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ADB:Wagenfeld, Friedrich

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Artikel „Wagenfeld, Friedrich“ von Wilhelm von Bippen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 476–477, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wagenfeld,_Friedrich&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 10:04 Uhr UTC)
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Wagenfeld: Friedrich W., geboren in Bremen am 3. Januar 1810, † daselbst am 26. August 1846, hat seinen Namen durch eine großartige Fälschung, die die gelehrte Welt Deutschlands, ja Europas eine Zeit lang täuschte, bekannt gemacht. W., der von 1829–1832 in Göttingen Theologie und Philologie studirt hatte, lebte als Hauslehrer in dem Dorfe Brinkum, unfern Bremen, als durch die Zeitungen die Kunde ging, er befinde sich im Besitze einer in einem portugiesischen Kloster entdeckten Handschrift, die das Werk des phönicischen Geschichtsschreibers Sanchuniathon in Philo’s griechischer Uebersetzung enthalte, und werde sie demnächst herausgeben. Im J. 1836 erschien ein Auszug des Werks mit einem Vorworte von G. F. Grotefend und einem Facsimile der angeblichen Handschrift. Erst mehr als ein Jahr später erschien das ganze Werk: „Sanchuniathonis historiarum Phoeniciae libros novem graece versos a Philone Byblio edidit latinaque versione donavit F. Wagenfeld“ (Bremen 1837). Inzwischen waren unter den Gelehrten schon gewichtige Zweifel an der Echtheit der Handschrift aufgetaucht. In der Vorrede zur Gesammtausgabe mußte sich W. sogar schon gegen die von Grotefend selbst erhobenen Bedenken vertheidigen (A. D. B. IX, 765). Indessen hatte er schon lange zuvor bei seinen bremischen Freunden und Bekannten keinen Zweifel daran gelassen, daß es nur auf eine Mystification der gelehrten Welt abgesehen sei. Mündlicher Ueberlieferung zufolge hat sogar ein bremischer Gymnasiallehrer bei Abfassung des griechischen Textes in bedeutendem Maße sich betheiligt. Die Fälschung, die anfänglich selbst gewiegte Orientalisten täuschte, zeigte, wie selbst Ottfried Müller in einer Anzeige anerkannte, ein sehr bedeutendes Sprachtalent Wagenfeld’s, das, wie er hoffte, sich künftig würdigeren Aufgaben zuwenden werde. Die Hoffnung ging nicht in Erfüllung, denn W., dem es an moralischem Halt durchaus fehlte, versank bald in ein wüstes Trinkerleben, aus dem seine Freunde ihn emporzureißen vergeblich sich bemühten. Dennoch hat er in seinen letzten Lebensjahren noch in zwei Publicationen Zeugniß von großer geistiger Lebendigkeit und einer ungewöhnlichen Phantasie gegeben. Im J. 1845 erschienen seine „Bremer Volkssagen“ (2. Ausgabe von Karl Eichwald 1877, 3. Ausgabe 1886), in denen neben allerlei kurzen chronikalischen Ueberlieferungen eine Anzahl frei erfundener Sagen, wie insbesondere die von den sieben Faulen, eine nicht gewöhnliche Kunst in der Wiedergabe volksthümlicher Geschichtsauffassung zeigen. Ihnen gesellten sich in Wagenfeld’s Todesjahre bei „Die Kriegsfahrten der Bremer zu Lande und zu Wasser“, die, wenngleich sie auf ziemlich oberflächlichen historischen Forschungen beruhen, doch heute noch ein gewisses Ansehen genießen.

[477] Neuer Nekrolog der Deutschen, 24. Jahrgang 1846. 1. Theil Nr. 148 aus der Bremer Zeitung 1846, Nr. 250.