ADB:Wallis, Georg Olivier Graf von
Grafen Wirich Daun. Nach der Eroberung Neapels ließ Daun den Obersten W., der während der Vorrückung des Feldzeugmeisters, mit Milizen und bewaffneten Bauern den kleinen Krieg um Scurzola, Chelano und Chieti ruhmvoll geführt hatte, in Ceperano zurück, um Spitäler einzurichten und die Verbindung zwischen Rom und Neapel aufrecht zu erhalten, dann ertheilte er ihm den Auftrag Pescara zu nehmen, welche Aufgabe W. am 14. September 1707 glücklich löste. Kurze Zeit später, am 18. Januar 1708, gelang es ihm auch Piombino zu nehmen, während seine Angriffe auf Porto Ercole und Porto Longone scheiterten. Am 24. April 1708 zum Generalfeldwachtmeister ernannt, kämpfte W. bis 1713 in Italien und Spanien, machte den Ueberfall auf Rosas (10., [750] 11. September 1712) und die Blokade von Bascara (November 1712) mit und blieb endlich 1713 mit seinem Heerestheil als letzter Staffel von den nach Neapel bestimmten Truppen in Spanien zurück, um die Bestimmungen wegen der Uebergabe von Barcelona und Tarragona mit dem Marquis Ceva-Grimaldi zu vereinbaren. Im Februar 1716 kam W. zur Armee des Prinzen Eugen von Savoyen nach Ungarn, wurde am 22. Mai dieses Jahres Feldmarschalllieutenant und focht in der Schlacht von Peterwardein (5. August 1716) auf dem linken Flügel des ersten Treffens und im September in den Laufgräben von Temesvar mit. Nach der Capitulation dieser Festung (12. October), wurde W., dem Brauche der damaligen Zeit entsprechend, als Geisel nach Temesvar gesandt und zugleich beauftragt, die Uebergabsverhandlungen mit dem Festungscommandanten Mustapha Pascha rasch zu Ende zu führen. In der Schlacht von Belgrad, 16. August 1717, gelang es W. mit den Regimeutern Bevern- und Jung-Daun-Infanterie (jetzt FM. Laudon, Nr. 29, bezw. FM. Daun, Nr. 56) die letzten türkischen Batterien auf der Bajdina-Höhe im Sturm zu nehmen. Die drohende Lage in Italien, Anfang 1718, ließ eine Vermehrung der dort befindlichen kaiserlichen Truppen als unerläßlich erscheinen, weshalb FML. W. mit drei Infanterieregimentern dahin gesendet wurde. In der Schlacht bei Francavilla, 20. Juni 1719, befehligte er die Vorhut; bei der Belagerung von Messina leitete er den Minenangriff und wurde am 18. September bei einem Ausfalle der Spanier verwundet. Nach dem Falle dieses Platzes wurde W. zum Gouverneur der Citadelle ernannt. Diese Stelle bekleidete er, am 20. October 1723 zum Feldzeugmeister befördert, bis zum Jahre 1727; dann begab er sich auf seine Güter nach Böhmen. Als 1728 der Ausbruch eines Krieges gegen Frankreich und England besorgt wurde, erhielt W., September 1728, den Auftrag, sich nach Sicilien zu begeben, um dessen Vertheidigung gegen einen etwaigen Angriff zu leiten. In den Streitigkeiten, die sich hier zwischen W. und dem Vicekönig von Sicilien, Grafen v. Sastago entspannen, nahm Prinz Eugen entschieden für den letzteren Partei, da er einerseits den Eifer des Vicekönigs, andererseits den Eigennutz und die Unverträglichkeit des Grafen W. genau kannte. Die Bitte um Ertheilung eines Urlaubs, welchen W. zu einer Reise nach seinen Gütern benutzen wollte, gab die erwünschte Gelegenheit, ihn aus Sicilien zu entfernen (November 1728). Da jedoch die Kriegsgefahr immer drohender wurde und dem Kaiser kein General zur Verfügung stand, welcher Sicilien genauer kannte als W., wurde er erneuert dahin gesendet. Der Zwiespalt zwischen ihm und dem Vicekönig brach jedoch bald in so heftiger Weise aus, daß Sastago endlich jeden Versuch einer Versöhnung zurückwies und den Verkehr mit W. vollständig abbrach. worauf dieser seine Abberufung erbat und sie auch erhielt. Im Februar 1731 übergab er das Commando dem FML. Roma und wurde auf Ansuchen des Kurfürsten von Mainz als Gouverneur dahin beordert, wo er bis zum Jahre 1734 blieb. Im October dieses Jahres kam er abermals zur Armee nach Italien, erhielt auch, December 1734, interimistisch das Commando der Armee, da FM. Königsegg an das kaiserliche Hoflager berufen wurde. Die Strenge des Winters hielt W. nicht ab, den Feind in seinen Quartieren zu beunruhigen und nachdem die Kaiserlichen sich in den Besitz der beiden Ufer des Oglio gesetzt hatten, vermochten die Alliirten ihre Quartiere gegen Ueberfälle nicht mehr ausreichend zu schützen. W. ließ seine Husaren Streifzüge in das Gebiet von Cremona, über die Adda bis gegen Mailand und bis in das Herzogthum Parma unternehmen, nebenbei aber auch die Arbeiten an der Befestigung von Mirandola und Finale di Modena eifrigst fortsetzen, um die Verbindung über den Po zu wahren und das Land an dessen rechtem Ufer festzuhalten. Bei Ausbruch des Türkenkrieges, 1736–1739, der den verdienten Kriegsruhm des tapferen Generals zerstören sollte, commandirte W. das Armeecorps [751] in der Wallachei, wurde am 22. Mai des folgenden Jahres zum Generalfeldmarschall ernannt und Anfang Mai 1738 zum provisorischen Befehlshaber aller in Serbien befindlichen Truppen, nach dem Eintreffen des Oberbefehlshabers, Grafen Königsegg, zum commandirenden General von Belgrad bestimmt. Bei Beginn des dritten Feldzugsjahres wurde W. zum Oberbefehlshaber der gesammten Armee ernannt. Diese Wahl war keine glückliche. Bei Grocka, am 22. Juli 1739, geschlagen, ging W. nach Belgrad, dann über die Donau bis Szlankamen zurück. In dem vom FZM. Grafen Neipperg abgeschlossenen Frieden von Belgrad, 18. September, verlor Oesterreich wieder alles durch den Frieden von Passarowitz Errungene. Durch Entscheidung eines vom Kaiser einberufenen Kriegsgerichts kam W. am 22. Februar 1740 auf die Festung Spielberg bei Brünn, wo er jedoch nur einige Monate in Haft blieb, da eine der ersten Regierungshandlungen der jungen Königin Maria Theresia war, dem Marschall die Freiheit wiederzugeben (Novbr. 1740) und ihn in alle militärischen Würden einzusetzen. Nachdem W. einige Zeit auf seinen Gütern zugebracht hatte, wurde er bis zu seinem, am 19. December 1744 in Wien erfolgten Tode, wiederholt militärischen Conferenzen und Berathungen zugezogen. „W. galt nicht nur für einen unerschrockenen Kriegsmann, sondern für einen höchst unterrichteten Officier, der insbesondere im Geniewesen als eine Autorität angesehen wurde. So großer Achtung das militärische Wissen des Grafen W. sich erfreute, so wenig beliebt war er jedoch im Heere und bei Allen, die mit ihm zu thun hatten. Denn die herrische Art, mit der er seine Untergebenen behandelte, die Unverträglichkeit gegen seinesgleichen, der störrische Sinn, den er gegen die Befehle seiner Oberen an den Tag legte, sie waren nicht geeignet, ihm Freunde zu erwerben. Er gehörte zu denen, die man verwendete, weil man ihrer bedurfte, hinsichtlich deren man aber froh war, nicht in zu nahe Berührung mit ihnen zu gerathen.“ (Arneth, Prinz Eugen).
Wallis: Georg Olivier Graf v. W., Freiherr v. Carighmain, wurde im J. 1673 geboren. Nach dem Tode seines Vaters, des FZM. Ernst Georg, der 1689 vor Mainz blieb, kam W. als Edelknabe an den kaiserlichen Hof und erhielt 1690 eine Compagnie im Infanterieregiment Jörger (jetzt FZM. Freih. v. Beck Nr. 47), machte 1697 als Hauptmann die Schlacht bei Zenta mit, kämpfte 1701 bei Chiari, wurde in diesem Jahre Major, kam 1702 auf Wunsch des Inhabers als Oberstlieutenant in das Infanterieregiment FML. Haßlingen (jetzt Georg, Prinz zu Sachsen, Nr. 11), wurde im folgenden Jahre Oberst, erhielt das Infanterieregiment Wilhelm, Rheingraf von Salm (1748 aufgelöst) und focht mit Auszeichnung in Tirol. In den Jahren 1705–1707 im Corps des Erbprinzen von Hessen-Kassel in der Lombardei dienend, kam er 1707 in das Corps des FZM.- Acten des k. u. k. Kriegsarchivs. – Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen. – Mittheilungen des k. u. k. Kriegsarchivs. – v. Arneth, Prinz Eugen von Savoyen. – v. Arneth, Maria Theresia’s erste Regierungsjahre. – Wurzbach, Biographisches Lexikon.