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ADB:Schwanert, Hermann

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Artikel „Schwanert, Hermann“ von Matthias. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 269–270, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwanert,_Hermann&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 05:50 Uhr UTC)
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Schwanert: Hermann August Sch. ist geboren am 22. October 1823 als Sohn des Kaufmanns Johann Schwanert in Braunschweig, er verließ Ostern 1843 das Obergymnasium seiner Vaterstadt und studirte in Göttingen die Rechtswissenschaft bis Ostern 1846. Am 17. September 1846 wurde er von der Göttinger Juristenfacultät auf Grund der von der Facultät als Preisschrift gekrönten Abhandlung: „Enumeratio per universitatem successionum, quae exstant in iure Romano praeter hereditatem et bonorum possessionem“ (1846, gr. 4°) zum Doctor der Rechte promovirt, nachdem er kurz zuvor in Wolfenbüttel das Advocatenexamen bestanden hatte. Ostern 1848 habilitirte er sich als Privatdocent für Römisches Recht und Kirchenrecht an der Universität Göttingen, hielt dort [270] während dreier Jahre mit ungewöhnlichem Erfolge Vorlesungen über Römisches Recht und folgte 1851 einem Rufe als außerordentlicher Professor für Römisches Recht an die Universität Prag. Von Prag wurde er an Stelle von Burkard Wilhelm Leist, der von Rostock nach Jena ging, im Januar 1853 nach Rostock berufen und trat Ostern 1853 sein Lehramt an, in dem er einundzwanzig Jahre segensreich gewirkt hat. Seine Lehrthätigkeit in den Vorlesungen und praktischen Uebungen betraf das Römische Recht und den Civilproceß. Seit 1863 war er Mitglied der Prüfungscommission für das erste juristische Examen. Außerdem nahm er mit seinem Eintritt in die Juristenfacultät regen Antheil an der umfangreichen praktischen Thätigkeit des Spruchcollegiums. Seine vortrefflichen Charaktereigenschaften befähigten ihn ganz besonders zur Verwaltung akademischer Ehrenämter; seit 1866 war er als ständiger Beisitzer des engeren Concils mit den Functionen des akademischen Syndikus und mit der akademischen Disciplinargerichtsbarkeit betraut und verwaltete zwei Mal (1871/72 und 1872/73) das Rectorat. Als Rector hatte er bei der Enthüllung der Gedenktafel für die im Kriege von 1870/71 gebliebenen Angehörigen der Universität Rostock Gelegenheit, seinem warmen vaterländischen Empfinden beredten Ausdruck zu verleihen (Rede, gedruckt Rostock 1873). Der Großherzog Friedrich Franz II. zeichnete ihn durch die Verleihung des Ritterkreuzes der Wendischen Krone aus. In Rostock verheirathete er sich mit Caroline geb. v. Stein. Ostern 1874 wurde Sch. als ordentlicher Professor des Römischen Rechts nach Breslau berufen. In Breslau hat er seine treue Lebensarbeit, der auch hier die äußere Anerkennung in der Verleihung des Titels eines Geheimen Justizrathes und des Rothen Adlerordens IV. Classe zu Theil wurde, beschlossen. Am 18. August 1886 starb Sch. in Bad Flinsberg in Schlesien.

Sch. stand, wie sämmtliche Juristen seiner Generation, auf dem Boden der historischen Schule. Zur Erfüllung ihres Programms hat er in seiner obenerwähnten Dissertation und in seinen späteren Schriften: „Die Naturalobligationen des römischen Rechts“ (Göttingen 1861) und „Die Compensation nach römischem Recht“, Festschrift für P. E. Huschke (Rostock 1870) gewissenhaft mitgearbeitet und wohlverdiente Beachtung und Anerkennung gefunden (vgl. die Kritik seiner „Naturalobligationen“ von Scheurl in der Krit. Vierteljahrschrift Bd. 6 [1861], 489 ff.). Seine zugleich auf die praktische Rechtsanwendung gerichtete Beanlagung und die praktische juristische Thätigkeit selbst haben ihn aber von der Einseitigkeit mancher Vertreter der historischen Richtung behütet. So hat er auch in seiner trefflichen Rectoratsrede vom 28. Februar 1872 über: „Das neue Reich und die Rechtswissenschaft“ (gedruckt Rostock 1872) nicht nur die Schäden im Zustande unseres heimischen Rechtes und die Nothwendigkeit codificirender Gesetzgebung sicher erkannt, sondern auch die Mitarbeit der Rechtswissenschaft an diesen neuen Aufgaben klar bestimmt. Die Hoffnung, die er damals aussprach: „wird unsere gesammtstaatliche Entwickelung, welche einen so vielverheißenden Aufschwung genommen hat, nicht irgendwie gewaltsam gestört, so werden wir in vielleicht nicht allzulanger Zeit für alle Theile unsres Rechts eine wenigstens formell neue Grundlage in mehr oder weniger umfangreichen Gesetzen vor uns haben“, schritt ihrer Erfüllung auch auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechtes entgegen, als er aus dem Leben schied.

Universitätsacten von Rostock und Breslau.
Matthias.