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ADB:Zois von Edelstein, Siegmund

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Artikel „Zois von Edelstein, Siegmund“ von Peter von Radics in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 403–406, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zois_von_Edelstein,_Siegmund&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 21:11 Uhr UTC)
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Zois: Siegmund Z. Freiherr von Edelstein; Gelehrter, Schriftsteller und Mäcen, geboren zu Triest am 23. November 1747, † zu Laibach am 10. November 1819. Dem, Anfang des 18. Jahrhunderts aus Italien (Bergamo) nach der Landeshauptstadt des Herzogthums Krain, nach Laibach, eingewanderten, hier in das Großhandlungshaus des Landsmannes Peter Anton von Codelli eingetretenen armen aber thätigen Handlungscommis Michel Angelo Zois, der es jedoch bald selbst zu ansehnlichem Vermögen gebracht und von des genannten Codelli Neffen und Erben Augustin Codelli von Fahnenfeld das Eisengeschäft um 90 000 fl. käuflich übernommen hatte, 1739 von Kaiser Karl VI. „wegen Beförderung des commercij“ nobilitirt und von der Kaiserin Maria Theresia dann für ein „don gratiut“ von 40 000 fl. (im 7jährigen Kriege) in den Freiherrnstand erhoben worden, wurde in zweiter Ehe mit Johanna Katharina Kappus Edlen von Pichelstein am 23. November 1747 zu Triest – wo er mehrere Häuser besaß – ein Sohn Siegmund geboren (von acht Söhnen aus zweiter Ehe der drittälteste), ein Knabe von ganz besondern geistigen Anlagen. Vom Vater zur Erziehung an die modenesische Ritterakademie zu Reggio gegeben wurde Siegmund Z. nach Vollendung seiner Studien auf Reisen geschickt, auf denen er – wie sein zeitgenössischer Biograph Fr. X. Richter sich ausdrückt – „seiner socialen Erziehung die Krone aufgesetzt“. Heimgekehrt ward Siegmund 1768, jetzt im 21. Lebensjahre stehend, in Anbetracht seiner guten Studien und Einsicht („in riguardo de suoi boni studi e solidi descernimenti“) mit kaiserlicher Genehmigung großjährig erklärt und erhielt seinen Pflichttheil in abgerundeter Summe von 60 000 fl. in Baarem und in Liegenschaften. Mit solch ansehnlichem Vermögen ausgestattet, das später noch durch Hinzutreten der Berg- und Eisenwerke im romantischen Oberkrain, in der Wochein und an der Strecke der heutigen k. k. Staatsbahnen in Jauerburg u. s. w., sowie des aus sechs Häusern zusammengebauten großen drei Stock hohen Herrnhauses in der Landeshauptstadt Laibach bedeutend vermehrt worden, erschien der geistig hochstehende Mann vom Schicksal in die Lage versetzt, der engern Heimath ein Mäcen im wahrsten vollsten Sinne zu werden und zugleich ein ansehnlich Stück cultureller Arbeit im Geiste deutscher Bildung und Gesittung, auch voll von Anregung für die so empfänglichen bodenständigen slavischen Bewohner des Landes, zu leisten. Der Zeit seines Lebens dann unverheirathet gebliebene Cavalier gestaltete seine Appartements (17 Zimmer) in dem „am Rain“ des Laibachflusses gelegenen Familienhause zu einem echten und rechten Musenhofe um und hielt hier seine reichen naturgeschichtlichen und technologischen Sammlungen, sein reichhaltiges mineralogisches Cabinet und seine trefflich ausgewählte Bibliothek allen Freunden der Wissenschaft, allen Wißbegierigen und Lerneifrigen stets zu unbeschränkter Benutzung offen. Seine eigenen Hauptstudien waren zwar die Naturwissenschaften – namentlich die Mineralogie, in der er als eine Autorität auch im Auslande gegolten –, doch hatte Z. das gleiche hohe und intensive Interesse, trieb er vertiefende Studien auf den Gebieten der Sprachwissenschaften, der Geschichte und der Ethnographie und stand mit gelehrten Zeitgenossen in regem Briefwechsel; insbesondere interessirte sich Z. für die sprachlichen Leistungen des berühmten Slavisten Kopitar, der vor seiner Anstellung an der k. k. Hofbibliothek in Wien durch acht Jahre die Stelle eines Secretärs, Mineraliencabinets- und Bibliotheksaufsehers bei Z. bekleidet und später den geistigen Verkehr zwischen letzterem und dem Böhmen Dobrowsky vermittelt hatte. Im Fache der Geschichte hatte für Z. ganz besondere Anziehung die Geschichte des denkwürdigen heimathlichen Bodens von Krain, zu deren Erforschung und Förderung der Freiherr die krainischen Historiker Linhart (s. d.) und Vodnik mit wichtigen Beiträgen aus dem großen Schatze seiner [404] diesbezüglichen Vorarbeiten und sonstiger weitgehender Hülfeleistung versah. Noch auf der Schule in Reggio hatte sich Z. durch Verfassung von Sonetten, Madrigalen und anderen Poesien voll italienischer Originalität als Dichter bethätigt und von seinem 80jährigen Vater zur Theilnahme in das Geschäftshaus in Laibach frühzeitig rückberufen und hier zum Staunen der ältesten Diener des Hauses und der Correspondenten desselben sich als vorzüglicher Geschäftsmann bewährend, widmete der junge Freiherr seine Muße neben den angestrengten wissenschaftlichen Studien dichterischen Erzeugnissen in italienischer aber auch in deutscher und krainisch-slavischer Sprache. Ein hoher Theaterfreund betheiligte sich Z. an der ständigen Ausrichtung einer „landschaftlichen“ (ständischen) deutschen Bühne in Laibach, indem er „verhältnißmäßig die meisten Actien nahm und den nöthigen Eisenbedarf aus seinem Magazine spendete“, wie er auch für einzelne theatrale Aufführungen der Berufsschauspieler und der Dilettantendarsteller zu Liedereinlagen die dichterischen Texte lieferte. Sein vielumfassender Geist, seine allseitige Bildung, seine Erfahrungen und Studien, sein Sammelfleiß machten ihn zum wissenschaftlichen Centrum im Lande, „zu einem Universallexikon, darin nicht leicht ein Blatt leer, darin alles, was auf das Vaterland Bezug hatte, mit seltener Umständlichkeit, Genauigkeit und Ordnung zu finden war“.

Gleichwie ihm die vaterländische Industrie, die er, gestützt auf seine gelehrten Studien in den Naturwissenschaften, auf das nachhaltigste förderte, warm am Herzen lag, so ergriff er auch stets mit edler Menschenfreundlichkeit jede Gelegenheit, dem ungekannten Talente die rauhe Bahn zu höherer Ausbildung zu ebnen (oft ungenannt und unter fremdem Namen), also daß viele ausgezeichnete Männer des engern und weitern Vaterlandes, selbst Gelehrte, nur seiner väterlichen Fürsorge ihr Glück verdankten. Wie angenehm und unvergeßlich er den Aufenthalt in seinem Hause zu gestalten wußte, anerkennt der schon genannte Kopitar in seiner Selbstbiographie, der die „beim ebenso geliebten als liebenswürdigen Siegmund Z. zugebrachten Jahre unter die angenehmsten seines Lebens zählt“.

Als das schwere Leiden des Podagra den Freiherrn seit 1797 bis zu seinem Tode (1819) – also durch zweiundzwanzig Jahre – ans Haus fesselte und abwechselnd im Bette und dann wieder in einem von ihm selbst construirten dreirädrigen Fahrsessel – mittels dessen er die Flucht seiner Zimmer durchfahren konnte – gefangen hielt, er also nicht mehr die würzige Alpenluft Oberkrains genießen, nicht mehr an dem ihm so theuer gewesenen Vergnügen der Jagd in den herrlichen Revieren seiner oberkrainischen Besitzungen theilnehmen konnte, da baute er immer fort und immer emsiger an dem freien Bau seiner geistigen Innenwelt und vervollkommnete sich in allen ihm so liebwerthen Disciplinen. „Sein Studirzimmer glich einem physikalischen Cabinet, zu welchem Jeder und zu jeder Stunde freien Zutritt hatte, der sich seines Rathes, seiner Erfahrungen und Hilfe bedienen wollte“. „Seine populäre Art, sich zu geben und mitzutheilen, schloß ihm alle Herzen auf. Er nahm an Allem theil, was auf neue Entdeckungen oder Verbesserungen führen konnte“. Und selbst als seine engere Heimath Krain das schwere Loos getroffen, daß der „Franzmann“ hier durch eine Reihe von Jahren (1809–1814) seine Fremdherrschaft über die „Illyrischen Provinzen“ in empfindlichster Weise fühlbar machte – Z. selbst litt nicht zum wenigsten unter der Last der französischen Contributionen oder, wie Kopitar in einem Schreiben an Dobrowsky Wien vor Allerheiligen 1812 Z. betreffend sagt, „an dem französischen Raubsistem“ – blieb der Zoisische Musenhof am Rain zu Laibach das Centrum des geistigen Verkehrs, in welchem neben dem heimischen Adel die übrigen Honoratioren und Capacitäten Krains [405] sowie die französischen Generale, an der Spitze der Generalgouverneur Marschall Marmont Herzog von Ragusa, Officiere aller Grade, Gelehrte u. a. Charles Nodier (der Bibliothekar der Laibacher öffentlichen Studienbibliothek) aus- und eingingen und sich gegenseitig verständigten, „so daß gar manche Erleichterungen in den aus der Occuption erwachsenen Schwierigkeiten auf den im Hause des weltläufigen, feingebildeten und allseits gefälligen Freiherrn von Zois gepflogenen Meinungsaustausch zurückzuführen sind“.

Siegmund Z., der 1805 bei dem schleunigen Rückzuge der österreichischen Armee aus Italien 300 Kranke, die in der Eile nicht fortgebracht werden konnten, durch fünf Wochen auf seine Kosten mit Fleisch und Wein hatte verpflegen lassen, war in Ansehung aller seiner hohen Verdienste um das Land Krain und die Landeshauptstadt Laibach (seine thätigste Mitwirkung in Angelegenheit der Morastaustrocknung, der Stadterweiterung durch Niederwerfung der Festungs-Stadtmauern, Ausfüllung der Gräben, Herstellung der sog. Zois’schen Allee [Stadtpromenade], Einrichtung eines botanischen Gartens daselbst u. s. w., u. s. w.), in Ansehung seiner Verdienste um Kunst und Wissen in und außer der Heimath von Kaiser Franz I. 1809 mit dem Comthurkreuz des Leopoldordens ausgezeichnet worden, bewirkte nach dem Abzuge der Franzosen aus Illyrien und der Wiedereinsetzung der österreichischen Regierung im Lande durch seinen Einfluß die Wiederherstellung der ständischen Verfassung für Krain, die Kaiser Franz 1818 gewährte. Nicht lange aber konnte sich der hervorragende Patriot der Wiederkehr des österreichischen Regimes erfreuen, denn schon am 10. November 1819 erlosch das Lebenslicht dieses edlen Mannes, der dem Vaterlande der treueste Freund und beste Berather gewesen. Die hohe Verehrung, die alle seine Zeitgenossen ihm gezollt ward erst recht offenbar bei seiner Leichenfeier, die das großartigste gewesen, was man seit Menschengedenken in der Landeshauptstadt diesbezüglich erlebt hatte – die heranreifende studirende Jugend ließ es sich nicht wehren, dessen Leichnam zu Grabe zu tragen und trotz der vorgerückten Jahreszeit gingen nahezu alle Bewohner der Stadt als Leidtragende hinter dem Sarge her. Heute noch ist die große gußeiserne Gedenksäule an seinem Grabe die schönste Zierde des Laibacher Friedhofes. Des Freiherrn Siegmund v. Z. reichhaltige Bibliothek, vereint mit der seines Bruders Karl Frhr. v. Z., (des Botanikers) wurde 1823 durch Hofkanzlei-Verordnung in einem Bestande von 4394 Bänden, durchwegs die auserlesensten Werke (größtentheils Naturhistorie, doch aber auch Schöngeistiges, Philosophie, Geschichte, Reisewerke) in deutscher, französischer, englischer, italienischer, lateinischer und slavischer Sprache (darunter auch mehrere altslavische Werke) um den Betrag von 7000 fl. für die k. k. Lycealbibliothek (die heutige Studienbibliothek) in Laibach angekauft; von besonderem Werthe sind in diesem Zois’schen Bestande auch die in einer Reihe von Futteralen befindlichen Manuscripte, Studien und vollendete Arbeiten aus dem Nachlasse des gelehrten Z.

Siegmund Z. war seit 1782 Mitglied der Gesellschaft der naturforschenden Freunde in Berlin, mit der er fortan in stetem Verkehre und Austausche blieb, und Professor Klaproth benannte in Uebereinstimmung mit Karsten und Werner ein neues säulenförmig krystallisirtes Fossil (von der Saualpe in Kärnten) das unser Freiherr entdeckt hatte mit dem Namen Zoisit. (Zwei Pflanzen, die Campanula und Viola Zoisii tragen nach seinem Bruder Karl Z. den Namen.) Seit 1793 gehörte Z. der Imperialis Leopoldino-Carolina Academia Naturae Curiosorum zu Erlangen unter dem Namen Cajus Balbillus als Mitglied an; seit 1806 war er Mitglied der Académie Celtique in Paris, seit 1807 der Jenaer herzoglich-mineralogischen Societät; die k. k. Landwirthschafts-Gesellschaft in Wien, deren erhabenem Beschützer, dem Erzherzog Johann, er in der Wochein [406] am Ursprunge der Save – beim Aufstiege zum Wasserfall – ein Denkmal gesetzt, übermachte ihm das Gesellschaftsdiplom im J. 1808, die Wetterauische Gesellschaft für Naturkunde urkundete ihn 1808 zu ihrem Mitgliede.

Sigmund Zois Freiherr von Edelstein von Professor Richter. Laibach 1820. – V. Jagič, Briefwechsel zwischen Dobrowsky und Kopitar 1808 bis 1828. Berlin 1885, und Jagič, Neue Briefe von Dobrowsky, Kopitar u. s. w. Berlin 1897. – Fr. Miklosich, Barth. Kopitar’s kleinere Schriften I. Wien 1857. – P. v. Radics, Der Adel Krains und die Culturentwicklung des Landes. Wien 1897. – Alf. Müllner, Argo. Zeitschrift für krain. Landeskunde, VI. Jahrg. 1898. – G. Kosmač, Geschichte der k. k. Lycealbibliothek in Laibach (Mitth. d. histor. Ver. f. Krain 1857). – Vereinigte Laibacher Zeitung 1819, Nr. 93.