche hatte zurücknehmen oder anders deuten müssen, suchte er des Kampfes müde und auch kränklich seine Pensionirung nach, allein ein von Elbing an ihn ergangener Ruf die Professur der Theologie und Philosophie am dortigen Gymnasium zu übernehmen änderte seinen Entschluß, er übernahm 1651 jene Professur, wohl in der Hoffnung dort weniger angefochten zu sein. Allein er selbst that dazu nichts, vielmehr in Elbing durch das persönliche Zusammentreffen mit den Gegnern weniger bedrückt, setzte er durch Herausgabe weiterer Schriften die Streitigkeiten fort. Antworten blieben nicht aus, wie z. B. eine von Calov erschien, und das Mißtrauen in seine eigentlichen Absichten wuchs, zumal N. von dem damaligen Kurfürsten von Brandenburg, also einem reformirten Fürsten, zum „geistlichen Rath“ ernannt worden war und er diese Ernennung angenommen hatte. Unter diesem oft herbe geführten Streite und einem besonders harten Schicksalsschlag, dem plötzlichen Tod seiner Braut, eine Stunde vor der Trauung, hatte seine Kränklichkeit wie Lebensmüde zugenommen. Voll Sehnsucht nach Ruhe legte er 1660 seine Elbinger Professur nieder und kehrte nach Danzig zurück. Es war nur um zu sterben. Mehr und mehr schwanden seine Kräfte, und am 29. December 1665 [592] ist er, nachdem er noch kurz vor seinem Tode durch zwei Danziger Geistliche bei Gelegenheit des Abendmahls einem harten Beichtexamen unterworfen alle seine Ansichten zurückgenommen hatte, aus der Welt geschieden.
Nicolai: Heinrich N., seiner Zeit Vertreter des Synkretismus in dem Preußen „Königl. Antheils“, ist den 7. Mai 1605 zu Danzig geboren, wo sein Vater Heinrich N. die damals sehr angesehene Stellung eines Stadtsecretärs bekleidete. Schon früh wegen seiner großen Gaben bewundert und unterstützt absolvirte N. mit 16 Jahren den Gymnasialcursus und besuchte dann nach und nach eine Reihe von Universitäten. Auf einer jeden wurde er wegen seines Fleißes und Wissens gefeiert sowie von den bedeutendsten der Universitätslehrer, z. B. von- Die Zahl der von ihm edirten Schriften ist groß; andere befinden sich noch handschriftlich auf der Danziger Stadtbibliothek. Ebendort wie auf dem Danziger Stadtarchiv werden Handschriftenbände aufbewahrt, die über Nicolai’s Leben wie seine Ansichten und seinen Streit Aufschluß geben. Sonst sind zu vergleichen: Hartknoch, Preuß. Kirchenhistorie (Frankfurt a. M. und Leipzig 1686 f. 4°) S. 835–846. – Ephr. Prätorius, Athenae Gedanenses (Lips. 1713. 8°) p. 80-83. – Andr. Charitii commentatio de viris eruditis Gedani ortis (Lips. 1715. 4°) p. 111–114. – Arnold, Ketzer-Historie, P. III. c. 12. p. 120. - Wittius, Memoriae philosop. Dec. 7. p. 379. – Christ. Frid. Charitius, spicilegii ad D. Andreae Charitii … commentationem de viris G. ortis pars prior (Ged. 1729. 4°) p. 36–39. – Ed. Schnaase, Gesch. der ev. Kirche Danzigs (Danzig 1863. 8°) S. 293–306.