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Benutzer:AlexanderRahm/Rusam

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Zum Geleit

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Es hat lange gedauert, bis ich die meiner letzten Pfarrgemeinde Sachsen in Aussicht gestellte „Geschichte“ fertigstellen konnte. Die Versorgung der ausgedehnten Pfarrei, vordringliche Arbeiten an der Pfarregistratur und am Pfarrarchiv, die Wiederherstellung der Filialkirche in Neukirchen und die Erneuerung der Mutterkirche in Sachsen, die Ausstellung der vielen arischen Nachweise und sonstige starke Inanspruchnahme im Amt und auch außerhalb des Amtes ließen mir nicht die notwendige freie Zeit. Viel Zeit aber war erforderlich zur Durchsicht des schon gedruckten Quellenmaterials, dann des reichhaltigen Pfarrarchivs und ganz besonders der vielen einschlägigen Akten und Urkunden im Staatsarchiv zu Nürnberg. Auch aus den literarischen Beständen des Germanischen Museums in Nürnberg und aus der Manuskripten-Sammlung des Historischen Vereins zu Ansbach war mancherlei zu erholen. Der Abschluß dieser zeitraubenden Vorarbeiten sowie ihre Durchsicht und Verarbeitung war mir deshalb erst in meinem Ruhestande möglich.

Für das vielseitige Entgegenkommen, das ich bei meiner Arbeit finden durfte, schulde ich tiefstgefühlten Dank. Ich danke vor allem dem Bayerischen Staatsarchiv in Nürnberg für seine immer wieder bereitwilligst gewährte Hilfe; dann den Herren des Germanischen Museums und der Verwaltung der Schloßbibliothek in Ansbach; Herrn Oberstudiendirektor Dr. Schreibmüller in Ansbach und Herrn Kirchenarchiv-Direktor D. Dr. Schornbaum in Nürnberg für ihre freundliche Beratung; endlich auch allen Herren aus der Gemeinde Sachsen, die mir erwünschte Auskunft gaben, nicht zum letzten dem Pfarramt Sachsen, das ich nach meinem Weggang von dort öfters zu bemühen veranlaßt war.

Der Druck des Buches und der niedrige Preis dafür war nur möglich durch ausgiebige finanzielle Unterstützung des Evang.-Luth. Landeskirchenrates in München und der Kirchenverwaltung Sachsen. Auch hierfür sei der besondere Dank ausgesprochen.

Alle im Buche sich findenden geschichtlichen Angaben beruhen auf streng wissenschaftlicher Forschung. Doch mußte ich es vermeiden, hierzu im einzelnen die jeweilige genaue Quellenangabe in Anmerkungen beizufügen, da hierdurch der Zweck des Buches beeinträchtigt worden wäre. Es sollte ein Buch für die Landgemeinde und Landpfarrei Sachsen werden; darum mußte es ein leicht lesbares Buch sein, das nicht mit dem üblichen wissenschaftlichen Apparat belastet werden durfte. Einen gewissen Ersatz dafür bietet das ausführliche [4] Verzeichnis der gedruckten und ungedruckten Quellen am Schlusse der Geschichte. Auch werden die gesammelten Quellenauszüge mit einer Übersicht im Landeskirchlichen Archiv zu Nürnberg (Tuchergartenstraße 7) zur Einsicht hinterlegt werden.

Dem Zweck des Buches sollte es auch dienen, daß der reiche Stoff in viele kleine, übersichtliche Abschnitte gegliedert wurde. Ebenso wurde auf eine einfache und klare Sprache gesehen; es wurden wissenschaftliche Ausdrücke tunlichst vermieden, und wo sie sich nicht umgehen ließen, jedesmal kurz erklärt. Manche Einzelheit, der sonst wenig Bedeutung beizumessen wäre, wurde doch gebracht, weil sie bei den Leuten Aufmerksamkeit findet. Das Ganze sollte eben zugleich eine Art Heimatbuch werden. Dabei wurde nicht verfehlt, die Heimatgeschichte immer wieder in den Rahmen der allgemeinen deutschen Geschichte einzustellen.

Die Scheidung zwischen alter und neuer Zeit mag manchem bedenklich erscheinen, weil dadurch der sachliche Stoff in zwei Teile zertrennt wird. Nach reiflicher Überlegung glaubte ich jedoch dabei beharren zu sollen, um den Lesern des Buches das Verständnis zu erleichtern. Wo der gleiche Stoff wiederholt zur Sprache gebracht wird, ist möglichst durch Angabe der Seitenzahl oder des betreffenden Abschnittes darauf verwiesen. Ein Namen- und Sachregister am Schlusse des Buches wird das Zurechtfinden erleichtern.

Die neueste Zeit seit etwa 100 Jahren bietet zwar überreichen geschichtlichen Stoff; doch um die Gleichmäßigkeit und Einheitlichkeit des Buches zu wahren, konnte auch diese Zeit nur in großen Zügen dargestellt werden. Vieles ist ja auch noch gar nicht „Geschichte“ im Sinne dieses Buches, sondern noch lebendige Gegenwartsbewegung.

Die dem Buche am Schlusse beigegebenen Zeichnungen stammen von Fräulein Barthel in Nürnberg, der auch an dieser Stelle dafür gedankt sei.

Ansbach, im März 1940. Georg Rusam, Kirchenrat.

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Inhaltsübersicht

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A. Die alte Zeit

1. Die Landschaft 11
2. Die Besiedlung des Landes 14
3. Die Gründung des Ortes Sachsen 19
4. Die Dörfer und ihre Frühgeschichte 21
     Sachsen 22
     Milmersdorf 24
     Volkersdorf 24
     Rutzendorf 24
     Neukirchen 25
     Hirschbronn 26
     Alberndorf 27
     Steinbach 27
     Ratzenwinden 28
     Oberrammersdorf 29
     Unterrottmanntsdorf 31
     Zandt 31
     Nachbarorte 32
5. Die Landesherren 35
6. Die Grundherrschaften 38
7. Das Christentum im Lande 42
8. Die Urpfarreien 44
9. Die Gründung der Pfarrei Sachsen 46
10. Mutterkirche und Tochterkirchen 49
11. Der Pfarrhof 52
12. Die Pfarrpfründe 55
13. Die Pfarrer vor der Reformation 61
14. Die alte Kirche in Sachsen
     a) Die alte Basilika 64
     b) Der gotische Chorbau 65
     c) Der große Brand von 1449/50 67
     d) Das Innere der alten Kirche 68
     e) Der Kirchhof 69
15. Das alte Kirchengut 70
16. Die Kirche in Neukirchen 74
17. Die Sebastians–Bruderschaft und ihre Kirche 76
18. Alte Kapellen 79
19. Der alte Kultus
     a) Das geistliche Amt 81
     b) Jahrtage, Seelenmessen und Ablässe 82
     c) Heiligenverehrung 83
     d) Weihen und andere Bräuche 86
     e) Kultusgegenstände 87
20. Die alte Kirchenbehörde 88
21. Alte Kriegsläufte 90

[6] B. Die neue Zeit

I. Die Reformation
     1. Die Zeitwende. Luther 95
     2. Die Reformation in Franken 97
     3. Die Reformation in der Pfarrei Sachsen 99
     4. Der Bauernkrieg 102
     5. Fortgang der Reformation 105


II. Der Dreißigjährige Krieg
     1. Die Jahre 1618–1630 109
     2. Das erste Notjahr 1631 110
     3. Das zweite Notjahr 1632 111
     4. Das dritte Notjahr 1633 113
     5. Das Schreckensjahr 1634 116
     6. Die Kriegsverwüstung in den Pfarrorten 118
     7. Bis zum Ende des Krieges 1635–1648 120
     8. Die Folgen des Krieges 121
     9. Die Wolfsplage 123
     10. Die Aufbauhilfe durch die österreichischen Einwanderer 124
          a) Die Glaubensnot und Auswanderung der Österreicher 124
          b) Die Namen der Österreicher 126


III. Die weltlichen Herrschaften
     1. Das Markgrafentum Ansbach 129
     2. Die freie Reichsstadt Nürnberg 132
     3. Streitigkeiten zwischen Nürnberg und Ansbach 133
     4. Die preußische Regierung 135
     5. Die bayerische Regierung 137
     6. Das Deutsche Reich 138


IV. Das Gerichtswesen
     1. Vogteigerichtsbarkeit und Ehaft 141
     2. Das Fraisch–Gericht in Lichtenau 143
     3. Das kaiserliche Landgericht in Ansbach 147
     4. Die geistliche Gerichtsbarkeit 148


V. Das Kirchenwesen
     1. Patronat und Kirchenleitung
          a) unter den Markgrafen 150
          b) unter den preußischen und bayerischen Königen 152
          c) seit der Staatsumwälzung von 1918 155
     2. Landeshoheit und Kirchenhoheit
          a) Der Streit zwischen Ansbach und Nürnberg im allgemeinen 156
          b) Der Streit um die Einsetzung der Pfarrer und die Kirchenvisitationen 157
          c) Der Streit um die Abbör der Gotteshausrechnungen 159
          d) Der Streit um die Perlesung der Mandate 160
          e) Andere Streitigkeiten 161

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     3. Pfarrei und Pfarramt Sachsen 163
     4. Die Pfarrer seit der Reformation 167
     5. Der Pfarrhof 174
     6. Die Baupflicht an Pfarrhaus und Kirche 178
     7. Die Pfarrpfründe (Pfarrstiftung)
          a) Die Grundstücke 181
          b) Die Zehnten 183
          c) Sonstige Einkünfte. Lasten 185
     8. Die Pfarrkirche in Sachsen
          Der äußere Bau 187
          Die innere Einrichtung 191
          Der Kirchturm 195
          Glocken und Turmuhr 198
          Der Kirchhof 201
          Kirchen- und Totenwege 204
          Das Kirchengut (Kirchenstiftung) 209
          Die Verwaltung des Kirchengutes 212
     9. Die Kirche in Neukirchen 215
     10. Die kirchliche Ordnung
          a) Gottesdienste 219
          b) Feste und Feiertage 223
          c) Kirchliche Handlungen 225
     11. Der Mesnerdienst in Sachsen 228
     12. Konfessionelle Bewegungen 230
     13. Die Sebastians-Bruderschafts-Stiftung 234
     14. Wohltätigkeits-Stiftungen 238


VI. Das Schulwesen
     1. Die Schule in Sachsen
          a) Die Lehrer 240
          b) Der Schulbetrieb 245
          c) Das Schulhaus 247
          d) Das Einkommen der Schule 249
     2. Die Schule in Zandt 251


VII. Wirtschaftliche und gesundheitliche Verhältnisse
     1. Die Landwirtschaft 254
     2. Nebenbetriebe der Landwirtschaft 258
     3. Der Wald 259
     4. Hirten, Handwerker, Arbeiter, Gewerbetreibende 262
     5. öffentlicher Verkehr, Geldwesen, Maße 266
     6. Die öffentliche Sicherheit 271
     7. Die öffentlichen Lasten 274
     8. Das Armenwesen 277
     9. Die Volksgesundheit 280


VIII. Volkskundliches
     1. Kirchliche Sitten und Unsitten 283
     2. Weltliches Brauchtum 285
     3. Alte Sagen 287

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IX. Kriegsläufte
     1. Die Türkenkriege 289
     2. Die Einfälle der Franzosen 290
     3. Die Kämpfe zur Befreiung und Einigung Deutschlands 292
     4. Der Weltkrieg und seine Folgen 295


X. Die Dorfgemeinden
     1. Allgemeines 301
     2. Die alten Dorfordnungen 303
     3. Die einzelnen Ortschaften
          Sachsen 309
          Milmersdorf 312
          Volkersdorf 312
          Rutzendorf 313
          Neukirchen 315
          Hirschbronn 316
          Alberndorf 317
          Steinbach 318
          Ratzenwinden 319
          Oberrammersdorf 320
          Unterrottmannsdorf 321
          Zandt 322
     4. Verzeichnis der Höfe und Häuser mit ihren Besitzern
          Vorbemerkung 324
          Sachsen 326
          Milmersdorf 340
          Volkersdorf 343
          Rutzendorf 353
          Neukirchen 359
          Hirschbronn 365
          Alberndorf 371
          Steinbach 377
          Ratzenwinden 384
          Oberrammerodorf 391
          Unterrottmannsdorf 396
          Zandt 402


Benützte Quellen (gedruckte und ungedruckte) 410
Namen- und Sachregister 415
Karten und Zeichnungen I–VII

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A. die alte Zeit

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[10]

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1. Die Landschaft

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Die Pfarrei Sachsen liegt auf der breiten Keuperplatte, die sich über den größten Teil von Mittelfranken ausdehnt, von dem Fuß des Frankenjura im Osten und Süden sanft ansteigend bis zu dem Steilabfall im Westen gegen Rothenburg, Burgbernheim, Windsheim und Scheinfeld. Es ist ein welliges, von mäßigen Talsenkungen durchzogenes Gelände, das sich zwischen 300 und 500 Metern über dem Meeresspiegel erhebt. Der Boden besteht innerhalb des Pfarrgebietes durchweg aus „Keuper“, d. h. aus jener bunten Mischung und Schichtung von Sandsteinen, Letten und Geröllen, wie man sie in Steinbrüchen, an Hohlwegen und bei jedem tieferen Erdaushub wahrnehmen kann, bald in grauen, bald in gelben, braunen, bläulichen und anderen Farben übereinander lagernd. Der Erdforscher erkennt aus diesen Schichten und Lagen, daß einst in Urzeiten das Meer über die Gegend hinflutete und in langen Zeiträumen den von da und dort hereinströmenden Schlamm mit seinem Geröll und Geschiebe absetzte und so den bald weichen und gründigen, bald felsigen und sandigen Boden bildete. Daraus erklärt sich die so unterschiedliche Fruchtbarkeit des Bodens, nicht nur bei den einzelnen Ortschaften, sondern auch innerhalb der betreffenden Flurbezirke. Sie ist im allgemeinen besser in den Talgründen als auf den Höhen, besser auf lehmigem als auf sandigem Gelände. Auf der Höhe macht sich gern der Blasen-Sandstein bemerkbar, während an den Hängen die sogenannten Lehrberg-Schichten hervortreten und in den Tälern angeschwemmter Boden sich findet. Ein besonders fester Sandstein in starker Lage erscheint bei Lichtenau, wie auch in dem Tal zwischen Milmersdorf und Herpersdorf. Aus den dortigen Steinbrüchen wurde seit Jahrhunderten das Baumaterial für die ganze Umgegend, teilweise sogar für die Stadt Ansbach gewonnen. Eine allerdings recht magere Kalksteinschicht zeigt sich am südlichen Talrand zwischen Rutzendorf und Lichtenau und ebenso am nördlichen Rand zwischen Sachsen und Alberndorf. Die dort liegenden Grundstücke heißen heute noch „Kalkosen“-Acker und -Wiesen, ein Beweis dafür, daß dort ehedem Kalk in besonderen Ofen gebrannt wurde. Den Ofen bei Rutzendorf betrieb, wie aus der Geschichte bekannt ist, die nürnbergische Herrschaft in Lichtenau, den anderen wohl die markgräfliche Regierung in Ansbach. Es war das für jene Zeit ein hochwichtiger Betrieb, da man sonst den Kalk viele Stunden weit hätte herbeiführen müssen. Die an den beiden genannten Orten, besonders zwischen Rutzendorf und Lichtenau, noch deutlich erkennbaren Schutthalden bilden eine Hinterlassenschaft dieser Kalköfen. [12] Zahlreiche Flüsse und Bäche durchziehen die große Keuperplatte. Der Hauptfluß für unser Gebiet ist die Fränkische Rezat, die bei Oberdachstetten entspringt, durch die Hauptstadt Ansbach fließt, dann ostwärts zieht, bis sie bei Georgensgmünd mit der Schwäbischen Rezat vereinigt die Rednitz bildet, deren Gewässer nordwärts zum Main und weiterhin durch diesen zum Rhein und zur Nordsee strömen. Als bedeutendere Orte an der Rezat sind nach Ansbach noch Lichtenau, Immeldorf, Windsbach und Spalt zu nennen. Der alte Name für den Fluß lautet „Rehtradenza“ = „Rechte Rednitz“ und gibt damit seinen Zusammenhang mit diesem Flusse, der Rednitz, zu erkennen. Innerhalb unseres Pfarrbezirkes münden in die Rezat der von Brodswinden und Deßmannsdorf herkommende Silberbach, der bei Steinbach in die Rezat fällt, dann der von Ratzenwinden und Wolfartswinden kommende Büchenbach, weiter bei Rutzendorf der Weickershofer Bach. Der Zandtbach hat seinen Ursprung bei Zandt und fließt bei Schlauersbach in die Rezat. Von der Nordseite kommt der Erlbach bei Sachsen und Volkersdorf, dann der Milmersdorferbach, der bei Lichtenau von der Rezat aufgenommen wird. Sowohl an der Rezat wie an den Seitenbächen sind mehrfach Mühlen entstanden.

Das ganze Keupergebiet war noch vor 2000 Jahren und einige Zeit darüber hinaus mit Wald bedeckt. Freilich war es kein Wald in unserem Sinne, mit hochkultiviertem Forstbetrieb; eine wirtschaftliche Pflege des Waldes gibt es ja überhaupt erst seit etwa 200 Jahren. In alter Zeit wuchs alles wild durcheinander, bald in dichter Urwaldwildnis, bald in lichten Beständen mit viel Unterholz und leeren Grasflächen, bald auch in offener Heide mit wenig Gebüsch und dürrem Unkraut. Noch jetzt geben viele Orts- und Flurnamen Kunde davon. Wenn wir von „Lohe“ hören, z. B. von der „Keferlohe“ zwischen Oberrammersdorf und Ratzenwinden, oder von dem Ort „Langenlohe“, so haben wir uns an diesen Stätten ursprünglich einen ganz lichten Wald mit wenig Baumgruppen, aber ziemlich Graswuchs vorzustellen. Wir finden solche Lohen gern an feuchten, oft auch sumpfigen Stellen. Das gilt allerdings nicht von der „Kefer“-Lohe, denn das alte deutsche Wort „Kefer“ bedeutet soviel wie Kies, Sand, also hier einen schlechten Untergrund mit geringem Graswuchs. Auf „Lohe“ weisen auch noch die Namen: „Lochwiesen“ bei Neukirchen, „Lochäcker“ bei Volkersdorf und Oberrammersdorf, „Löchel“ und „Fürstenlohe“ bei Herpersdorf. In eine ähnliche Richtung führt uns die Bezeichnung „Struth“ oder „Strüth“, die eine mit viel Buschwerk bewachsene, auch oft feuchte und grasbestandene Fläche bedeutet. Wir denken dabei an den Ort „Strüth“ bei Ansbach, an den „Strüthhof“ zwischen Rutzendorf und Oberrammersdorf, [13] an den alten Waldbezirk „Pfaffenstruth“ zwischen Oberrammersdorf und Weickershof, an die „Struth“ bei Wengenstadt und andere Örtlichkeiten. Die Talgründe waren wohl meist überhaupt frei von Wald, da hier Wasser und Eis den Baumwuchs hinderten. Da konnten sich dann auch schöne Wiesenflächen bilden, „Auen“ genannt, wie z. B. Lichtenau, die „lichte Aue“. Der Flurname „Blössing“ bei Oberrammersdorf darf wohl so gedeutet werden, daß dort in alter Zeit eine „Blöße“, also eine von Wald freie Fläche sich fand.

Es war ein Mischwald, der so das Land bedeckte. Am häufigsten wird, wie heute noch, die Föhre oder Kiefer anzutreffen gewesen sein. Aber nicht selten war gewiß auch die Fichte, die z. B. in der „Feuchtlach“, d. i. „Fichten-Lache“, offenbar in besonders starkem Bestande sich zeigte. Daneben traten oft Laubholzarten mehr oder weniger geschlossen hervor. „Ober- und Untereichenbach“ haben ihren Namen von den vielen dort einst stehenden Eichen, von denen uns auch im Herrenwald später oft berichtet wird. Der „Büchenbach“ mit der „Büchenmühle“ und der „Buchleiten“ bei Rutzendorf weisen auf Buchen, das „Birkfeld“ bei Hirschbronn auf Birken, der „Erlbach“ bei Sachsen auf Erlen, „Eschenbach“ auf Eschen, „Eyb“ auf die jetzt fast ganz verschwundene Eibe, „Weidenbach“ und die „Weidenmühle“ auf große Weidenbestände, „Haslach“ auf Haselnußstauden, das „Lindach“ bei Rutzendorf auf Linden, „Dombühl“ und „Dombach“ (aus „Tannbühl“ und „Tannbach“ entstanden) auf Tannen, usw.

Bei dieser Gestaltung der Wälder ist es begreiflich, daß sie ehedem vielfach zur Weide für das Vieh benützt wurden, wie es uns des öfteren in den alten Akten berichtet wird. Der Wald- und Flurname „Urlas“ hat davon geradezu seine Benennung (Urlas bei Sachsen und bei Kammerforst,Münch = Urlas hinter Langenlohe); das Wort kommt von „Uslaß“ = „Auslaß“, nämlich vom Auslassen des Viehes auf die Weide. In dieselbe Richtung weist der Name „Espann“, wie vordem der sogenannte Herrenwald zwischen Milmersdorf, Neukirchen, Wicklesgreuth und Herpersdorf hieß. Es ist das ein im bayerischen Sprachgebiet sehr bekanntes Wort und bedeutet „Viehweide“. Von einem „Harten Espan“ hinter Zandt im Rosenberg wird uns um 1615 berichtet, von einem „Dörnespann“ (wohl = dürren Espan) um die gleiche Zeit zwischen Alberndorf und Hirschbronn, und von einem „Roß-Espan“ bei Oberrammersdorf. Heute ist das Wort Espann aus dem Sprachgebrauch der Gegend verschwunden.

Der Wald war auch mehr als heute von Wild bevölkert. Der Ort „Hirschbronn“ hat ohne Frage von den Hirschen seinen Namen, die dort in ältester Zeit aus dem umliegenden Wald zu der noch heute beim Dorf befindlichen Quelle kamen, um ihren Durst zu löschen. [14] Die Anwesenheit von Hirschen bekundet auch der Flurname „Hirschenhütten“ bei Neukirchen. Auch der Name „Boxbrunn“ wird wohl auf Hirsche zu deuten sein. Noch zur Markgrafenzeit war es ein beliebtes Vergnügen der Herren, Hirsche zu jagen. Ebenso wurden damals Wildschweine gehegt, die offenbar von alters her in unseren Wäldern hausten. Die Flurnamen „Bärental“ bei Neukirchen und „Berngraben“ bei Adelmannssitz beziehen sich darauf („Bär“ = Wildeber, Wildschwein). Von Wölfen sagen noch die Flurbezeichnungen „Wolfsheulen“ oder „Wolfstall“ auf der Höhe bei Rutzendorf, „Wolfsleiten“ bei Volkersdorf, „Wolfsbuck“ bei Zandt, auch zwischen Brodswinden und Höfstetten. Zum Fang der Wölfe wurden da und dort Gruben angelegt, woher die Waldbenennung „Wolfsgrube“ zwischen Sachsen und Hirschbronn kommt, auch die Bezeichnung „Wolfsgrubenäcker“ auf der benachbarten Hirschbronner Flur. Anderes Wild war selbstverständlich da, wie auch heute noch: Rehe, Hasen, Füchse und dergleichen. Auch Wildhennen fanden sich in reicher Zahl, Auer-, Birk- und ähnliches Wild. Für sie richteten einst die Jäger gern ihre „Vogelherde“ zum Fange auf.

Erwähnt muß noch werden, daß die Täler, voran der Rezatgrund, in ältester Zeit weithin versumpft waren, was man selbst heute noch erkennen kann, da trotz jahrhundertelanger Kulturarbeit die Entsumpfung und Entwässerung der Grundwiesen immer noch nicht völlig gelungen ist.

2. Die Besiedlung des Landes

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Erst spät wurde unser Waldland von Menschen besiedelt. Während in anderen, fruchtbareren Gegenden, wie im Ries oder in Unterfranken, sich schon in frühester Vergangenheit erst fremde und dann deutsche Volksstämme niederließen, blieb unser Land gemieden, da weder der Boden noch das Klima noch sonst etwas zur Ansiedlung lockte. Gewiß kamen immer einzelne Leute mit ihren Familien herein, aber sie bildeten keine festen und dauerhaften Niederlassungen, keine Höfe und Dörfer. Es waren wohl meist Jäger und Fischer, keine Bauern. Man findet von ihnen da und dort noch Geräte und Werkzeuge, auch Überreste von Wohnungen und vor allem Gräber. Im Museum zu Ansbach kann man solche Geräte sehen, die zum Teil noch aus der sog. Steinzeit stammen, d. h. aus einer Zeit, wo die Menschen das Metall noch nicht zu verarbeiten verstanden und sich darum mit steinernen Werkzeugen begnügen mußten. Eine Wohngrube aus dieser Zeit wurde an dem Höhenweg von Eyb nach [15] Obereichenbach östlich von Pfaffengreuth entdeckt und von Architekt Gumpert in alter Form wiederhergestellt. Diese Funde führen bis in die Zeit von 6000 Jahren v. Chr. zurück. Aus späterer Zeit, wo man schon Metall zu verwenden verstand, also etwa 1200–500 Jahre v.Chr., gibt es nicht wenige Hügelgräber, d. h. zu hohen Hügeln aufgeschüttete Gräber, so z. B. am Rande des Feuchtlachwaldes oberhalb Wallersdorf, wo eine Inschrift auf einem Steine besagt, daß hier ein „Heidengrab“ aus der „Früh–Latene–Zeit“ um 500 v. Chr. liege. Ähnliche Gräber wurden bei Steinbach, ebenfalls am Rande der Feuchtlach, gefunden, dann bei Schalkhausen, Triesdorf, Sauernheim und anderwärts. Was für einem Volksstamm diese Urbewohner unserer Gegend angehörten, läßt sich nicht sagen; jedenfalls waren es keine Germanen, keine Vorfahren des deutschen Volkes. Die letzten Bewohner aus der Zeit vor Christus waren wohl Kelten, Leute, die mit den Franzosen und Irländern nahe verwandt sind und die vor den aus Norden eindringenden Germanen nach Süden und Westen weichen mußten.

Aber was es auch für Leute gewesen sein mögen, die so vereinzelt bei uns wohnten, es waren keine Siedler, die das Land kultivierten, den Wald rodeten, Ackerbau trieben und seßhaft wurden. Nach Christo saßen übrigens die Römer hinter der Teufelsmauer (Limes, Grenzwall), wie sie bei Gunzenhausen vorüberzog und an dem Hesselberg vorbei nach Württemberg hinein ging; die Römer aber duldeten keinerlei Ansiedlung in einem breiten Streifen vor dieser Befestigung, also auch nicht in unserer Gegend. Eine wirkliche Besiedlung des Landes war erst viel später möglich. Soweit wir aus spärlichen Nachrichten schließen dürfen, begann die Einwanderung von bäuerlichen Siedlern erst ungefähr um das Jahr 700 nach Christo. Sie kamen nicht mit einem Male, sondern langsam nach und nach, und es währte wohl an die 500 Jahre, bis unsere Gegend richtig besiedelt und kultiviert war.

Woher diese Siedler kamen, meldet uns keine Urkunde. Wir können nur aus den Orts- und Flurnamen, sowie aus gelegentlichen Nachrichten späterer Zeit einiges erschließen. Der bekannte Forscher Professor Beck weist in seiner Schrift „Zwischen Frankenhöhe und Frankenjura“ darauf hin, daß sich bayerische Niederlassungen bis Gunzenhausen, Spalt und Mitteleschenbach erstreckten, daß Colmberg und Leutershausen um 1320 noch bayerische Lehen waren, daß der „Wimpeshof“ bei Roßtal einen nur im bayerischen Sprachgebiet vorkommenden Namen trägt. Letzteres gilt auch von dem Orte „Zandt“, von den mit „reuth“ und „lohe“ zusammengesetzten Ortsbezeichnungen, von den Flurbenennungen „Espan“, „Gern“ und den zahllosen „Leiten“ (Winterleiten, Wolfsleiten, Geißleiten, Schmalzleiten, Buchleiten, Schmidleiten, Priesterleiten usw.). Ganze Reihen [16] von Ortsnamen aus unserer Gegend finden sich gleichmäßig in Niederbayern und in den bayrischen Siedlungsgebieten Oberösterreichs. Sprachliche Eigentümlichkeiten, die freilich jetzt vielfach aus der Volksrede verschwunden sind, stehen noch in den alten Schriftstücken und bekunden ebenfalls bayrische Art, z. B. „ferndig“ statt vorjährig, „Teile“ für die aus Holz gebohrten Wasserleitungsrohre, „Höllhafen“ für den im Ofenwinkel in der Wohnstube angebrachten Hafen mit Wasser, „Übertan“ für das über den Toten ausgebreitete weiße Leichentuch, usw. Alles das sagt uns, daß wir einen Großteil der einstigen Siedler unter den Bayern zu suchen haben. Altbayrische Niederlassungen sind ja nicht allzu weit entfernt; wir treffen sie im ganzen Juragebiet zwischen Eichstätt und Thalmässing, in der Nürnberger Gegend und weiterhin durch die Oberpfalz bis tief hinein nach Oberfranken. Bis dorthin waren sie aus Niederbayern, dem Herzen des bayrischen Volksstammes, gedrungen. Es ist darum nicht zu verwundern, daß sie auch bis in die Ansbacher Gegend ihren Weg gefunden haben.

Aber sehr nahe liegt auch das Land der Schwaben. Die Gegend um den Hesselberg, der südliche Jura, das Ries usw. geben sich heute noch als durchaus schwäbisch. Allerlei Anzeichen, wie z. B. die Kirchenheiligen, deuten sogar darauf hin, daß das mittlere Altmühltal mit seinen vielen Orten auf „heim“ nicht, wie man bisher annahm, fränkischen, sondern schwäbischen Ursprungs ist, wie denn auch der schwäbische Gau Sualafeld dieses Gebiet noch mit einschloß. Schwaben waren sogar bis in das Rednitz- und Regnitztal vorgedrungen, wie der Name der Stadt Schwabach und der Flußname Schwabach bei Erlangen beweisen. So werden wir auch den Schwaben einen erheblichen Anteil an der Besiedlung unseres Landes zugestehen müssen.

Am geringsten waren offenbar die Franken vertreten, obwohl sie die Herren des Landes waren und da und dort ihre Königshöfe anlegten, wie in Königshofen im Wiesethgrund und in Weißenburg an der Schwäbischen Rezat. Aber sie fanden ja, als sie vom Rhein her den Main heraufzogen, reichliches und viel besseres Siedlungsland in Unterfranken, im westlichen Mittelfranken bis her an die Bergeler Steige, und im nördlichen Württemberg, so daß sie nicht nötig hatten, unsere unwirtliche Gegend aufzusuchen. Man findet deshalb von ihnen wenig Spuren aus der Siedlungszeit. Später hat sich ihr Einfluß allerdings stärker geltend gemacht, da unser Gebiet politisch zur Provinz Ostfranken und kirchlich zum Bistum Würzburg geschlagen war. Die Stammesunterschiede zwischen Bayern, Schwaben und Franken haben sich überhaupt im Laufe der Zeit ausgeglichen und der Bevölkerung ihr jetziges Gepräge gegeben.

[17] Eines aber war allen Siedlern gemeinsam: Es waren deutsche Bauern, die das Land urbar machten. Sie kamen stets mit ihrer Familie, mit Knechten und Mägden, wohl auch mit Verwandten und anderen angeschlossenen Leuten. Sie brachten einen stattlichen Viehstand, vor allem auch Pferde mit, daneben Schweine, Schafe und Ziegen, ferner das nötige Getreide, hauptsächlich Korn und Haber. Auch Hühnerzucht und Flachsbau war ihnen nicht fremd. Denn das müssen wir festhalten, daß die bäuerliche Kultur in Deutschland schon in frühester Zeit auf einer sehr hohen Stufe stand, höher als in dem vielgerühmten alten römischen Weltreich. Sie bauten sich dann ihre Höfe, eine stets größere Anlage von Wohnhaus mit Stallung, Scheune und Nebengebäuden, vielleicht auch Nebenwohnungen für das Gesinde. Zum Bauen benützte man anfangs immer Holz, das in reicher Menge vorhanden war, sei es, daß man die Baumstämme in Blockform aufeinander legte, oder daß man sich des Fachwerks mit Riegelwänden aus Flechtwerk und Lehmverputz bediente. Das Ganze wurde nebst einem größeren Hofraum und einem kleineren Gartengelände mit einem aus festen Planken gebildeten Zaun umschlossen, der von starken Hunden bewacht wurde. Dieser umschlossene, meist abgerundete Raum bildete dann die Hofrait. Erste Bedingung für eine solche Hofanlage war die unmittelbare Nähe einer Quelle, die das nötige Wasser für Menschen und Vieh lieferte; weiter die Nähe eines guten Wiesengeländes, um für den Winter das Futter für das Vieh zu gewinnen, dann ein ebenfalls nahe gelegenes Ackerland zum Getreidebau; endlich mußte viel Weideland vorhanden sein für das Vieh, das vom ersten Frühjahr ab bis in den spätesten Herbst hinein draußen gehütet wurde. Die Weide konnte vom Hof weiter entfernt liegen, da man das Vieh leicht dorthin treiben konnte; gern wurden dazu Berghänge, auch Wälder genommen.

Es war selbstverständlich, daß die ersten Siedler sich den besten Grund und Boden aussuchten. Dieser lag und liegt noch heute an den beiden Talseiten des Rezatgrundes, wo die besten Wiesen und Ackerböden zur Verfügung standen und auch reichlich Quellen flossen. Hier werden also die ersten Höfe entstanden sein, an der Stelle der heutigen Dörfer Alberndorf, Rutzendorf, Volkersdorf, Malmersdorf, Immeldorf, Kirschendorf. Auch Ansbach (alt „Onoldisbach“) ist als Einzelhof sehr früh entstanden, schon vor dem Kloster, also vor 750. Erst nachdem das Rezattal besetzt war, kamen die Seitentäler und Höhenlagen an die Reihe, also in der Pfarrei Sachsen die Orte Milmersdorf, Unterrottmannsdorf, Oberrammersdorf, weiter hinaus Elpersdorf, Kurzendorf, Deßmannsdorf, Wallersdorf, Herpersdorf, Thurndorf und andere. Hierbei ist zu beachten, daß die auf „dorf“ endigenden, fast durchweg mit Personennamen [18] zusammengesetzten Orte zu der älteren Siedlungszeit in unserer Gegend gehören, während Orte, die auf „bach“ enden, wie Fischbach, Wattenbach, Steinbach, Ober- und Untereichenbach, Hennenbach usw., später anzusetzen sind. Letzteres gilt auch von Orten wie Zandt, Höfstetten, Wengenstadt, Lichtenau und dergleichen. Ganz spät endlich kommen Orte auf „reuth“ (Wicklesgreuth, Kaltengreuth, Pfaffengreuth, deren Endsilbe von „reuten“ = „roden“ abgeleitet ist) oder auf „lohe“ (Langenlohe) oder ähnliche Namen (z. B. Neuses, Kammerforst, Strüth u. a.). Im einzelnen läßt sich natürlich nicht sagen, wann und in welcher Reihenfolge die Siedlungen entstanden sind; man kann hier nur allgemeine Regeln und Ordnungen aufstellen. Wenn die Besiedlung des Landes etwa um das Jahr 700 n. Chr. ihren Anfang nahm, so wird sich der Ausbau des Siedlungswerkes bis etwa in die Zeit um 1200 n. Chr. erstreckt haben.

Alles noch unbebaute Land stand ursprünglich im Eigentum des Königs, mit dessen ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung allein eine Niederlassung erfolgen konnte. Je länger, je mehr kam aber aller noch freie Grund und Boden in die Gewalt großer Herren oder Klöster. Bekannt ist, daß einst der fränkische Großherr Gumbert um Ansbach her einen mächtigen Wald besaß, wahrscheinlich durch königliche Schenkung, daß er dann um das Jahr 745 ein Kloster in Ansbach gründete und diesem Kloster den großen Wald vermachte. Damit konnten Siedlungen in diesem Waldgebiet rechts und links der Rezat nur noch mit Zustimmung des Klosters geschehen, eine Zustimmung, die nur gegen Leistung jährlicher Abgaben gewährt wurde. In der Regel nahm wohl das Kloster selbst die Ansiedlung in die Hand, wie es bei den sogenannten Wendensiedlungen um Ansbach her offensichtlich der Fall war. Gemeint sind die Orte Ratzenwinden, Wolfartswinden, Brodswinden, Bernhardswinden, Dautenwinden, Meinhardswinden, Egloffswinden. Die Entstehung dieser Orte hängt aller Wahrscheinlichkeit nach zusammen mit einer Schenkung des Königs Konrad I. im Jahre 911. Konrad gab damals dem Kloster St. Gumbert seinen Besitz in Viereth bei Bamberg, zugleich mit einer Reihe von Orten, die damals von Wenden oder Slawen (Volksverwandten der Slowaken, Tschechen, Polen und Russen) bewohnt waren. Das benützte offenbar Bischof Rudolf von Würzburg, der die Güter des inzwischen wieder eingegangenen Klosters verwaltete, um eine größere Zahl solcher Wenden nach Ansbach überzusiedeln. Unter der Aufsicht und Leitung deutscher Herren bildeten sie rings um Ansbach her Niederlassungen, die dem Kloster zinspflichtig waren und so an Stelle des damals ertraglosen Waldes gute Einkünfte dem Kloster verschafften. Die Namen ihrer Herren [19] ergeben sich aus den Ortsnamen, z. B. Razzo (deutscher Kurzname für Radulf, Radbert oder ähnlich) in Ratzenwinden, Wolfhart in Wolfartswinden, Gozbert in Brodswinden (früher „Gozbertswinden“ genannt).

Eine andere Klostersiedlung, vielleicht um dieselbe Zeit, ist vermutlich Hirschbronn. Durch seine Flur- und Dorfanlage gibt sich der Ort als Herrensiedlung zu erkennen. Die Höfe liegen längs einer geraden Straße, und zwar so, daß die zugehörigen Grundstücke sich unmittelbar an die Hofrait anschließen und in einem entsprechenden Streifen durch die ganze Flur bis an die Grenze gehen. Auch die übrige Flur außerhalb des Dorfes ist in gleicher Weise in durchgehende Streifen aufgeteilt, genau so, wie man es bei ähnlichen Herrschaftssiedlungen anderwärts wahrnehmen kann. Als Siedlungsherr kann nur das Gumbertuskloster in Betracht kommen, da sich sein Waldbesitz, wie nachher noch bei Sachsen gezeigt werden wird, ohne Frage über den ganzen Höhenrücken hin erstreckte, auf dem jetzt Hirschbronn und Kaltengreuth liegen. In Hirschbronn wurden offenbar nicht Wenden, sondern Deutsche angesiedelt.

Die gleiche Dorfanlage und Flureinteilung wie Hirschbronn zeigt der Ort Neukirchen. Auch dieses Dorf ist darum als Herrensiedlung anzusprechen. Nur daß hier nicht das Gumbertuskloster in Frage kommt, sondern höchstwahrscheinlich die Herrschaft von Vestenberg. Auch dieses uralte Geschlecht besaß in der Gegend größeren Grund- und Waldbesitz und hatte späterhin Vogteirechte in Neukirchen mit Dorf- und Gemeinrecht nebst Kirchweihschutz. Daß frühzeitig in Neukirchen eine Kirche erbaut wurde, läßt sich nur aus dem Umstande erklären, daß der Ort einem anderen Grundherrn zugehörte, und nicht dem Gumbertuskloster, das gewiß nicht seiner nur eine halbe Stunde entfernten Patronatskirche in Sachsen dadurch Abbruch getan haben würde, zumal es anderwärts, z. B. in dem auch fast ganz zum Kloster gehörigen Oberrammersdorf viel mehr Ursache zum Bau einer Filialkirche gehabt hätte.

3. Die Gründung des Ortes Sachsen

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Eine besondere Behandlung verdient der Ort Sachsen in der Siedlungsgeschichte. Man kann diesen Namen nicht gut anders erklären als durch Ableitung von dem Volksstamm der „Sachsen“, die einst in Norddeutschland an den unteren Ufern der Elbe wohnten. Es geht nicht an, etwa wie bei dem Orte Sachsbach bei Bechhofen an den in Ortsnamen recht seltenen Wortstamm „Sahs“ = Segge (eine Sumpfpflanze) zu denken, denn Sachsen liegt nicht in oder an einem Sumpf, [20] sondern auf trockener Anhöhe. Ebensowenig kann man, wie z. B. bei Waldsassen in der Oberpfalz, das Wort „Sassen“ = Leute, die sich ansässig machten, zur Erklärung beiziehen, weil bei Sachsen das nötige Bestimmungswort fehlt, das uns sagt, wo oder wie sich die Leute seßhaft machten. Wir müssen vielmehr an die vielen anderen „Sachsen“ denken, die es noch weithin im deutschen Lande gibt: Sachsen bei Leutershausen, Ober- und Untersachsen bei Neustadt an der Aisch, Wüstensachsen in der Rhön, Sachsendorf bei Aufseß in Oberfranken, Sachsenflur bei Lauda in Baden, Sachsenhausen bei Frankfurt und bei Wertheim, Saxen, Saxenau, Saxenburg, Saxendorf und Saxenegg in Österreich, und noch an eine Reihe ähnlicher Orte da und dort im deutschen Land. Diese so zahlreich auftretenden Ortsnamen legen von selbst die Erinnerung nahe an die bekannte geschichtliche Tatsache, daß einst der Frankenkönig und spätere deutsche Kaiser Karl der Große Tausende von Sachsenfamilien aus ihrer Heimat wegführte, sie über sein ganzes Reich hin zerstreute und unter den anderen deutschen Volksstämmen ansiedelte. Er hatte 33 Jahre lang immer wieder mit den Sachsen Krieg zu führen, weil sie seinem Plane, auch dieses letzte deutsche Volk seinem alle deutschen Stämme umfassenden Reiche einzuverleiben, dauernd widerstrebten. Auch das Christentum, das ihnen Karl der Große als inneres geistiges und religiöses Band für sein gewaltiges Reich aufnötigen wollte, lehnten sie immer wieder ab, obwohl sich bereits alle übrigen deutschen Völker zum Christentum bekehrt hatten. Im Verlaufe dieses Krieges nun griff der Frankenkönig, um endlich den Widerstand der Sachsen zu brechen, zu dem Mittel, eine große Zahl von Familien dieses Volkes umzusiedeln. So führte er im Jahre 795 über 7000 Sachsen fort aus ihrem Lande, 799 folgte weiter eine größere Zahl, und 804 kam der größte Trupp mit 10 000 Leuten. Vor allem war es der Sachsenstamm der Nordalbinger, aus dem die Familien entnommen wurden. Wohin diese Sachsen verpflanzt wurden, wird uns von den alten Geschichtsschreibern nicht im einzelnen überliefert; wir hören nur, daß sie an Bischöfe, Klöster, Grafen und andere Herren übergeben wurden, damit diese sie in ihren Herrschaftsgebieten ansiedelten. So wissen wir bestimmt, daß auch der Bischof von Würzburg eine Anzahl Leute zugewiesen erhielt. Die Ansiedlung von Sachsen konnte aber nur dort geschehen, wo noch freies, unkultiviertes Land vorhanden war. Solches fand sich damals nur noch in geringem Umfange in dem eigentlichen Frankenlande Unterfranken, dagegen in reichlichem Maße in unserer Gegend am Ostende des Bistums. Es lag darum nahe, daß der Bischof hierher seine Blicke lenkte. Und da das Gumbertuskloster in Ansbach dem Bischof zu eigen war, ergab es sich weiter von selbst, daß er eben diesem Kloster einige Sachsenfamilien zur weiteren Unterbringung [21] übersandte. So läßt sich die Gründung der beiden „Sachsen“ bei Ansbach und bei Leutershausen sehr wohl als Sachsensiedlung erklären, wenn nicht auch Leutershausen selbst, wie schon vermutet wurde, eine Niederlassung von Sachsen war, und vielleicht auch das alte Roßtal. Bei unserem Sachsen sprechen noch andere Gründe für die Ansiedlung von Sachsen durch den Frankenkönig, wie im folgenden bei der Gründung der Pfarrei Sachsen gezeigt werden wird.

Unser Ort „Sachsen“ (ursprünglich „Zu den Sachsen“) bestand am Anfang offenbar nur aus einem einzigen größeren Hof, der mit Frauen, Kindern und Gesinde vielleicht 20 Personen umfassen mochte. Mehr Familien hatten auf der engbegrenzten Flur und bei der damaligen Wirtschaftsweise keinen Raum. Zur Bebauung eignete sich ja damals nur der im Tale liegende, von Volkersdorf und Rutzendorf äußerst eingeengte Boden, während die anschließenden Hänge nur als Weide für das zahlreiche Vieh zu benützen waren. Auf der Höhe aber stand überall der Wald, der auch heute noch einen Großteil der Sachsener Flur ausmacht.

4. die Dörfer und ihre Frühgeschichte

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Abgesehen von Hirschbronn und Neukirchen wurde bei jeder Siedlung in unserer näheren Umgebung anfangs immer nur ein einziger großer Hof angelegt. Der Ortsplan, die Anlage der vom Ort ausgehenden Feldwege, die abgerundete Hofrait, die Nähe einer Quelle und anderes weist unausweichlich daraufhin. Noch heute findet man „Dörfer“, die so klein sind, daß sie kaum über einen oder allenfalls ein paar Höfe hinausgehen (z. B. Waltendorf unter Lichtenau, Milmersdorf bei Sachsen). Bei genauer Betrachtung besonders kleinerer Dörfer ist vielfach noch der Urhof zu erkennen, teils an der Größe seiner, nicht selten noch ganz oder halb abgerundeten Hofrait, teils an den Feldwegen, die von überallher in dem Hof zusammenlaufen, teils an der günstigen Lage überhaupt, an der dabei befindlichen Quelle und anderem. Die übrigen jetzt vorhandenen Höfe ergeben sich meist deutlich als Ableger des ersten Hofes durch ihre Lage an Seitenwegen oder durch andere ungünstige Umstände.

In der Regel wird sich schon sehr frühe die Notwendigkeit einer zweiten oder dritten Hofanlage neben der ersten ergeben haben. Wenn die Familie größer wurde, wenn ein zweiter oder dritter Sohn sich selbständig machen wollte, auch wenn vielleicht Verwandte aus der Ferne zugezogen kamen, ließ sich der Bau weiterer [22] Höfe nicht vermeiden. Meist war ja hinreichend Siedlungsland in der Flur vorhanden. Es mußte nur ein Stück Wald neu gerodet werden, um für den neuen Hof das nötige Ackerland zu beschaffen. Die Weide und der Wald, wohl auch anfangs die Wiesen, blieben gemeinsames Eigentum. Auch beim Ackerland pflegte es anfangs so gehalten zu werden, daß der bestimmte Teil nur solange bewirtschaftet wurde, bis er ertragsmüde geworden war, worauf dann ein anderes Stück Land in Angriff genommen und dabei jedem Hofbesitzer wieder sein Anteil zugewiesen wurde. Erst später entwickelten sich daraus bleibende Besitzstücke für jeden Hof.

Gewisse Flurnamen erinnern noch heute an diesen Ausbau der Höfe und damit des ganzen Dorfes. Bei Oberrammersdorf gibt es ein „Ossi“ („Ossig“, auch „Ossifeld“); der Name kommt vom „Absengen“ = Abbrennen des Waldes, wie es eben in der ersten Zeit bei Neurodungen geschah. Gleiches sagt der Name „Brünst“ (Prünst“), z.B. auf dem Höhenzug zwischen Immeldorf und Schlauersbach, vom „Brennen“ = Niederbrennen des Waldes. Der Name „Brandweg“ bei Steinbach bedeutet das gleiche. Wenn jetzt hin und wieder Waldteile solche Namen tragen, so ist dies dahin zu verstehen, daß später das Ackerland wieder aufgelassen wurde und sich dann von selbst neu mit Wald bestockte. Auf neuere Landrodung deutet der Name „Neubruch“ bei Unterrottmannsdorf; es wurde dort neues Land „umgebrochen“, d. h. urbar gemacht.

Wo weiteres Siedlungsgelände innerhalb der Ortsflur nicht mehr vorhanden war, half man sich damit, daß man die großen Höfe teilte und „Halbhöfe“ daraus machte. Soviel ersichtlich, ist das fast überall in der Gegend geschehen. Die alten Halbhöfe stellten immer noch stattliche Anwesen dar, weshalb auch sie oft nochmals geteilt wurden, woraus dann die „Güter“ entstanden. Manchmal, wie in Sachsen, Volkersdorf und anderwärts, ging bei einzelnen Gütern die Teilung so weit, daß nur noch kleine Gütlein übrigblieben, die kaum mehr eine Familie zu ernähren vermochten. Späterhin nahmen die Städte die überschüssige Bevölkerung auf. Die Dörfer behielten dann ihren festen Bestand ohne nennenswerte Veränderungen bis in die neuere Zeit herein.

Über die einzelnen Ortschaften gibt nachstehende Übersicht Aufschluß.

Sachsen

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Die Lage des einstigen „Sachsenhofes“ läßt sich mit ziemlicher Sicherheit feststellen. Da alle Flurwege unterhalb des Kirchhofs zusammenlaufen, kann für den ersten Hof kein anderer Platz in Betracht kommen als der, wo jetzt der schon in alter Zeit bekannte [23] Gasthof steht (vordem Reubert, jetzt Geyer). Der Platz bot auch auf dem abschüssigen Gelände des Ortes allein genügend Raum für eine größere Hofstatt. Daß sich auf diesem Hofe eine Gastgerechtigkeit bildete, ist sehr wohl begreiflich, da die Besucher des Gotteshauses, die in alter Zeit zum Teil zwei Stunden und darüber zurückzulegen hatten, notwendig ein Haus zum Ausruhen und zur Erfrischung brauchten, wozu nur der große Sachsenhof genügend Raum darbot. Sehr lange scheint freilich der Hof als Ganzes nicht bestanden zu haben. Soweit wir Nachrichten von Sachsen besitzen, hören wir immer nur von kleineren Gütern dort, wobei einzig der Gasthof als größeres Gut hervorragte. Dies läßt darauf schließen, daß der alte Sachsenhof schon frühzeitig aufgelöst und in eine Reihe kleinerer Güter zerschlagen wurde. Man kann diese Aufteilung noch deutlich an den Anwesen sehen, die nördlich von der Kirche längs der Dorfstraße liegen; es sind sechs gleichmäßig abgegrenzte und annähernd gleich große Hof- und Gartenflächen. Eine solche genaue Landvermessung hat man in der ersten Zeit nicht gekannt, sie ist erst später in Übung gekommen; und sie kann in Sachsen nur auf Kosten des ursprünglichen großen Sachsenhofes erfolgt sein, da auf der kleinen Ortsflur ein weiteres Siedlungsland nicht zur Verfügung stand. Genauere Angaben fehlen uns leider über die älteste Zeit.

Erst im Jahre 1277 wird uns zum ersten Male etwas von Sachsen berichtet. Damals stiftete der Ritter Konrad von Heideck ein Gut und eine Wiese zum Seelenheil für seine verstorbene Frau und Tochter an die Kirche von Sachsen. 1288 hören wir weiter, daß das ganze Gebiet um Lichtenau mit Einschluß von Sachsen, Volkersdorf, Rutzendorf, Unterrottmannsdorf und Zandt an die Herrschaft der Herren von Heideck überging, nachdem die Herren von Dornberg ausgestorben waren. 1303 erhielt Gottfried von Heideck das Gericht und die Vogtei über Sachsen als bischöfliches Lehen. Derselbe wird auch 1328 erwähnt als Zeuge für die Stiftung einer Wiese bei Malmersdorf zur Kirche in Sachsen. Unter ihm wurde auch der gotische Chor an der Kirche von Sachsen gebaut und 1323 eingeweiht. 1407 verkaufte die Stadt Nürnberg, die 1406 das Lichtenauer Herrschaftsgebiet käuflich erworben hatte, 24 Güter in Sachsen mit ihren Zinsen und Gülten an das Reiche Almosen in Nürnberg. 1463 kommen 26 Gemeindeglieder mit Einschluß des Pfarrers vor, eine Zahl, die weiterhin jahrhundertelang feststehend blieb. Schon damals wird von einem „Tefert“ geredet, d. h. von dem Inhaber einer Tafernwirtschaft, also einer Wirtschaft mit Erbschankrecht. Weitere Mitteilungen über Sachsen hören wir späterhin bei den Ausführungen über die alten Herrschaften, über die Pfarrei und Pfarrpfründe, auch über die Kirche und das Kirchenvermögen, ferner auf S. 309.

[24] ====Milmersdorf==== Der Ort hieß früher „Wilmersdorf“ und noch öfter „Willmannsdorf“. Der Name bedeutet, daß einst ein Bauer, namens „Willmann“, die erste Niederlassung gründete. Bei der Suche nach dem ältesten Hof wird man wohl das Anwesen Hs.-Nr. 3 (früher Leuchs, jetzt Meyer) zu nehmen haben, da dieses am günstigsten für die Feldflur gelegen ist und auch die Feldwege hier zusammenlaufen. Bei der Kleinheit der Flur konnten sich hier nur drei Höfe entwickeln. So begegnen sie uns später in allen Urkunden und Schriftstücken bis in die neueste Zeit herein, erstmalig im Lichtenauer Salbuch von 1517. Weiteres siehe S. 312.

Volkersdorf

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Wie der Name besagt, ist der Ort die Niederlassung eines Mannes, namens „Volker“ oder „Volkhart“, der dort den ersten Hof anlegte. Dieser dürfte an der Stelle zu suchen sein, wo die Feldwege von Herpersdorf, Lichtenau und aus dem Grunde zusammenliefen, also wo jetzt die Höfe Obermeyer und Helmreich stehen, wobei vielleicht auch noch das Anwesen von Beuschel mit einzubeziehen wäre. Wie schon gesagt, zeigt Volkersdorf nach Sachsen die größte Zersplitterung der Höfe und Güter. Die erste urkundliche Nachricht erhalten wir erst 1405, wo Friedrich von Heideck ein Gut zu Volkersdorf an das Gumbertusstift in Ansbach verkaufte. Im Jahre 1412 hören wir dann, daß Albrecht Lotter seine drei Eigengüter zu Volkersdorf an den Bürger Fritz Schneider zu Ansbach verkaufte. 1421 vermachte Friedrich im Steinhaus zu Schwäbisch–Gmünd einen Hof zu Volkersdorf dem Gumbertusstift. 1445 übergab Pfarrer Krepflein von Sachsen ein zur Pfarrei gehöriges Gut in Volkersdorf als „Lehen“, d. h. leihweise, an Stephan Schuster dort, und 1467 ein anderes Gut an Kunz Weiß. 1463 benannte das Reiche Almosen zu Nürnberg neun Güter und Höfe zu Volkersdorf als sein eigen. 1547 kaufte die Stadt Nürnberg von Frau Anna von Rothenburg zwei Güter in Volkersdorf. Es scheinen gerade in Volkersdorf öfters Besitzveränderungen vorgekommen zu sein. Um das Jahr 1500 und noch lange fort wurden 15 Höfe und Güter gezählt. Fortsetzung siehe S. 312.

Rutzendorf

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Ein freier Bauer, namens „Rutz“ oder „Ruzzo“ (Kurzform eines Namens wie Rudolf, Ruttmann, Ruthard oder ähnlich), hat hier den ersten Hof gebaut. Als solcher kann nur das jetzige Wirtschaftsanwesen [25] Führhäuser in Frage kommen, da fast alle Flurwege darauf zulaufen, da auch die alte abgerundete Hofrait noch deutlich erkennbar ist, da endlich eine nahe Quelle im Wiesgrund, jetzt allerdings versumpft, zu sehen ist. Als zweiter Hof wird das unterste Anwesen (Wagner) zu gelten haben, da auch hier die abgeschlossene Hofrait klar zutage tritt.

Von Rutzendorf hören wir zuerst im Jahre 1303, wo Gottfried von Heideck auch über diesen Ort die Vogteiherrschaft als bischöfliches Lehen erhält. Im gleichen Jahre wird Gottfried von Feldbrecht genannt, der zwei Güter in Rutzendorf, ebenfalls als bischöfliche Lehen, besaß. Im Jahre 1400 wird berichtet, daß ein Hofbesitzer Hans Walder (oder Wolwer) jährlich vier Metzen Korn an das Gumbertusstift in Ansbach zu liefern hatte. 1409 verkaufte die Stadt Nürnberg an den reichen Bürger Hans Rummel dort das Schloß Lichtenau samt den zugehörigen Gütern zu Rutzendorf, Malmersdorf und Langenlohe. 1463 erscheint ein Hans Wild in Rutzendorf als zinspflichtig zum Reichen Almosen in Nürnberg, desgleichen 1517 ein Kunz Weiß und ein Hans Vettermann. 1504 kaufte Hans v. Leonrod einen Hof zu Rutzendorf von Leonhard Grundherr und verkaufte ihn 1506 wieder an die Stadt Nürnberg. Im gleichen Jahre verkaufte Wolf Wurm von Gunzenhausen seinen Hof zu Rutzendorf an die Markgrafen Georg und Albrecht in Ansbach (Hof Nr. 19, Besitzer Reim). Über die spätere Zeit siehe S. 313.

Neukirchen

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Der Ort hieß früher „Neunkirchen“. Der Name entstand aus der alten Bezeichnung „Zur neuen Kirchen“, und erscheint 1376 in einer Urkunde als „Nuenkirchen ob Vestenberg“ und schon 1303 als „Newenkirchen“. Es ist dieser Name zugleich ein Beweis dafür, daß dort schon in ältester Zeit, vielleicht bereits bei der Gründung des Dorfes, eine Kirche gebaut wurde, die dann im Filialverhältnis zu Sachsen stand. Der Ort selbst und wohl auch die Kirche ist aller Wahrscheinlichkeit nach von den Herren von Vestenberg angelegt worden. Allem Anschein nach waren es ursprünglich nur drei große Höfe, sämtlich auf der Westseite der Dorfstraße gelegen. Die Ostseite ist vermutlich erst später mit einem großen Hofe bedacht worden, was man aus der Lage der zu diesem Hof ehedem gehörigen Grundstücke schließen darf. Durch Teilung und Zusiedlung hat sich der Ort später zu neun Höfen und Gütern ausgewachsen, die lange Zeit in dieser Zahl geblieben sind.

Im Jahre 1303 begegnet uns wiederholt der Name Neukirchen. Albert von Vestenberg besaß damals einen Hof in dem Ort, dazu [26] Zehntrechte und Zinsen. 1335 und 1336 kaufte der Abt Gamsfelder von Heilsbronn zwei Güter in Neukirchen (eines davon jedenfalls Hs.-Nr. 11, Besitzer Wittmann). Ferner verkaufte 1335 Leonhard Hauslod ein Gütlein zu Neukirchen an Heinrich Wiesenhofer. 1431 wurden für die neu gestiftete Frühmesse zu Immeldorf drei Güter in Neukirchen angekauft (Hs.-Nr. 3, 4 und 13, jetzige Besitzer Volland, Arold und Eschenbacher). Weiteren Bericht siehe S. 315.

Hirschbronn

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Der Name erscheint in alten Akten gern als „Hirschbrünn“, „Hirsbronn“ oder „Hirzbrunn“ und bedeutet stets dasselbe, nämlich einen Brunnen oder eine starke Quelle, bei der sich die Hirsche einzufinden pflegten, damals als der ganze Höhenzug noch mit Wald bedeckt war. Der Brunnen fließt heute noch dicht unterhalb des Dorfes und kommt aus dem Anwesen Hs.-Nr. 2 heraus; er ist als Hirschbrünnlein bekannt. Es ist schon ausgeführt worden, daß wir es hier mit einer Herrensiedlung zu tun haben, die offenbar von den Herren des Klosters, beziehungsweise des Chorherrenstiftes in Ansbach ausging. Bei genauer Betrachtung der Ortschaft und des Flurplanes legt sich der Gedanke nahe, daß ursprünglich auch nur drei große Höfe angelegt wurden, und zwar an der Nordseite der Straße, wobei die heutigen Anwesen Hs.–Nr. 1 und 3, dann 5, 7, 8 und 9, und endlich 11 und 12 je einen zusammengehörigen Gutsbesitz von gleicher Größe darstellten. Die südlich der Straße liegenden Anwesen sind offenbar erst später entstanden, wie man aus ihrer Lage und dem Mangel eines weiter hinausreichenden Grundstreifens schließen kann. Wie überall, so wurde auch hier durch Teilung der großen Höfe und durch neue Siedlungsanlagen das Dorf ausgebaut, bis im ganzen elf Höfe und Güter vorhanden waren.

Im Jahre 1303 hatte Albert von Vestenberg den gesamten Zehnten in Hirschbronn inne, ferner ein Herr Cuspis von Ansbach ein Gut als bischöfliches Lehen. 1323 wird der Ort aufgeführt in einem Ledigungsbrief des Königs Ludwig für Gottfried und Kunigunde von Heideck. 1336 verkaufte Gottfried von Seinsheim drei Höfe zu Hirschbronn an das Kloster Heilsbronn (die heutigen Anwesen Hs.-Nr. 2, 8, 11/12 mit den Inhabern Ebert, Kittel, Berger und Helmreich, wobei damals Nr. 11 und 12 nur Einen Hof bildeten). 1372 schenkte Burggraf Friedrich IV. dem Herrn Ludwig v. Eyb um seiner getreuen Dienste willen ein Gut zu Hirschbronn. 1391 verkaufte Adelheid Steiner, Bürgersfrau zu Ansbach, dem Gumbertusstift ihr Hirschbronner Gut, 1399 stiftete der Chorherr Hermann von Kalchreuth eine Vikarei am Gumbertusstift und gab dazu unter anderem [27] auch Einkünfte aus Hirschbronn. 1407 verkaufte Heinrich Knorz von Ansbach den 9. Teil des Hirschbronner Zehnten an Hans Teuer zu Katterbach, 1476 Hans und Adam Weiß zu Greuth ebenfalls den 9. Teil des Zehnten an das Chorherrnstift zu Ansbach. 1498 stiftete der Ritter Ludwig von Eyb eine „halbe Almosenschüssel“ und ein ewiges Licht bei St. Gumbertus aus Einkünften von Hirschbronn und Adelmannssitz. Für die Folgezeit siehe S. 316.


Alberndorf

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Der Name dieses Dorfes lautet in alten Urkunden: „Adelberndorf“ (um 1268), „Malbrechtsdorf“ (1313), „Albrechtsdorf“ (1409 und 1421), „Albersdorf“ (1433), später in der Regel „Alberndorf“. Daraus ergibt sich, daß der Gründer des Dorfes ein Herr „Adalbero“ oder „Adalbrecht“ (= Albrecht oder Albert) war. Der älteste Hof lag ohne Zweifel am Eingang des Dorfes von Ansbach her, wo die vier Flurwege zusammentreffen. Dort bildeten die beiden Höfe Hs-Nr. 1 und 12, die bis 1725 zusammengehörten, sichtlich eine schön geschlossene Hofrait, der auch eine Quelle im Talgrunde zur Verfügung stand (jetzige Besitzer Helmreich und Vogelhuber). Als nachfolgender zweiter Hof gibt sich durch Lage und Hofrait am andern Ende des Dorfes Hs.-Nr. 9 (Heubeck) zu erkennen, zu dem früher auch Nr. 10 (Meyer) gehörte. Alle übrigen Anwesen sind sichtbar Ableger dieser beiden Höfe. In der Folgezeit waren neun, zum Teil recht kleine Anwesen vorhanden.

In alten Schriften wird Alberndorf zum erstenmal 1268 erwähnt, wo der Abt Rudolf von Heilsbronn eines seiner beiden Güter dort an Burkhard von Eschenbach auf Lebenszeit zu einem festgesetzten Zins überließ. 1313 vertauschte der Edelherr Gottfried von Heideck einen Hof zu Alberndorf gegen einen solchen zu Eichenbach. 1409 verschrieb Burggraf Friedrich VI. der Stadt Ansbach unter anderem auch Einkünfte zu Alberndorf. 1421 kommt in der schon bei Volkersdorf berührten Stiftung des Friedrich im Steinhaus auch ein Gut zu Alberndorf vor. Im weiteren siehe S. 317.


Steinbach

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Der „Bach“, der von Wallersdorf herabfließt und allerlei „Stein“– Geröll in seinem Bette zeigt, hat dem Orte offenbar seinen Namen gegeben. Schon die für den Feldbau wenig günstige Lage läßt erkennen, daß wir hier eine Spätsiedlung vor uns haben. Vermutlich ist sie von Alberndorf ausgegangen, da beide Orte von jeher eine Gemeinde bildeten. Als ältester Hof ist wohl die heutige [28] Gastwirtschaft anzusehen, bei der nicht nur die Wege zusammentreffen, sondern auch eine gewisse Abrundung der Hofrait zu erkennen ist. Die alte Brauerei- und Schankgerechtigkeit deutet in dieselbe Richtung. Wichtig war für den Ort die spätere Anlage zweier Mühlen an der Rezat und am Bach. Sonst entstanden meist kleinere Niederlassungen. Am Ausgang des Mittelalters treten im ganzen acht Anwesen hervor, wozu noch die im Flurbezirk gelegene Büchenmühle zu zählen ist.

Die erste Nachricht über Steinbach lesen wir 1323 in dem schon bei Hirschbronn angeführten Ledigungsbrief des Königs Ludwig für die Heideckschen Eheleute. 1403 verkaufte Friedrich von Heideck verschiedene Güter und Gülten zu Steinbach an das Gumbertusstift zu Ansbach. 1420 verkauften Heinrich und Adelheid Backofen von Oberrammersdorf an Friedrich im Steinhaus eine Wiese bei der Egerlach zu Steinbach, 1424 Kunz Bühler zu Steinbach an das Gumbertusstift verschiedene Grundstücke oberhalb der Büchenmühle und auf dem „Obenberg“, 1433 derselbe an das Stift Abgaben, die auf der „Oberhagwiese zwischen Dornespan und Alberndorf“ ruhten. In dem bereits bei Volkersdorf und Alberndorf vermerkten Vermächtnis des Herrn Friedrich im Steinhaus 1421 sind auch zwei Güter in Steinbach vorgetragen. 1451 kaufte das Stift zu Ansbach verschiedene Grundstücke in Steinbach und an anderen Orten von der Kirche zu Sachsen. Für die neuere Zeit siehe S. 318.

Ratzenwinden

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Wie bereits dargelegt wurde, stellt dieser Ort eine Zwangssiedlung von Wenden aus der Bamberger Gegend dar. Sie standen unter einem deutschen Herrn, namens „Ratz“ oder ursprünglich „Razo“ (abgekürzte Namensform aus „Radulf“, „Radbert“, „Radbod“ oder ähnlich), wonach die Niederlassung dann den Namen erhielt: „Zu den Wenden des Razo“ = „zu den Razenwenden“ = Ratzenwinden. Es war selbstverständlich Ein großer Hof, der dort mit Hilfe der wendischen Familien bewirtschaftet wurde. Dieser Hof stand jedenfalls dort, wo heute der Appoldsche Hof steht (Hs.-Nr. 9), wobei wir noch den Schwabschen Hof als zugehörig dazu nehmen müssen (Nr. 8). Hier sehen wir eine wohlabgerundete Hofrait mit großen umliegenden Grundstücken; hier treffen sich alle Feldwege, hier fließt auch im Hof eine stattliche Quelle. Auch in der übrigen Feldflur gehören die größten, zusammenhängenden Landstücke diesen beiden Höfen. Die Wenden werden sich vermutlich da niedergelassen haben, wo jetzt die anderen Dorfhäuser stehen. Es waren Unfreie, Leibeigene, die nicht selbständig über sich verfügen konnten, sondern ihr Leben lang als Knechte und Mägde zu dienen hatten. Selbstverständlich ist von diesen [29] Wenden nichts mehr im heutigen Dorf zu finden, denn sie sind längst im Laufe der Jahrhunderte ganz und gar im deutschen Volke aufgegangen.

Ihre Leibeigenschaft währte überhaupt nicht sehr lange, sondern sie wurden auch in dieser Hinsicht bald den deutschen Siedlern gleichgestellt. Das ersehen wir aus einer Urkunde, die uns aus dem Jahre 1111 erhalten ist und die zugleich die älteste Urkunde aus dem Pfarrbezirke darstellt. Danach übergab ein Herr, namens Acemann mit Familie, als Stiftung „zum Altar des heiligen Gumbert“ den Leibeigenen Abo nebst dessen zwei Söhnen und vier Töchtern, mit der Bestimmung, daß diese jährlich drei Goldmünzen oder dafür den Wert in Wachs oder in Tuch an das Gumbertusstift zu leisten hätten, wofür sie aber dann von jedem weiteren Knechtsdienst befreit sein sollten; nur beim Besitzwechsel infolge Todesfall sollten sie noch das beste Kleid oder das beste Stück Vieh an das Stift abzuliefern haben. Damit wurde diese unfreie Familie aus ihrer Leibeigenschaft gelöst; sie hatte künftig nur ähnliche Abgaben zu entrichten, wie sie auch sonst im Verhältnis zur Grundherrschaft üblich waren. Auf diese Weise konnten sich auch in Ratzenwinden gleichwie in anderen Dörfern weitere Höfe und Güter bilden, wenn diese sich auch in bescheidenen Grenzen halten mußten. Späterhin erscheinen acht größere und kleinere Anwesen.

Aus der Frühgeschichte des Dorfes sind noch folgende Angaben bekannt: Im Jahre 1240 wies ein Herr Schwigger von Oberbach der Frau Hadwig von Bibelried zur Sicherung ihres Witwenstandes verschiedene Einkünfte zu, darunter die Schutzherrschaft über das Dorf Ratzenwinden. Um 1400 werden verschiedene Abgaben aus dem Dorf an das Stift in Ansbach aufgezählt. 1401 verkaufte Hans Derrer von Nürnberg an das gleiche Stift drei Güter und eine Hofstatt zu Ratzenwinden, die er vom Burggrafen zu Nürnberg–Ansbach als Lehen besaß. 1419 verkaufte Markgraf Friedrich zwei Güter zu Ratzenwinden an Hans Rummel von Nürnberg; dieser veräußerte sie 1443 weiter an Fritz Kreß in Nürnberg, dieser wieder 1502 an Sebastian von Eyb, dieser endlich 1509 an das Gumbertusstift, bei dem es dann dauernd verblieb. 1523 werden zwei „ungezimmerte Güter“ in Ratzenwinden erwähnt, also zwei Güter, zu denen keine Gebäude vorhanden waren. Die Bewirtschaftung dieser Güter geschah jedenfalls von benachbarten Höfen aus. Fernere Mitteilungen siehe S. 319.

Oberrammersdorf

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Bis vor etwa 200 Jahren hieß der Ort stets nur „Rammersdorf“ oder in früheren Zeiten „Rumelsdorf“ (im Jahre 1254), „Rumoltzdorf“ [30] (1323), „Ramingsdorf“ (1400), „Rumesdorf“ (1403), „Raumersdorf“ (1455), „Radmersdorf“ (1500). Es hat sich hier also ein Herr „Ratamar“ oder „Radmar“ oder ähnlich niedergelassen und dem Dorf seinen Namen gegeben; durch Abschleifung im Sprachgebrauch entwickelte sich dann die Namensform „Rammer“ mit seinen vielgestaltigen Nebenformen. Der Zusatz „Ober–“ ist erst in neuerer Zeit dazugekommen, als die mundartliche Aussprache von Rottmannsdorf ganz ähnlich lautete wie Rammersdorf und man deshalb beide Orte unterscheiden wollte. Bei Oberrammersdorf lassen sich zwei Siedlungzeiten unterscheiden, einmal die alte Hofsiedlung, die auf der südlichen Talmuldenseite gelegen war, wo offensichtlich ursprünglich nur Ein großer Hof stand; und dann die vom Gumbertuskloster aus betätigte Siedlung auf der Nordseite, die allem Anschein nach zunächst drei Höfe umfaßte. Die erste Siedlung läßt sich genau erkennen an der großen abgerundeten Hofrait, die heute die beiden Anwesen Hs.-Nr. 12/13 und 8 nebst der Schmiede umschließt, wobei auch die Quelle im Wiesgrund nicht fehlte; auch die alten Feldwege laufen hier zusammen. Auf der gegenüberliegenden Seite bildeten die Anwesen Nr.1 und 4 ehedem sichtlich Einen Hof, ebenso die Anwesen Nr. 2 und 3. Diese, nebst dem Hof Hs.-Nr. 6, hatten ihre Grundstücke einst in der gleichen Feldlage, die offenbar ehemals klösterlicher Grund und Boden war, abgezweigt von der angrenzenden „Pfaffenstruth“, die damals den „Pfaffen“, d. h. den Kloster- und Chorherren gehörte. Die drei Höfe waren auch zum Gumbertusstift zehntpflichtig, während der alte Hof auf der anderen Seite des Dorfes sowie die später von ihm abgezweigten Anwesen zehntfrei geblieben waren.

Geschichtlich wird der Ort erwähnt im Jahre 1240 in der schon bei Ratzenwinden angeführten Urkunde betreffend Schwigger von Oberbach. 1254 verzichteten Ludwig von Wizelsdorf und Rudiger von Hengersbach auf ihr Erbrecht an Gütern zu Oberrammersdorf zugunsten des Gumbertusstiftes in Ansbach. 1323 kommt das Dorf in dem Ledigungsbrief des Königs Ludwig vor, von dem schon bei Hirschbronn und Steinbach die Rede war; ebenso in dem Schenkungsbrief des Herrn im Steinhaus von 1421 (siehe Steinbach und Ratzenwinden). 1403 verkauften Ritter Friedrich von Heideck und sein Sohn Johannes dem Gumbertusstift sieben Güter zu Rammersdorf, die fortan beim Stift verblieben. Um 1436 und später lebte in Oberrammersdorf eine Familie Backofen, die durch ihre Prozesse viel von sich reden machte.

Um 1500 und weiterhin finden sich stets acht Höfe und Güter (siehe S. 320).

[31] ====Unterrottmannsdorf==== Der Ort führte bis vor etwa 200 Jahren stets den Namen „Rottmannsdorf“ oder „Rodmannsdorf“. Nachdem sich aber im Volksmund die Aussprache dieses Wortes in „Rammersdorf“ gewandelt hatte, fühlte man das Bedürfnis, das untere von dem oberen Rammersdorf zu unterscheiden (siehe Oberrammersdorf). Es wurde zunächst „Unterrammersdorf“ gebildet, in welcher Form es in den Urkunden seit 1839 öfters vorkommt. Da aber auch die Form „Rottmannsdorf“ bestehen blieb, so wurden schließlich die beiden vereinigt in der heutigen Namensform „Unterrottmannsdorf“. In alter Zeit lesen wir „Rodmannsdorf“ (1304), „Rottmersdorf“ (1403 und 1588), „Rudmannsdorf“ (1436). Daraus ergibt sich, daß wir es hier mit der Ansiedlung eines gewissen „Rodmann“ (= Ruttmann) zu tun haben. Er baute seinen Hof aller Wahrscheinlichkeit nach an der Stelle, wo jetzt die beiden Höfe Nölp und Ströhlein stehen. Denn dahinein führt unmittelbar der von der Höhe kommende wichtigste Feldweg, dahin laufen auch die übrigen Flurwege zusammen. Es ergibt sich dort eine schöne Hofrait und vor allem sprudelt daneben eine starke Quelle aus dem Berghang. Nach und nach schlossen sich an den einen, später geteilten Hof noch weitere Güter und Höfe an. Um das Jahr 1500 hören wir von elf Anwesen, wozu dann noch die Weidenmühle kam.

In der Geschichte erscheint der Ort zum erstenmal im Jahre 1304. Damals schenkte Konrad Rolse für den Fall seines Todes seine Güter zu Unterrottmannsdorf und anderwärts den „Brüdern vom Deutschen Hauses zu Eschenbach“, also dem Deutschherrenorden, der zu Wolframs-Eschenbach eine Niederlassung hatte. Es kann sich dabei nur um die Güter Hs.-Nr. 7, 8, 10 und 16 in dem Dorfe gehandelt haben. 1403 verkaufte Friedrich von Heideck dem Gumbertusstift zu Ansbach ein Gut in Unterrottmannsdorf. Ebenso verkaufte die Kirche zu Sachsen 1451 ihr dortiges Gut an das Stift. 1434 gab Siegmund von Leonrod dem Stift zwei Güter in Unterrottmannsdorf nebst dem großen und kleinen Zehnten dort im Tausch gegen andere Liegenschaften in der Nähe von Leonrod. 1499 verkauften die Erben des Peter Betz ihr Hof- und Erbgut samt allen Zugehörungen an das Stift. Zur weiteren Geschichte siehe S. 321.

Zandt

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Der Name des Ortes ist schwer zu deuten. Manche Gelehrte wollen ihn ableiten von dem Worte „Zahn“, das anderwärts für spitzige (Felsen und Bergzacken gebraucht wird; aber dergleichen fehlt bei Zandt. Andere denken an „Zaun“, wobei man anzunehmen hätte, daß ursprünglich die Stätte, auf der jetzt das Dorf steht, und noch ein [32] Stück Feldflur mit einem Zaun umgeben war, um das darin weidende Vieh zu schützen, ein Gedanke, der nicht unmöglich, aber auch nicht nachweisbar ist. Eine sichere Erklärung muß vorläufig dahingestellt bleiben. – Die Namensform lautet 1303 „Zante“, 1374 „Zant“, 1550 „Zannt“, später oft „Zanth“. Das älteste Anwesen stand jedenfalls inmitten des heutigen Dorfes, da, wo der Bergweg in die Längsstraße des Dorfes einmündet, also auf der Stelle der beiden, ehemals sicher zusammengehörigen Höfe Heidingsfelder und Schwab. Hier haben wir die übliche stattliche Hofrait, die einlaufenden Feldwege und auch die Nähe des Quellwassers. Alle übrigen Höfe und Güter geben sich ihrer Lage und Anlage nach als spätere Zusiedlungen. Am Ausgang des Mittelalters waren im ganzen 14 Anwesen vorhanden, mit Einschluß der talabwärts liegenden Mühle.

Die älteste urkundliche Mitteilung geht auf das Jahr 1289 zurück, wo die Witwe Wolframs von Dornberg dem Kloster zu Heilsbronn Güter in Zandt schenkte. 1303 wird erwähnt, daß der Ritter Friedrich von Thann zwei bischöfliche Lehensgüter in Zandt besaß. 1344 kaufte der Abt Gamsfelder von Heilsbronn in Zandt zwei Güter von Konrad von Dietenhofen. 1374 stifteten Hans von Seckendorf zu Jochsberg und seine Frau 15 Metzen Korngült von einem Hof zu Zandt an das Kloster Heilsbronn „zu ihrem Seelenheil“, d. h. zu jährlichen Messen für ihre Seelen. 1431 verkaufte Hans Pitterolf von Zandt die Gült von zwei Wiesen an das Gumbertusstift. 1532 verkaufte Hans Melber in Zandt eine Wiese zu Claffheim an das Reiche Almosen zu Nürnberg. Ferneren Bericht über den Ort siehe S. 322.


Im Anschluß an die aufgeführten Pfarrdörfer seien noch einige kurze Angaben über benachbarte Orte gemacht, die einst mit der Pfarrei Sachsen in Verbindung standen.

Lichtenau, eine Spätsiedlung auf der „lichten“, d. h. von Waldwuchs freien und mit Gras bestandenen „Aue“ auf der rechten Seite der Rezat, gehörte wie die ganze Gegend einst den Herren von Dornberg, die dort ein „Wasserschloß“ bauten, ein rings vom Wasser der Rezat umflossenes festes Schloß. 1288 fiel Schloß und Dorf mit der ganzen Umgegend an die Herren von Heideck, von denen später noch zu reden sein wird. 1406 verkauften diese ihren Besitz an die Stadt Nürnberg, die aus dem Schloß eine Festung machte. Frühzeitig schon wurde Lichtenau mit Marktgerechtigkeit begabt und später mit Mauer und Wassergraben nebst zwei Toren befestigt. Jährlich fanden zwei bis drei Märkte statt. Sämtliche Häuser links der Rezat sind erst in neuerer Zeit erbaut worden zum Teil auf Volkersdorfer Flurmarkung.

[33] Strüthof, der Hof in der mit Buschwerk und Gestrüpp bewachsenen „Strüth“, ist eine ganz späte Gründung. Er gehörte 1472 den Herren von Eyb und kam später an das Kloster Heilsbronn, das ihn 1560 an die Herren von Crailsheim zu Sommersdorf vertauschte. Diese verkauften ihn 1605 an die Stadt Nürnberg, die ihn bald wieder weiterveräußerte. Nach dem Dreißigjährigen Kriege lag er lange öde. 1724 erwarben ihn zehn Bürger von Lichtenau, die dort eine Schäferei einrichteten und an Stelle der abgekommenen Hofgebäude einen Schafstall und eine Wohnung für den Schäfer errichteten. Erst in jüngster Zeit entstand dort wieder ein eigener Hof.

Immeldorf, eine Niederlassung des „Immilo“, gehört zu den ältesten Siedlungen im Rezattale. Eine am Kirchturm eingehauene Jahreszahl lautet auf 1011, was sich nur auf das frühere Kirchengebäude beziehen kann, da das jetzige sicher späteren Datums ist. Ein Schloß im Dorf soll einst den Herren von See zu eigen gewesen sein; es ging später in den Besitz der Herren von Dornberg über. Weiteres über den Ort ist noch bei der Geschichte der Pfarrei Sachsen zu sagen.

Petersaurach liegt am oberen Eingang in das „Aurach“–Tal. Dieses hat seinen Namen von den in ältesten Zeiten dort noch umherschweifenden Wildrindern, dem Urstier oder „Auer“-Ochs mit s einer wildlebenden Herde. Zum Unterschiede von anderen Orten in diesem Tale (Veitsaurach, Barthelmesaurach) wurde das oberste „Aurach“ nach dem Kirchenheiligen „Peter“ (Petrus) benannt. 1312 wird es kurz als „Uraha“ und als Filiale von Sachsen bezeichnet.

Heilsbronn, einst „Halesbrunn“ und „Haholtisbrunn“ geheißen, ist die Siedlung eines Mannes, namens „Hahold“, der an dem dortigen „Brunnen“ (= Quelle) seinen Hof baute. Der Name Heilsbronn hat nichts zu tun mit dem Worte „Heil“ oder „Heilung“, und die Sage von einer Heilquelle oder einem Gesundbrunnen ist erst vor rund 200 Jahren aufgekommen. Im Jahre 1132 wurde dort ein Kloster gegründet, das Zisterzienser–Mönchen übergeben wurde, einem in Landwirtschaft und später auch in Wissenschaft sehr tätigen Mönchsorden, der in weißer Kutte mit schwarzem Mantel einherging. Bedeutsam ist für sie, daß sie keine Türme an ihre Klosterkirchen bauten, sondern nur einfache Dachreiter aufsetzten, wie man heute noch an dem berühmten Münster in Heilsbronn sehen kann. Viele Herren von Heideck und von Abenberg, auch viele Markgrafen von Ansbach sind in der Klosterkirche begraben. An das Kloster schloß sich, wie überall, nach und nach eine größere Niederlassung an, die bald zum Markt und 1932 sogar zur Stadt erhoben wurde. Nach der Aufhebung des Klosters infolge der Reformation wurde dort eine Fürstenschule [34] für die studierende Jugend gegründet, diese aber dann 1736 nach Ansbach verlegt (das heutige Gymnasium).

Vestenberg, ein zu einer „Feste“ ausgebauter „Berg“, also eine feste Burg, ist der Stammsitz eines sehr alten Rittergeschlechtes, der Herren von Vestenberg. Sie kommen schon 942 vor und besaßen vor allem grundherrliche Rechte in Neukirchen und Külbingen. Später ging die Burg an die Herren von Dornberg über, dann 1288 an die Herren von Heideck, 1435 an die Herren von Eyb. Letztere verkauften Ort und Beste i. J. 1724 an die Markgrafen zu Ansbach.

Langenlohe, eine Spätniederlassung auf der dortigen „Lohe“, einem mit viel Graswuchs durchsetzten Waldbestand. Zur Unterscheidung von anderen Orten auf gleichem Grund und Boden (Beutellohe, Eyerlohe, Breitenlohe u. a.) erhielt der Ort den Namen „Langen-Lohe“.

Herpersdorf, in alten Urkunden „Heribrandesdorf“ genannt, ist die Siedlung eines Mannes, namens „Heribrand“. Der Ort kommt schon 1137 vor, dann wieder 1166.

Eyb, alt „Ibe“ (1323), hat seinen Namen von den „Eiben“, einer jetzt fast ganz ausgestorbenen, aber damals nicht seltenen Holzart, die in der dortigen Gegend offenbar in zahlreichen Büschen und Bäumen gedieh. Es dürfte sich hier um eine spätere Siedlung handeln. Das Rittergeschlecht der Herren von Eyb war dort ehedem seßhaft, hatte ein Schloß im Dorf und soll die alte Kirche darin gebaut haben. Bekannt ist der Edle Ludwig von Eyb (1417–1502), der ein treuer Ratgeber des Markgrafen Albrecht Achilles war. Der markgräfliche Hofrat Veit Asmus von Eyb baute 1593 das stattliche Haus am untern Markt zu Ansbach (jetzt Gaststätte „Eybhof“).

Ansbach hieß in ältester Zeit „Onoldisbach“, später „Onolzbach“, woraus erst in neuerer Zeit „Onsbach“ und dann „Ansbach“ wurde. Ein Herr, namens „Onold“, hatte sich an dem von Schalkhausen her in die Rezat einmündenden Bache mit einem großen Hofe jedenfalls schon in sehr früher Zeit niedergelassen. Als dann um das Jahr 745 ein Kloster der Benediktiner an dem Zusammenfluß des Baches mit der Rezat gegründet wurde, ging der Name der Ursiedlung „Onoldisbach“ auch auf die an das Kloster sich anschließende Dorf- und spätere Stadtsiedlung über. Erstmalig wird das Kloster sowie der Name Onoldisbach 786 urkundlich erwähnt. Das Kloster ging nach einiger Zeit wieder ein, aber die Klostergüter blieben, und mit Hilfe derselben errichtete der Bischof von Würzburg etwa um das Jahr 1050 ein Chorherrenstift, das den Namen des Klostergründers, des hl. Gumbertus, fortführte. Kloster und Chorherrnstift waren mit [35] der Pfarrei Sachsen aufs engste verbunden, weshalb noch öfters von ihnen die Rede sein wird. Die Stadt Ansbach, die sich westwärts an das Kloster angeschlossen hatte, wird als solche erstmalig 1221 erwähnt.

Brodswinden, eine der klösterlichen Wendensiedlungen (siehe S. 18) führte ursprünglich den Namen „Gozbrechtswinden“ (1240 und 1374). Der über die hörigen Wenden gesetzte Herr hieß also „Gozbrecht“, von dessen Namen der Volksmund allmählich die erste Hälfte fallen ließ, so daß „Brechtswinden“ oder „Protzwinden“ (1434), auch „Bratswinden“ (um 1500) daraus wurde. Der Ort gehörte von Anfang an zur Pfarrei Sachsen, erhielt erst 1467 einen eigenen Kaplan und blieb noch lange im Filialverhältnis zu Sachsen.

Winterschneidbach lautete bis in die neue Zeit herein stets „Windisch-Schneitbach“ oder ganz früh (1240) „Windischen-Sneitbach. Es ist also auch eine Wendensiedlung, gleichwie die benachbarten Wolfartswinden, Ratzenwinden und Brodswinden.

5. Die Landesherren

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Als unsere Gegend besiedelt wurde, bildete sie einen Bestandteil des großen Karolingerreiches, des Frankenreiches, das seinen Hauptsitz am Rhein hatte, sich aber nach Westen über das ganze heutige Frankreich erstreckte und im Osten zuletzt alle deutschen Stämme in sich vereinigte. Der bekannteste Herrscher in diesem gewaltigen Reiche war Karl der Große (768–814), vom Jahre 800 ab zugleich römischer Kaiser. Da die Franken vom Rhein her als Siedler den Main aufwärts zogen und sich weithin über das heutige Unterfranken und zum Teil auch über Mittel- und Oberfranken ausbreiteten, erhielt dieses ganze Gebiet den Namen „Ostfranken“, wobei aber im Westen auch andere Stammesangehörige, Bayern, Schwaben und Wenden mit eingeschlossen wurden. Eine Zeitlang bestand sogar ein eigenes Herzogtum Franken, später nahmen die Bischöfe von Würzburg die herzogliche Gewalt in Anspruch. Doch machte sich die Oberhoheit des deutschen Königs stets viel stärker und unmittelbarer geltend als sonst in den Herzogtümern Deutschlands.

Wie die anderen deutschen Länder, so war auch Ostfranken damals in Gaue eingeteilt, über die königliche Beamte als Grafen gesetzt wurden. Diese Gaugrafen übten die gesamte Regierungsgewalt aus, die Verwaltung des Landes, die Rechtsprechung in besonderen da und dort abgehaltenen Sendgerichten, den Heerbann und das Finanzwesen. Anfangs waren es nur Beamte, die vom König nach [36] Belieben abgesandt und wieder zurückberufen wurden. Aber mit der Zeit wurde das Grafentum erblich, oder es wurden Große des Landes, die viel Besitz ihr eigen nannten, mit Rechten ausgestattet, die sonst den Grafen zukamen. Reiche Grundherren wußten sich nach und nach auch Regierungsgewalt anzueignen; es bildeten sich im Laufe der Jahrhunderte die verschiedenen Landesherrschaften heraus, wie wir sie im Mittelalter und in der neueren Zeit kennenlernen.

Unser Gebiet zählte zum „Rangau“, der seinen Namen von einem oberhalb Windsbach in die Aisch fließenden Bache, der „Ranna“, erhalten hatte. Dort lag das älteste Gebiet dieses Gaues, der sich erst nachher über unsere Gegend ausdehnte. Die Pfarrei Sachsen lag wohl an der äußersten Südgrenze des Gaues, der sich nach Westen hin über den oberen Altmühlgrund bis Rothenburg erstreckte, nach Osten zu die Richtung auf Schwabach einschlug. Jenseits dieser Grenze lag nach Süden zu der Gau Sualafeld. Welches nun die einstigen Grafen im Rangau waren, liegt im Dunkeln. Es werden die Grafen von Hohenlohe genannt und besonders die Grafen von Abenberg, aber etwas Bestimmtes kann nicht gesagt werden.

Das Dunkel lichtet sich erst mit dem Auftreten der Herren von Dornberg. Sie hatten in der Gegend großen Besitz und übten längere Zeit die Regierungsgewalt in der Gegend aus. Sie waren auch die Schirmvögte über das Gumbertusstift in Ansbach und besaßen am oberen Ende der Stadt ein eigenes Schloß (in der jetzigen Schaitbergerstraße). Man nimmt an, daß sie zuerst in Schalkhausen saßen und sich dann um 1170 die Burg auf der Höhe über dem Orte Dornberg hinter Schalkhausen bauten. Daß sie auch in Lichtenau ein Schloß hatten, wurde schon gesagt, ebenso daß sie die Burgen in Vestenberg und Immeldorf in ihren Besitz brachten. Zu Vestenberg starb dann der letzte Herr aus diesem Geschlecht, Wolfram von Dornberg. Das Erbe ging an seine drei Töchter über, von denen zwei an Grafen von Öttingen verheiratet waren, die dritte an den Ritter Friedrich von Heideck. Erstere erhielten das Gebiet um Ansbach und westlich davon, letztere Lichtenau mit den umliegenden Ortschaften Sachsen, Volkersdorf, Milmersdorf, Rutzendorf, Zandt, Unterrottmannsdorf, Bammersdorf, Gotzendorf, Wattenbach, Malmersdorf, Immeldorf, Weltendorf, Fischbach, Büschelbach, Herpersdorf, Langenlohe und Vestenberg.

Die Herren von Heideck stammten aus der Umgebung des gleichnamigen Städtchens bei Hilpoltstein. Der dicht dabeiliegende, weithin schauende Schloßberg trug die bedeutende Burg dieses Geschlechts. Die neue Herrschaft wohnte gern im Schloß zu Lichtenau und machte sich besonders um die Pfarrei Sachsen verdient. Schon 1277 stiftete Konrad von Heideck für seine verstorbene Frau Elisabeth [37] und seine Tochter an die Kirche zu Sachsen ein Gut zu Weiherschneidbach für das „Seelenheil“ der beiden, ferner für sich selbst eine Wiese zu Seebrunn. Weiter hören wir von Gottfried von Heideck, „regierend im Schloß Lichtenau“, wie es in der betreffenden Urkunde heißt, daß er 1328 als Zeuge amtierte, als Konrad Wusing eine Wiese bei Malmersdorf „zum Seelenheil“ stiftete. Er war es jedenfalls auch, der den Bau des gotischen Chores an der Pfarrkirche zu Sachsen veranlaßte, und der sicher auch reichlich dazu beisteuerte. Nicht umsonst ist das Heidecksche Wappen an einem Steinsockel außen am Chor angebracht, heute noch sichtbar, wenn auch das steinerne Ritterbild, das einst darauf stand und vermutlich die Gestalt des Herrn Gottfried darstellte, leider verschwunden ist. Das Wappen zeigt den Hals des Vogels Strauß mit einem Hufeisen im Schnabel.

Im Jahre 1406 verkaufte Friedrich von Heideck Schloß und Markt zu Lichtenau samt den zugehörigen Dörfern an die Stadt Nürnberg. Diese überließ 1407 den Ertrag von 24 Gütern in Sachsen, 4 zu Volkersdorf, 28 zu Immeldorf und 4 zu Boxbrunn an die Burkhard Seilersche Almosenstiftung zu Nürnberg, später das „Reiche Almosen“ genannt, im Wege des Kaufes, und 1409 in gleicher Weise Schloß und Markt Lichtenau mit den Dörfern Rutzendorf, Malmersdorf und Herpersdorf an den reichen Nürnberger Herrn Friedrich Rummel, dieses allerdings mit verschiedenen Vorbehalten bezüglich des Schlosses, der Wälder, der Gerichtsbarkeit und anderem. Das ritterliche Geschlecht der Rummel wohnte nun im Schloß zu Lichtenau und übte von da aus die Landesherrschaft aus. Doch schon 1472 verkaufte die Familie Rummel wieder ihren Besitz an die erwähnte Almosenstiftung, die ihrerseits alles an die Stadt Nürnberg weitergab. Seitdem regierte Nürnberg ununterbrochen bis 1806 über den Lichtenauer Bezirk, und zwar durch ein besonderes Pflegamt, das die Stadt dort einrichtete und jeweils mit einem vornehmen Nürnberger Herrn besetzte. Das Schloß wurde zur Festung umgebaut.

So war der eine Teil der Pfarrei Sachsen nürnbergisch geworden. Der andere Teil dagegen mit den Orten Neukirchen, Hirschbronn, Alberndorf, Steinbach, Ratzenwinden und Oberrammersdorf, dazu die damals noch eingepfarrten Ortschaften Külbingen, Untereichenbach, Brodswinden mit seinen zugehörigen Ortschaften, war i. J. 1288 den Grafen von Öttingen zugefallen. Nicht lange allerdings, denn schon 1331 sahen sich die Öttinger unter dem Drucke großer Schulden genötigt, Ansbach mit Umgebung an den Burggrafen Friedrich IV. zu verkaufen. Die Burggrafen stammten aus dem Geschlecht der Hohenzollern, wohnten zuerst auf der Burg zu Nürnberg, dann infolge von Streitigkeiten mit der Stadt auf der Feste Cadolzburg. Dort blieben sie auch nach dem Erwerb von Ansbach. Erst um [38] das Jahr 1400 ließ Burggraf Friedrich VI. das erste Schloß in Ansbach bauen, um künftig dort zu wohnen.

Im Jahre 1415 erhielt dieser Fürst durch kaiserliche Belehnung die Mark Brandenburg mit dem damit verbundenen Kurfürstentum. Damit war der Grund gelegt zu der nachmaligen Herrschaft der Hohenzollern im Norden Deutschlands, zu dem späteren preußischen Staate. Doch blieben dabei die fränkischen Lande insofern selbständig, als sie fast immer eigene Regenten aus dem Hause Hohenzollern hatten. Nur führten sie neben dem Titel eines Burggrafen von Nürnberg als Haupttitel den eines „Markgrafen von Brandenburg“, in der Regel mit der Erweiterung „Brandenburg–Ansbach oder in Oberfranken „Brandenburg-Kulmbach“ bzw. „Brandenburg-Bayreuth“. Gewöhnlich sprach man nur von den Markgrafen zu Ansbach. (Fortsetzung siehe S. 129.)

6. Die Grundherrschaften

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Von den im vorigen Abschnitt aufgeführten Landesherren sind streng zu unterscheiden die Grundherren. Erstere übten die volle Regierungsgewalt über das ihnen zustehende Landesgebiet aus, erließen Gesetze und Verordnungen (Mandate), sorgten für Ordnung und Frieden im Lande, hielten das nötige Militär, hatten die Verwaltung der Landesfinanzen in der Hand usw.; sie glichen also unserer neuzeitlichen Staatsregierung. Die Grundherren dagegen hatten es nur mit dem Grund und Boden zu tun, mit dem Eigentum an Grund und Boden und mit den Erträgnissen daraus. Sie waren die eigentlichen „Herren“ über den Grund und Boden und darum die „Grund“-Herren.


Es wurde schon gesagt, daß ursprünglich alles freie, unkultivierte Land dem König gehörte. Wer sich auf solchem Boden ansiedelte, wurde damit dem König zinspflichtig; der König war sein Grundherr. Der König gab jedoch von seinem Grund und Boden im Laufe der Zeit immer mehr ab, sei es an Große seines Reiches zur Belohnung für ihre Verdienste, oder sei es an Bistümer, Klöster und fromme Stiftungen, oder an Städte oder sonstwie. Diese waren dann ihrerseits Grundherrschaften, und wer sich mit ihrer Erlaubnis auf ihrem Boden niederließ oder wer von ihnen selbst angesiedelt wurde, der wurde damit abgabenpflichtig an sie. Alle angesiedelten Bauern waren somit nicht freie Herren auf ihren Höfen [39] oder Gütern, sondern sie besaßen diese nur in Abhängigkeit von ihren Grundherren, unter denen sie als „Grundholden“ standen. Man bezeichnete sie gerne als Halbfreie im Unterschiede von den freien Rittern und anderen Herren, aber auch im Unterschiede von den Unfreien, die zumeist aus Kriegsgefangenen oder aus unterworfenen Völkern, wie den Wenden oder Slawen, hervorgegangen waren. Diese mußten ganz als Leibeigene, als fest an den Hof gebundene Knechte und Mägde ihren Herren dienen, durften aber auch mit der Zeit zu den Rechten der Halbfreien aufsteigen, wie wir bei der Beschreibung des Dorfes Ratzenwinden gesehen haben. Diese Halbfreien konnten trotz ihrer Abhängigkeit doch zumeist ziemlich frei über ihren Hof verfügen, konnten ihn verkaufen und vor allem an ihre Kinder weitervererben. Die zu leistenden Abgaben waren verschieden; meist war es eine Geldabgabe („Zins“) und weiter eine Jahresleistung an Getreide (die „Gült“). Dazu kam bei Verkauf oder Vererbung noch das sogenannte „Handlohn“, eine Besitzveränderungsabgabe in verschiedener Höhe, meist der 15. Teil vom Wert des Hofes bei einem Verkauf, und der 30. Teil bei der Vererbung.

Große Herren suchten auch noch durch Ankäufe ihren Grundbesitz und ihre Einkünfte zu vermehren. Die größten unter ihnen verstanden es, mit der Zeit auch landesherrliche Rechte zu erwerben und wurden so nach und nach aus Grundherren zu Landesherren. Andere freilich vermochten ihren Besitz nicht zu erhalten; Rotzeiten, Unglücksfälle, Schulden u. a. nötigten sie oft, ihr Grundeigentum wieder ganz oder teilweise zu veräußern. Dadurch kam die Grundherrschaft häufig in die Hände kleinerer Herren, reicher Bürger und anderer Privatleute. Grundherrliche Rechte waren dann oft nur noch ein Gegenstand des Handels und der Kapitalsanlage.

Als Zeichen für die Anerkennung der Grundherrschaft galt vielfach, wenn auch nicht immer, die Abgabe einer oder mehrerer Fastnachts-Hennen an den Grundherrn. Auch sonst wurden oft Hennen, z. B. Herbsthühner, als Leistung vereinbart, daneben mitunter noch Wachs (meist an Gotteshäuser zur Bereitung von Kerzen) oder Brot, wie die „Weihnachtssemmel“, und anderes.

Mit der Grundherrschaft waren gewisse Aufsichtsrechte verbunden, „Vogtei“- und Polizeirechte, ja nicht selten sogar die niedere Gerichtsbarkeit in Prozeßsachen, geringeren Vergehen, Nachlaßsachen und dergleichen. Bürgerliche Grundherren konnten freilich solche Rechte nicht ausüben, sie mußten sich notgedrungen an den Landesherrn halten. Dagegen machten größere Grundherren wohl davon Gebrauch, wie das Gumbertusstift in Ansbach oder das Reiche Almosen in Nürnberg.

[40] Im Pfarrbezirk Sachsen sind folgende Grundherren zu nennen:

1. Der Markgraf von Ansbach. Er war nicht nur Landesherr, sondern zugleich auch Grundherr für viele Höfe und Güter teils in seinem eigenen Lande, teils außerhalb desselben. So gehörten ihm in späterer Zeit z. B. in Alberndorf sämtliche Höfe und Güter mit Ausnahme der Wirtschaft, in Hirschbronn 2 Höfe, in Rutzendorf 1, in Steinbach die vordere Mühle und 1 Gütlein, in Zandt 4 Güter. Zur Einziehung und Verwaltung der Einkünfte war das Hofkastenamt in Ansbach beauftragt, für Zandt das Vogteiamt in Merkendorf.

2. Die Stadt Nürnberg. Sie war als freie Reichsstadt ebenfalls Landesherrin, nicht nur über Nürnberg selbst, sondern auch über einen stattlichen Landbezirk, wozu auch das Pflegamt Lichtenau gehörte. Aber daneben hatte sie auch die Grundherrschaft über viele. Bauerngüter erworben, z. B. in Rutzendorf über sämtliche Höfe mit einer Ausnahme, in Volkersdorf über 4 Anwesen. Die jährlichen Abgaben wurden vom Pflegamt eingehoben.

3. Der Deutschherrenorden, der auf seinem Gebiete, wie in Eschenbach, Ellingen, Mergentheim, ebenfalls landesherrliche Rechte ausübte. Er war während der Kreuzzüge i. J. 1190 gegründet worden als ein geistlicher Ritterorden, der neben den drei Mönchsgelübden der Armut, Ehelosigkeit und des Gehorsams noch als viertes Gelübde das des beständigen Kampfes gegen die Ungläubigen (Türken), des Schutzes der Pilger zum Heiligen Lande und der Pflege der Kranken unter den Pilgern sich angeeignet hatte. Die Ordensritter trugen einen weißen Mantel mit schwarzem Kreuz. Als Palästina an die Türken verlorengegangen war, zogen sie an die Ostsee zur Bekehrung der damals noch heidnischen Bewohner von Ost- und Westpreußen, und gründeten dort einen Ordensstaat. Dort führte der letzte Ordensmeister Albrecht von Brandenburg hernach die Reformation ein und verwandelte das Ordensland in ein weltliches Herzogtum, das später mit dem Kurfürstentum Brandenburg vereinigt wurde und dem Lande zugleich den Namen gab („Preußen“ mit den Ordensfarben weiß und schwarz). Der katholische Teil des Ordens blieb aber weiter bestehen mit einem Ordenshochmeister in Mergentheim. Eine fränkische Ordensprovinz hatte ihren Sitz in Ellingen, wozu auch das Vogtamt in Wolframs-Eschenbach gehörte. Als Grundherrschaft besaß der Orden 4 Höfe in Unterrottmannsdorf und das Wirtshaus sowie die hintere Mühle in Steinbach.

4. Das Gumbertusstift in Ansbach. Es besaß keine landesherrliche Gewalt, sondern nur grundherrliche Rechte. Diese waren weit umher zerstreut. Im Jahre 1634 zählte man 421 Höfe [41] und Güter, die in alter Zeit hauptsächlich durch Stiftungen und Schenkungen, teilweise auch durch Ansiedlung aus klösterlichem Boden angefallen waren. Innerhalb der Pfarrei Sachsen besaß das Stift 1 Anwesen zu Alberndorf, 4 zu Steinbach, die Büchenmühle, je 9 zu Ratzenwinden und Oberrammersdorf, 4 in Unterrottmannsdorf, 1 zu Volkersdorf, 2 in Neukirchen, 3 zu Hirschbronn. Eine außerordentlich reiche Schenkung fiel dem Stift durch das Vermächtnis des Ritters Friedrich im Steinhaus 1421 zu, besonders in den Orten Weidenbach, Leidendorf, Claffheim, aber auch innerhalb der Pfarrei Sachsen (siehe die Beschreibung der Orte Oberrammersdorf, Steinbach, Alberndorf und Volkersdorf im 4. Abschnitt). Über die Entstehung des Klosters und Stiftes ist bereits das Nötige gesagt worden (S. 34). Nach der Reformation wurde das Stift aufgelöst (1563) und zur Verwaltung der Einkünfte ein markgräfliches Stiftsamt eingesetzt. Erst die preußische Regierung hob 1797 das Stiftsamt auf und machte die Stiftsgüter zu Staatsbesitz. Außer den ihm als Grundherren zustehenden Höfen und Gütern befand sich auch noch viel liegender Besitz, besonders Wald, im Eigentum des Stiftes; so die ganze Feuchtlach, der Zeilberg und Urlas bei Ansbach, die Pfaffenstruth bei Oberrammersdorf mit 25 Morgen, das Lotterhölzlein bei Ratzenwinden, 10 Morgen bei Boxbrunn, die Pfaffenweiher im Rosenberg bei Zandt usw. Im Jahre 1637 belief sich der ganze Grundbesitz auf 10 113 alte Tagwerk. – Weiteres siehe S. 43.

5. Das Reiche Almosen zu Nürnberg ist hervorgegangen aus einer Stiftung des Bürgers Burkhard Seiler i. J. 1388. Diese Stiftung, die zur Unterstützung für Arme bestimmt war, fand bald durch Zustiftungen und durch geschickte Verwaltung eine außerordentliche Vermehrung, so daß ihr der Name „Reiches-Almosen“ gegeben wurde. Nach der Reformation wurde die Verwaltung des großen Vermögens dem Landalmosenamt übertragen. Innerhalb der Pfarrei Sachsen waren sämtliche Güter in Sachsen einschließlich des Pfarrhofes dem Almosen zugehörig, nachdem das früher zuständige Gumbertusstift i. J. 1444 diese an das Reiche Almosen verkauft hatte, zugleich mit anderen Gütern und Rechten in Volkersdorf, Herpersdorf und Immeldorf. Weiter besaß das Almosenamt 2 Güter in Neukirchen, 6 in Zandt, 7 in Volkersdorf. 1673 stellte es für seine Grundholden im Lichtenauer Bezirk einen eigenen Vogt in der Person des Müllers Kaspar Heydelfelder zu Immeldorf auf.

6. Das Kloster Heilsbronn (siehe Abschnitt 4) ging nach der Reformation ebenso wie das Chorherrnstift in Ansbach ein. Seine Einkünfte wurden zur Unterhaltung der Fürstenschule und zu Beihilfen für bedürftige Studierende verwendet. Eigentum des Klosters waren 3 Höfe in Hirschbronn, 1 Hof in Neukirchen und 1 Gut in Zandt.

[42] 7. Die Herren von Vestenberg (siehe S. 34) waren nur in Neukirchen grundherrlich über zwei ursprünglich besitzlose Häuser. Sie wurden 1724 vom Markgrafen abgelöst.

8. Nürnberger vornehme Familien (Patrizier) haben sich gerne auf dem Lande Höfe und Güter erworben. Es sind hierbei zu nennen die Herren v. Haller mit 1 Gut in Hirschbronn, v. Stromer mit 1 Hof in Oberrammersdorf, die Zeltner mit 2 Höfen in Neukirchen. Die Ayrer und Schnödt haben nur vorübergehend Besitzungen in der Pfarrei besessen.

9. Auch Nürnberger Klöster und Stiftungen machten sich ansässig: In Milmersdorf das St. Clara-Kloster, die Schlüsselfeldersche Stiftung und die Mendleinsche Zwölfbruder-Stiftung, in Volkersdorf das Kloster St. Katharina.

10. Die Pfarrei Sachsen war ebenfalls Grundherrin über 2 Güter in Volkersdorf und 1 in Neukirchen.

11. Zur Frühmesse Immeldorf (später Pfarrei) gehörten 3 Höfe in Neukirchen und 1 Gut in Zandt.

12. Die Herren v. Förster, die in Thüringen ihren Sitz hatten, aber in Nürnberg ein eigenes Amt unterhielten, waren Grundherren über die Weidenmühle und je 1 Gut in Unterrottmannsdorf und Zandt.

13. Die Stadt Ansbach hatte je 1 Gut in Hirschbronn und Steinbach.

14. Vorübergehend haben sich auch die Herren v. Wolmershausen (Württemberg), Wolf Auer von Eyb und noch andere in der Pfarrei Anwesen erworben.

7. Das Christentum im Lande

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Die Siedler, die etwa vom Jahre 700 n. Chr. ab nach und nach das Land einnahmen, waren keine Heiden mehr, sondern brachten bereits den christlichen Glauben mit in ihre neue Heimat. Gleichviel ob es Bayern, Schwaben oder Franken waren, sie kamen aus Volksstämmen, die das Christentum schon eine geraume Zeit zuvor angenommen hatten. Mochte auch ihr Glaube noch recht mangelhaft und mit mancherlei heidnischen Anschauungen durchsetzt sein, es war doch die christliche Weltanschauung, die den Grund ihres Lebens bildete.

Nur Eines hatten sie nicht mitbringen können: Die Einrichtungen zur Pflege des christlichen Glaubens. Es fehlte ihnen in der neuen Heimat an Kirchen und Geistlichen, an Gottesdiensten und anderen religiösen Handlungen. Eine, freilich recht bescheidene Fürsorge [43] brachten ja die Klöster, die bald gegründet wurden: Das Kloster zu Heidenheim, das um das Jahr 751 entstand, und die Klöster zu Herrieden und Feuchtwangen, die um dieselbe Zeit errichtet sein mögen. Vor allem muß für unsere Gegend das Ansbacher Kloster hervorgehoben werden. Ein fränkischer Edelherr, vermutlich ein militärischer Befehlshaber, besaß größeren Landbesitz, den er wohl vom König geschenkt erhalten hatte, darunter auch einen großen Wald rings um Ansbach her. Er hieß Gumbert, ein alter deutscher Name, der ursprünglich „Gundbrecht“ lautete, woraus dann Gumbrecht und Gumbert, oder in lateinischer Form Gumbertus, wurde. Dieser beschloß, mitten in seinem großen Wald ein Kloster zu gründen und wählte dazu den Platz, der an dem Zusammenfluß der Rezat und des Onolzbaches lag, also den Bezirk, der sich heute um den Unteren Markt nach beiden Seiten hin ausdehnt. Das Jahr der Gründung steht nicht fest; es mag wohl um das Jahr 745 gewesen sein. Das Kloster übergab er dem Mönchsorden der Benediktiner, einer Vereinigung, die sich heute noch durch ihre Leistungen in Kultur und Wissenschaft auszeichnet, deren Grundsatz immer war, beides im Leben zu verwirklichen, echte Frömmigkeit und fleißige Arbeit. Ihre Tracht besteht in einer schwarzen Kutte. Es waren wohl anfangs nur wenig Mönche, da die Einkünfte des Klosters gering waren. Aber es darf angenommen werden, daß sie sich nach Möglichkeit um die neuen Siedler im Lande annahmen. Aber diese wohnten allzu weit vom Kloster entfernt, im Rezatgrund unterhalb Ansbach bis hinunter nach Windsbach und vielleicht noch da und dort in einem Seitentale. Wohl stand im Kloster eine der hl. Maria geweihte, kleine Kirche; aber es war doch eine allzu große Zumutung an die Leute, 3-4 Stunden Wegs zurückzulegen, um dort den Gottesdienst zu besuchen, dort taufen zu lassen usw. Eine ordnungsmäßige kirchliche Versorgung war nur denkbar, wenn draußen im Lande Pfarreien errichtet und entsprechend Geistliche angestellt wurden. Eine kirchliche Organisation war unabweisbar.

Gumbert wird in späteren Urkunden als „Bischof“ bezeichnet, womit aber nur gemeint sein kann, daß er „Klosterbischof“ war in dem Sinne, daß ihm die Leitung des Klosters zustand. Eine Urkunde vom Jahre 786 besagt, daß Gumbert das Kloster dem fränkischen König übergeben habe. Karl der Große übergab es seinerseits wieder dem Bischof zu Würzburg. Von da an blieb das Kloster bischöfliches Eigentum. Nicht allzu lange bestand das Kloster, es ging – vielleicht um das Jahr 900 – wieder ein. Das vorhandene Klostergut wurde aber nicht eingezogen, sondern blieb unter bischöflicher Verwaltung bestehen und wurde anscheinend noch vermehrt durch die neuen Siedlungen um Ansbach her (Wendensiedlungen u. a.). Etwa 100 Jahre [44] später wurde dann vom Bischof ein Chorherrenstift mit dem Klostergute gegründet. Etwa 20 Geistliche mit einem Propst an der Spitze und einem Dekan als geistlichen Leiter sollten hier ein gemeinsames Leben nach fester Regel führen, ihre täglichen Gottesdienste, den Chordienst, halten, ein fromm–beschauliches Wesen haben, und sich sonst, z. B. durch Führung einer Schule, nützlich machen. Das gemeinsame Leben wurde allerdings bald aufgegeben, indem jeder das zum Leben Notwendige gesondert als „Präbende“ erhielt. Es wurden auch Nichtgeistliche aufgenommen und nicht selten adelige vermögenslose Herren mit den Präbenden versorgt. Einige bauten sich späterhin sogar eigene Häuser und führten ein recht freies Leben, ließen sich in ihren geistlichen Verrichtungen durch Vikare vertreten und sorgten so für eine starke Verweltlichung des Stiftes. Es war schade, daß das alte Benediktinerkloster so bald verblühte; Ansbach hätte ganz anders eine Stätte der Kunst und Wissenschaft wie der allgemeinen Kultur werden können, wenn dieser Orden bestehen geblieben wäre.

Von dem Kloster Heilsbronn ist in diesem Zusammenhänge zu sagen, daß es viel zu spät gegründet wurde, um für die kirchliche Versorgung des Landes in der Anfangszeit irgendeine Bedeutung zu gewinnen; es entstand erst 1132.

8. die Urpfarreien

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Bei der Frage, wo und wann die ersten Kirchen im Lande gebaut und die ersten Pfarreien errichtet wurden, ist man versucht, an das Gumbertuskloster in Ansbach zu denken. Aber aus dem bisher Gesagten geht schon hervor, daß und warum Ansbach nicht in Betracht kommen konnte. Eine „Stadt“ Ansbach gab es damals noch nicht; es hatte sich höchstens eine kleine Dorfsiedlung an das Kloster angeschlossen. In weitem Kreise umher aber stand noch der Wald, wie wir besonders auch aus der Urkunde Karls des Großen von 786 über das Gumbertuskloster klar erkennen (siehe Tafel-Nr. I im Anhang). Wir müssen uns aus der Landschaft alle erst später entstandenen Orte hinwegdenken, um ein richtiges Bild zu gewinnen. Es waren damals noch nicht vorhanden alle Dörfer im Rezatgrund oberhalb Ansbach und ebenso die Dörfer im Tal des Onolzbaches; es fehlten auf den Höhen und in den Seitentälern alle Wenden–Orte, dazu Strüth, Hennenbach, Kammerforst, Wengenstadt, Ober- und Untereichenbach, Eyb, Pfaffen– und Kaltengreuth, Hirschbronn, Neukirchen, Steinbach, Wallersdorf, Deßmannsdorf und noch viele andere. Es fehlte [45] also an einem richtigen Pfarrbezirk zu einer Pfarrei Ansbach. Die dortige St. Johanniskirche ist kaum vor dem Jahre 900 oder 920 entstanden. Bedeutsam ist, daß Eyb von alter Zeit her zehntpflichtig nach Sachsen war, also kirchlich am Anfang dorthin gehörte. Ebenso war aus der anderen Seite von Ansbach Schalkhausen eine Filiale von Neunkirchen, und dieses wieder stand in Abhängigkeit von der Pfarrei Leutershausen. Hätte in Ansbach eine erste Pfarrkirche gestanden, so wäre es widersinnig gewesen, die dicht dabei liegenden Orte zwei entfernten Pfarreien zuzuweisen. Die Kloster- und spätere Stiftskirche zu St. Gumbertus hat auch niemals Pfarreirechte besessen; erst nach 1800 ist ihr diese Eigenschaft zugesprochen worden.

Es gibt einen sicheren Maßstab für die Frage nach den ältesten Pfarreien: Das ist der große Umfang, den eine solche Pfarrei gehabt haben muß, und dazu der Nachweis, daß andere Pfarrorte, die uns in späterer Zeit begegnen, ursprünglich in einem Filialverhältnis zu dieser Urpfarrei gestanden sind. Bei der Umschau nach solchen Großpfarreien treffen wir im Westen auf das schon genannte Leutershausen und im Osten auf das sehr alte Roßtal. Beide zählen ohne Frage zu den Erstpfarreien. Aber dazwischen stoßen wir auf eine dritte Urpfarrei, und das ist Sachsen. Man staunt, wie weit sich einst der Sprengel dieser Pfarrei erstreckte (siehe Tafel Nr. 11 im Anhang). Es gehörte dazu Lichtenau, dessen Tote noch bis 1788 im Kirchhof zu Sachsen beigesetzt wurden; Immeldorf mit allen jetzt dahin eingepfarrten Ortschaften; Petersaurach, das im Jahre 1312 ausdrücklich als Filiale von Sachsen bezeichnet wird; ebenso die von Petersaurach abhängigen Filialen Gleizendorf und Neuendettelsau samt zugehörigen Orten; Brodswinden, das erst 1467 einen eigenen Kaplan erhielt, und alle dorthin gepfarrten Orte; endlich noch die später von Sachsen ausgepfarrten Orte: Bammersdorf, das 1740 zu Merkendorf kam; Untereichenbach, das 1808 zu Eyb geschlagen wurde; Külbingen, das 1809 von Vestenberg übernommen wurde. Dieser Umfang ist durch Urkunden nachweisbar. Verschiedene Beobachtungen führen aber noch weiter hinaus. Der schon erwähnte große Zehnte, den die Pfarrei Sachsen bis 1808 in Eyb besaß, ist ein Beweis dafür, daß auch dieser, vermutlich erst später gegründete Ort, einst zur Pfarrei Sachsen gehörte. Erst nachdem dort eine eigene Kirche erbaut wurde, wahrscheinlich eine Eigenkirche der Herren von Eyb, die sich einen Schloßkaplan hielten, löste sich nach und nach die Verbindung mit Sachsen. Einen gleichen Zehnten besaß die Pfarrei in Bechhofen bei Windsbach, das heute noch zur Pfarrei Neuendettelsau gehört, also im alten Pfarrsprengel von Sachsen lag. Vestenberg ist als Pfarrei hervorgegangen aus einer Schloßkaplanei der dortigen [46] Herren und einer von ihnen erbauten Eigenkirche; da das den Vestenbergern gehörige Külbingen ebenso wie Neukirchen bei Sachsen verblieb, darf daraus der Schluß gezogen werden, daß auch Vestenberg ursprünglich nach Sachsen pfarrte. Großhaslach gibt sich durch seinen Namen als eine Spätsiedlung zu erkennen; da eine andere Urpfarrei nicht in der Nähe lag, darf wohl die Vermutung gewagt werden, daß zunächst auch Sachsen dort zuständig war, bis – allerdings sehr frühe – dort eine eigene Pfarrei errichtet wurde. Dafür spricht auch, daß das ältere Gleizendorf, das nahe bei Großhaslach liegt, nicht zu dieser Pfarrei geschlagen, sondern bei dem weiter entfernten Petersaurach und damit bei Sachsen belassen wurde. Es darf angenommen werden, daß von Anfang an der große Wald, der noch heute vor Heilsbronn liegt, die Ostgrenze der Pfarrei Sachsen bildete. Damit kommen wir an die alte Grenze der nächsten Urpfarrei, nämlich Roßtal. Nach Norden lagen in jener ersten Zeit wohl gar keine oder doch nur ganz vereinzelte Siedlungen; als sie entstanden, werden sie wohl auch zu Sachsen gehört haben, soweit nicht die nächste Urpfarrei im Bibertgrund zuständig war. Nach Süden war die Grenze der Pfarrei Sachsen gegeben durch die Grenze des Bistums Würzburg, also durch eine hinter Claffheim, Winterschneidbach, Zandt, Wöltendorf, Fischbach und Kirschendorf liegende Linie. So ergibt sich ein ungeheurer Umfang der alten Pfarrei Sachsen, der im Rezatgrund von Ansbach bis nahe an Windsbach reichte.

Ein weiterer Beweis für Sachsen als Urpfarrei darf in seiner reichen Vermögens- und Einkommens-Ausstattung erblickt werden. Es wird später noch davon berichtet werden; hier sei nur kurz gesagt, daß zum Pfarrgut einst über 100 Tagwerk Felder gehörten, dazu die Zehnten von Eyb, Bechhofen, Sachsen und teilweise noch von anderen Orten. Dazu kamen später noch allerlei Zinsen, Gülten, Handlöhne und sonstige Einkünfte. Das entsprach ganz der Ausstattung, wie sie bei den ältesten Pfarreien üblich war. Ebenso besaß das Gotteshaus, der sogenannte „Heilige“, ehedem ein stattliches Kirchenvermögen. Die Lage der Kirche auf einer Anhöhe darf auch in diesem Sinne gewürdigt werden.

9. die Gründung der Pfarrei Sachsen

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Wer hat nun die Pfarrei Sachsen gegründet? Das Kloster zu Ansbach kann es nicht getan haben; es war dazu viel zu klein und zu arm. Irgendein großer Herr, ein Graf oder Edelherr, kommt ebenfalls nicht in Frage; es gab bei uns keine solche Herren, die dazu reich [47] genug gewesen wären. Aus eigener Kraft können es auch die damaligen Bewohner der Gegend nicht getan haben; dazu waren sie viel zu schwach und zu zerstreut. Der Bischof von Würzburg wäre an sich die geeignetste Persönlichkeit dazu gewesen; allein das erst 741 gegründete Bistum hatte ohnehin mit näherliegenden Aufgaben genug zu tun, auch dürften ihm die nötigen Mittel gefehlt haben. Vor allem aber bedurfte es, um alle Hindernisse zu bewältigen und alle verfügbaren Kräfte einzusetzen, besonderer Vollmachten, wie sie nur der Landesherr geben konnte. So kommen wir von selbst wieder auf den fränkischen König, und zwar auf Karl den Großen, in dessen Zeit die Gründung der Urpfarreien in unserem Lande gefallen sein muß.

Wir wissen, daß dieser mächtige Herrscher sehr auf die Herstellung kirchlicher Ordnung in seinem Reiche bedacht war. Gerade von Ostfranken ist uns berichtet, daß er für die Wenden in Oberfranken nicht weniger als 14 Pfarrkirchen bauen ließ, und zwar durch den Bischof von Würzburg, dem er dazu Auftrag und Vollmacht gab. Was liegt näher als die Annahme, daß er einen ähnlichen Auftrag für Mittelfranken, soweit es neu besiedelt war, erteilte? Hierzu hatte er besonderen Anlaß eben durch die Ansiedlung von Sachsen, von denen wir im dritten Abschnitt hörten. Er wollte doch die Sachsen zum Christentum bekehren, so mußte er alles tun, damit sie diesen Glauben kennenlernten. Vielleicht hat der damalige Bischof von Würzburg ihn selbst auf den kirchlichen Notstand in unserer Gegend aufmerksam gemacht. Jedenfalls dürfen wir annehmen, daß der Bischof von Würzburg mit den nötigen Vollmachten zur Errichtung von Pfarreien und zum Bau von Kirchen ausgestattet wurde, daß weiter auch die Gaugrafen angewiesen wurden, dabei nach Kräften mitzuwirken. Aus allem darf geschlossen werden, daß die Gründung der Pfarrei Sachsen und wohl gleichzeitig auch der Pfarreien Leutershausen und Roßtal annähernd gleichzeitig mit der Ansiedlung der Sachsen erfolgte. Wir werden nicht irren, wenn wir ungefähr das Jahr 800 n. Chr. festhalten.

Eine Frage drängt sich dabei auf: Warum wurde gerade Sachsen als Pfarrsitz genommen? Wenn schon Ansbach nicht in Frage kommen konnte, warum dann nicht ein Ort, der noch mehr im Mittelpunkt der alten Rezatsiedlungen gelegen war, z. B. Immeldorf oder eine ähnliche Niederlassung? Es ist selbstverständlich, daß man nicht der wenigen „Sachsen“ wegen die Rücksicht auf die vielen schon länger ansässigen Bauern zurückstellte, sondern es müssen andere Gründe ausschlaggebend gewesen sein. Sie sind unschwer zu erkennen. Dem Bischof von Würzburg, wie auch dem Gumbertuskloster zu Ansbach, mußte alles daran liegen, daß die neue Kirche noch auf klösterlichem Grund und Boden zu stehen kam, [48] nicht nur weil dadurch manche Hindernisse aus dem Wege geräumt wurden, sondern vor allem, weil dann das Besetzungsrecht für die Pfarrei beim Kloster und damit zugleich beim Bischof verblieb, dem ja das Kloster übergeben war. Bis nach Sachsen her erstreckte sich aber ohne Zweifel der Klosterwald, wie auch die Ansiedlung der Sachsen schon auf Klostergrund geschehen war. Die Erlangung des Patronates dürfte so Anlaß gewesen sein, daß die Pfarrei gerade nach Sachsen verlegt wurde. Weiter hinab im Rezatgrund hatte das Kloster nichts mehr zu sagen. Tatsächlich besaß hernach auch das Kloster und später das Gumbertusstift stets das Besetzungsrecht zur Pfarrei. Daß aber Kirche und Pfarrhof auf klösterlichem Boden errichtet wurden, beweist allein schon die Tatsache, daß der Pfarrer von Sachsen jährlich eine bestimmte Gült (2 Simra Korn und 1 Simra Haber) nebst 2 Fastnachthennen und 4 Herbsthühnern, sowie einen geringen Geldzins an das Kloster bzw. Chorherrnstift abzuliefern hatte. Kloster und Stift waren also die Grundherren für den Pfarrhof, bis das Stift im Jahre 1407 und 1444 diese Reichnisse an das Reiche Almosen in Nürnberg verkaufte. Dorthin mußte dann der Pfarrer von Sachsen bis zum Jahre 1806 seine Jahresabgaben leisten. Auch die übrigen Bewohner von Sachsen hatten Zins und Gült an das Stift zu geben, bis sie in den genannten Jahren ebenfalls nach Nürnberg verkauft wurden.

Königliche Vollmacht war vor allem notwendig, um das erforderliche Einkommen für die Kirche und die Pfarrei sicherzustellen, wozu offenbar die Pfarrangehörigen kräftig beigezogen wurden, wie nachfolgend noch gezeigt werden wird.

Als Patron und Schutzherr der Kirche wurde der heilige Alban erwählt. Er findet sich bei uns im Lande nur ganz selten, dagegen sehr häufig im altfränkischen Lande am Rhein und auch in Frankreich. Man weiß eigentlich nichts Sicheres über diesen Heiligen. Er soll im vierten oder fünften Jahrhundert in Mainz gelebt und dort den Märtyrertod erlitten haben. Er fand aber große Verehrung, besonders in und um Mainz. Auch Karl der Große war ein Verehrer des Heiligen und bestimmte die St. Albanskirche bei Mainz, wo dieser Heilige angeblich begraben worden war, zur Ruhestätte für seine dritte Gemahlin Fastrade. Bei der Kirche stand später ein Albanskloster, bei dessen Abbruch die Gebeine der Fastrade in den Dom zu Mainz verbracht wurden, wie eine dort angebrachte Gedenktafel bekundet. Auch der Kirchenheilige von Sachsen steht also im Zusammenhang mit Karl dem Großen. Nach damaligem Brauch, der auch heute noch in der katholischen Kirche geübt wird, mußte beim Bau einer Kirche stets eine Neliquie (Überrest) von einem Heiligen zum Altar gebracht und darin verwahrt werden. Es ist sehr wohl möglich, daß [49] Karl der Große nicht nur für den äußeren Bau des Gotteshauses sorgte, sondern sich auch um die Beischaffung der nötigen Reliquien bemühte und daß er hierbei auch Überreste des heiligen Alban aus Mainz hersandte, die dann der Kirche in Sachsen zugewiesen wurden. Jedenfalls ist einst im Hauptaltar der Kirche von Sachsen als vornehmstes Reliquienstück ein „Heiltum Albans“ (Sanctuarium Albani) aufbewahrt worden, wie das Salbuch von 1450 ausweist.

10. Mutterkirche und Tochterkirchen

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Bei der weiten Entfernung vieler Orte von Sachsen war es natürlich, daß da und dort Kapellen errichtet wurden, damit darin die Gläubigen ihre Andacht verrichten konnten, ohne so oft den weiten Weg zur Pfarrkirche zurücklegen zu müssen. Aus solchen Kapellen werden mit der Zeit Kirchen geworden sein, die dann als „Töchter“ (Filialen) der Mutterkirche galten. Fromme Gemeindeglieder oder wohlwollende Herrschaften machten dann auch wohl Stiftungen, die es ermöglichten, daß ein Kaplan von Sachsen öfters Gottesdienste (Messen), Jahrtage und dergleichen abhielt, bis schließlich ein eigener Geistlicher (Vikar, Kaplan, Meßpriester) angestellt werden konnte. Nach und nach wurden dann aus den Filialkirchen selbständige Pfarreien, nicht ohne daß die Mutterkirche oft noch jahrzehntelang bestimmte Rechte, z. B. das Beerdigungsrecht, für sich behielt.

Eine besondere Stellung nahmen hierbei die „Eigenkirchen“ ein. Wo ein begüterter Edelherr wohnte, da baute er gerne in oder bei seiner Burg oder seinem Schlosse eine eigene Kapelle für sich und die Seinen und hielt dazu, sei’s ständig oder nur zeitweise, einen eigenen Kaplan, der täglich Messe zu halten und etwaige sonstige gottesdienstliche Handlungen zu vollziehen hatte. Zunächst waren diese nur für die Insassen des Schlosses oder der Burg bestimmt; es ergab sich aber von selbst, daß auch die zur Herrschaft gehörigen Dorfbewohner daran teilnahmen. Aber über das Dorf hinaus pflegte sich der Wirkungskreis des Schloßgeistlichen nicht zu erstrecken; selbst ganz nahe gelegene Ortschaften mußten sich nach wie vor zur Mutterkirche halten. So erklärt es sich z. B., daß Külbingen nach Sachsen gehen mußte, obwohl es nach Vestenberg, wo die Herrschaft eine Eigenkirche gebaut hatte, nur einen ganz kurzen Weg zurückzulegen gehabt hätte. Ähnlich bei Boxbrunn, das sich nach Sachsen halten mußte, statt den nahen Schloßkaplan in Lichtenau aufsuchen zu dürfen. Die Eigenkirchen besaßen eben keine Pfarr–Rechte. Erst mit der Zeit gelang es ihnen, solche zu erwerben oder stillschweigend sie sich anzueignen.

[50] Wenn Großhaslach, wie es den Anschein hat, anfangs noch zum Pfarrbezirk Sachsen gehörte, so hat es sich doch offenbar sehr früh schon selbständig gemacht. Es gab dort nach Nordosten zu noch mehr Neusiedlungen, die unmöglich von Sachsen aus dauernd bedient werden konnten, wie Bruckberg, Wustendorf, Ketteldorf u. a. Die Errichtung einer eigenen Pfarrei ließ sich dort bei der wachsenden Bevölkerung nicht umgehen. Wann und wie die Pfarrgründung geschah, darüber ist uns nichts berichtet. Urkundlich wird Großhaslach erst 1255 genannt.

Vestenberg ist fraglos eine Eigenkirche der Herren von Vestenberg (später Dornberg, Heideck und Eyb). Noch 1436 wird dort von einer Burgkaplanei geredet. Aus ihr hat sich die jetzige Pfarrei nach der Reformation entwickelt. Die Stelle stand ehedem im Filialverhältnis zu Großhaslach. Das nahegelegene Külbingen kam erst 1809 dazu.

Eyb ist als Pfarrei ohne Zweifel auf ähnliche Weise entstanden. Aus dem Jahre 1043 wird berichtet, daß dort eine kleine, durch die Herren von Eyb erbaute, dem heiligen Lambrecht geweihte Kapelle stand. Da anscheinend die Mittel für den Unterhalt eines eigenen Kaplans auf die Dauer nicht zureichten, traten Geistliche des Gumbertusstiftes für ihn ein. Selbständige Pfarrei soll Eyb erst 1482 geworden sein. Ein eigenes Pfarrhaus wurde erst 1565 gebaut. (Nach Mitteilungen des dortigen Pfarramtes.)

In Lichtenau war in alter Zeit nur ein Schloßkaplan an der dortigen Schloßkapelle tätig. Auch als der Ort an Nürnberg fiel, änderte sich dieses Verhältnis nur insofern, als aus dem Schloßkaplan ein Festungskaplan wurde. Da die Stelle kein eigenes Pfründevermögen besaß, wurden die Bezüge des Kaplans von der Stadt Nürnberg geleistet. Man empfand dies als eine unnötige Belastung, weshalb die Landpfleger zu Nürnberg im Jahre 1523 erklärten, daß sie die Haltung eines Priesters im Schlosse für überflüssig hielten; der Pfarrer von Sachsen sei verpflichtet, wöchentlich ein paarmal einen seiner Kapläne nach Lichtenau zu schicken und im Markte Messe lesen zu lassen. Doch blieb es bei der alten Übung. Im „Markt“, d. h. im Ort Lichtenau, wurde auch schon frühzeitig eine Kapelle und später eine Kirche errichtet und der heiligen Barbara geweiht. Der Schloßkaplan versah offenbar auch dieses Gotteshaus neben seiner Schloßkapelle und bediente die Gemeinde bei kirchlichen Amtshandlungen, nicht ohne zeitweiligen Widerspruch des zuständigen Pfarrherrn von Sachsen, da Lichtenau eben zur Pfarrei Sachsen gehörte. Nach der Einführung der Reformation machte sich Lichtenau selbständig. Doch mußten die Toten von dort noch weiter in Sachsen beerdigt werden, [51] was Anlaß zu vielen Streitigkeiten gab, von denen später erzählt werden wird. Erst 1788 legte Lichtenau einen eigenen Friedhof an und löste sich damit völlig von der Mutterkirche Sachsen.

Petersaurach, das ja reichlich 8 km von Sachsen entfernt liegt, hat jedenfalls auch schon sehr früh eine eigene Kirche und einen Kaplan erhalten. In der schon erwähnten Urkunde von 1312 wird der Ort zwar noch als Filial von Sachsen, aber gleichzeitig schon als Pfarrei („Parochie“) bezeichnet, ein Beweis, daß die Trennung von Sachsen schon so gut wie vollzogen war. Im Salbuch der Pfarrei Sachsen von 1450 findet sich keinerlei Hinweis mehr auf das frühere Verhältnis. Das Patronat über die Pfarrei stand bis 1556 dem Gumbertusstift zu; in diesem Jahre wurde es an das Kloster Heilsbronn abgegeben im Tausch gegen einen Klosterhof in Ansbach.

Neuendettelsau, Filial von Petersaurach, kam mit diesem Orte weg von Sachsen und wurde später selbständige Pfarrei.

Immeldorf erfreute sich auch schon sehr früh einer eigenen Kapelle und nachfolgenden Kirche, die dem heiligen Georg geweiht war. Die Kirche wurde in der alten Zeit stets von Sachsen aus versehen. Erst im Jahre 1453 fiel ein reiches Vermächtnis des Peter Lympach und seiner Ehefrau Margareta von Schlauersbach an, und es wurde damit eine Frühmesse in Immeldorf gestiftet mit einem eigenen Kaplan. Doch behielt sich der damalige Pfarrer von Sachsen, Krepflein, alle pfarrherrlichen Rechte in Immeldorf ausdrücklich vor; dem Frühmesser wurden nur beschränkte Rechte eingeräumt. Dem Pfarrer Krepflein war es dabei freilich mehr um die dortigen Einkünfte zu tun, als um die Ausübung von Amtspflichten. Es geht das aus einer Beschwerde der Gemeinde Immeldorf hervor, worin es heißt, der Pfarrer halte nicht mehr regelmäßig die Messen, die ihm an jedem Freitag in der Woche sowie an den Feiertagen oblägen, ebenso versäume er oft die „Metten“ (Abendgottesdienste) sowie die Jahr- und Seeltage. Ob die Beschwerde viel geholfen hat, ist nicht bekannt. Es wird wohl so gewesen sein, daß der Kaplan nach und nach alle geistlichen Amtsgeschäfte übernahm, wenn auch in steter Filialabhängigkeit von Sachsen, bis dann nach der Reformation diese Bindung sich von selbst löste und Immeldorf selbständige Pfarrei wurde. – Die Frühmesse besaß drei Höfe in Neukirchen und ein Gut in Zandt, sowie eine Reihe von Grundstücken nebst anderen Einkünften.

Auch Brodswinden erhielt schon bald eine Kapelle und später eine Kirche, geweiht dem heiligen Sixtus. Die Bedienung derselben oblag jederzeit dem Pfarrer von Sachsen, bis im Jahre 1467 der damalige Markgraf Albrecht Achilles die Mittel zur Gründung einer „Vicarie“ zur Verfügung stellte. Von da ab hatte Brodswinden [52] seinen eigenen Vikar oder Kaplan, dessen Ernennung sich der Markgraf vorbehalten hatte. Doch behauptete die Mutterpfarrei Sachsen noch weiter wichtige Rechte. So durfte der Kaplan an den „Hoch–Zeiten“, d. h. an Weihnachten, Ostern und Pfingsten, weiter an Mariae Reinigung (Lichtmeß), an Himmelfahrt und Fronleichnam, dann am St. Albans- und St. Stephanstag in Brodswinden nicht amtieren, sondern die Leute mußten nach Sachsen zur Hauptkirche gehen. Weiter durfte der Kaplan nicht Beichte hören, nicht taufen, nicht „einleiten“ (Brautleute trauen), niemandem ohne Erlaubnis des Pfarrers von Sachsen die „Sakramente“ reichen (heiliges Abendmahl und Letzte Ölung). Ferner hatte der Pfarrer noch Anspruch auf bestimmte Einkünfte (1491 :2 fl. aus der Stiftung, 15 Käse und 3 Pfund Flachs aus den anfallenden Opfern). Mit der Einführung der Reformation kamen alle diese Sonderrechte von selbst in Wegfall; Brodswinden wurde mit seinen zugehörigen Orten selbständige Pfarrei. Nur die Toten wurden noch bis 1611 in Sachsen begraben.


So hatte sich schon in der alten Zeit eine Tochtergemeinde nach der anderen von der Mutterkirche gelöst. In der neuen Zeit folgten noch einige Ortschaften nach, wie später berichtet werden wird (S. 163).

11. der Pfarrhof

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Bei der Kirche mußte stets ein Pfarrhof stehen. Nicht nur ein Pfarrhaus zur Unterkunft für den Pfarrer und seine Kapläne, die er zur geistlichen Versorgung der weitverzweigten Pfarrei brauchte, sondern ein größerer Hof mit den notwendigen landwirtschaftlichen Gebäuden, mit Garten und Hofrait, genau wie bei den damaligen bäuerlichen Siedlungen. Denn der Pfarrer mußte sich selbst versorgen und dazu die Grundstücke der Pfarrei selbst bebauen, einen gewissen Viehstand halten und dazu wieder das erforderliche Dienstpersonal einstellen. Daraus ergibt sich, daß es ein richtiger Pfarr-„Hof“ sein mußte.

Wo stand nun der alte Pfarrhof? Soviel steht fest, daß er ursprünglich nicht an der Stelle stand, wo er sich heute befindet. Eine Aufzeichnung in den Akten der Pfarrei vom Jahre 1511 sagt: „Dieser Pfarrhof ist vor vielen Jahren ein Bauernhof gewesen“; und weiter wird hinzugefügt, daß vordem das ganze Dorf abgebrannt sei samt dem Pfarrhof und daß darauf die Nürnberger letzteren auf [53] seiner jetzigen Stelle errichtet hätten. Diese Mitteilung ist unzweifelhaft richtig; nur was über die Nürnberger gesagt wird, kann nicht stimmen, denn diese haben in Bausachen niemals für Kirche und Pfarrhaus etwas geleistet. Richtiger sagt ein Baupflichts-Gutachten der Kreisregierung zu Ansbach: Nürnberg habe nach jenem Brande dafür gesorgt, „daß 1451 dem Pfarrer ein Bauernhof überlassen wurde“. Damit stehen wir auf festem geschichtlichen Boden. Die angegebene Jahreszahl 1451 weist uns hin auf den Krieg, den damals der Markgraf Albrecht mit dem Beinamen „Achilles“ mit der Stadt Nürnberg und den Bischöfen zu Bamberg und Würzburg in den Jahren 1449 und 1450 geführt hatte. Nach damaliger Kampfesweise brach man gegenseitig in das Gebiet des Gegners ein und suchte ihm durch Plünderung und Niederbrennung der Dörfer möglichst viel zu schaden. So wird berichtet, daß damals eine Nürnberger Streifschar sogar bis in die Nähe von Ansbach kam und die Stadt schwer heimsuchte. Vielleicht war es diese Schar, die Kirche und Pfarrhaus in Sachsen niederbrannte, weil beide zu Ansbach (Gumbertusstift) gehörten; doch ist es ebensowohl möglich, daß markgräfliche Truppen den Ort Sachsen, weil er nürnbergisch war, mit Feuer verheerten und daß dabei dem Brand wider den Willen des Markgrafen auch die kirchlichen Gebäude zum Opfer fielen. Jedenfalls ist es Tatsache, daß in den genannten Jahren der Pfarrhof abbrannte und daß er dann an die gegenwärtige Stelle verlegt wurde.

Daß an der heutigen Stelle vordem ein „Bauernhof“ stand, ergibt schon die Betrachtung seiner Lage. Wie bereits in dem Z. Abschnitt bei der Gründung von Sachsen hervorgehoben wurde, liegt der jetzige Pfarrhof in einer Reihe gleichmäßiger anderer Höfe auf der Nordseite der Dorfstraße, die offenbar seinerzeit bei der Aufteilung des alten Sachsenhofes angelegt wurden als sechs gleichgroße Bauernsiedlungen. Da alle Güter und Höfe damals schon zum Reichen Almosen in Nürnberg gehörten, so mußte natürlich dieses Amt zur Verlegung des Pfarrhofes seine Zustimmung geben; in diesem Sinne kann allein von einer Mitwirkung der „Nürnberger“ die Rede sein. Den Wiederaufbau des Pfarrhofes an seiner jetzigen Stelle mußte der damalige Pfarrer Krepflein selbst besorgen. Aus einer Urkunde von 1451 wissen wir, daß diesem Pfarrer von dem Gumbertusstift in Ansbach ausdrücklich erlaubt wurde, verschiedene Einkünfte der Pfarrei aus Gülten und anderem zu veräußern, um damit die Baukosten zu bestreiten.

Aber – so muß man wieder fragen – wo stand dann der alte Pfarrhof? Er war selbstverständlich möglichst nahe bei der Kirche. Wenn wir uns da im Dorfe umsehen, so gibt es nur eine Stätte, [54] die hierfür nach Lage und Ausdehnung geeignet war: Das ist das jetzige Bickelsche Anwesen samt dem dahinter liegenden Garten, wobei wir uns das Steinbauersche Anwesen Hs.–Nr. 14, das erst viel später gebaut wurde, hinwegzudenken haben. Diese Hofstätte zeichnet sich durch eine große, allseitig abgeschlossene und abgerundete Hofrait aus, wie man sie nur in ältesten Zeiten anzulegen pflegte. Nach drei Seiten hin fällt diese Hofrait (mit Garten) in einem Steilhang ab, der nach Westen sogar durch einen Graben gebildet wird. Man gewinnt den Eindruck, daß die ganze Anlage (Hof mit Garten) einst befestigt war, wenn auch nur durch Wall und Graben und mit einem starken Plankenzaun. Hier muß der alte Pfarrhof gestanden sein, da sich ein anderer Platz nicht finden läßt. Vielleicht erklärt sich daraus auch der Name „Schlosberg“ für den dortigen Dorfteil. Da der Pfarrhof nach allen Seiten hin „abgeschlossen“ war und vermutlich auch ein stattlicheres Gebäude in sich schloß, so konnte er nach damaliger Anschauung sehr wohl als ein „Schloß“ gelten. Jedenfalls befand sich in Sachsen sonst niemals ein anderes Schloß, weder an dieser noch an einer anderen Stelle. Es hat auch niemals irgendeine „Herrschaft“ da gewohnt.

Mit Recht fragt man wohl, warum der neue Pfarrhof nicht wieder auf seiner alten Stelle aufgebaut, sondern diese einem anderen Bewohner Sachsens, wahrscheinlich einem Bauern, überlassen wurde. Es ist uns darüber nichts berichtet. Wir können nur vermuten, daß vielleicht die hohe Lage dieses Hofes mit seiner schwierigen Einfahrt den Pfarrer Krepflein veranlaßte, den Hof mit einem anderen, in dieser Hinsicht günstiger gelegenen zu vertauschen. Doch mögen auch andere Gründe noch mitgesprochen haben, wie z. B. die größere Nähe des neuen Hofes bei der Kirche und der Sakristei.

Über die Nebengebäude des alten Pfarrhofes wissen wir nichts Näheres. Es wird wohl ebenso gewesen sein wie im neuen Hof und wie überall bei den alten großen Bauernhöfen. Die Stallung befand sich im Wohnhaus, in dem auch das ausgedroschene Getreide und anderes auf den Dachböden untergebracht wurde. Die Scheune stand auf einer anderen Seite des Hofes, beim neuen Pfarrhof unterhalb des Hofraums gegen den Garten zu. Auf der dritten Seite lagen die Schweineställe, ein Hofhaus mit Wohnungen für das Gesinde und etwaige sonstige Nebenräume. Im neuen Pfarrhof waren auch zwei laufende Brunnen vorhanden, die sich jedenfalls früher beim alten Hofe befanden und nach der Umsiedlung hierher geleitet wurden. Weiteres zum Pfarrhof siehe S. 174.

[55] ===12. die Pfarrpfründe=== Zugleich mit der Errichtung der Pfarrei mußte nach kirchlicher Ordnung das zum Unterhalt der Geistlichen erforderliche Einkommen, die Pfarrpfründe oder das Pfarrwiddum, jetzt Pfarrstiftung genannt, bereitgestellt werden. Dazu gehörten vor allem genügend Grundstücke, die vom Pfarrhof aus zu bewirtschaften waren; dazu zählten weiter die Zehntabgaben, die von den Pfarrangehörigen zu leisten waren. Erst in zweiter Linie und meist erst später kamen dazu noch Gülten und Zinsen von einzelnen Gütern, die zur Pfarrei gestiftet oder auch von der Pfarrei angekauft worden waren; ferner Handlöhne aus solchen Gütern, sonst bestimmte Naturalreichnisse, Sammlungen und dergleichen, endlich persönliche Abgaben der Eingepfarrten.

Die zur Pfarrpfründe Sachsen gehörigen Grundstücke lagen weit zerstreut umher in den Fluren von Sachsen, Milmersdorf, Volkersdorf, Rutzendorf und Lichtenau. Man merkt es dieser zerstückelten Lage an, daß einst bei der Gründung der Pfarrei die damals vorhandenen Orte verpflichtet wurden, zur Pfarrei nach Möglichkeit Grund und Boden bereitzustellen. Da aber der beste Boden schon von den Ortsbewohnern mit Beschlag belegt war, so erklärt es sich, daß man für den Pfarrhof minderwertigere und abgelegenere Grundstücke zur Verfügung stellte. Sachsen mit seiner kleinen Flur konnte ohnehin nur wenig abtreten (Acker und Wiese im Wasserstall). Volkersdorf gab am meisten Grundstücke, aber nur wenige in der Nähe von Sachsen (Brückleinswiese), einiges bei Volkersdorf (die ehedem recht versumpfte Grundwiese und die magere Pfarrleite), dagegen viel am Herpersdorfer Weg und am Hohlenstein. Es sind im allgemeinen wenig ertragreiche Felder, die zum Teil sogar einst öd lagen. Felder bei Lichtenau mögen von Malmersdorf und Immeldorf aus gegeben worden sein (Immeldorferwegäcker). Eine größere Fläche lag und liegt noch vor dem Strüthof; hier mag Rutzendorf der Geber gewesen sein, wenn nicht etwa das Gumbertuskloster mit einem gerodeten Waldstück sich beteiligte. Auch hier ist die Bonität gering.

Grundstücke von über 100 alten Tagwerk geben sonst einen stattlichen Bauernhof. Aber hier lagen die Grundstücke meist so weit vom Hof entfernt (½–¾ Stunden) und waren in der Mehrzahl so geringwertig, daß der Hofbetrieb zwar viel Mühe und Arbeit verursachte, aber nur geringen Ertrag abwarf, so daß ein Pfarrer mit zwei Kaplänen – so viele waren es vor alters – und den notwendigen Knechten und Mägden niemals davon hätten leben können. Es mußten darum notgedrungen noch andere Einkünfte dazukommen.

[56] Das war vor allem der Zehnte. Er war von Karl dem Großen gesetzlich festgelegt worden, nachdem er bis dahin freiwillig gereicht worden war. Es sollte eine rein kirchliche Einnahme sein, um daraus alle Arten kirchlicher Bedürfnisse zu bestreiten, den Unterhalt der Geistlichen, das Bauwesen an Kirche, Pfarr- und Mesnerhaus, die Ausrichtung der Gottesdienste (Lichter, Meßwein, Gewänder für Altar und Geistliche usw.), nicht zum letzten auch die kirchliche Armenpflege. Aber schon bald wurde der Zehnte seinem kirchlichen Zweck weithin entfremdet. Nicht nur, daß Klöster und Stifte (z. B. das Chorherrnstift in Ansbach) solchen in Anspruch nahmen, auch weltliche Arme streckten sich nach ihm aus. Große und kleine Herren suchten davon einen nicht zu geringen Anteil zu gewinnen. Je länger, je mehr wurde er, genau so wie die Gülten und Zinsen der Grundherren, als eine Sache behandelt, die man nach Belieben kaufen und verkaufen konnte. Es kam schließlich soweit, daß die Kirche nur noch einen geringen Teil des Zehnten besaß, während der weitaus größte Teil sich in anderen Händen befand. Innerhalb der Pfarrei Sachsen hatten Zehntrechte das Gumbertusstift Ansbach, das markgräfliche Kastenamt daselbst, das Reiche Almosen zu Nürnberg, das Kloster Heilsbronn, die Stadt Nürnberg und andere. Selbst Bürger aus der Stadt und Bauern vom Lande hatten kleinere zehnten für sich erworben. So bezog z. B. um das Jahr 1600 der Bauer Michael Danner von Ratzenwinden einen Schober Zehnten von einer Wiese des Lorenz Kolb zu Steinbach, Simon Sohler und Leonhard Lotter in Alberndorf den Grummetzehnten von einer Wiese am Egelsteg, zwei Bauern in Ratzenwinden Heuzehnten bei Steinbach. Es gab verschiedene zehnten.

Der häufigste war der Getreidezehnte oder Großzehnte, bei dem je die zehnte Garbe von dem Erntefeld abgegeben werden mußte. Demgegenüber erfaßte der kleine Zehnte nur die Zwischenfrüchte auf dem Felde, wie Erbsen, Linsen, Wicken, Flachs, Hanf, Kraut, Rüben und dergleichen, später auch Kartoffeln. Beim Heu- und Grummetzehnten war je der zehnte Haufe auf den Wiesen fällig, beim Obstzehnten der zehnte Teil des Ertrags der Obstbäume, beim Blutzehnten je das zehnte junge Tier, das zur Welt kam. Es wäre jedoch weit gefehlt, zu meinen, daß nun jeder Bauer oder Gütler sämtliche Zehnten zu leisten schuldig gewesen wäre. Der Blutzehnte z. B. fand sich nur ganz selten, innerhalb der Pfarrei nur bei einem Hof in Milmersdorf und bei einigen Häusern in Sachsen, und bezog sich da nur auf Schweine, Hühner und Gänse, wenn die Betreffenden überhaupt Schweine zogen und Hühner oder Gänse ansetzten. Selten war auch der kleine Zehnte, der aus den Akten nur für Eyb und teilweise für Sachsen zu entnehmen ist. Obstzehnter sollte in Sachsen gereicht [57] werden, es fiel aber fast nie etwas an. Heu- und Grummetzehnter war auch nicht häufig. So blieb in der Hauptsache nur der Getreidezehnte übrig, der allerdings fast überall die Regel war und auch am meisten trug. Doch gab es auch da öfters Ausnahmen, wie z. B. in Oberrammersdorf, wo vier Höfe völlig zehntfrei waren, oder auch in Rutzendorf, wo dies von verschiedenen Höfen berichtet wird.

Die Pfarrpfründe Sachsen hatte in späterer Zeit – von früher ist uns nichts bekannt – nur auf folgende zehnten Anrecht:

a) In Sachsen den Getreide- und Wiesenzehnten von sämtlichen Grundstücken, dazu den Obstzehnten von den Gärten und den Blutzehnten von 7 Häusern und ein wenig Kleinzehnten. Dieser ausgiebige Zehnte scheint für Sachsen um deswillen festgesetzt worden zu sein, weil der Ort nur ganz wenig Grundbesitz zur Pfarrei beizusteuern vermochte.

b) In Milmersdorf den Getreide-, Heu- und Blutzehnten von einem der 3 Höfe. Die beiden andern Höfe zehnteten nur von 8 Morgen Feld.

c) In Eyb den Getreidezehnten von über 61 Morgen Ackern und den Heuzehnten von fast 15 Tagwerk Wiesen. Hier scheint es sich um spätere Neurodung zu handeln, wobei der Zehnte an die Pfarrei fiel. Die Pfarrei Eyb nahm den kleinen Zehnten für sich in Anspruch.

d) In Bechhofen bei Windsbach von 8 Pflichtigen den Getreidezehnten aus 145 Morgen Feld. Auch das ist vielleicht ein später Neureuth-Zehnter.

e) Auf dem Strüthof ein Drittel des Getreidezehnten. Dieser wurde 1569 in eine jährliche Kornlieferung von 1 Simra und 2 Metzen umgewandelt und dabei auf ein Gut in Malmersdorf übertragen.

f) In Külbingen einen geringen Zehnten an Getreide, der auf 10 Metzen veranschlagt wurde, desgleichen in Büschelbach mit 4 Metzen und in Petersaurach mit 2 Metzen.

In einer Urkunde von 1312 behauptete das Gumbertusstift Ansbach, daß alle Zehnten der Pfarrei Sachsen von alters her zum Stift gehörten. Danach wären alle die vorgenannten Zehnten vom Stift erst zur Pfarrei geschenkt worden. Das trifft jedenfalls nicht zu, denn das Stift war mit Schenkungen sehr zurückhaltend und hat vielmehr die Einkünfte der Pfarrei für sich zu gewinnen gesucht, wie gerade jene Urkunde beweist. Denn durch diese wurde die Pfarrei dem Stift einverleibt, sehr zu ihrem Schaden. Auch wurde durch diese bischöfliche Urkunde ein Bestandteil des Pfründe-Einkommens, den bisher das Stift zu leisten hatte, nämlich 18 Pfund Heller (nach heutigem Wert etwa 700–800 RM), wieder zum Stift gezogen und daraus eine Vikarie zum Altar der hl. Jungfrau Maria [58] in der Gumbertuskirche gegründet. Tatsache ist nur, daß das Gumbertusstift selbst reichlich zehnten in der Pfarrei einnahm, besonders in Ratzenwinden und Oberrammersdorf, jedenfalls viel mehr als die Pfarrei für sich bezog. Es ist nicht ausgeschlossen, daß das Stift schon früher einige Zehnte der Pfarrei an sich zog und dafür eben jene Geldsumme, die gewiß nicht von Anfang an zur Pfarrpfründe geleistet wurde, festsetzte, also auf diese Weise die Pfründe um den Zehnten und hernach auch noch um den Geldpreis brachte.

Grundstücke und Zehntrechte bildeten den Grundstock der Pfarrpfründe und werden anfangs die einzigen Einkünfte gewesen sein. Erst im Laufe der Zeit kamen noch andere hinzu, besonders durch Stiftungen, die gern zum „Heil der Seele“ gemacht wurden, wie „ wir solche z. B. bei den Herren von Heideck (S. 36) kennengelernt haben. Dazu zählen vor allem die „Jahrtage“, die jährlichen Seelenmessen, für die öfters Grundstücke oder Geldsummen gestiftet wurden. Diese wurden dann zum Ankauf von Gülten, Zinsen und anderen Rechten, auch zum Ankauf ganzer Güter mit ihren Abgaben verwendet. In letzterem Falle wurde dann die Pfarrei Grundherrin über die betreffenden Güter. Das trifft für folgende Anwesen zu:

a) Ein größeres Gut zu Volkersdorf (jetzt Hs.–Ar. 7 und 7a), das an die Pfarrei jährlich 2 Simra Korn (etwa 6,6 hl.), 1 Simra Haber (etwa 7 hl.), 7 Pfund Heller (um das Jahr 1500 im Geldwert etwa 100 M., früher mehr, später immer weniger, zuletzt nur noch etwa 15 M. wert) und 1 Fastnachtshenne zu leisten hatte.

b) Ein kleineres Gut zu Volkersdorf (jetzt Hs.-Nr. 4), das nur 13 Metzen Korn (etwa 2,7 hl), 1 Gulden (um 1500 etwa 30 M Kaufwert, später immer weniger), 1 Herbsthuhn und 1 Fastnachtshenne, sowie eine „Weihnachtssemmel“ (einen großen Stollen Weißbrot) zur Pfarrpfründe liefern mußte.

c) Ein Gut zu Kirschendorf, dessen Abgaben an Geld, Käse, Weihnachtssemmel, Herbst- und Fastnachtshuhn mit 8 Pfund Heller abgelöst waren (um 1500 an Geldwert etwa 115 M, früher mehr, später immer weniger, bis zuletzt herab auf etwa 6 M Wert).

d) Ein kleines Gut zu Neukirchen (jetzt Hs.-Nr. 2), von dem die Pfarrei nur das „Hand1ohn“ bezog, während die übrigen Abgaben an das Gumbertusstift flossen.

Das Handlohn, von dem schon auf S. 39 die Rede war, betrug für die Pfarrei in den genannten 4 Fällen je den 30. Teil vom Werte des Gutes, wenn der Inhaber mit Tod abging und seine Erben das Gut übernahmen, dagegen den 15. Teil, wenn der Besitzer das Gut an Fremde verkaufte.

Eine bloße Gült ohne grundherrliche Rechte bezog die Pfarrei noch aus Külbingen, nämlich 1 Simra Korn (etwa 3,3 hl) und [59] 1 Simra Haber (etwa 3,5 hl.) zusammen von 2 Bauern, ferner 3 Metzen aus Schlauersbach (etwa 0,6 hl).

Vor der Reformation erhielt der Pfarrer noch verschiedene Bezüge von der Kirchenstiftung aus Jahrtag-Stiftungen, die dorthin angefallen waren. Um das Jahr 1500 betrugen diese Anfälle im ganzen 6 fl. (nach heutigem Geldwert etwa 180 RM). Ebenso bezahlte die Sebastians–Bruderschaftsstiftung 2 fl. für die Abhaltung von Totenmessen (etwa 60 RM nach heutigem Geld). Einen ähnlichen Betrag leistete die Kirche in Neukirchen je nach der Zahl der dort jährlich gehaltenen Messen.

An dem Gemeindebesitz der Ortschaft Sachsen besaß die Pfarrei ein doppeltes Gemeinderecht von alters her. Sie hatte darum zweifaches Anrecht an den Gemeindenutzungen, also besonders an dem reichlich vorhandenen Weideland an den Hängen und auf den Höhen, und weiter an dem stattlichen Gemeindewald, dem „Urlas“. Der Wald trug freilich recht wenig ein, da er völlig ungepflegt war. Es fielen für die Pfarrei jährlich kaum ein paar Klafter an, und der Pfarrer war genötigt, sich noch anderweitig mit dem nötigen Brennholz zu versehen. Berichtet wird öfters von einem „Schleißbaum“, den er wie auch die anderen Gemeindebürger zu beanspruchen hatte. Es war das eine gut gewachsene, möglichst astfreie Föhre, aus der man die für den Haushalt erforderlichen „Schleißen“ abspalten konnte, d. h. die langen Späne, die man damals zur Beleuchtung der Wohnräume brauchte. Soweit für die Benützung des Gemeindelandes Kosten entstanden, hatte auch der Pfarrer seinen Anteil zu tragen; daher heute noch der sog. „Urlaszins“. Zu Leistungen mit der Hand, z. B. bei Ausbesserung der Wege durch die Gemeindeglieder, war er jedoch nicht verpflichtet.

Von einer besonderen persönlichen Abgabe der Pfarrangehörigen wird im Salbuch von 1450 berichtet. Am Tag Martini (11. November) hatten die zur „Kapelle Immeldorf“ gehörigen Leute aus allen Dörfern sich in Immeldorf einzufinden zum „Send“ (= Synode, Zusammenkunft). Dabei hatten sie dem Pfarrer zu übergeben: Junge Hausleute 1 Groschen (nach heutigem Wert etwa 1 RM), Bauern je 1 Heller (etwa 15 Pf heute) für sich und je 1 Pf (etwa heute 10 Pf) für ihre Kinder und Ehehalten, dann Frauen und Köbler (Kleinbauern) ebenfalls je 1 Pf. Ein ähnlicher „Send“ wurde auch in Sachsen selbst am Sonntag vor Martini abgehalten; doch ist uns darüber nichts Näheres berichtet.

Wenn der Pfarrer oder sein Kaplan sich tagsüber in Immeldorf aufzuhalten hatten, wie an bestimmten Feiertagen oder zum Abhören der österlichen Beichte, dann hatte er Anspruch auf Verköstigung durch die Gotteshauskasse.

[60] Von den an gewissen Tagen (Kirchweihen, St. Albanstag, Stephanstag u. a.) im Gotteshause aufgelegten Opfern an Geld und Naturalien hatte er Anspruch auf einen bestimmten Anteil, während das übrige der Kirche zugute kam. Von Brodswinden haben wir bereits ein gleiches gehört.

Es waren so außerordentlich gemischte und verschiedenartige Einkünfte, aus denen der Pfarrer in alter Zeit für sich, seine Kapläne und das Hausgesinde den Lebensunterhalt zu bestreiten hatte. Wir begreifen es, daß damit nicht nur sehr viel Arbeit, sondern auch sehr viel Unannehmlichkeit und Verdruß verbunden war.

Nicht nur die gesamte Lebenshaltung des Pfarrhofes war aus diesen Einkünften zu bestreiten, sondern es mußten daraus auch die auf dem Hofe ruhenden Lasten abgetragen werden. Von der Abgabe an die Grundherrschaft (erst das Gumbertusstist in Ansbach, dann seit 1444 das Reiche Almosen in Nürnberg) ist schon die Rede gewesen; sie betrug 2 Simra Korn (6,6 hl) und 1 Simra Haber (7 hl); dazu 48 Pf fränkisch und 3 Pfund Heller, weniger 2 Pf (zusammen nach heutigem Gelde etwa 50 RM, die sich jedoch im Laufe der Zeit durch das Sinken des Geldwertes immer mehr verringerten). Da der Inhaber des zur Pfarrei gehörigen größeren Gutes in Volkersdorf die gleiche Getreidegült an die Pfarrei abzuliefern hatte, so wurde im Jahre 1455 mit diesem vereinbart, daß er an Stelle des Pfarrhofes unmittelbar die 2 Simra Korn und den 1 Simra Haber an das Reiche Almosen nach Nürnberg schaffte. Reben dieser Grundlast hatte der Pfarrer von Sachsen noch zu zahlen: 9, nach anderen Notizen 10 Pfund Geld an das Präsentamt im Stift zu Ansbach (nach heutigem Geldwert etwa 270–300 RM um das Jahr 1500). Diese Abgabe hatten wohl nur diejenigen Chorherren zu leisten, die als Pfarrer von Sachsen ihre Pfarrei selbst versahen und in Sachsen wohnten, deshalb aber nicht in Ansbach gegenwärtig (präsent) sein und ihren Chorherrn–Pflichten nachkommen konnten. Es war das eine Geld–Buße an den Poenitentiarius, wie es auch in den Akten heißt. Sie ersparten dafür das Gehalt für einen Vikar. Weiter mußten 10 Pfund an den Pfarrer zu Eyb (um 1500 etwa 300 M) und 5½ Pfund als „Kathedraticum“, d. h. als Bischofs-Abgabe, nach Würzburg bzw. an den Vertreter des Bischofs, den Archidiakon (= Stiftsprobst) in Ansbach abgegeben werden (etwa 165 M). Zu den Lasten gehörte in alter Zeit auch die Unterhaltung der Gebäude im Pfarrhof, die Stellung von Reitpferden für den Außendienst der Kapläne, und noch manches andere.

Über die Schicksale der Pfarrpfründe in späterer Zeit wird S. 181 berichtet werden.

[61] ===13. Die Pfarrer vor der Reformotion=== Wie über die Geschichte der ältesten Zeit in der Pfarrei nur ganz wenig überliefert ist, so auch über die alten Pfarrer. Erst im Jahre 1277 wird uns von einem Viceplebanus Heinz berichtet. „Plebanus“ bedeutet den Pfarrer, „Viceplebanus“ ist der Stellvertreter des Pfarrers. Dieser Titel des Herrn Heinz besagt also, daß damals der Pfarrer selbst nicht in Sachsen wohnte, sondern daß er einen Stellvertreter dorthin gesandt hatte, der zusammen mit den beiden Kaplänen die Pfarrei zu versehen hatte. Wie das kam, sagt uns eine Urkunde vom Jahre 1312. Darin lesen wir, daß um jene Zeit und anscheinend schon länger her immer einer der Chorherren vom Gumbertusstift zum Pfarrer von Sachsen ernannt wurde, daß dieser aber für gewöhnlich nicht nach Sachsen hinausging, sondern irgendeinen anderen Geistlichen hinaussandte, der für ihn die Arbeit zu leisten hatte. Der Chorherr bezog natürlich das gesamte Einkommen der Pfarrei, noch neben seiner Chorherrnpfründe, und überließ davon dem Stellvertreter nur einen dürftigen, gerade zum Leben ausreichenden Anteil. Es kam sogar vor, wie in der Urkunde selbst geklagt wird, daß der betreffende Chorherr nicht einmal ein Geistlicher war und trotzdem zum Pfarrer von Sachsen bestimmt wurde. Das war ein Mißbrauch des geistlichen Amtes, der aller kirchlichen Ordnung Hohn sprach. Der Stiftspropst Konrad von Öttingen suchte durch die betreffende Urkunde solchem Unfug zu steuern, zwar die Besetzung der Pfarrei mit einem Chorherrn beizubehalten, aber Vorsorge zu treffen, daß dafür nach Sachsen stets ein geeigneter Vikar käme und daß dieser entsprechend besoldet würde, daß überhaupt alles in eine feste kirchliche Ordnung gefaßt würde. Die Pfarrei Sachsen wurde deshalb mit Zustimmung des Bischofs von Würzburg dem Chorherrnstift einverleibt (inkorporiert), das Patronatsrecht vom Propst dem gesamten Stift (dem Kapitel, das ist den sämtlichen Chorherren) übertragen, damit diese aus ihrer Mitte einem die Pfarrei zuwenden könnten, während Sachsen selbst durch einen „ständigen Vikar“ versehen werden sollte, dessen Ernennung der Propst sich vorbehielt. Daß dabei gleichzeitig ein Teil des Pfarreinkommens abgetrennt und damit eine Vikarie in der Kirche St. Gumbertus zu Ansbach gegründet wurde, ist bereits im vorigen Abschnitt („Pfarrpfründe“) hervorgehoben worden.

Mit dieser Urkunde ist nun zwar eine bessere Ordnung herbeigeführt worden, aber das Hauptübel wurde nicht beseitigt. Nach wie vor mußten die eigentlichen Pfarramtsgeschäfte von einem gering besoldeten „Vikar“ geführt werden, während der eigentliche Pfarrer in Ansbach saß. Es mußte das Amt notwendig darunter leiden, die [62] Gemeinde wurde geistlich nicht so versehen, wie es hätte geschehen können und geschehen sollen. Daß es anderen Pfarreien um Ansbach her ebenso erging (Ansbach-St. Johannis, Weihenzell, Forst usw.), war ein schlechter Trost für Sachsen. Übrigens haben es einzelne Chorherren doch vorgezogen, in Sachsen selbst ihren Wohnsitz zu nehmen, vermutlich um die Kosten für den Vikar einzusparen.

Von den Chorherren, die so zu Pfarrern von Sachsen gemacht wurden und die im Unterschiede von den Vikaren als „eigentliche Pfarrer“ bezeichnet wurden, sind uns folgende Namen überliefert:

1323 Schürstab Hermann, aus Nürnberg.

1354 Berthold. Er hat offenbar, wenigstens eine Zeitlang, die Pfarrei selbst versehen. Denn in dem genannten Jahre bat er den Propst zu Ansbach, an seiner Statt den Priester Heinrich als Vikar einzusetzen, da er „aus Sorge um Leib und Vermögen“ drei Jahre von der Pfarrei abwesend sein müsse.

1425 Schedel Johann. Auch er nahm seine Wohnung in Sachsen, hat sich aber das Amt sehr leicht gemacht, weshalb sich im Jahre 1433 die Gemeinde über ihn beschwerte. Es wurde daraufhin genau festgesetzt, was der Pfarrer mit seinen „Gesellen“ (Kaplänen) alles zu tun hätte. Die Beschwerde richtete sich aber auch gegen das anstößige Leben, das Schedel führte: Er hatte im Pfarrhaus eine Weinschenke eingerichtet und dazu eine Kellnerin angestellt, zu der er in einem unerlaubten Verhältnis stand. Es wurde ihm bei Strafe von 50 fl. (nach heutigem Geldwert etwa 2000 RM) geboten, beides abzustellen und der Gemeinde künftig kein Ärgernis mehr zu geben.

1445 Krepflein Konrad. Er stimmte der Errichtung der Frühmesse in Immeldorf 1453 zu unter Vorbehalt aller bisherigen Rechte und Einkünfte. In Geldsachen war er überhaupt sehr bewandert und auf seinen Vorteil bedacht. Darum hat er auch das älteste Salbuch für die Pfarrei Sachsen im Jahre 1450 angelegt und darin die Einkünfte der Pfarrei eingehend verzeichnet. Ein Verdienst war es von ihm, daß er dazu auch allerlei wertvolle geschichtliche Notizen vermerkte und Urkunden in Abschrift brachte, so daß wir durch ihn viel Wichtiges aus der alten Zeit erfahren. Er starb 1458.

1468 Krell (Kreel) Wolfgang. Sein Name kommt wiederholt in Urkunden vor (1474 und 1477). Er stiftete für sich und seine Vorfahren einen Jahrtag, wobei alljährlich um Ägidien (1. September) Vigilien (Abendgottesdienste) und Messen gehalten werden sollten, und zwar durch den Pfarrer zu Sachsen im Beisein seines Kaplans, sowie der beiden Frühmesser von Immeldorf [63] und Brodswinden und des Kaplans von Lichtenau. Jeder der Beteiligten sollte aus der Stiftung einen bestimmten Betrag erhalten. Er starb wohl 1487.

1487 Wagner Johann Gosprecht, aus Schwabach. Er traf 1490 ein Abkommen mit den Heiligenpflegern von Sachsen über seinen Anteil an den Opferspenden, die am Fest des hl. Stephanus (2. Weihnachtsfeiertag) in der Kirche zu Sachsen anfielen. Am 24. Juni (Johannistag) 1491 hielt er bei der Einweihung der Sebastianskapelle die erste Messe. Er wird noch 1495 und 1498 erwähnt.

1501 Heiden Konrad. Er kommt in einer Urkunde vom 13. August 1501 vor (Bischöfliches Archiv zu Würzburg).

1502 Scheuch Jobst (Jodocus), wohl aus Rothenburg und ein Verwandter des Stiftsdekans Stephan Scheuch († 1484). Sein Name erscheint bei der Abhör der Gotteshausrechnungen in Sachsen. Gelegentlich wird er als „Schulherr des Stifts Onolzbach“, also als Leiter der dortigen Stiftsschule, bezeichnet.

1511 Keller (Kellner) Paulus, genannt „Küchenmeister“, weil er offenbar im Stift zu Ansbach die Verwaltung des Küchenwesens mit allem Zubehör unter sich hatte. Um die geistliche Versorgung seiner Pfarrkinder hat er sich wenig gekümmert, weshalb sich die Bewohner von Sachsen, Volkersdorf, Lichtenau und Büschelbach beim Rat der Stadt Nürnberg darüber beschwerten, das er sie durch seine Verweser so übel versehen lasse. In der Tat fand damals ein steter Wechsel unter diesen, offenbar recht schlecht besoldeten Vikaren statt. Aber erst mit der Einsetzung des Pfarrverwesers Jakob Hoffmann und mit der Einführung der Reformation im Jahre 1528 wurde es besser. Doch durfte Keller die Pfründe in Sachsen noch bis an sein Lebensende (1539) beibehalten. Das Kapitel der Domherren, soweit solche noch vorhanden waren, wählte sogar noch einen Nachfolger:

1540 Seehofer Rochus. Wird 1543 als „Chorherr und rechter Pfarrer“ von Sachsen erwähnt. Er starb 1554.


Als Vikare oder Pfarrverweser – sie werden gelegentlich auch Pfarrer genannt – lernen wir erst aus der letzten Zeit vor der Reformation einige Namen kennen, meist aus den Kirchenrechnungen.

1503 Weiß Konrad, „Kleriker“.

1504 Urban, „Vicarius“.

1506 Vogelsang Konrad, „Vicecuratus“ (= Verweser).

1510 Hydlar Urban, Verweser.

[64] 1511 Harder Hans, „Provisor“ (Verweser).

1515 Heinrich, „Herr im Pfarrhof“. Bis 1517.

1517 Scholl Berthold, „Vikar“. Bis 1523.

1524 Herzog Johannes, von Weißenburg, „Vicecuratus“.

1525 Kutten Heinrich, Vikar.

1527 Deininger Matthias, Verweser. Er zog im Jahr darauf nach Burgbernheim im Tausche mit Jakob Hofmann, der von dort nach Sachsen zog.

1528 Hofmann Jakob. Er führte noch im gleichen Jahre die Reformation in Sachsen ein.


Noch weniger Namen erfahren wir von den vielen Kaplänen, die im Laufe der Zeit in Sachsen amtierten. Sie hatten ja kein selbständiges Amt und erscheinen darum auch nicht in Urkunden und nur selten in einem anderen Schriftstück. Erwähnt werden lediglich:

1311 Berthold, Kaplan.

1505 Grießbauer Hans, Kaplan.

1510 Ott Kilian, Kaplan.

1523 Ochsenstirn Hans, Kaplan.

14. die alte Kirche in Sachsen

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a) Die alte Basilika

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Über die erste Kirche, wie sie um das Jahr 800 n. Chr. gebaut wurde, wissen wir gar nichts. Es könnte ein einfacher Holzbau gewesen sein, der dann freilich nicht lange hielt, sondern mit den Jahren der Fäulnis oder auch einem Brande zum Opfer fiel. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß schon damals ein massiver Steinbau, wenn auch einfach und schmucklos, errichtet wurde. Denn Karl der Große war überall auf steinerne Gotteshäuser bedacht; und entsprechendes Baumaterial gab es hinreichend in den Sandsteinen unserer Gegend. Die Kirche stand ohne Zweifel auf derselben Stelle, auf der sie sich heute noch befindet; nur daß sie sich nicht so weit nach Osten hin erstreckte.

Diese erste Kirche wurde etwa 400 Jahre später von einem anderen Bau abgelöst. Von diesem neueren Bau können wir uns heute noch ein gewisses Bild machen, da der Grundstock dazu noch in dem jetzigen Bau erkennbar ist. Man muß sich nur von unserer heutigen Kirche alles hinwegdenken, was erst später dazugekommen ist. Man muß hinwegdenken den gotischen Chor im Osten, von dem . hernach die Rede sein wird; ferner alle die Umbauten vom Jahre [65] 1803: Die vielen großen Fenster, die Verlängerung des Kirchenschiffes nach Osten hin, die hohen Türen; man muß sich den Turm viel niedriger denken und nicht wie jetzt seitwärts an der Kirche, sondern in der Mitte der Giebelwand, da, wo heute noch die Anschlußsteine aus der Giebelmauer herausragen. Man muß weiter die kleinen schmalen Fenster dicht unter dem Dachgesimse auf der Süd- und Nordseite der Kirche und auch noch am Westgiebel scharf ins Auge fassen; Fenster, die jetzt zwar – bis auf ein kleines am Giebel – zugemauert, aber noch deutlich erkennbar sind. Man muß auch auf das Mauerwerk achten, das ein ungemein festes Gefüge hat und in bestimmter Weise zugerichtet ist. Wenn man alle diese Dinge beachtet, so sieht man klar, daß dieser Kirchenbau ursprünglich die Form einer sogenannten „Basilika“ hatte und vermutlich schon vor dem Jahr 1200 oder doch kurz danach aufgerichtet wurde. So ähnlich baute man damals, wie man anderswo an Kirchen gleichen Alters heute noch sehen kann. Solche Basiliken hatten an Stelle des Chores an der Ostseite nur einen halbrunden Ausbau, den man „Apsis“ nannte. Der Turm war nur je 6 m breit im Geviert und nicht sehr hoch und trug ein vierseitiges schräges Dach. Die am Schlusse auf Tafel Nr. IV beigefügte Zeichnung gibt einen Begriff, wie ungefähr dieser Kirchbau ausgesehen haben mag. Das Schiff war außen etwa 22 m lang und – wie noch heute – 14 m breit, die Apsis innen etwa 6 m breit und 4 m tief. Die Kirche hatte wahrscheinlich nur einen Eingang, und zwar auf der Südseite, ein oben rund gewölbtes Tor. Der jetzt zwischen Turm und Kirche befindliche Durchgang bestand damals noch nicht. Die kleinen schmalen Fenster ließen natürlich nur wenig Licht in den Innenraum der Kirche fallen, so daß auch am Tage ein dämmeriges Halbdunkel herrschte. Die damalige Gemeinde brauchte auch nicht viel Licht, da sie ja noch keine gedruckten Gebet- und Gesangbücher besaß; die wenigen Gebete und Lieder, mit denen sie sich am Gottesdienst beteiligte, kannte sie auswendig und im übrigen verhielt sie sich schweigend im Gotteshause. Nur der Geistliche am Altar mußte mehr Licht haben; aber dort brannten dann die Kerzen; auch waren an dem Rundbau um den Altar (die Apsis) jedenfalls größere Fenster angebracht als am Schiff der Kirche.

b) Der gotische Chorbau.

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Es kam die Zeit, wo man in Deutschland eine andere Bauweise an Stelle der alten einführte, wo man hohe Gotteshäuser mit gewaltigen Chören errichtete, Gebäude mit hohen Spitzbogenfenstern, mit mächtigen Strebepfeilern und prächtigen Zieraten aller Art. Wir denken z. B. an die Johanniskirche in Ansbach, die so um 1441 [66] entstand, an die mächtige Lorenzerkirche in Nürnberg und ähnliche. Man nannte diese Bauweise den „gotischen“ Baustil. Da regte sich auch für Sachsen der Wunsch, wenigstens einen solchen Chor zu bauen an Stelle der allzu kleinen und dürftigen Apsis. Wir werden kaum irre gehen, wenn wir den damaligen Landesherrn, Gottfried von Heideck, der im Schlosse zu Lichtenau wohnte, als den Träger dieses Gedankens und den starken Förderer des Baues ansehen. Die Anbringung seines Wappens an dem neuen Chor und darauf ein Ritterstandbild, das ihn jedenfalls selbst darstellte, ist der Beweis dafür; ebenso die Anbringung des Heideckschen Wappens am Chorgewölbe im Innern der Kirche.

Über die Gestalt dieses gotischen Chores können wir uns leicht eine Vorstellung machen, da ja der östliche Teil desselben noch steht. Allerdings sind seine Fenster mit ihren hohen Spitzbogen jetzt zum Teil zugemauert, auch hat man im Jahre 1804 unten breite viereckige Fenster in die Wände eingebrochen. Vor allem aber müssen wir berücksichtigen, daß der Chor früher doppelt so lang war als jetzt (etwa 10 m), da die rückwärtige Hälfte gegen das Schiff der Kirche zu erst 1804 abgebrochen und der Hauptbau der Kirche um ebensoviel verlängert wurde (rund 5 m). Die Zeichnung auf Tafel Nr. V im Anhang gibt ein Bild des damaligen Choranbaues. Wohl zur gleichen Zeit wurde am Langhaus der Kirche auf der Nord- und Südseite dicht beim Chor je ein gotisches Fenster eingesetzt, wie auf der Nordseite ein solches noch deutlich zu erkennen ist.

Die Zeit der Erbauung des Chores ist uns genau bekannt. Im ältesten Salbuch der Pfarrei lesen wir: „Im Jahr des Herrn 1323 am Sonntag nach Martini wurde die umgestaltete Kirche und der Kirchhof eingeweiht von dem Bischof von Macri, namens Hartung, vom Orden des hl. Johannes, unter dem Bischof von Würzburg, dem Herrn Gottfried von Hohenlohe; Ortspfarrer aber war Hermann Schürstab von Nürnberg.“ Aus dieser Aufzeichnung ergibt sich, daß damals die Kirche ganz umgestaltet wurde, was offenbar durch den Neubau des Chores geschah, da andere Veränderungen am Kirchengebäude in jener Zeit nicht vorgenommen worden waren. Die Einweihung nahm aber der Bischof von Würzburg nicht selbst vor, sondern der Bischof von Macri, einem Ort in Thrazien, das damals von den Türken besetzt war, so daß der Bischof dort sein Amt nicht versehen konnte. Darum hatte er sich nach Würzburg begeben und dem dortigen Bischof unterstellt, und nahm nun im Jahre 1323 im Namen und Auftrag des zuständigen Bischofs von Würzburg die Weihe der Sachsener Kirche vor. Daneben gehörte dieser Weihbischof auch dem Johanniterorden an, einem geistlichen Ritterorden ähnlich wie der Deutschherrenorden (siehe S. 40).

[67] ====c) Der große Brand von 1449/50.==== Ein böses Geschick traf Kirche und Turm im Jahre 1449 oder 1450, als der Markgraf Albrecht Achilles mit den Nürnbergern und den Bischöfen von Bamberg und Würzburg Krieg führte, wie schon im 11. Abschnitt beim „Pfarrhof“ berichtet wurde. Nicht nur das Pfarrhaus brannte damals nieder, sondern auch die Kirche und der Turm. In einer Urkunde von 1451 klagen die Gotteshauspfleger, daß die Kirche „zugrunde verbrannt, Glocken, Horlei (Uhrwerk) und aller anderen Gezierden, damit es löblich bekleidet gewesen, beraubt und ganz entblößt worden“ sei. Ebenso sei das Pfarrvolk und die „Umsassen mit den Kriegen verwüstet“ worden. Der Turm hatte hierbei so schwer gelitten, daß er ganz abgetragen und neu aufgeführt werden mußte. Damals wurde er offenbar ein gutes Stück nach Süden zu gerückt, so daß er jetzt nicht mehr in der Mitte steht, sondern mit seiner Südseite in einer Linie mit der Südfront der Kirche liegt. Von der abgebrochenen Nordwand hat man die Anschlußsteine an dem Westgiebel der Kirche bis heute stehen lassen, zwar keine Zierde für die Kirche, aber ein wichtiges geschichtliches Zeugnis. Die Spuren des damaligen Brandes sind übrigens noch an der Innenwand des Nordgiebels auf dem Kirchenboden zu erkennen. Der Turm erhielt nun 8,50 m im Geviert und in seiner massiven Steinbau-Höhe rund 33 m. Das Dach war vermutlich ähnlich wie beim ersten Turm (siehe Tafel Nr. V im Anhang).

Um Kirche und Turm wieder aufbauen zu können, mußte damals der größte Teil des umfangreichen Kirchengutes veräußert werden. Zwei Urkunden vom 28. Mai 1451 und vom 10. März 1454 geben uns darüber genauen Aufschluß, wie im nachfolgenden Abschnitt vom „alten Kirchengut“ gezeigt werden wird. Willige Käufer waren die beiden Stiftungen, deren Aufgabe es eigentlich gewesen wäre, selbst Hilfe zu leisten: Das Gumbertusstift in Ansbach und das Reiche Almosen in Nürnberg. Die Pfarrgemeinde konnte nichts zum Bau beisteuern, weil sie selber durch Brand und Plünderung ganz „verderbt“ war; ebensowenig war der sonst gern beschrittene Weg einer Hauskollekte bei den „Umsassen“ gangbar, da alle umliegenden Orte auch durch den Krieg „verwüstet“ worden waren. Die Wiederherstellungsarbeiten haben sichtlich mehrere Jahre gedauert. Ein Stein an der Südseite des Turmes trägt die Inschrift: „Da man zählt nach Christi Geburt 1461 Jahr.“ Es ist nicht ersichtlich, ob dieses Jahr das Ende des Turmbaues angeben soll, oder ob in diesem Jahre erst das Fundament mit dem untersten Stockwerk fertiggestellt wurde. Man pflegte in alter Zeit bei dem Mangel an [68] technischen Hilfsmitteln einerseits und bei der Sorgfalt der Arbeit anderseits sehr langsam zu bauen. Die Kirche selbst, bei der anscheinend nur der Dachstuhl niedergebrannt war, wurde noch im Jahre 1451 fertiggestellt. Die Wiederweihe derselben vollzog der Weihbischof Johannes (eigentlich Bischof von Accon in Palästina, aber an der Ausübung seines Amtes durch die Türken verhindert); er tat es im Auftrag des zuständigen Bischofs von Würzburg, Gottfried Schenk von Limburg.

d) Das Innere der alten Kirche.

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In alter Zeit gab es in den Gotteshäusern weder Emporen noch Bänke. Man pflegte bei den Gottesdiensten zu stehen und bei bestimmten Anlässen zu knien. Der Boden war vermutlich mit Sandsteinplatten belegt. Die Decke der Kirche bestand jedenfalls aus Holz, wie es der Art einer Basilika entsprach. Anfangs war sicher nur ein Altar vorhanden, der zuerst in der halbrunden Apsis stand und später in dem neuerbauten, stattlichen Chor. Nach und nach kamen aber zu dem Hauptaltar noch Seitenaltäre, ähnlich wie man es heute noch in katholischen Kirchen wahrnehmen kann. Das Salbuch der Pfarrei von 1450 zählt fünf Altäre aus:

Der Hauptaltar im Chor der Kirche war geweiht – offenbar im Jahre 1323 – zu Ehren der hl. Jungfrau, des hl. Alban und des hl. Stephanus. Es waren also zu dem ursprünglichen Kirchenheiligen, dem hl. Alban, noch hinzugekommen die hl. Jungfrau Maria, deren Verehrung sich die damalige Zeit besonders angelegen sein ließ, und der hl. Stephanus, dem wenigstens in Sachsen große Ehre widerfuhr. Im Altar waren, wie damals üblich, allerlei Reliquien (Überreste der Heiligen und andere Heiligtümer) verwahrt, an erster Stelle ein „Sanctuarium Albani“, ein Heiltum des hl. Alban, weiter Reliquien des Stephanus, des Laurentius, Vitus, Modestus, Sebastian, Gumbert, Mauritius, der hl. Katharina, Juliane, Agathe, Maria Magdalena, der 11 000 Jungfrauen und „anderer Heiligen“.

Der zweite Altar, der wohl seitlich an der vorderen Kirchenwand beim Eingang in den Chor stand, enthielt Überreste des Apostels Bartholomäus, ein Stück vom Holz des heiligen Kreuzes, Reliquien von der Jungfrau Katharina, von den 11 000 Jungfrauen und vom „Bekenner“ Antonius.

Der dritte Altar, vermutlich auf der Gegenseite beim Eingang in den Chor, war geweiht zu Ehren der Apostel und Evangelisten und enthielt Überreste von Bartholomäus, Christophorus, den 10000 Märtyrern, von Bischof Erhard und dem Märtyrer Mauritius.

[69] Der vierte Altar, wohl weiter rückwärts an der Seite des Kirchenschiffes, barg in sich Reliquien der Heiligen Laurentius und Erhard, dazu ein Stück von dem „Stein der Auffahrt, da Christus gen Himmel fuhr“.

Der fünfte Altar, vermutlich gegenüber dem vierten Altar auf der anderen Seite des Schiffes, verwahrte Überreste der Heiligen Erasmus und Bartholomäus, der 10 000 Märtyrer und des Bekenners Erhard.

über den äußeren Aufbau der Altäre liegt noch eine teilweise, leider mangelhafte Beschreibung aus dem vorletzten Jahrhundert vor. Danach befand sich am Hauptaltar zuoberst ein aus Holz geschnitztes Bild der Maria als „Mutter Gottes“ mit einem Schwert in der Brust, weiter unten der Gekreuzigte mit den beiden Schächern, dann unterhalb rechts St. Alban und Maria, links Johannes und Stephanus, weiter auf den Stufen des Altars zu beiden Seiten je auf einer Holzsäule stehend St. Stephanus und St. Sebastian, „alles von Schnitzwerk“. Rechts vor dem Aufgang zum Chor stand ein Altar mit St. Veit in einem Gehäuse, unter dem die Flammen hervorschlugen, an beiden Seiten Laurentius und Stephanus. Links vom Chor war ein kleiner Altar, gewidmet dem hl. Sebastian, von Schnitzarbeit; mit zwei Flügeln, darauf rechts St. Sebald und St. Alban, links St. Johannes und St. Bonifatius zu sehen war. – Der vierte und fünfte Altar war damals, etwa um 1750, schon verlorengegangen, die übrigen wurden später, vor allem bei dem großen Umbau 1804, verschleudert oder zerstört.


Zu erwähnen ist noch, daß eine Kanzel an der Südwand der Kirche, anstoßend an den Chor, angebracht war, und daß die Sakristei zur Kirche auf der Nordseite angebaut war, wo heute noch die Fundamente zu erkennen sind. Auf dem Turm befanden sich drei Glocken. Für die neuere Zeit siehe S. 187.

e) Der Kirchhof

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Wo eine Pfarrkirche gebaut wurde, verfehlte man nicht, zugleich einen größeren Hof um die Kirche her anzulegen und denselben mit Zaun oder Mauer einzufriedigen. Es war das an sich schon nötig zum Schutz der Heiligkeit des Ortes. Es wurde aber auch dieser geweihte Ort nun benützt, um die Toten hier zu begraben, damit sie gleichsam im Schatten der Kirche ruhen und den vom Gotteshause ausströmenden Segen gewinnen könnten. Der „Kirchhof“ wurde von selbst zum „Friedhof“ und zum „Totenacker“. So war es selbstverständlich [70] auch in Sachsen. Nur daß der alte Kirchhof kleiner war als der jetzige. Er beschränkte sich offenbar auf den höher gelegenen Raum um die Kirche her, der ziemlich eben liegt und für die Totenbestattung am geeignetsten war, wobei wir auch den Platz nördlich und westlich der Kirche als zugehörig betrachten müssen. Dieser Kirchhof genügte vollauf, solange die Bevölkerung in der Pfarrei noch gering war. Er mußte aber unzureichend werden, als die Bevölkerung im Laufe der Jahrhunderte stark zunahm, und noch mehr, als die Kirche durch den Chorbau erweitert wurde und als überdies noch Kapellen darin errichtet wurden. Eine Vergrößerung des Kirchhofs war daraufhin unvermeidlich. Diese erfolgte jedenfalls, als um 1323 der schon erwähnte Bau des neuen Chores vollendet wurde. Bei der Einweihung dieses Chores heißt es ausdrücklich, daß auch der Kirchhof geweiht wurde. Daraus darf geschlossen werden, daß der Kirchhof damals erweitert worden war. Es wurde nun auch der im Süden und Osten an den Kirchhof sich anschließende Hang dazu genommen und mit einer neuen Mauer umgeben. Man erkennt heute noch deutlich die beiden Teile des Friedhofes, die durch den ziemlich steilen Hang voneinander geschieden sind.

Der Kirchhof war in alter Zeit sichtlich befestigt. In den unruhvollen Zeiten der Vergangenheit war es nicht selten notwendig, daß die Leute sich rasch mit ihrem Vieh und ihrer wertvollsten Habe flüchteten; und dazu war ein mit fester Mauer umgebener Kirchhof recht geeignet. Nicht umsonst war dazu das alte untere Eingangstor ganz besonders stark gebaut. Es liegt die Wahrscheinlichkeit nahe, daß auch der oben liegende alte Pfarrhof mit seinem Garten um deswillen so gut geschützt war, um für die flüchtende Bevölkerung und vor allem für das Vieh genügend Raum zu bieten. Beide, Kirchhof und Pfarrhof, bildeten dann wohl eine geschlossene Befestigungsanlage. Läßt sich das auch nicht urkundlich nachweisen, so spricht doch die ganze Anlage der beiden Höfe dafür. Alte befestigte Kirchhöfe sind übrigens heute noch da und dort zu sehen. (Fortsetzung siehe S.201.)

15. das alte Kirchengut

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Wie die Pfarrpfründe, so war auch die Kirche in Sachsen vor alters mit einem ausreichenden Besitz zur Erhaltung des Gebäudes, zur Ausrichtung der Gottesdienste und zu anderen kirchlichen Notwendigkeiten ausgestattet. Man konnte sogar sagen, daß ein reiches Kirchenvermögen vorhanden war. In einem Verzeichnis des Kirchengutes von 1432 werden aufgezählt:

[71] a) Acker, zum Teil von größerem Umfang, am Kalkofen bei Alberndorf, am hohen Weg, am krummen Berg, an der Hutklingen bei Eyb, der Bergacker zu Untereichenbach, ein Acker am kurzen Aßwing und in der Haid.

b) Wiesen: Die Aigenwiesen, eine Wiese zu Waltendorf, je eine bei Lichtenau, zu Bechhofen, an der Streitfurt, und die Sandwiese. Dazu der „Heiligengarten“ am Kirchhof und ein Garten am Weickersbach.

c) Gülten, Zinsen und andere Abgaben von Gütern, Häusern und einzelnen Grundstücken zu Steinbach, Gösseldorf, Weiherschneidbach, Neubrunn, Winterschneidbach, Unterrottmannsdorf, Boxbrunn, Hirschbronn, Volkersdorf (4 Güter), Sachsen (ebenfalls 4 Güter). Durch anfallende Stiftungen und wohl auch durch Überschüsse aus den jährlichen Einkünften war die Kirche in den Stand gesetzt worden, dieses stattliche Vermögen anzusammeln, wenn uns auch im einzelnen nur spärliche Mitteilungen überliefert sind. Als Beispiel sei angeführt, daß das Gotteshaus i. J. 1415 von den Brüdern Kunz und Fritz Holzinger zu Colmberg eine Hofrait in Volkersdorf käuflich erwarb.


Meist waren die Pachtleistungen und die Abgaben von den Gütern in Geld vereinbart. Mehrfach finden sich aber auch Getreidelieferungen und andere Naturalabgaben. Beliebt war die Forderung von Wachs und Unschlitt für die Herstellung von Kirchenkerzen. So fielen in dem genannten Jahre 1432 im ganzen 14 Pfund Wachs und 75 Pfund Unschlitt an. Ähnliche Einkünfte besaß die Kirche zu Immeldorf. Diese war verpflichtet, von ihren Wachseinkünften jährlich 1½ Pfund in das Kloster nach Heilsbronn zu senden und dafür große und kleine Hostien einzutauschen, die dort hergestellt wurden, die großen für die Feier der Messen, die kleinen für die Feier des hl. Abendmahls. Die Hostien mußten für Immeldorf und Sachsen reichen.


Zu diesen Einnahmen aus dem Kirchengute kamen noch allerlei Opfer an Geld und Naturalien, besonders Käse, Flachs u. ä. Die Opfer fielen regelmäßig an gewissen Festtagen an, wie Kirchweihfest, St. Albanstag, Stephanstag.


Es ist schon im vorhergehenden Abschnitt ausgeführt worden, daß das Kirchenvermögen eine schwere Einbuße erlitt, als nach dem großen Brande von 1449/50 die Kirche wieder hergestellt und der Turm ganz neu gebaut werden mußte. Um dazu die Mittel beizuschaffen, [72] mußten zweimal große Verkäufe von Kirchengut vorgenommen werden. Unterm 28. Mai 1451 veräußerten die Gotteshauspfleger an das Gumbertusstift zu Ansbach folgenden Besitz:

1 Gut zu Neubrunn, das jährlich zu liefern hat 1 Sümmer Korn Nürnberger Maß (etwa 3,3 hl), 33 Pfennige (nach heutigem Geldwert etwa 5 RM) und 1 Fastnachtshuhn.
1 Gut zu Steinbach, das 14 Pfund gibt, das Pfund zu 30 Pf (etwa 70 RM i. Sa.).
1 Gut zu Gosteldorf (Gößeldorf), das jährlich 27 Pfund Unschlitt zu liefern hat.
1 Gut zu Weiherschneidbach mit jährlich 80 Pf Landswährung (etwa 15 RM).
1 Hofrait zu Boxbrunn, mit jährlich 36 Pf (etwa 6 RM).
1 Gütlein zu Rodmannsdorf, mit jährlich 40 Pf (etwa 7 RM).

Weiter verkauften sie am 10. März 1454 an das Reiche Almosen zu Nürnberg:

1 Gut zu Sachsen mit jährlicher Abgabe von 40 Pf) (etwa 7 RM).
1 Gut zu Sachsen mit jährlich 52 Pf (etwa 9 RM).
1 Gut zu Sachsen, das jährlich 18 Pfund Unschlitt gibt.
1 Gut zu Volkersdorf, das jährlich 3 fl. römisch und 1 Ort (= ¼ fl.) zu zinsen hat (fast 100 RM heute).
1 Gut zu Volkersdorf, mit ½ Sümmer Korngült (= 1,65 hl.), 8 Pfund Haller Gelds, das Pfund zu 30 Pf (etwa 40 RM i. 88.), 1 Fastnachtshuhn.
1 Gut zu Volkersdorf, mit jährlich 2 fl. römisch (über 60 RM) und 11 Metzen Korngült Ansbacher Maß (= 2,21 hl.).
1 Gut zu Volkersdorf, das 1 Sümmer Korn nach Ansbacher Maß jährlich gibt (= 3,3 hl) und 30 Pfund Unschlitt.


Wie schon gesagt, stammte nicht wenig Kirchengut aus der Stiftung von Jahrtagen und Seelenmessen. So rührte das Gut zu Weiherschneidbach, das 1451 verkauft wurde, von einer Stiftung her, die i. J. 1277 Konrad von Heideck für das „Seelenheil“ seiner verstorbenen Frau Elisabeth und seiner Tochter gemacht hatte. 1467 lesen wir im Salbuch von 1450, daß „Puchhennslein ½ Tagwerk Wiesen stiftete, die Sandwiesen ob Volkersdorf, zu einem Jahrtag“. Noch 1511 gab Dorothea Scherb von Neukirchen 20 fl. (etwa 600 RM nach heutigem Wert) zur Ausrichtung eines Jahrtages. Unter diesen Stiftungen befanden sich auch manchmal sogenannte „Immerkühe“. Bares Geld war um jene Zeit oft rar, Grundstücke mochte man auch nicht immer gern hergeben, so griff man zu der Auskunft, [73] daß man eine gute Kuh stiftete. Diese wurde dann irgendeinem Liebhaber übergeben, der davon den vollen Nutzen haben, aber jährlich einen bestimmten Betrag an Geld oder Wachs an die Kirche zu leisten hatte. Ging die Kuh ab, so mußte er aus eigenen Mitteln eine neue Kuh bereitstellen, so daß die Kuh gleichsam „immer“ oder „ewig“ da war. Daher der Name „Immerkühe“ oder, wie sie anderwärts auch hießen, „Ewigkühe“ oder „Eiserne Kühe“. Von einer solchen Kuh lesen wir in dem vorhin erwähnten Verzeichnis von 1511: Jakob Bauer von Brodswinden gibt (an die Kirche) von einer Immerkuh 1 Pfund Wachs an Viti (= St. Veitstag, 15. Juni). Bei der Sebastiansstiftung befanden sich 1523 nicht weniger als 8 solche Kühe.

Sonst gab es noch allerlei Rechte, aus denen die Kirche Einkünfte bezog. So kommt 1577 ein „Gattergeld“ vor, das 22 Haushaltungen in Sachsen zu entrichten hatten, d. h. eine Geldausgabe, die eingesammelt werden mußte und die über den „Gatter“ im Hofe hinausgereicht werden mußte. Sie ertrug jährlich etwa 14 fl. (nach heutigem Geldwert rund 200 RM). Auch der Pfarrer hatte diese Abgabe zu leisten. Ferner hören wir von einem „Mistrecht“, das auf 3 Grundstücken ruhte und einiges zur Kirchenkasse trug.


Die Verwaltung des Kirchengutes geschah durch vier Gotteshauspfleger, die vom Pfarrer und von der Gemeinde „gesetzt“, d. h. nach gegenseitiger Beratung ausgewählt und vom Pfarrer „mit Treuen an Eidesstatt“ verpflichtet wurden. Sie behielten dieses Amt in der Regel längere Zeit. Eine Entschädigung erhielten sie dafür nicht; es wurde ihnen höchstens bei auswärtigen Geschäften ein bescheidenes Zehrgeld zugebilligt. Irgendeine obrigkeitliche Bestätigung war nicht vorgesehen. Als die Pfarrei 1406 in eine markgräfliche und eine nürnbergische Hälfte auseinandergerissen wurde, wählte man je zwei Gotteshauspfleger aus den markgräflichen und aus den nürnbergischen Orten der Pfarrei.


Alljährlich hatten die Gotteshauspfleger Rechnung abzulegen. Um das Jahr 1425 tat man dies regelmäßig am 3. Tag nach „Obersten“ (= nach Epiphanias, 6. Jan.), also an St. „Erhardstag“, wie es auch hieß, d. i. am 8. Januar (bei der Zählung „dritter Tag“ ist der Epiphaniastag noch mitgerechnet nach damaliger Zählungsweise). Die Abhör der Rechnung erfolgte in der „Pfarre“ durch den Pfarrer „und wer von der Gemeinde dazu geschickt“ wurde. Zugegen war wohl von alters her stets ein Chorherr vom Gumbertusstift als Vertreter des Kirchenpatronates. Später wurde auch ein Vertreter von Nürnberg zugelassen, entweder vom Reichen Almosen oder von der Pflegschaft Lichtenau. Da die markgräfliche Regierung daraufhin [74] ein gleiches Recht beanspruchte, ergaben sich viele Streitigkeiten, wie später noch berichtet werden wird.

Zur Rechnungsabhör gehörte ehedem auch eine entsprechende „Zehrung“, bei der sich die Gotteshauspfleger samt den abhörenden Herren mit Speisen und Getränken gütlich tun durften. Es ging dabei stets hoch her, und der erste Posten unter den Ausgaben in der nächsten Rechnung erreichte immer eine beträchtliche Höhe. Immer wieder ergingen darum im Laufe der Zeit Weisungen der vorgesetzten Stellen, dabei das richtige Maß einzuhalten. So heißt es 1425, daß nicht mehr als ein halber Gulden (Geldwert für heute etwa 20 RM) verzehrt werden dürfe; was darüber hinausging, hätten die Beteiligten selbst zu bezahlen.


Rechnungen sind im Archiv der Pfarrei Sachsen erst seit dem Jahre 1495 vorhanden, aber bei weitem nicht vollzählig.


Am Ende der alten Zeit um 1511 besaß die Kirche von Sachsen folgende Grundstücke:

2 Tgw. Wiesen am Steinfurt (bei Volkersdorf).
2 Tgw. Wiesen, am Sand gelegen (bei Volkersdorf).
½ Tgw. Wiesen am Steinfurt.
1 Morgen Acker und Wiesflecklein am Kalkofen bei Alberndorf.
1 Morgen Acker und 1 Wiesflecklein (Ort nicht angegeben).
3 Tgw. Wiesen an der „Selwend“.
½ Tgw. Wiesen auf der Treib (wohl bei Volkersdorf).
1 kleines Wiesflecklein bei Rutzendorf, „ist um Gottes willen an das Gotteshaus gegeben“ (sog. Kirchturmspitze).
3 Tgw. Wiesen bei Bechhofen „bei der Teufelswag“.

Neben diesen Grundstücken werden in dem Verzeichnis von 1511 noch verschiedene Abgaben benannt, die auf Grundstücken anderer Leute ruhten und an die Kirche zu leisten waren; so von 9 Grundstücken 10 Pfund Wachs, von einem Acker am Mühlrangen 1 Maß Wein als „Speisewein“ am Gründonnerstag, außerdem noch geringe Geldleistungen.

Über das Kirchengut in neuerer Zeit wird S. 209 berichtet werden.

16. Die Kirche in Neukirchen

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Da die „Kirche“ dem Orte den Namen gab, ist als sicher anzunehmen, daß dort schon sehr früh eine Kapelle oder Kirche errichtet wurde, wenn nicht gleichzeitig mit der Gründung der Ortschaft, so doch bald darauf. Erbauer waren vermutlich die Herren von Vestenberg. Als [75] „neue“ Kirche wurde sie bezeichnet im Gegensatz zur alten Kirche in Sachsen, zu der sie immer im Filialverhältnis stand. Das jetzige Kirchengebäude geht in seinem Grundstock sichtlich auf ein ähnlich hohes Alter wie die Mutterkirche in Sachsen zurück, da sie ähnliche, jetzt allerdings fast ganz verwischte Bauformen zeigt. Doch fehlen hierzu alle urkundlichen Nachrichten. Die Länge der Kirche beträgt 13 m, die Breite 11 m, die Höhe mit Dach etwa 12 m. Ein Daehreiter mit einer Glocke war wohl schon in ältester Zeit aufgesetzt.

Als Kirchenheilige werden im Salbuch der Pfarrei Sachsen von 1450 die beiden Apostel „Simon und Judas“ genannt, deren gemeinsamer Gedenktag auf den 28. Oktober fällt. Gemeint ist Simon von Kana oder, wie er auch heißt, Simon der Eiferer; und Judas, mit den Beinamen Thaddäus und Lebbäus. In späterer Zeit erscheinen jedoch „Peter und Paul“ als Kirchenheilige, ohne daß ein Grund hierzu ersichtlich ist. Als Tag des Kirchenheiligen (Patrocinium) wurde jedenfalls auch weiterhin „Simon und Judae“ (28. Okt.) gefeiert, allerdings unter dem Namen „Herbstkirchweih“. Die eigentliche und richtige Kirchweih („Kerbei“ oder „Kerbeihe“, wie man in den alten Akten liest) fiel einst auf den Sonntag vor Margareten, also vor dem 13. Juli. Später wird der Sonntag nach Mariae Heimsuchung genannt, also nach dem 2. Juli. Beide Angaben kommen so ziemlich auf die gleiche Zeit heraus. Auch Peter und Paul, nach denen sich heute die Kirchweihfeier richtet, liegt nicht weit davon (29. Juni).

An den beiden Kirchweihtagen wurde stets ein feierlicher Gottesdienst in Neukirchen gehalten. Gleiches geschah am „Aufertag“, dem Auffahrtstag, d. i. Christi Himmelfahrt. Auch ein Hagelfeiertag mit Flurumritt wurde im Laufe des Sommers gehalten. Außerdem hören wir von einer „Wochenmesse“ in Neukirchen; nach Ausweis der alten Rechnungen kam wöchentlich einmal ein Kaplan von Sachsen nach Neukirchen, um dort eine Messe zu lesen. Das Salbuch von 1450 verzeichnet noch zwei Ablässe, die man sich in Neukirchen erwerben konnte, wenn man sich am Tag der 10 000 heiligen Märtyrer (22. Juni) und am Tag der 11 000 Jungfrauen (21. Okt.) in der Kirche einfand und vor dem Altar bestimmte Andachtsübungen verrichtete.

Das Kirchengut, der „Heilige“, wurde von zwei aus der Gemeinde erwählten Heiligenpflegern verwaltet, die jährlich vor dem Pfarrer von Sachsen und vor den Gemeindegliedern Rechnung zu legen hatten. Als Tag der Rechnungsabhör erscheint bald der Sonntag Jubilate, bald der Feiertag Peter und Paul, bald ein anderer Tag. Die Gemeinde war sehr darauf bedacht, die Einkünfte ihres Kirchleins zu vermehren und das Vermögen sicherzustellen. [76] Darum kaufte man vor allem Wiesen an. So hören wir i. J. 1507 von einer Wiese „im Lottersee“ zwischen Lichtenau und Herpersdorf, von einer Wiese „auf der Au“ (bei der Aumühle), von einer solchen bei der „Wilden Grub“ (bei Rutzendorf), von einer „im Steinfurt“ (bei Volkersdorf). Letztere wurde 1519 gegen einen großen Acker von vier Morgen bei der Büchenmühle umgetauscht. Im Jahre 1522 wurde eine Wiese von Hans Weiß in Volkersdorf um 15 fl. (nach heutigem Geld etwa 450 RM) erworben. Später wurden auch Wälder angekauft und Geld auf Zinsen ausgeliehen. An Kirchweihen und anderen Feiertagen wurden Opfer „auf die Tafel“ gelegt, Geld oder Flachs, Eier, Käse u. a., die dann für die Kirchenkasse verwertet wurden. Die Kirche zu Immeldorf hatte jährlich zwei Pfund Wachs zur Kerzenbereitung zu liefern. Man hielt sogar längere Zeit Bienen, um für diesen Zweck Wachs zu gewinnen, wie aus den Kirchenrechnungen ersichtlich ist. Ebenso hielt man für das Gotteshaus Schafe, um aus dem Verkauf von Wolle und Jungschafen Einkünfte zu erzielen. So befand sich die Kirchenstiftung stets in bestem Stande und konnte mit der Zeit noch reichliche Überschüsse erzielen.

Die Einnahmen dienten dazu, das Kirchlein in gutem Stande zu erhalten, die Ausgaben für die Gottesdienste zu bestreiten, die Geistlichen für ihre Amtsverrichtungen zu entschädigen u. dgl. Auch die „Zehrung“ bei der Rechnungsabhör wurde nicht vergessen, wobei sich sämtliche „Nachbauern“ (Nachbarn) von Neukirchen zu beteiligen pflegten.

Über die spätere Geschichte siehe S. 215.

17. Die Sebastians-Bruderschaft und ihre Kirche.

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Bis zum Jahre 1813 stand im Kirchhof zu Sachsen noch die alte Kapelle der Sebastians-Bruderschaft. Man konnte sie wohl eine Kirche nennen, denn sie hatte einen erheblichen Umfang und glich einer kleinen Dorfkirche. Der Chor dieser Kapelle befand sich auf der Stelle, wo heute das Gefallenen–Denkmal steht; das Gemäuer erstreckte sich von da aus in gerader Richtung gegen Westen, so daß die Nordwestecke des Baues nahe an die heutige Südostecke der Hauptkirche heranreichte. Überreste von alten Grundmauern, die bei der Aushebung der Gräber immer wieder gesunden wurden, bestätigen den Umfang der Kirche.

Wann die Kirche gebaut wurde, läßt sich nicht genau bestimmen. Es wird berichtet, daß über der auf der Westseite befindlichen Türe [77] die Jahreszahl 1463 eingemeißelt gewesen sei. Um diese Zeit ist jedenfalls der Bau ausgeführt worden. Er scheint sich aber längere Zeit hinausgezogen zu haben, denn die Einweihung der Kirche erfolgte erst 1491 am Johannistag (24. Juni) durch den Würzburger Weihbischof Georius (eigentlich Bischof von Ricopolis, im damals türkischen Gebiet), wobei der Pfarrer Johannes Wagner die erste Messe hielt. Geweiht wurde die Kirche zu Ehren des Schutzheiligen der Bruderschaft, des hl. Sebastian, außerdem noch zu Ehren des hl. Wolfgang und der 14 Nothelfer, der Heiligen Martin, Wendelin, Kilian, Bonifatius und Rochus. Reliquien waren im Altar verwahrt von den Heiligen Wolfgang, Sebastian, Martin, der Jungfrau Helena und den 14 Nothelfern.

In den alten Rechnungen über die Kirche wird von einer Frühmesse gesprochen. Danach scheint täglich eine Messe in der Kirche gelesen worden zu sein. Das entspricht ganz dem Zweck, zu dem einst die Sebastians–Bruderschaft gegründet wurde. Solche Bruderschaften erfreuten sich in jener Zeit, etwa seit dem Jahre 1400, großer Beliebtheit. Sie waren eine Ausprägung der damaligen Frömmigkeit, die beherrscht war von der Furcht vor dem Fegfeuer nach dem Tode. Um seine Seele aus dieser Qual zu erretten, machte man allerlei Stiftungen, brachte Opfer und übte sich in vielen und langen Gebeten (Rosenkränzen u. a.). Vor allem aber erstrebte man durch das heilige Meßopfer Gnaden und Segnungen sich zuzueignen. Dazu stiftete man gern „Jahrtage“ zu dem Zweck, durch jährliche Messen das Heil seiner Seele sicherzustellen. Zu gleichem Zweck gründete man auch „Bruderschaften“, bei denen die Mitglieder sich verpflichteten, durch Gebete, Opfer und regelmäßige Messen, besonders auch beim Tode der Mitglieder, nach Kräften Vorsorge für die Ewigkeit zu treffen. Es waren somit die Bruderschaften, wie jemand gesagt hat, eine Art „Versicherungsanstalten für das Seelenheil“, damit die Seelen der „Brüder“ und der „Schwestern“ möglichst vor dem Fegfeuer bewahrt oder doch baldigst daraus erlöst würden. In Ansbach gab es eine ganze Reihe solcher Bruderschaften; die vornehmste war die von dem Markgrafen und Kurfürsten Friedrich I. gegründete, die sich auch nach dem hl. Sebastian nannte. Vielleicht war diese das Vorbild zu der Bruderschaft in Sachsen. In einem alten Verzeichnis der Toten aus der Sachsener Bruderschaft ungefähr aus dem Jahre 1500 werden über 100 Namen von Männern aufgezählt, zu denen noch die Namen ihrer Frauen hinzuzurechnen sind. Die Mitglieder setzten sich aus der ganzen ehemaligen Pfarrei zusammen. Bedeutsam ist eine Notiz von 1518, worin es heißt: „So oft ein Bruder oder eine Schwester in der Bruderschaft stirbt, soll man solche gestorbene Person an einem Sonntag in der Pfarrkirche mit [78] einer Messe die Loßletz (letzte Lektion) besingen als an einem Tag, so man einem ein Opfer (Meßopfer) sollt halten; welcher aber mehr Messen wollt lassen halten, soll es von seinem Gut ausrichten.“

Unter dem Chor der Sebastians-Kirche hatte man eine Krypta angelegt, d. h. eine unterirdische Kapelle. Der an dieser Stelle abfallende Hang im Friedhof bot dazu bequeme Möglichkeit, besonders auch für den Eingang an der Ostseite. Die Krypta ist heute noch vorhanden, unmittelbar unter dem Gefallenen-Denkmal, wenn sie auch seit der Reformation nicht mehr als Kapelle benützt wird; sie wurde eine Zeitlang sogar als „Keller“ gebraucht und hat davon heute noch den Namen im Munde der Leute. Der Gedanke zur Anlage einer solchen Krypta kam wohl über Ansbach, wo sich unter der Gumbertuskirche von alter Zeit her eine Krypta befand und noch befindet. Auch die Kirche in Roßtal, die ebenfalls eine Krypta besitzt, kann anregend gewesen sein. Die Sachsener Krypta war freilich ein ganz einfach gehaltener Raum mit einem schlichten Steingewölbe und zwei schmalen Fensterschlitzen. Doch stand ein Altar darin, der – jedenfalls auch im Jahre 1491 – zu Ehren des hl. Bischofs Erhard, des Bekenners Nicolaus, der Jungfrau Ottilie und des Bekenners Jodocus (Jobst) geweiht worden war. Im Altar waren Reliquien des hl. Erhard, des hl. Alban und der 10 000 Märtyrer (des „Achatius und Genossen“) verwahrt. Mit dem Altar war ein Ablaß verbunden, d. h. ein Nachlaß von Fegfeuerstrafen, wenn jemand an den genannten Heiligentagen des Erhard, Nikolaus, Jodocus und der Ottilie (8. Jan., 6. Dez., 13. Dez.) den Altar besuchte und opferte (Gebet und Gaben).

Aus Stiftungen und Opfern brachte die Bruderschaft trotz der Ausgaben für Messen, Lichter u. a. ein ganz hübsches Vermögen zusammen, so daß sie in der Lage war, eben dieses Gotteshaus mit der Krypta zu errichten. Sie erhielt aber auch Grundbesitz. Im ältesten Verzeichnis um das Jahr 1500 lesen wir:

„Wiese am Steinfurt“ (bei Volkersdorf), von deren Ertrag ein Teil zu vierteljährlichen Brotspenden an arme Leute verwendet werden sollte.
„Wölfleinswiese“ (ohne nähere Angaben).
„Eine Wiese zu Gößeldorf“, von der jährlich ein Teil des Pachtertrages an die Frühmesse zu Brodswinden abzugeben war.
„Ein Wieslein bei der Erlmühle, das Werlein genannt“, gestiftet von Michel Miltner von der Erlmühle „zu einer ewigen Frühmesse“ bei der Bruderschaft des hl. Sebastian. – Dazu kam später
„Eine Wiese unter dem Pfarrgarten“, 1513 erwähnt, und
„Eine Wiese am Büchenbach“, 1522 angekauft.

[79] Außer den Grundstücken werden als Besitz der Bruderschaft noch aufgeführt eine Anzahl „Immerkühe“ (siehe S. 72). Ferner wurden zur Wachsgewinnung Bienen gehalten. Endlich wurden Schafe gegen bestimmte Abgaben ausgeliehen, z. B. im Jahre 1523 an den Wirt zu Leidendorf 18 Schafe gegen eine Leistung von 5½ fl. (etwa 160 RM heute), an einen Bauern zu Weiherschneidbach ebenfalls 18 Schafe, an andere noch 12 Schafe. Bei der „Einschäftung“ (Aufnahme) in die Bruderschaft wurde entweder Geld gegeben oder eine Kuh gestiftet oder ein wertvolles Kleidungsstück („Röcke“) dargereicht oder sonst etwas geopfert.

Für die Folgezeit siehe S. 234.


18. Alte Kapellen

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Bei einer Stiftung, die der Ritter Konrad von Heideck i. J. 1277 machte, war unter anderem vorgesehen, daß ein „Licht“ (offenbar ein Ewiges Licht) in der Kapelle St. Oswald unterhalten werden sollte. Eine Kapelle dieses Namens ist sonst innerhalb des damaligen Pfarrbezirkes nicht bekannt. Dagegen erscheint im Salbuch der Pfarrei von 1450 eine andere Kapelle, in deren Altar Reliquien des „Königs Oswald“ aufbewahrt wurden, das ist die Kapelle St. Kunegunde. Auffallenderweise wurden in dieser Kapelle keine Reliquien der hl. Kunegunde aufbewahrt, so daß der Schluß nahe liegt, daß wir es hier mit der einstigen Kapelle St. Oswald zu tun haben, die vielleicht bei irgendeiner Gelegenheit neu geweiht und dabei auch zu Ehren der hl. Kunegunde bestimmt wurde.

Diese Kapelle stand wahrscheinlich westlich vom Kirchturm nahe an der dortigen Kirchhofmauer. Dort wurden bei der Anlage eines Brunnens noch Grundmauern gefunden, deren Vorhandensein nicht anders erklärt werden kann, als daß hier Überreste einer alten Kapelle zum Vorschein kamen. Diese Kapelle war es dann auch, die nach der Reformation als „Beinhaus“ verwendet wurde, d. h. zur Aufbewahrung der bei Wiederbenützung von Gräbern ausgegrabenen Totengebeine; denn von einem besonders erbauten Beinhaus ist sonst nirgends die Rede. Als Pfarrer Roth i. J. 1763 für seinen Pfarrhof ein Hofhäuslein baute, wurde dazu „das hinter der Kirche befindliche alte Gemäuer von dem verfallenen sog. Beinhäuslein verwendet“, wie es wörtlich in den Akten heißt. Die noch vorhandenen Gebeine wurden wohl daneben vergraben; denn dort wurde noch in der Gegenwart gelegentlich eine große Menge gefunden.

[80] In der Kunigunden-Kapelle wurden außer den schon genannten Reliquien St. Oswalds noch hl. Überreste verwahrt vom hl. Sixtus, von den 10 000 Märtyrern und ein Stück von dem Stein, den „des Herrn Haupt berührte am Abend, als er verraten wurde“ (gemeint ist wohl, als er im Garten Gethsemane auf sein Angesicht niederfiel). Als Kirchweihtag wurde für die Kapelle der Sonntag nach Ostern gefeiert, jedoch nur „bis Mittag“.


Im Jahre 1520 wurde bei der Rechnungsabhör im Pfarrhof zu Sachsen eine Kapelle St. Lienhard bei Sachsen erwähnt. Pfarrer Paulus beklagte sich damals, daß „die in der Gemein zu Sachsen“ sich unterfingen, selbständig Pfleger über die Kapelle zu setzen, ohne sich mit dem Pfarrer darüber zu benehmen. Die Leute antworteten, solche Verwaltung sei ihnen vor etwa 26 Jahren durch die Nürnberger Herrschaft (in Lichtenau) bewilligt worden. Worauf ihnen der Bescheid erteilt wurde, daß sie sich stets mit dem Pfarrer zu benehmen hätten und ihm auch Rechnung ablegen müßten. Demnach scheint die Kapelle etwa um das Jahr 1494 erbaut worden zu sein, offenbar von den Bürgern der Gemeinde Sachsen, selbständig und aus eigenen Mitteln. Da aber von „Gefällen“ die Rede ist, die in dieser Kapelle geopfert wurden, so mußte selbstverständlich eine geordnete Verwaltung und Verrechnung statthaben. Von einer Weihe der Kapelle ist nichts bekannt. Doch war sie jedenfalls dem hl. Leonhard zu Ehren errichtet worden, dessen Gedenktag auf den 6. November fällt. St. Leonhard galt damals als Schutzpatron für die Landwirtschaft und besonders für das Vieh; er wurde hauptsächlich in Franken und Altbayern verehrt, und war ein richtiger „Bauernheiliger“.

Wo seine Kapelle stand, ist völlig unbekannt. Es heißt nur „bei Sachsen“. Vermutlich war es eine Feldkapelle, wie man solche heute noch vielfach in katholischen Gegenden findet, meist an einem viel benützten Feldweg.


Hinter Zandt, an der Stelle, wo die Fluren der drei Ortschaften Zandt, Großbreitenbronn und Bammersdorf zusammenstoßen, stand ehedem eine Kapelle, deren Grundmauern noch um 1890 sichtbar waren, die „Stephans-Kappel“, wie sie aus alten Karten genannt wird. Sie war, wie ihr Name besagt, dem hl. Stephan gewidmet, einem besonders in der Pfarrei Sachsen viel verehrten Heiligen. Näheres ist uns über die Kapelle nicht bekannt; das Feld ringsum heißt heute noch das „Kappelfeld“.

[81] Die Anhöhe hinter dem Schulhaus in Zandt führt den Namen „Kirchenbuck“. Warum, konnte nicht ergründet werden. Von einer Kapelle oder Kirche auf dieser Anhöhe ist weder mündlich noch schriftlich auch nur das geringste überliefert. Vielleicht hängt der Name damit zusammen, daß die Leute gern, zumal bei schlechtem Wetter, über diesen „Buck“ und weiter über Oberrammersdorf zur Kirche nach Sachsen gehen, obwohl der eigentliche Kirchenweg ganz anders läuft.

19. der alte Kultus

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a) Das geistliche Amt

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Ein Schiedsgericht, das 1432 zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen dem Pfarrer Schedel und der Gemeinde eingesetzt war, gibt uns einen klaren Einblick in die Amtstätigkeit der damaligen Geistlichen. Der Pfarrer zu Sachsen hatte danach alle Wochen drei oder vier Messen in der Kirche zu halten oder sie durch seinen Gesellen (Kaplan) halten zu lassen, im Winter um 2 Uhr auf den Tag (= eine Stunde nach Tagesanbruch, gemäß der Nürnberger Zeitrechnung), im Sommer um 3 Uhr aus den Tag (=zwei Stunden nach Tagesanbruch). Weiter sollte er an allen Sonn- und Feiertagen „eine Pre–digt tun“ oder tun lassen, an sämtlichen Heiligennächten wie an allen Samstagnächten die Vesper singen zu rechter Vesperzeit, damit das Pfarrvolk zugegen sein könne (also nicht zu früh, etwa schon am Nachmittag, aber auch nicht zu spät, sondern, wie man damals das Wort „Nacht“ verstand, um die spätere Abendzeit). Den Sterbenden sollte er „ohne Verzug, es sei früh oder spät“, die heiligen Sakramente (heiliges Abendmahl und Letzte Ölung) reichen, ebenso die Kinder, die man zur Taufe brachte, „gütlich und ohne Verziehen taufen und seine Arbeit derweilen unterwegs lassen“. „Desgleichen soll er auch tun, wenn die Leute zur Ehe greifen.“ Wenn Frauen „aus dem Kindbett gehen“, hatte er sie „einzuleiten“, d. h. in das Gotteshaus zu geleiten und dort auszusegnen. Weiter hatte er Beichte zu „hören“, sonderlich in der Fastenzeit (Passionszeit), ohne einen Unterschied zwischen arm und reich zu machen, zu „ziemlicher Zeit“ (= zu geeigneter Zeit). Dabei sollte er die Leute „gütlich und bescheiden, ohne Zorn und Beschämung ausrichten und tugendlich anweisen und einem jeglichen eine heilsame Buße aufsetzen nach Vernunft und Gewissen“. „Auch wenn man dem Pfarrer Seelgerät (Reichnisse für eine besondere Totenfeier) gibt, soll er den 7. und 30. über das Grab gehen“ (am 7. und 30. Tag das betreffende [82] Grab besuchen zur Weihe und Segnung). – Pfarrer Schedel hatte es an Treue in seinem Amte sehr fehlen lassen, weshalb ihm seine Pflichten in der vorbezeichneten Weise eingeschärft werden mußten.

Wie in Sachsen, hatte der Pfarrer auch in Immeldorf seine Amtspflichten, die er entweder selbst oder durch seinen Kaplan auszurichten hatte. Er sollte dort alle Sonn- und Feiertage eine Messe halten, ebenso während der Fastenzeit an jedem Mittwoch. Am Abend vor St. Georgen (dem Kirchenheiligen in Immeldorf) mußte ein Vespergottesdienst gehalten werden, an der Kirchweih sogar zwei. An zwei Tagen vor Oculi und an einem Tag nach Palmsonntag war Beichte zu hören.

Von den Wochenmessen in Neukirchen und anderen Gottesdiensten dort ist schon gesagt worden.

b) Jahrtage, Seelenmessen und Ablässe

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Das Hauptanliegen der Gläubigen damaliger Zeit war, wie schon hervorgehoben wurde, die Sorge um die Seele und im Zusammenhang damit die Rettung aus den Fegfeuerqualen. Hierzu sollten die sogenannten guten Werke dienen, wie das Fasten, die Opfer in den Kirchen, Almosen, Stiftungen, Rosenkranzgebete usw. Da man aber fühlte, daß das alles nicht ausreichte, so wollte man noch etwas Besonderes leisten, um ganz sicher zu gehen. Von einem Weg ist bereits ausführlicher gehandelt worden, von den Bruderschaften, wie eine solche in Sachsen in der Sebastiansbruderschaft bestand. Einen anderen Weg bedeuteten die Jahrtage, die Seelenmessen und die Ablässe.

Der Messe schrieb man besondere Heilwirkung zu, denn in der Messe wurde ja nach damaliger Anschauung das heilbringende Opfer Christi wiederholt. Dieses Opfer kam den Lebenden zugute, wenn sie sich an der Feier der Messe betend beteiligten oder gar Messen stifteten; es entfaltete aber seine Segenswirkung noch über das Leben hinaus, wenn es für Verstorbene dargebracht wurde. Darum versäumte man nie, für die Abgeschiedenen eine und womöglich mehrere Seelenmessen lesen zu lassen, Totenmessen, wie sie heute noch in der katholischen Kirche üblich sind. Es wurden aber auch dauernde Messen für die Verstorbenen gestiftet. Ritter Konrad von Heideck gab 1277 eine Wiese zu Seebrunn an die Kirche zu Sachsen, damit der dortige Pfarrer allwöchentlich zwei Messen für die „verstorbenen Gläubigen“ in der St. Oswaldkapelle halte. Die von der Sebastiansbruderschaft in ihrer Kirche gestiftete Frühmesse wird einen ähnlichen Zweck gehabt haben. Mit den Totenmessen war öfters eine „Vigilie“ verbunden, d. h. ein Gottesdienst am Abend zuvor. Weiter liebte [83] man eine „Memorie“, d. h. ein öffentliches Gedenken der Toten von der Kanzel im Anschluß an die Sonntagspredigt.

Vermögende Gemeindeglieder suchten sich nun aber den Segen des erlösenden Meßopfers dauernd für sich und ihre Familie zu sichern, indem sie einen Jahrtag stifteten. Sie übergaben der Pfarrei oder der Kirche bestimmte Grundstücke, Kapitalien oder jährliche Einkünfte aus ihren Gütern mit der Auflage, dafür alljährlich am Todestag der Betreffenden eine oder auch mehrere Messen zu halten zum Heil ihrer Seelen. So stiftete z. B. Hans Seußner von Hirschbronn im Jahre 1495 mit seiner Frau einen Jahrtag, indem er 29 fl. rheinisch (nach heutigem Geldwert etwa 900 RM) aussetzte, wofür dann alljährlich an drei Quatembern (= vierteljährlichen Fasttagen) je eine Messe gelesen und eine Memorie gehalten, am 4. Quatember aber zwei Messen mit vorausgehenden Vigilien zu drei Lektionen vollzogen werden sollten. Neben dem amtierenden Geistlichen sollten dabei auch der Kaplan und der Glöckner mit Gebühren bedacht und den Armen Almosen dargereicht werden. In dem schon oft angeführten Salbuch der Pfarrei Sachsen von 1450 finden wir sowohl für Sachsen als für Immeldorf eine lange Reihe von Jahrtagen vorgetragen. Als Beispiele seien hervorgehoben: Klaus Priester von Sachsen mit Frau und Sohn eine Vigil und vier Messen jährlich; Kunz Hystmann von Alberndorf zwei Messen; Fritz Schmid von Ratzenwinden und Kinder zwei Messen; Peter Schmid von Rottmannsdorf zwei Messen; Pinhenslein und Erben drei Messen und Gedenken im Gottesdienst; Kunz Schmid und Frau von Sachsen zwei Messen, eine Vigilie und Umgang durch die Kirche mit Weihwasser und Weihrauch.

Eine besondere Einrichtung der Kirche war der Ablaß. Durch bestimmte Leistungen, wie Gang zu einem bestimmten Gotteshaus mit entsprechenden Gebeten und Opfern, konnte man sich einen Anteil an den guten Werken der Heiligen zueignen und damit die Fegfeuerstrafen vermindern. So war in der Krypta unter der Sebastianskirche, wie schon gesagt wurde, ein Ablaß zu erwerben, ebenso in der Kirche zu Neukirchen. Für das Gotteshaus zu Immeldorf sind zweimal päpstliche Ablaßbriefe ausgestellt worden, 1360 und 1459.

c) Heiligenverehrung

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Zur mittelalterlichen Frömmigkeit gehörte vor allem die große Verehrung der Heiligen. Voran stand, besonders im späteren Mittelalter, Maria, die heilige „Jungfrau“, die „Gottesmutter“. Sie wurde auch in Sachsen bei der Neuweihung der Kirche 1323 dem alten Schutzpatron St. Alban vorangestellt. Natürlich bildete für jede Gemeinde der Kirchenheilige einen Gegenstand besonderer Verehrung, [84] so für Sachsen der heilige Alban, für Immeldorf der heilige Georg, für Brodswinden der heilige Sixtus. Ihm wurde in der Gemeinde ein besonderer Feiertag gewidmet, das sogenannte Patrocinium, d. h. das Fest des Kirchenpatrons. In Sachsen fiel dieses Fest auf den 22. Juni als den Albanstag. Dieser Tag galt späterhin als zweite Kirchweihe, fiel aber mit der Zeit aus. Die eigentliche Kirchweihfeier traf auf den Sonntag nach Mariä Himmelfahrt, also nach dem 15. August. Ob dies von alters her der Kirchweihtag war oder ob er erst später so gelegt wurde, kann nicht entschieden werden. Es ist möglich, daß er erst seit 1323 so bestimmt wurde, nachdem damals die Kirche an erster Stelle zu Ehren der Maria geweiht worden war. In neuerer Zeit bezeichnete man als Kirchweihtermin den Sonntag vor Bartholomäus, also vor dem 24. August, was annähernd auf den gleichen Tag herauskommt. Diese andere Bezeichnung ist vermutlich deshalb gewählt worden, weil seit 1715 Mariä Himmelfahrt in Sachsen nicht mehr gefeiert wurde, wohl aber noch der Bartholomäustag. Übrigens tauchte vorübergehend auch die andere Kirchweihfeier nach 1700 wieder auf; im Jahre 1748 heißt es: „Erste Kirchweih ist Montag vor Johannis“, also vor dem 24. Juni, wobei der Montag um deswillen genannt wurde, weil damals am Sonntag keine öffentlichen Lustbarkeiten (Tänze usw.) stattfinden durften.

Für die Kirche in Sachsen wurde 1323 noch ein dritter Kirchenheiliger genommen, nämlich St. Stephanus, der erste Märtyrer der christlichen Kirche. Sein Gedenktag, der zweite Weihnachtsfeiertag, wurde darum in der Pfarrkirche besonders hoch gefeiert mit Gottesdiensten, Darbringung von Opfern und Gebeten, um sich die außerordentlichen „Gnaden und Segnungen“ dieses Heiligen zu erwerben. Stephanus galt vor allem als Schutzpatron der Pferde und war schon darum auf dem Lande sehr beliebt.

Nachstehend sei über die wichtigsten hier in Betracht kommenden Heiligen das Notwendigste mitgeteilt:

Maria, Peter und Paul, Simon und Judas, Johannes der Täufer (24.Juni) und Stephanus sind aus der Heiligen Schrift zur Genüge bekannt, weshalb über sie nichts weiter gesagt zu werden braucht. Über den heiligen Alban wurde schon in dem Abschnitt von der Gründung der Pfarrei Sachsen geredet.

Sebastian soll in Frankreich geboren und in Italien erzogen worden sein. Als Hauptmann der kaiserlichen Leibwache soll er offen seinen Christenglauben bekannt, deshalben an einen Baum gebunden und von Bogenschützen mit Pfeilen durchschossen worden sein, bis er für tot liegen blieb. Aber er sei wieder genesen, dann von dem bekannten Christenverfolger Diokletian zum Tode durch Stockschläge verurteilt worden. Sein Leichnam sei in den großen Schmutzkanal zu [85] Rom geworfen, aber von einer Christin wieder herausgezogen und bei Rom beerdigt worden. So erzählt uns die Sage aus dem Jahre 288 n. Chr. Sein Todes- und Gedenktag ist der 20. Januar. Er wurde als Helfer in Todesnot von den Sterbenden gern angerufen, weshalb sich auch die Bruderschaft in Sachsen nach ihm benannte.

Georg, der Ritter, soll zur Zeit der Christenverfolgungen unter den römischen Kaisern gelebt und im Jahre 303 ritterlich sein Leben für den Herrn gelassen haben. Sein Bild ist ganz von Sagen und Legenden umwoben. Er wird meist als der Held dargestellt, der dem Lindwurm, dem „alten Drachen“, die Lanze in den Rachen stößt. So soll er nämlich einst eine verlassene Königstochter aus der Gewalt eines Drachen errettet haben. Als Schutzherr aller Verlassenen und Bedrängten wurde er darum gern angerufen. Seine Heldengestalt fand überhaupt den Beifall unserer Vorfahren.

Oswald war ein englischer König, der vor seinen Feinden nach Schottland fliehen mußte. Er konnte aber zurückkehren und über seinen Gegenkönig einen glänzenden Sieg erringen, weil er vor der Schlacht ein Kreuz aufgerichtet und vor allem Kriegsvolk den „wahren Gott“ um Schutz und Hilfe angerufen hatte. Er soll sich dann sehr um die Ausbreitung des Christentums bemüht, aber schließlich in einer Schlacht im Jahre 642 sein Leben verloren haben. Sein Gedenktag ist der 4. August.

Leonhard, ein fränkischer Edelmann, hatte sich nach seiner Belehrung als Einsiedler in einem Walde niedergelassen und ein Bethaus gebaut, aus dem hernach ein berühmtes Kloster erwuchs. Er hatte seine besondere Freude daran, für die Gefangenen und Eingekerkerten zu wirken. Später wurde er als Pfleger der Landwirtschaft und Beschützer der Pferde und Rinder verehrt. Er starb im Jahre 559 am 6. November. Letzteres ist darum auch sein Gedenktag.

Sixtus, ein Papst, hielt trotz des Verbotes des Kaisers Valerian einen feierlichen Gottesdienst in den unterirdischen Gewölben zu Rom (Katakomben), wurde dabei von eingedrungenen Soldaten ergriffen, mit seinen Diakonen vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt, auch auf der Stelle enthauptet, am 6. August 258.

Kunegunde war die Gemahlin des Kaisers Heinrichs II. und führte mit ihrem Manne ein christlich frommes Leben. Der Kaiser hatte im Jahre 1007 das Bistum Bamberg gegründet. In dem dort hernach erbauten Dome liegt er mit seiner Gemahlin begraben. Ihre Standbilder, in Stein gehauen, sind an der Ostpforte des Domes zu sehen. Weil Kunegunde kinderlos blieb, wurde sie als Beschützerin der Jungfräulichkeit verehrt. Ihr Gedenktag ist der 3. März.

Die 14 Nothelfer, eine Zusammenstellung von zweimal sieben Heiligen, gelangten erst gegen das Ende des Mittelalters zu besonderer [86] Verehrung. Es sind meist weniger bekannte Heilige, denen aber in ihrer Gesamtheit außerordentlich viel Möglichkeit zur Hilfe in allen Nöten zugesprochen wurde. In der berühmten Wallfahrtskirche „Vierzehnheiligen“ in Oberfranken haben sie eine bekannte Stätte der Verehrung gefunden, zu der heute noch viele Wallfahrten ziehen.

d) Weihen und andere Bräuche

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Viel Gewicht legte man in alter Zeit auf Weihen aller Art. Bekannt ist das Weihwasser, mit dem der Geistliche bei bestimmten Anlässen die Gläubigen besprengt und mit dem sie sich selber beim Ein- und Ausgang an der Kirchentüre besprengen. Bekannt ist auch der Weihrauch, wie er bei katholischen Gottesdiensten gebraucht wird. Aber die Weihen griffen damals noch viel weiter. In der Brandenburgisch-Ansbachischen Kirchenordnung von 1533 hören wir noch von „Wachsweihen“, womit Osterkerzen gemeint sind, die man in der Kirche weihen ließ und daheim zur Vertreibung von Unheil und bösen Geistern anzündete; weiter von „Palmen“, d. h. den blühenden Weidenzweigen mit den sogenannten Palmkätzchen, die man im Gotteshause weihen ließ, um sie daheim aufzustecken oder auf die Felder hinauszutragen, beides zur Gewinnung von Schutz und Segen für Haus und Feld; dann von „Osterfladen“, d. h. Osterkuchen, die man zur Weihe in die Kirche trug, damit das Brot im Jahr gesegnet ist; endlich von einer „Kräuterweihe“, womit wohl die Weihe der Feldfrüchte gemeint ist oder auch anderer „Kräuter“, die man im Hause gebrauchte.

Was die Feldfrüchte betrifft, so erzählen uns die ältesten Kirchenrechnungen von Neukirchen von einem „Flurumritt“, der alljährlich im Frühjahr stattfand, also von einer Prozession, bei der ein Teil der Männer zu Pferd voranritt, während der Geistliche mit dem übrigen Teil der Gemeinde nachfolgte; unter Gebeten und Gesängen zog man durch die Feldflur, die der Geistliche segnete und deren Saaten und Wieswuchs er weihte. Ebenso wird uns von einer Hagelfeier aus Neukirchen berichtet, vermutlich einem ähnlichen Bittgang durch die Fluren alljährlich im Sommer, um Hagelschaden abzuwenden. Was in Neukirchen geschah, wird jedenfalls anderwärts in gleicher Weise vor sich gegangen sein. Hagelfeiertage waren übrigens nach der Reformation auch in evangelischen Gemeinden vielfach recht beliebt, wenn sie auch nur im Gotteshause gehalten wurden.

Daß an Fronleichnam die geweihte Hostie als Leib („Leichnam“) des Herrn („Fron“, alter Name für Herr) in feierlichster Weise umhergetragen wurde, war selbstverständlich. Von Wallfahrten wird uns zwar nicht ausdrücklich aus der Gemeinde berichtet; wir wissen aber sonst, daß man z. B. am Pfingstmontag gern nach Ansbach zur [87] Kirche des heiligen Gumbertus pilgerte. So wird auch aus der Pfarrei Sachsen mancher Pilgerzug nach Ansbach oder anderswohin gewandert sein.

Ein eigentümlicher Brauch war der „Johannis-Segen“. Am dritten Weihnachtsfeiertag, der ja dem Andenken des Apostels Johannes gewidmet war, wurde ein Kelch mit Wein in der Kirche gesegnet und in Erinnerung an den Apostel der Liebe, den Lieblingsjünger Jesu, die Johannes-Minne (Johannes-Liebe) getrunken. Dadurch erwarb man sich den Johannes-Segen, der vor Unheil, besonders auch aus Reisen, schützen sollte.

Das „Ewige-Licht“, das man heute noch in allen katholischen Kirchen trifft, brannte damals auch in unseren Kirchen und zum Teil sogar in Kapellen als ein schönes Sinnbild des ewigen Gotteslichtes, das in Christo in der Welt erschienen ist und uns den Weg zum ewigen Himmelslicht erleuchtet. Der Ritter Konrad von Heideck hatte 1277 ein solches Licht für die Oswald-(Kunegunden-) Kapelle in Sachsen gestiftet.

Gern richtete man Kreuze und Martern draußen an Wegen in freier Flur auf. Solch ein Kreuz stand auf dem Kreuzweg bei Steinhof und an der Straße von Neukirchen nach Wicklesgreuth („des Wiglas Kreuz“, wie es in alten Schriften genannt wird). Eine Marter, d. h. eine Steinsäule mit eingemeißelten Bildern von Heiligen oder von Christi Leiden, wurde oft zur Erinnerung an einen Unglücksfall errichtet. Am Wege nach Hirschbronn in der Nähe von Sachsen befand sich eine solche Marter, von der heute noch der Flurname „Marterwasen“ Zeugnis gibt; ebenso am Külbinger Kirchenweg beim Ausgang aus dem Walde oberhalb Külbingen, wo auch die „Kirchfichte“ stand.

e) Kultus-Gegenstände

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Wir besitzen leider kein Verzeichnis davon, was einst in der Kirche von Sachsen an heiligen Geräten und Gefäßen, Gewandungen und Bildern vorhanden war. Als Ersatz mag ein Verzeichnis aus der Kirche von Immeldorf dienen, das aus dem Jahre 1431 stammt und das wir uns für Sachsen nur in wesentlich größerem Umfang zu denken haben. Danach gab es in Immeldorf:

2 Meßbücher, 1 Gradual (Buch mit Meßgesängen), 1 Psalter.
1 kleines Meßbuch.
3 Meßgewänder mit ihren Zugehörungen. :2 vergoldete Kelche mit Patenen (Hostientellern).
1 silberne Büchse zum Sakrament (zur Aufbewahrung der geweihten Hostien als „Leib des Herrn“), mit einem kleinen Büchslein darin und einem silbernen Löffel. [88]
1 Himmel zum Sakrament (zum Herumtragen am Fronleichnamsfeste) mit einem Altartüchlein.
1 Stange mit einem Kreuz, einer Fahne und einer Laterne daran, „damit man Leut berichtet“ (d. h. zum Vorantragen vor dem Geistlichen, wenn er zu einem Sterbenden ging, um ihm das heilige Abendmahl zu reichen und die Letzteölung zu spenden).
1 „Or-Scheuben“ (gemeint ist eine Uhrscheibe, ein Zifferblatt).
2 Engel, die Leuchter in den Händen halten.
1 „Pettel–Tafel“ mit St. Jorgen. („Tafel“ bedeutet ein auf Holz gemaltes Bild, hier offenbar mit St. Georg, dem Kirchenheiligen; das „Pettel“ will wahrscheinlich besagen, daß vor diesem Bilde „gebettelt“ wurde, was in alter Zeit gleichbedeutend war mit „gebetet“; vermutlich wurden auch vor diesem Bilde die Opfer an Geld oder Naturalspenden aufgelegt, „auf die Tafel gelegt“, wie es oft in den Akten heißt).
1 Pacem-Tafel mit einem Kreuz. (Wieder ein auf eine Holztafel gemaltes Bild, hier mit einem Kreuz; dieses wurde im Gottesdienst nach dem Friedensgruß, der „Pax vobiscum“ lautete, zum Friedenskuß herumgereicht, damit man so am Frieden des Erlösers teilhabe.)
2 Lampen, 2 zinnene Leuchter.
1 herrliche Fahne (zum Herumtragen bei den Prozessionen).
1 Tafel, gemalt mit St. Jorgen Legende und geschrieben der Ablaß daran. (Also wieder ein auf Holz gemaltes Bild, mit Abbildungen aus der Geschichte des Ritters St. Georg und mit Angaben über den Ablaß, den man sich durch Opfer und Gebete vor diesem Bilde erwerben konnte.)

20. Die alle Kirchenbehörde

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Wie schon wiederholt betont wurde, stand die Pfarrei Sachsen in enger Verbindung mit dem einstigen Kloster und nachherigen Chorherrnstift St. Gumbertus in Ansbach. Soweit geschichtliche Nachrichten zurückreichen, übte der Propst (Vorgesetzte) des Stiftes das Patronat (Besetzungsrecht) über die Pfarrei aus. Zu Pfarrern wurden auch schon vor der Einverleibung der Pfarrei in das Stift mehrfach Chorherren ernannt und nach der Einverleibung (Incorporierung) im Jahre 1312 war dies selbstverständlich. Damit war auch die geistliche Aufsicht auf das Kirchenwesen in Sachsen von selbst gegeben.

[89] Kloster und Chorherrnstift unterstanden aber dem Bischof von Würzburg. Nicht nur weil sie innerhalb der Grenzen des Bistums lagen, sondern vor allem, weil sie dem Bischof zu eigen gehörten. Daß das Stift auch innerlich mit Würzburg verbunden blieb, dafür sorgte die Bestimmung, daß der Propst des Stiftes jeweils aus den Würzburger Domherren zu wählen war. Eben dieser Domherr und Stistspropst wurde dann weiterhin zum Archidiakon, also zum bischöflichen Amtswalter über den gesamten Bezirk bestimmt, so daß eine einheitliche Leitung in Stift und Bistum sich von selbst ergab.

Das Bistum Würzburg war im Jahre 741 durch den bekannten englischen Missionar Winfried (Bonifatius) im Auftrag des fränkischen Königs gegründet und von letzterem reichlich mit Pfarreien, Klöstern, Gütern und Rechten ausgestattet worden. Der Umfang des Bistums reichte damals und bis in die neue Zeit herein weit über das heutige Unterfranken und das westliche Mittelfranken hinaus, nach Norden bis auf die Höhen des Thüringer Waldes, nach Westen tief hinein nach Württemberg bis an den Neckar. Ursprünglich umfaßte es auch noch Oberfranken, bis dieses im Jahre 1007 abgetrennt und dafür das Bistum Bamberg errichtet wurde. Späterhin wurde das Bistum Würzburg in größere Bezirke eingeteilt, die man Archidiakonate nannte. Erst waren es vier, dann zwölf. Unsere Gegend wurde zum Archidiakonat Windsheim geschlagen. Der Archidiakon war der Stellvertreter des Bischofs, hatte in allen kirchlichen Angelegenheiten, wozu damals auch die Ehesachen gehörten, Recht zu sprechen und dazu in seinem Bezirk an bestimmten Orten Sendgerichte abzuhalten. Zum Archidiakon über den Windsheimer Bezirk wurde im Jahre 1168 für immer der jeweilige Propst des Gumbertusstiftes in Ansbach bestimmt. Dieser besaß also über den Pfarrbezirk Sachsen alle kirchenrechtliche Gewalt.

In rein geistlichen Dingen waren die Pfarrer nicht dem Archidiakon unterstellt, sondern einem Dekan, den sie selbst aus ihrer Mitte wählen durften. In jedem Archidiakonat gab es mindestens einen Dekan, in größeren zwei bis drei. Dem Dekan oblag die Aufsicht über das Leben und die Amtsführung der Geistlichen, wozu er jährliche Kapitelsversammlungen abzuhalten hatte. Durch eine Urkunde vom Jahre 1166 bestimmte jedoch Bischof Herold von Würzburg, daß die zum Stift Ansbach gehörigen Geistlichen nicht mehr dem Dekan des Archidiakonates, der gewöhnlich in Windsheim seinen Sitz hatte, unterstellt sein sollten, sondern ausschließlich dem Stiftsdekan, d. h. demjenigen Chorherrn, der im Gumbertusstift mit dem Amt eines Dekans beauftragt war. Damit war der Pfarrer von Sachsen auch in rein geistlichen Dingen völlig unter das Chorherrnstift gestellt. [90] Aber nicht nur die Pfarrer, sondern auch die Gemeindeglieder der Pfarrei Sachsen unterstanden in allen kirchlichen Angelegenheiten mit Einschluß der Ehesachen dem Chorherrnstift und hatten dort ihr Recht zu holen. Das galt nicht nur für die Pfarrei Sachsen samt allen angeschlossenen Filialen (Immeldorf, Lichtenau, Petersaurach, Neuendettelsau, Brodswinden), sondern auch für die übrigen Pfarreien, über die das Stift das Besetzungsrecht besaß, also für die Stadtpfarrei St. Johannis in Ansbach, für die Pfarreien oder Filialen Forst, Eyb, Weihenzell, Wernsbach, Schalkhausen und Neunkirchen.

21. Alle Kriegsläufte

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Es ist nicht die Aufgabe einer Ortsgeschichte, alle die vielen Kriege und Fehden aufzuzählen, an denen das deutsche Volk oder auch nur unser Frankenland beteiligt war. Nur was unsere engere Heimat näher berührte, das kann und soll kurz angeführt werden.

Da müssen zuerst die Einfälle der Ungarn erwähnt werden, die um das Jahr 900 in das deutsche Land einbrachen und überall, wohin sie kamen, das Land verwüsteten und ausraubten, erbarmungslos mordeten und zahllose Menschen als Gefangene fortführten. Auch nach Franken kamen sie und hausten in gleicher Weise. Bischof Rudolf von Würzburg fiel im heißen Abwehrkampf gegen sie am 3. August 908. Es darf als sicher angenommen werden, daß sie auch unsere Gegend dabei schwer heimsuchten, wenn wir auch keine näheren Nachrichten darüber besitzen. Den Einfällen des wilden Volkes wurde erst 955 durch ihre furchtbare Niederlage auf dem Lechfeld bei Augsburg ein Ende bereitet.

Dann haben wir der Hussiten zu gedenken, die 500 Jahre später das deutsche Land zum Schauplatz wilder Kämpfe machten. Johannes Hus, bekannt als einer der Vorläufer der Reformation, war im Jahre 1415 zu Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannt und seine Lehre öffentlich verdammt worden. Darüber flammte die Wut der Böhmen auf und in wildem, alles zerstörendem Hasse stürmten sie über die angrenzenden deutschen Länder herein, alles verwüstend und zerstörend. Im Jahre 1430 kamen sie über das fränkische Oberland, wo sie die Orte Hof, Bayreuth, Kulmbach, Creußen, Pegnitz, das Kloster Himmelkron und viele andere Stätten erst ausplünderten und dann mit Feuer verbrannten. Auch gegen Nürnberg wandten sie sich, und es kostete die Nürnberger viel Geld und Mühe, bis sie die Mordbrenner aus ihrem Gebiete wegbrachten. Viele Leute von nah [91] und fern hatten sich damals mit ihrer Habe in die Stadt geflüchtet. Selbst in der Nähe von Ansbach erschienen sie, und die Stadt mußte eine ungeheure Geldsumme als Brandschatzung erlegen, um von ihnen verschont zu werden. Das Land aber war ihrer Willkür preisgegeben und mußte aufs schwerste unter ihnen leiden.

Einen dritten Krieg, der das Land heimsuchte, haben wir schon wiederholt bei dem Bericht über den Pfarrhof und die Kirche in Sachsen berührt, das war die Fehde des Markgrafen Albrecht Achilles mit der Stadt Nürnberg und den Bischöfen von Bamberg und Würzburg in den Jahren 1449 und 1450. Wir haben dabei gesehen, wie alle Ortschaften ringsum niedergebrannt wurden, wie auch Sachsen mit Kirche und Pfarrhaus ein Raub der Flammen wurde. Im ältesten Salbuch von Sachsen lesen wir dazu den Eintrag: „Am Abend vor St. Kilian, also am 7. Juli 1450, wurde der Krieg zur Ruhe gebracht.“ Der Markgraf war am Pillenreuther Weiher zwischen Schwabach und Nürnberg von den Nürnbergern, die er spöttisch zum Fischessen eingeladen hatte, unversehens überfallen worden und hatte eine sehr schmerzliche Niederlage erlitten, bei der er selbst beinahe gefangen genommen worden wäre. Sein Enkel Kasimir machte diese Niederlage wieder wett, indem er bei dem Streit über den Affalterbacher Kirchweihschutz im Jahre 1502 die Nürnberger schwer aufs Haupt schlug, wobei die Sage berichtet, die Nürnberger hätten zuvor den Markgrafen auf die Kirchweih geladen.

Im Nürnberger Pflegschafts-Salbuch von 1515 findet sich ein Hof von Rutzendorf angeführt, der als „Brandstütze“, d. h. als abgebrannte Ruine, bezeichnet wird mit der Erläuterung: „In der SchottenFecht abgebrennt.“ Es ist das der Hof Hs.-Nr. 16 (Hörauf). Dieser Eintrag erinnert an eine Fehde („Fecht“), die mehrere Jahre zuvor der Burgvogt Kunz Schott vom Rotenberg bei Lauf mit den Nürnbergern hatte. Er glaubte sich von Nürnberg schwer beeinträchtigt, sagte der Stadt darum Fehde an, sammelte eine große Schar rauflustiger und beutegieriger Leute um sich und machte nun jahrelang die Straßen um Nürnberg unsicher. Schließlich begann er auch das Nürnberger Landgebiet mit Rauben, Morden und Brennen heimzusuchen. Dieses Gesindel erschien nun auch in der Pflegschaft Lichtenau und brannte dabei den Hof in Rutzendorf nieder. Ob sie im Lande noch weiter Schaden anrichteten, ist nicht bekannt. Es beweist aber diese Fehde, wie unsicher in alter Zeit die Verhältnisse waren und wie sehr die Bevölkerung oft genötigt war, selbst für sich zu sorgen, z. B. durch Befestigung ihrer Friedhöfe, wie bei der Beschreibung des Kirchhofs in Sachsen gezeigt wurde.

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B. die neue Zeit

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I. die Reformation

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1. Die Zeitwende. Luther

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Als man sich der Zeit um 1500 näherte, spürte man es überall im deutschen Lande, daß eine neue Zeit im Werden begriffen war. Die Städte, wie Nürnberg, Augsburg, Nördlingen, Rothenburg und viele andere, waren mächtig emporgewachsen und hatten neben den Fürsten, den Herzögen und all den anderen Gewaltigen im Reich ein entscheidendes Wort mitzureden. Das Rittertum, das früher die Schlachten schlug und die Siege gewann, lag im Sterben, da die Erfindung des Schießpulvers eine ganz neue Art der Kriegsführung eingeleitet hatte. Amerika war entdeckt worden und brachte neue Reichtümer, neuen Handelsverkehr in die alte Welt. Die Erfindung der Buchdruckerkunst ermöglichte es, die Weisheit der Gelehrtenstuben auch unter das Volk zu bringen und neue Gedanken, neue Lehren rasch überallhin zu verbreiten. Es regte sich allenthalben ein neuer Geist und strebte die alten Formen zu zerschlagen oder zu neuem Leben umzubilden. Der zu allen Zeiten rege, aber bis dahin stark zurückgedrängte Freiheitswille des deutschen Volkes erhob sich aufs neue und suchte Geltung zu gewinnen. In den Reichsstädten erhoben sich die Bürger und die Handwerker in ihren Zünften und verlangten Teilnahme am Stadtregiment, das fast ganz in den Händen weniger vornehmer Familien, der Patrizier, lag. Ebenso suchten fürstliche und bischöfliche Städte größere Macht und Selbständigkeit zu gewinnen gegenüber der Allgewalt der regierenden Herren. Auch im Bauernvolke gärte es und man begehrte auch da mehr Recht und mehr Freiheit. Es war so, wie es ein Kirchenhistoriker (Preuß) ausspricht: „Das Jahrhundert vor der Reformation war eine Zeit voll Spannung.“

Aber wie im politischen und wirtschaftlichen Leben, so hatte sich’s auch im religiösen und kirchlichen Wesen zu regen begonnen. Wir denken an die großen Kirchenversammlungen zu Pisa (1409), zu Konstanz (1414–1417) und zu Basel (1431), die alle zu dem Zweck einberufen worden waren, eine „Reform an Haupt und Gliedern“ in der Kirche herbeizuführen, ohne freilich in Wirklichkeit etwas zu erreichen. Wir denken an die frommen „Mystiker“ des Mittelalters mit ihrem Streben nach inniger Gottesgemeinschaft und nach reinem Leben. Wir erinnern uns der „Vorläufer der Reformation“: Petrus Waldus in Frankreich, Johann Wiclif in England, Johannes Hus in Böhmen, Hieronymus Savonarola in Italien. Ganz besonders aber ging durch das deutsche Volk um jene Zeit ein mächtiges Streben nach Frömmigkeit, ein Ringen um die Seligkeit. Man konnte sich nicht genug tun in guten Werken aller Art, in [96] Messen, Stiftungen, Kirchenbauten, Bruderschaften, Heiligenverehrung, Feiertagen, Rosenkränzen, Ablässen und all den anderen Frömmigkeitsübungen. So stiegen z. B. in der Stadt Köln täglich mehr als 1000 Messen zum Himmel empor. Wie es in der Pfarrei Sachsen stand, haben wir bereits gesehen. Freilich befriedigt fühlte sich dabei das Volk in Wahrheit nicht. Die Tiefe religiösen Empfindens, wie sie von Natur dem deutschen Volke eignet, konnte sich mit solch äußerem Tun nicht begnügen; sie strebte nach Besserem. Die deutsche Seele „dürstete nach Gott, dem lebendigen Gott“, wie es im 42. Psalm heißt; sie verlangte nach der „besseren Gerechtigkeit“, von der einst Christus geredet hat.

So stand es um die Wende der Zeit, als der große Reformator kam, der seinen Deutschen das brachte, wonach sie sich in tiefster Seele sehnten. Luther erschien. Der 31. Oktober 1517 ist der Tag, an dem er in die Öffentlichkeit trat und mit dem Anschlag der 95 Streitsätze an die Schloßkirche zu Wittenberg das Werk der Reformation begann. Es kann hier nicht der Gang dieses Mannes und seines Werkes eingehend dargestellt werden; es muß genügen, hier auf seine vielen und großen reformatorischen Schriften hinzuweisen, auf seine Bibelübersetzung, auf seine Verantwortung vor Kaiser und Reich auf dem Reichstag zu Worms 1521, auf den Bau der evangelischen Kirche durch seine Predigten und Gottesdienstordnungen, durch Schaffung eines Gesangbuches, durch Herausgabe des Katechismus usw., dann auf die Verlesung der Augsburger Konfession auf dem Reichstag zu Augsburg 1530, auf die Mitarbeit seiner treuen Freunde, voran Philipp Melanchthons, auf die Mithilfe evangelisch gesinnter Fürsten usw. Betont muß nur immer das eine werden, daß Luther durchaus nichts Neues brachte, sondern das er das deutsche Volk nur zu dem Urquell christlichen Glaubens zurückführen wollte, zu Gottes Offenbarung, wie sie durch Propheten und Apostel, vor allem aber durch den gottgesandten Erlöser geschah und wie sie in der Heiligen Schrift bezeugt ist. Alles, was darüber hinausging, alles was erst aus menschlichem Geiste herausgeboren und zu Gottes Wort hinzugetan worden war, lehnte er ab. Das alles mußte in der Kirche der Reformation abgetan werden. So mußten fallen Messe und Ablaß, Heiligendienst und Reliquienverehrung, Klostergelübde und Mönchswerk, Fegfeuer und Rosenkränze, die vielen Weihen und Opfer, die ganze Lehre von den guten Werken, von der Herrschaft des Papstes, von der Vielzahl der Sakramente und noch vieles andere. Der Weg zu Gott, wie er allein in Christo uns gegeben ist, wurde so wieder frei gemacht. Auf dem Grunde freien evangelischen Glaubens konnte sich nun im deutschen Volke wieder ein freies, allein in Gott und durch Gottes Wort gebundenes evangelisches, wahrhaft christliches Leben regen.

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2. Die Reformation in Franken

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Als Luther seine Stimme im deutschen Land erhob, fand er ein lebhaftes Echo auch im Frankenlande. In Nürnberg trat sein Freund Wenzeslaus Link, der Prediger im dortigen Augustinerkloster, lebhaft für seine Lehre ein; ebenso der bekannte Stadtschreiber (erste Stadtbeamte) Lazarus Spengler, der nachmalige Dichter des Liedes Nr. 224 in unserem Gesangbuch. Hans Sachs, der vielgerühmte Dichter, stimmte sein Jubellied von der „Wittenbergischen Nachtigall“ an; der als Pfarrer an die Lorenzerkirche berufene Andreas Osiander, ein Schmiedssohn aus Gunzenhausen, predigte gewaltig und eindringlich von der neuen und doch in Wahrheit alten evangelischen Botschaft. Die ganze Stadt war bald für die Reformation gewonnen. Der „Rat der Stadt“ konnte zwar seine politischen Bedenken nicht zurückhalten und schwankte längere Zeit hin und her, aber schließlich mußte er dem Drängen der Bürger nachgeben. Ein von ihm im Rathaussaal veranstaltetes Religionsgespräch zwischen den lutherisch gesinnten Pfarrern der Stadt und den noch am Alten hangenden Klosterherren endete mit einem vollen Sieg des Evangeliums. Es war am 3. März 1525. Damit war die Reformation in Nürnberg entschieden.

Im Markgrafentum Ansbach regierten damals die beiden Brüder Kasimir und Georg. Ersterer war durchaus Staatsmann, weltlich und politisch gerichtet, und hatte für den neuen Geist, der aus der reformatorischen Bewegung sprach, nicht viel übrig; doch verhielt er sich nicht ablehnend. Anders sein Bruder Georg, der später den Beinamen „der Fromme“ erhielt; er war innerlich aufgeschlossen für das Evangelium und wurde bald ein freudiger Anhänger Luthers. Ganz in seinem Sinne betätigte sich der markgräfliche Kanzler Georg Vogler. Die Bürgerschaft Ansbachs las sehr eifrig Luthers Schriften und auch der Adel des Landes stellte sich evangelisch ein. Der starken evangelischen Bewegung konnte sich auch der Markgraf Kasimir nicht länger entziehen, zumal nach den Erfahrungen des Bauernkrieges. Er berief darum seinen ganz evangelisch gesinnten Hofprediger Johannes Rurer zum Stadtpfarrer von Ansbach, entgegen dem Willen des Gumbertusstiftes, dessen Chorhexren noch sehr am alten Kirchenwesen hingen. Am Palmsonntag (9. April) 1525 hielt Rurer den ersten evangelischen Gottesdienst in der Pfarrkirche (St. Johannis) und führte damit die Reformation in der Stadt ein. Aber auch für das übrige Land gestattete ein gemeinsamer Erlaß der beiden Markgrafen am 24. August 1525 die Annahme frommer, gelehrter, christlicher Prediger, denen ein „kurzer Unterricht“ an die Hand gegeben werden sollte, damit sie wüßten, [98] wie fernerhin „von rechtem wahren Glauben und rechter wahrer christlicher Freiheit des Geistes gepredigt werden solle“. Diese Anweisung erfolgte vor allem im Hinblick auf die Bauernunruhen, die zum guten Teil aus „ungeschickten und gottlosen Predigten entstanden seien“. Allerdings erließ Kasimir im Jahr darauf wieder einschränkende Bestimmungen, so daß Rurer sich veranlaßt sah, die Stadt zu verlassen. Aber 1527 starb Kasimir, und sein Bruder, der nun die Alleinherrschaft ausübte, ließ keinen Zweifel daran, daß er die reine evangelische Predigt wünsche, und gestattete die Abschaffung aller der Heiligen Schrift zuwiderlaufenden Gebräuche. Die Reformation kam daraufhin rasch zum Durchbruch in der ganzen Markgrafschaft. Das Jahr 1528 darf hier als das Reformationsjahr betrachtet werden.

Im weiteren ging der Markgraf gemeinsam mit der Stadt Nürnberg vor. Man trat an die Ausarbeitung bestimmter Lehrartikel und an die Aufstellung einer evangelischen Kirchenordnung heran. Hier ist vor allem der Schwabacher Konvent zu nennen, wo hervorragende Geistliche aus den beiderseitigen Gebieten am 11. Juni 1528 zur Beratung zusammentraten. Zugleich wurden 23 Visitationsartikel und 30 Fragepunkte zusammengestellt als Grundlage für eine allgemeine Kirchenvisitation. Sie erstreckte sich nur auf die Geistlichen, die an bestimmten Orten zusammengerufen wurden, um über ihre Lehre befragt, bei mangelhaften Antworten zu weiterem Studium aufgefordert oder auch bei gänzlichem Versagen „abgeschafft“ zu werden. Die in Schwabach verfaßte Kirchenordnung wurde erst noch überarbeitet und dann 1533 herausgegeben. Sie wies in der Vorrede auf die Augsburger Konfession hin und brachte dann nähere Ausführungen über die evangelische Lehre, über die kirchlichen Handlungen, wie die Gottesdienstordnung, Taufe, Abendmahlsfeier usw. Im zweiten Teile enthielt sie Katechismuspredigten zum Gebrauch in Nebengottesdiensten und als Grundlage für den Unterricht der Jugend wie auch der Erwachsenen. Diese Kirchenordnung galt fortan im Ansbacher wie Nürnberger Gebiet nahe an 300 Jahre.

Gegner der Reformation waren im allgemeinen nur die Klöster und Chorherrnstifte und weiter hinaus die Bischöfe von Würzburg und Eichstätt. Doch war z. B. der Abt Schopper vom Kloster Heilsbronn freundlich gesinnt, und selbst in Ansbach wünschten verschiedene Chorherren die Abschaffung „päpstischer Mißbräuche“, wobei sie freilich ihre Pfründe behalten und darauf heiraten wollten. Die Markgrafen hüteten sich, mit Gewaltmaßnahmen gegen die Klöster und Stifte vorzugehen; sie ließen die Insassen unbehelligt weiter darin leben und duldeten nur keine neuen Aufnahmen mehr, so daß die Stifte und Klöster nach und nach von selbst ausstarben. Das Chorherrnstift in Ansbach bestand noch bis 1563 fort, das Kloster [99] Heilsbronn sogar bis 1578. Auch dann wurden sie nicht einfach aufgehoben, sondern das vorhandene Vermögen wurde in weltliche Verwaltung genommen, wozu in Ansbach für das dortige Gumbertusstift ein eigenes „Stiftsamt“ eingerichtet wurde. Die Einkünfte aus den Stiften und Klöstern wurden für Schulen, wie die Heilsbronner Fürstenschule, verwendet, auch zur Linderung öffentlicher Notstände und zur Tilgung staatlicher Schulden, für Beamtengehälter u. a. Erst die preußische Regierung hat hernach i. J. 1797 alles für den Staat eingezogen („säkularisiert“).

Eine nicht zu billigende Maßnahme des Markgrafen Georg war es, daß er 1529 alle Kirchenkleinodien (Kelche, Hostienteller, Monstranzen usw.), soweit sie nicht für den evangelischen Gottesdienst gebraucht wurden, einziehen und verkaufen ließ. Wenn er auch mit dem Erlös einen Teil der großen Staatsschulden tilgte, so war es doch eine Beraubung der unter seinem Schutze stehenden Kirchen.

3. Die Reformation in der Pfarrei Sachsen

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Wie schon früher ausgeführt wurde (S. 61), versahen damals in Sachsen nur „Vikare“ oder „Verweser“ den kirchlichen Dienst, während der eigentliche „Pfarrherr“ im Chorherrnstift zu Ansbach saß und dort die übrigen Einkünfte der Pfarrei neben seiner Chorherrnpfründe verzehrte. Da die Entlohnung der Vikare nur eine sehr geringe war, trachteten sie immer bald auf eine auskömmlichere Stelle zu kommen, weshalb gerade in den letzten Jahren vor der Reformation ein fast ununterbrochener Wechsel unter den Geistlichen stattfand. Eigentlicher Pfarrer war um jene Zeit der Chorherr Paulus Keller (Kellner). Im Jahre 1528 nun kam nach Sachsen der Verweser Jakob Hofmann. Er zog von Burgbernheim hierher im Tausch mit dem bisherigen Vikar von Sachsen, Matthias Deininger. Schon im Frühjahr 1528 muß er in Sachsen eingetroffen sein; denn in der Rechnung der Filialkirche Neukirchen vom genannten Jahre finden wir als Ausgabe für die sonst üblichen Wochenmessen nur noch 42 Pf verrechnet, während es weiter heißt, daß an Verweser Hofmann 9 Pfund (Heller) bezahlt worden seien dafür, „daß er das Jahr alle Wochen einmal das Wort Gottes hat verkündigt“. Offenbar hat Hofmann alsbald nach seinem Aufzug die Messen eingestellt und dafür Predigtgottesdienste in evangelischem Sinne eingerichtet. Was er aber in Neukirchen tat, hat er selbstverständlich auch in der Mutterkirche zu Sachsen getan. Er war ein junger Mann, der sichtlich voll Begeisterung sich für Luthers Lehre einsetzte und die [100] evangelische Bewegung in der Pfarrgemeinde rasch zum Durchbruch brachte. Von einer Gegnerschaft hören wir nirgends etwas. Wäre sie vorhanden gewesen, so hätte sie sich leicht geltend machen können, da ja der eigentliche „Pfarrherr“ Paulus Keller in Ansbach noch im alten Glauben befangen war und Beschwerden gegen den „Vikar“ gewiß gern entgegengenommen haben würde. Die Predigt des „Wortes Gottes“ ging in den folgenden Jahren ungestört fort, wie die Neukirchener Rechnungen ausweisen. Das Jahr 1528 darf darum auch in Sachsen als das Jahr der Einführung der Reformation gelten.

Bei der großen Kirchenvisitation von 1528 hat Jakob Hofmann wohl bestanden; er erhielt die Benotung „bene“, d. h. „gut“, was besagen will, daß er als ein im evangelischen Glauben tüchtiger Geistlicher befunden wurde, im Gegensatz zu vielen anderen, die als „mäßig“ oder „schlecht“ bezeichnet werden mußten oder überhaupt nicht anerkannt werden konnten. Die Gemeinde hat es ihm jedenfalls gedankt, daß er sich so um sie annahm, denn er blieb bis an sein Lebensende (1561) in Sachsen, obwohl er die meiste Zeit noch „Vikar“ sein mußte. Doch ist anzunehmen, daß sein Pfarrer Paulus Keller veranlaßt wurde, ihn besser zu versorgen, als es für die früheren Vikare geschah. Leider ist uns aus seinem Leben nichts weiter bekannt, nicht einmal, ob er verheiratet war.

Die Einführung der Reformation brachte naturgemäß im Kirchenwesen allerlei Änderungen. Das erste war die Abschaffung der Messe und ihre Ersetzung durch einen evangelischen Gottesdienst, wozu Luther selbst in seinem Büchlein von der „deutschen Messe“ Anregung und Anweisung gegeben hatte. Den Mittelpunkt des Gottesdienstes bildete nunmehr die Predigt des göttlichen Wortes, geschöpft aus der Heiligen Schrift, wie sie durch Luthers Übersetzung in die deutsche Sprache dem ganzen Volke zugänglich gemacht worden war. Wohl war auch früher oft gepredigt worden, aber die Predigt bildete dann neben der Messe nur einen unwichtigen Bestandteil des Gottesdienstes und ihr Inhalt bestand mehr aus Heiligengeschichten, Legenden und dergleichen als aus biblischen Wahrheiten. Da auch die Gemeinde sich am Gottesdienst nicht bloß hörend, sondern auch redend und singend beteiligen sollte, gab Luther schon 1523 das erste evangelische Gesangbuch heraus. Außer dem Hauptgottesdienst wurde regelmäßig an allen Sonn- und Feiertagen ein Nachmittagsgottesdienst gehalten, die „Vesper“ oder wie sie bald hieß, die „Christenlehre“; denn da sollte vor allem Luthers Katechismus „gelehrt“ werden, und zwar nicht nur für die Jugend, sondern ganz besonders auch für die Erwachsenen, für die „Christen“ insgemein. Bei der Kirchenvisitation i. J. 1561 [101] bezeugte es Pfarrer Kißling ausdrücklich, daß er an den Sonntagen nachmittags den Katechismus Luthers vornehme; und die vorhandenen Visitationsprotokolle lassen klar erkennen, daß bei den Visitationen neben der Jugend stets auch die Erwachsenen in den christlichen Wahrheiten befragt und geprüft wurden. Daneben gab es noch Wochengottesdienste, in Sachsen jeden Dienstag und Freitag, anfangs auch in Neukirchen einmal wöchentlich.

Das heilige Abendmahl wurde jetzt in beiderlei Gestalt gefeiert, d. h. nicht mehr nur mit der Spendung der Hostie, sondern auch mit der Darreichung des Kelches. Taufe und Abendmahl wurden allein noch als Sakramente beibehalten, während die übrigen fünf Sakramente der bisherigen Kirche teils fallen gelassen wurden, wie die Letzte Ölung, teils nur noch als heilige Handlungen beibehalten und in evangelischem Sinne umgestaltet wurden. Letzteres geschah vor allem mit der Ohrenbeichte, die fortan nur noch als Einzelbeichte oder auch als Privatbeichte fortbestand.

Die Verehrung der Heiligen, ihre Anrufung um Fürbitte, die Opfer und Stiftungen für sie, die Feier ihrer Gedenktage kamen ebenfalls in Wegfall. Beibehalten wurden die eigentlich christlichen Feste, wie wir sie jetzt noch haben, dazu aber noch das Epiphaniasfest (6. Jan., der „Obersttag“ oder „Erscheinungstag Christi“). Der Neujahrstag galt als „Beschneidungstag Jesu“. Daneben blieben aber auch die Apostel- und Marientagebestehen: Mariae Reinigung (2. Febr., Lichtmeß), Mariae Verkündigung (25. März), Mariae Himmelfahrt (15. August, nicht in katholischem Sinne, sondern als Mariae „Heimgang“), die Tage der Apostel Matthias (24. Febr.), Philippus und Jakobus des Jüngeren (1. Mai), Petrus und Paulus (29. Juni), Jakobus des Alteren(25. Juli), Bartholomäus (24. Aug.), Matthäus (21. Sept.), Simon und Judas (28. Okt.), Andreas (30. Nov.) und Thomas (21. Dez.). Der Tag des Apostels Johannes (27. Dez.) galt wohl als miteingeschlossen in die beiden vorangehenden Weihnachtsfeiertage, wobei der zweite (26. Dez.) noch besonders dem Gedanken an den ersten Märtyrer Stephanus gewidmet sein sollte. Gefeiert wurde auch noch der Tag Johannis des Täufers (24. Juni). Am jeweils nächstliegenden Sonntag vor oder nach Michaelis (29. Sept.) wurde das Engel- oder Michaelisfest gefeiert; am Sonntag vor oder nach Martini sollte Luthers als des großen Reformators gedacht werden. Es waren noch reichlich viele Feiertage, die so aus der alten Zeit übernommen wurden; aber man glaubte sie doch beibehalten zu sollen, nicht zum letzten auch als besondere Ruhetage für das Volk.

Daß die Fasttage verschwanden, ergab sich von selbst. Die sogenannte Fastenzeit vor Ostern wandelte sich von selbst in eine Passionszeit [102] um. Doch kamen eigentliche Passionspredigten erst später auf, wie auch die Feier des Karfreitags mit seinem besonderen evangelischen Gepräge eine Einrichtung späterer Zeit ist, etwa seit dem Jahre 1700. Abkommen mußten auch die üblichen Weihen von Wasser, Kerzen, Brot, Früchten und dergleichen, ebenso die alten Bittgänge, Flurumritte und anderes. Dagegen behielt man gern bei, was dem evangelischen Geiste nicht widersprach, wie das Brennen von Kerzen auf dem Altar oder die Bekleidung des Altars mit Gewändern in den althergebrachten kirchlichen Farben. Auch die Bekleidung der Geistlichen in den Gottesdiensten blieb zunächst unverändert. Das frühere Meßgewand wurde noch bei der Feier des heiligen Abendmahls verwendet, wie es Pfarrer Kißling i. J. 1561 ausdrücklich berichtet. Erst allmählich verschwand es, wohl weil man die nicht geringen Kosten für eine Neubeschaffung scheute. Dagegen wurde das sonst in den Gottesdiensten übliche „weiße Chorhemd“ noch bis 1798 allgemein getragen. Erst der preußischen Regierung war es vorbehalten, diese Hemden abzuschaffen, um, wie sie sagte, den Gotteshäusern „Wäscherlohn zu ersparen“.

Dem maßvollen, allem Radikalismus abholden Sinn jener Zeit entsprach es auch, daß man die alten Altäre mit ihren Zieraten und Heiligenbildern in den Kirchen stehen ließ. Sachsen behielt seine fünf Altäre weiter. Dienten sie auch nicht mehr wie vordem der Heiligenverehrung, so konnten sie doch der Erbauung der Gläubigen und dem Schmuck der Kirche dienen. Leider ließ man in Sachsen die Altäre nach und nach verkommen, so daß schließlich einer nach dem andern beseitigt werden mußte. Doch waren bis 1804 immer noch der große Hauptaltar und ein Seitenaltar vorhanden, bis in diesem Jahre bei dem großen Kirchenumbau auch sie dem verständnislosen Nationalismus (Vernunftglauben) jener Zeit zum Opfer fielen. Auch die Kunigundenkapelle und die Leonhardskapelle ließ man so verfallen. Die Sebastiansbruderschaft, die nun zwecklos geworden war, löste sich 1529 auf. Am St. Veitstag (15. Juni) kamen die „Brüder“ zum letztenmal zusammen und beschlossen, das Geld, das man bisher für Messen ausgegeben, künftig „armen Leuten“ zuzuwenden. Hierüber, wie über das Schicksal der Sebastianskirche und der Krypta wird später berichtet werden.

4. Der Bauernkrieg

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Im Jahre 1525 brach der sogenannte Bauernkrieg in Süd- und Mittel–Deutschland aus, also wenige Jahre nach dem Beginn der Reformation. Dieses zeitliche Zusammentreffen hat den Gegnern [103] der Reformation oft schon Anlaß gegeben, Luther und seine Lehre für den Bauernaufstand und seine Kriegsfolgen Verantwortlichzumachen. Gewiß gab es damals viele Leute, die Religiöses und Politisches mit einander vermengten, denen kommunistische Gedanken durch den Kopf flogen und die die Volksmenge aufzuhetzen suchten. Das waren die Schwärmer und Irrgeister, die Bilderstürmer und andere Unruhstifter, die da und dort sich breitmachen wollten. Aber gegen diese ist gerade Luther mit aller Schärfe aufgetreten und hat sie in ihre Schranken zurückgewiesen. Und wenn sein Wort von der „evangelischen Freiheit“, das doch allein auf Glauben und Gewissen ging, von gewissen Leuten falsch gedeutet wurde, so kann das wieder nicht Luthers Schuld sein, sondern allein die Schuld derer, die Geiftliches nicht geistlich, sondern weltlich und politisch verstehen wollten.

Der Bauernkrieg hatte ganz andere Ursachen, wie schon die Tatsache beweist, daß es längst vor der Reformation Bauernaufstände gab, wie 1476 in Niklashausen (Württemberg), 1491 bei Kempten, 1493 im Badischen (der sog. „Bundschuh“), 1502 im Elsaß, und sonst noch. In Wirklichkeit war es so, wie in dem Abschnitt von der Zeitwende gesagt wurde, daß damals eine allgemeine Unruhe durch das deutsche Volk ging, durch die Bürger in den Städten, durch den Adel auf seinen Burgen, und so auch durch die Bauern auf dem Lande. Es war eben eine neue Zeit im Werden begriffen, neue Anschauungen drangen in das Volk herein, der Wunsch nach größerer Freiheit und nach mehr Recht glühte überall. Ein gewisser revolutionärer Geist war mit dem allgemeinen Umschwung der Zeit und mit dem Aufkommen neuer Verhältnisse verbunden.

Man hat gesagt, die Bauern seien damals fast erdrückt worden von der Unmenge ihrer Abgaben und Lasten, und man zählte nun die lange Reihe der Groß- und Kleinzehnten, der Getreidegülten und Geldzinsen, der Handlöhne und Frondienste usw. auf, daneben noch die öffentlichen Abgaben, wie Steuern, Gemeiner Pfennig, Umgeld usf. Aber man hat dabei nicht bedacht, daß nicht sämtliche aufgezählte Lasten ohne weiteres auf jedem Bauerngute lagen, sondern daß es immer nur einzelne Lasten für den einzelnen Hof waren, hier diese, dort jene Abgaben, und daß der einzelne Hof im Durchschnitt gar nicht übermäßig belastet war. Nicht wenige Bauerngüter waren sogar sehr gut daran, manche freilich waren im Verhältnis stärker mit Abgaben bedacht. Aber ein erträgliches Maß war es im Grunde überall, wie schon wiederholt durch genaue Nachprüfung festgestellt wurde. Das gilt ganz besonders auch von unserer Gegend. Man gewinnt bei näherer Einsicht in die Verhältnisse den gleichen Eindruck, wie ihn ein Geschichtskenner ausgesprochen hat in den [104] Worten: „Der große Bauernkrieg 1525 war nicht Explosion einer wirtschaftlichen Not; die Bauern hatten ihr Auskommen; was sie kränkte und immer wieder empörte, das war vielmehr ihre Rechtlosigkeit.“ Hier lag in der Tat ein wunder Punkt. Wenn die Fürsten Krieg führten, so war es zunächst immer der Bauer, der darunter leiden mußte, weil sein Hof geplündert und nicht selten niedergebrannt wurde. Wenn die Herren große Schulden machten, so mußte auch der Bauer die Schulden mit tilgen helfen. Vor allem aber hatte der Bauer zu klagen über den großen Schaden, den das sorgsam gehegte Wild des Jagdherrn anrichtete, wenn die Hirsche und Wildschweine in seine Felder einbrachen, die Saaten verwüsteten oder sonst übel hausten, ohne daß der Bauer die Möglichkeit hatte, sich dagegen zu wehren, das Wild zu verjagen oder sonst sich zu schützen, weil eben die Fürsten, die alleinigen Jagdherren, ein unbeschränktes Jagdrecht in Anspruch nahmen. Freilich so berechtigt hier die Beschwerden waren, sie allein hätten noch lange nicht zu einem Aufstand und Krieg geführt, wenn nicht die allgemeine Zeitstimmung und Zeiterregung vorhanden gewesen wäre. Gerade daß auch Städte mit den Bauern gingen, beweist die Allgemeinheit dieser Zeitunruhe.

Im März 1525 brach der Bauernkrieg im jetzigen nördlichen Württemberg aus und griff einerseits in die Rothenburger Gegend, anderseits in den Würzburger Gau hinüber. Auch im Bistum Eichstätt regte es sich, im oberen Altmühlgrund und bei Thalmässing; doch wurden die hier zusammengeströmten Haufen rasch zerstreut, hauptsächlich durch das Eingreifen des Markgrafen Kasimir. Dagegen ließen sich die im Taubertal und in Unterfranken versammelten Massen zu blutigen Grausamkeiten und Mordbrennereien hinreißen, so daß der Schwäbische Bund gegen sie vorgehen mußte; bei Würzburg erlitten sie eine entscheidende Niederlage durch die bündischen Soldaten. Gegen die Aufständischen in und um die Stadt Kitzingen schritt Markgraf Kasimir ein, der leider mit furchtbarer Grausamkeit wütete und 60 Kitzinger Bürgern zur Strafe die Augen ausstechen ließ. Auch im Aischgrund bei Neustadt und Windsheim bis her nach Burgbernheim war es unruhig, doch gab es keine schweren Kämpfe. Selbst die Bürger von Leutershausen und die Bauern der Umgegend glaubten ihre Zeit gekommen und zogen nach dem Kloster Sulz, das sie plünderten, und zum Schloß Dornberg hinter Schalkhausen, das sie niederbrannten. Dafür mußten sie schwer büßen: 4 Bürger von Leutershausen nebst dem Pfarrer von Sulz, der sich ebenfalls am Aufstand beteiligt hatte, wurden hingerichtet, 7 anderen wurden die Finger abgehauen, weil sie die mit der Hand beschworne Treue nicht gehalten hatten, die Stadttore wurden abgehauen [105] und auch Befehl zum Abbruch der Stadttürme gegeben, die Stadt selbst den markgräflichen Söldnern zur Plünderung preisgegeben.

Um den Hesselberg hatte der Schmalzmüller Thomas die Führung der Aufständischen übernommen, Thomas, der selbst Freibauer war und darum am wenigsten über Lasten zu klagen hatte. Er sammelte aus den Orten Röckingen, Gerolfingen, Aufkirchen, Beyerberg, Lentersheim und anderen einen großen Haufen, zog damit vor Wassertrüdingen, das mit ihm gemeinsame Sache machte, nahm das Kloster Auhausen ein und wollte nun nach Heidenheim ziehen, um das dortige Kloster zu plündern. Aber da traten dem inzwischen auf 8–10 000 Mann angewachsenen Haufen markgräfliche Truppen entgegen. Es entspann sich ein wilder Kampf, bei dem viele Bauern fielen, die meisten aber schließlich flohen. Die Überlebenden nahmen willig die unter bestimmten Bedingungen angebotene Gnade an. Selbst der Schmalzmüller kam mit Gefängnis und schwerer Vermögensstrafe davon.

Aus der Pfarrei Sachsen hatte sich offensichtlich niemand an den Bauernunruhen beteiligt. Die nähere Umgebung von Ansbach und weiterhin das Nürnberger Gebiet war ruhig geblieben.

So sehr uns die damals gegen die Bauern und noch mehr gegen die Städte verübten Grausamkeiten abstoßen, so dürfen wir doch nicht vergessen, daß es sich um einen Aufruhr gegen Staat und Obrigkeit, also um Hochverrat handelte, und daß auch von seiten der Aufständischen teilweise größte Grausamkeiten verübt worden waren.

5. Fortgang der Reformation

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Die Bevölkerung innerhalb der Pfarrei Sachsen durfte sich nach der Durchführung der Reformation stets des ungestörten Besitzes der evangelischen Wahrheit erfreuen. Sie hielt sich von aller Schwarmgeisterei fern, sowohl in religiöser Hinsicht, indem sie nicht auf die Irrwege der Wiedertäufer und ähnlicher damals auftretender Richtungen geriet, als auch in politischer Beziehung, indem sie nicht teilnahm an den verhängnisvollen Bauernunruhen. Das verschaffte ihr einen sicheren Gang durch die sturmbewegte Zeit; sie blieb innerlich unangefochten. Sie blieb das aber auch äußerlich, da die weltlichen Herrschaften ihre schützende Hand über Glaubens- und Gewissensfreiheit hielten. Die Stadt Nürnberg sowohl wie die Markgrafen zu Ansbach traten jederzeit für die evangelische Sache ein. Es wurde ihnen das allerdings nicht leicht gemacht, [106] denn Kaiser Karl V. im Bunde mit dem Papst und den katholischen Fürsten machte alle Anstrengungen, das Feuer der „Ketzerei“, wie man es dort nannte, wieder auszulöschen. Es war nötig, immer wieder gegen die beabsichtigte Vergewaltigung zu „protestieren“, wie es besonders auf dem Reichstag zu Speier 1529 geschah; und es war nötig, stets tapfer für das evangelische „Bekenntnis“ einzutreten, wie es vor allem auf dem Reichstag zu Augsburg betätigt wurde. Markgraf Georg der Fromme hat im Sinne aller evangelischen Fürsten dort zu Augsburg gesprochen, als er vor dem Kaiser erklärte, daß er sich lieber „den Kopf abhauen lassen“ wolle, als daß er „von Gottes Wort abstünde“. Im übrigen sorgten die Türken dafür, daß der Kaiser gegen die Evangelischen nicht so vorgehen konnte, wie er es beabsichtigte; denn immer wieder brachen sie in jener Zeit durch Ungarn gegen die Erblande des Kaisers, gegen Österreich, vor und zwangen dadurch den Kaiser, sich gegen sie zur Abwehr zu stellen. Dazu aber brauchte er notwendig auch die Hilfe der evangelischen Fürsten und Städte, ihr Geld und ihre Soldaten, was sie beides zu gewähren nur willens waren, wenn er sie in der Glaubensfrage unangefochten ließ. Selbst der Schmalkaldische Krieg, den der Kaiser zuletzt i. J. 1546, kurz nach Luthers Tod, gegen die evangelischen Stände führte, und bei dem er zunächst siegreich blieb, konnte nicht sonderlich schaden; die evangelische Bewegung war schon viel zu weit vorgeschritten und viel zu tief im Herzen der Leute verwurzelt. Zwar bemühte sich der Kaiser, eine Wiedervereinigung der beiden Konfessionen herbeizuführen, indem er ein aus katholischen und evangelischen Bestandteilen gemischtes Glaubensbekenntnis, das sogenannte „Interim“, herausgab und dieses allen Reichsangehörigen aufnötigen wollte; aber sowohl von den katholischen Ständen wie von den evangelischen Kreisen wurde es mit aller Bestimmtheit abgelehnt; niemand war damit zufrieden, und es gab nur neue Streitigkeiten. Glaubenswahrheiten lassen sich eben nicht halbieren oder nach Belieben miteinander vermischen. Der Landtag zu Ansbach erklärte sich 1548 ganz entschieden dagegen, ebenso eine Synode von Geistlichen; man wollte höchstens in rein äußerlichen Zeremonien, die mit dem Glauben nichts zu tun haben, nachgeben. Die Regierung in Ansbach schob die Entscheidung immer wieder hinaus trotz des Drängens der Bischöfe von Würzburg und Eichstätt. Aber dann kam der Umschwung, indem der Herzog Moritz von Sachsen mit seinem Heere gegen den Kaiser zu Felde zog und ihn zur Flucht zwang. Es wurde darauf 1555 der Augsburger Religionsfriede geschlossen, der den Evangelischen volle Religionsfreiheit brachte. Dann herrschte Ruhe bis zum Dreißigjährigen Kriege.

[107] Über das kirchliche und religiöse Leben in der Gemeinde Sachsen sind uns aus den ersten Jahrzehnten nach der Reformation keine Nachrichten hinterlassen. Es wird auch hier so gewesen sein, daß man sich anfangs voll Eifer zu Predigt und evangelischem Gottesdienst hielt und in allem ein echt evangelisches Wesen und Leben an den Tag legen wollte. Aber mit der Zeit wird der Eifer nachgelassen haben. Das Wort von der „evangelischen Freiheit“ wird man auch hier gern so verstanden haben, daß man nicht nur von den alten Bräuchen und Ordnungen frei sein sollte, sondern überhaupt von aller festen Ordnung, daß man leben dürfte, wie es einem beliebte. Die Freiheit wurde vielfach zur Gleichgültigkeit und nicht selten zur Zügellosigkeit mißbraucht. So verstehen wir es, daß schon 1531 die markgräfliche Regierung ein allgemeines Dekret herausgeben mußte, worin geklagt wurde, daß ein großer Teil der Untertanen die heilsame christliche Lehre nicht zur Besserung des Lebens annehmen wolle; daß sie vielmehr noch die anderen, die einen gottseligen und ehrbaren Wandel führten, verspotteten und schmähten, die Gottesdienste schlecht besuchten, das hl. Abendmahl verachteten, lieber in den Wirtshäusern säßen und spielten, ja mitunter sogar in groben öffentlichen Sünden und Lastern sich erzeigten. Solche Beobachtungen dürfen uns nicht verwundern und es darf darum der Reformation keine Schuld aufgebürdet werden; denn es ist immer so in der Welt, daß jede, auch die beste Bewegung bald mißbraucht und von unlauteren Elementen herabgewürdigt wird.

Auch später gab es noch allerlei Klagen. Bei einer Kirchenvisitation i. J. 1561 beschwerte sich Pfarrer Kißling darüber, daß er, wenn er an den Sonntag-Nachmittagen den Katechismus Luthers behandle, nicht viel ausrichten könne, weil „das Pfarrvolk nicht fleißig in die Kirche komme“. Weiter behauptete er, daß die Pfarrgemeinde ein „grob Volk sei, das gar nichts verstehe“, eine offenbare Übertreibung, denn die Visitatoren, die hernach eine öffentliche Prüfung in der Kirche abhielten, und zwar nach damaligem Brauch auch mit den Erwachsenen, stellten fest, daß die Gemeinde „nach Gelegenheit der Sachen ziemlich bestanden habe“. – 1566 erging wieder ein markgräfliches Mandat gegen Gotteslästern, Schwören und Fluchen im Lande. Auch später noch folgten ähnliche Erlasse. – Von viel Unmäßigkeit hören wir öfters reden, besonders bei Taufschmäusen und Hochzeitsfesten. Dabei kam es gelegentlich sogar zu bösen Streitigkeiten und blutigen Händeln, wie 1611 bei der Hochzeit des Wirtes Hans Tefferlein in Sachsen, und 1625 bei der Taufe des Christoph Schem. – Ein langes Verzeichnis von Übelständen stellte Pfarrer Löscher am 8. März 1578 auf. Danach gingen die Leute „unfleißig in die Predigt“; die Eltern [108] schickten Kinder und Gesinde gar selten zur Behandlung des Katechismus (an den Sonntag-Nachmittagen); während des Altargottesdienstes (Liturgie) und während der Austeilung des hl. Abendmahls „stehet der meiste Teil auf dem Kirchhof und halten Schwatzmarkt“; die Feiertage (Apostel- und Marientage) würden nicht gehalten, sondern ohne Bedenken an ihnen Erntearbeiten verrichtet, mitunter sogar an Sonntagen; einzelne Leute, deren Namen genannt wurden, gingen nicht oder nur selten zum hl. Abendmahl, usw. Eine markgräfliche Anordnung sah sich 1583 veranlaßt, alle Tänze während des Vor- und Nachmittagsgottesdienstes, die Abend- und Nachttänze, das „nächtliche Gassieren und Fenstern“ zu verbieten. Ähnliche Erlasse ließ auch die nürnbergische Regierung für den Lichtenauer Bezirk ergehen. – Viel hört man aus jener Zeit von Streitigkeiten in den Dörfern, besonders da, wo Untertanen verschiedener Grundherrschaften vorhanden waren, Streitigkeiten, die öfters zu blutigen Schlägereien ausarteten. Das alles läßt uns erkennen, daß man das Erbe der Reformation nicht so treu bewahrte, wie es hätte geschehen sollen. Man ließ sich wohl den evangelischen „Glauben“ gerne gefallen, machte aber zu wenig Ernst mit dem aus solchem Glauben fließenden evangelischen „Leben“. Es fehlte weithin an der nötigen Glaubenszucht und an dem notwendigen Glaubensgehorsam. Erst als die Wetter des Dreißigjährigen Krieges heraufzogen, besann man sich eines Besseren. Der Sohn des vorhin genannten Pfarrerz Löscher, der seinem Vater im Amte nachfolgte, berichtete i. J. 1627, er „wüßte von keinem ungehorsamen Pfarrkind“, es gehe „männiglich gern in die Kirche“, nur „zur Vesper (Nachmittagsgottesdienst) gehe es schlecht her“. Dieses günstige Urteil dürfte damals richtig gewesen sein, da die Leute unter dem Druck des nahenden Kriegs-Unheils standen; es ist aber nicht richtig für die vorhergehende Zeit. Das Gottezgericht des Dreißigjährigen Krieges brach nicht unverdient über die Gemeinden herein.

[109]

II. Der Dreißigjährige Krieg

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1. Die Jahre 1618–1630.

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Über hundert Jahre lang durfte die evangelische Pfarrgemeinde Sachsen im Frieden dahinleben. Aber dann kam das furchtbare Verhängnis des Dreißigjährigen Krieges, der in seinem Anfang ein ausgesprochener Glaubenskrieg war, aber je länger je mehr zu einem allgemeinen Krieg der Fürsten und Völker untereinander wurde, wobei nicht mehr der Glaube, sondern die politische Machtstellung den Ausschlag gab.

In Böhmen brach er im Jahre 1618 aus, griff nach Oberösterreich über (Bauernaufstand 1626) und verzog sich weiterhin nach Norddeutschland. Franken blieb bis 1631 von ihm verschont. Aber man spürte auch hier bald, daß Kriegszeit war. Man hörte von den Heereszügen, die von Süden nach Norden gingen und die nicht sehr weit von hier auf der alten Heerstraße über Weißenburg, Nürnberg und Bamberg vorüberführten; man spürte die zunehmende Preissteigerung aller Lebensmittel und sonstigen Lebensbedarfs. Nicht umsonst wurden 1626 Kriegsbetstunden im ganzen Lande angeordnet. Aber freilich so recht ernst nahm man die Gefahr nicht. Selbst der Pfleger von Lichtenau setzte sich beim Rat der Stadt Nürnberg dafür ein, daß die einstweilen eingestellten Tanzvergnügungen wieder gestattet würden (1622 und 1626). Das Bauernvolk leistete sich auch nach wie vor noch die großen Schmäuse und Trinkgelage bei den Taufen und Hochzeiten.

Und doch bestand gerade für die Evangelischen die größte Gefahr, auch wenn der Krieg sich vorläufig in der Ferne abspielte. Denn die kaiserlichen Heere waren bis dahin überall siegreich geblieben, und der von den Jesuiten vollständig beherrschte Kaiser Ferdinand II. war fest entschlossen, das von ihm einst abgelegte Gelübde zu erfüllen, die „Ketzerei“ im deutschen Lande vollkommen auszurotten. Der erste Schritt hierzu war das 1529 von ihm herausgegebene Restitutionsedikt, wonach alle seit dem Augsburger Religionsfrieden (1555) evangelisch gewordenen geistlichen Gebiete wieder zum katholischen Glauben zurückzukehren hätten. Wie es weitergegangen wäre, zeigt sein rücksichtsloses Vorgehen in Böhmen, wo er nach der Schlacht am Weißen Berg bei Prag (8. November 1620) alles evangelische Wesen zerstörte und viele Tausende von Familien, die nicht katholisch werden wollten, zwang, auszuwandern und sich in Sachsen und zum kleineren Teile auch in Oberfranken eine neue Heimat zu suchen. Ebenso grausam war sein Vorgehen in Oberösterreich, wovon später noch die Rede [110] sein wird (S. 124). Wäre nicht der König Gustav Adolf von Schweden seinen Glaubensgenossen in Deutschland zu Hilfe gekommen, so würde der Reformation in ganz Deutschland nur allzubald ein bitteres Ende bereitet worden sein. Aber die Landung dieses Königs an der Küste von Pommern am 24. Juni 1630, genau 100 Jahre nach der Übergabe der Augsburger Konfession, und sein gewaltiger Sieg bei Breitenfeld in Sachsen am 17. September 1631 rettete die „Glaubensfreiheit für die Welt“.

2. Das erste Notjahr 1631.

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Schon im Juli 1631 wurde unsere Gegend stark an den Krieg erinnert, als kaiserliche Kriegsvölker auf dem Weg nach Norden gegen Gustav Adolf bei uns durchzogen. Viele Orte ringsum hatten Einquartierung und mußten mit ihren Pferden Vorspann leisten. Doch die eigentliche Not brach erst nach der Schlacht bei Breitenfeld an. Der dort aufs Haupt geschlagene bayerische und kaiserliche Feldherr Tilly mußte sich nach Süden zurückziehen, und er wählte gerade Franken als Winterquartier für seine verwilderten Soldaten. Am 9. November nahm er Rothenburg ein, am 11. November Windsheim, am 18. November die Festung Lichtenau. Die Eroberung von Lichtenau ward ihm sehr leicht gemacht; denn der Pfleger und Kommandant Georg Scheurl aus Nürnberg lieferte ihm die Festung ohne Schwertstreich aus. Auch Ansbach wurde eingenommen und das dortige Zeughaus mit seinen Waffen- und Munitionsvorräten ausgeplündert.

So saß nun der Feind mitten im Lande. Und das bedeutete eine furchtbar drückende Belastung. Denn die kaiserlichen Soldaten mußten nun vom Lande unterhalten und mit allem, was das Heer brauchte, ausgiebig versorgt werden. Was man nicht gutwillig lieferte, das wurde mit Gewalt genommen: Getreide, Vieh, Heu, Stroh, Fuhrwerk und alles mögliche andere, was das Heer bedurfte oder was auch den einzelnen Soldaten gerade gefiel. Schwere Bedrückungen und Plünderungen waren an der Tagesordnung. Schon damals gingen einzelne Häuser in Flammen aus, wie die Schermühle und ein Hof in Schalkhausen, dann Höfe in Steinersdorf und Gebersdorf.

Lichtenau blieb von den kaiserlichen Truppen mit 150 Mann unter dem Hauptmann Arbogast von Andlau besetzt, wahrscheinlich bis zum März 1632. Das war für die Dörfer um Lichtenau her eine besonders harte Belastung; denn ununterbrochen mußten sie Proviant liefern, schwere Kontributionen (Geldsummen) aufbringen [111] und sich Übergriffe aller Art gefallen lassen. So hatten z. B. im November Rutzendorf und Katterbach Lieferungen zu machen, im Januar Boxbrunn, Unterrottmannsdorf und Ratzenwinden. Dabei machte die Besatzung fortgesetzt Ausfälle in die Umgegend, wie die immer wiederkehrenden Beschwerden bezeugen.

Freilich schon zu Beginn des neuen Jahres 1632 machte sich das Nahen der Schweden bemerkbar, die von Unterfranken aus langsam vordrangen. Gustav Adolf hatte sich nach seinem Siege bei Breitenfeld über Thüringen nach Würzburg und Mainz gewendet und dieses Gebiet in Besitz genommen. Dort bezog er auch seine Winterquartiere. Aber frühzeitig machte er sich von dort auf und richtete seinen Weg nach Mittelfranken. Am 31. März traf er in Nürnberg ein und zog dann über Schwabach und Weißenburg in der Richtung auf Augsburg. General Tilly hatte schon zuvor unsere Gegend verlassen und sich ebenfalls nach Süden gewendet. Bei der Stadt Rain am Lech stellte er sich den Schweden entgegen und wollte ihnen den Übergang über den Fluß wehren. Er erlitt aber dabei eine neue Niederlage und wurde sogar tödlich verwundet (15. April 1632). Gustav Adolf aber konnte einen glänzenden Siegeszug nach Augsburg und München unternehmen und kehrte erst im Juni wieder nach Franken zurück.

3. Das zweite Notjahr 1632.

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Nur kurz durfte unsere Gegend aufatmen nach dem Wegzug der Feinde. Bald nahte neues, noch schwereres Unglück. Der Kaiser hatte in seiner Not wieder den früheren großen Heerführer aufgerufen, Wallenstein, den Mann, der ihm in den vorhergehenden Kriegsjahren in Norddeutschland seine Siege erfochten hatte, den er aber wegen seiner Rücksichtslosigkeit, die er auch gegen katholische Fürsten zeigte, hatte entlassen müssen. Wallenstein brachte in kürzester Frist wieder ein neues Heer aus die Beine und zog dann von Böhmen aus durch die Oberpfalz nach Franken. Am 11. Juli 1632 nahm er die Stadt Schwabach ein, die er zur Strafe für ihren Widerstand tagelang aufs schrecklichste plündern ließ. Dann schlug er bei Zirndorf sein Lager auf und verschanzte sich dort in einer festen, fast uneinnehmbaren Stellung. Vor sich hatte er die Rednitz mit ihrem steilen Uferrand, links lehnte er sich an die alte Feste an, rechts reichte sein Lager bis in die Nähe der jetzigen Bahnlinie Ansbach–Nürnberg bei Ober- und Unterasbach. Etwa 60 000 Mann standen ihm zur Verfügung, ein für die damaligen Verhältnisse gewaltiges Heer.

[112] Auch Gustav Adolf, der sich inzwischen durch deutsche Truppen unter dem Herzog Bernhard von Weimar verstärkt hatte, lagerte sich bei Nürnberg gegenüber den Wallensteinischen Soldaten. Sein Lager dehnte sich hauptsächlich südlich von Nürnberg bis zum Reichswald aus, da wo heute die Vorstädte Lichtenhof und Schweinau stehen, umschloß aber auch noch östlich und westlich die Stadt. Er hatte annähernd die gleiche Zahl von Mannschaften wie Wallenstein. Wochenlang lagen sich nun die beiden Heere gegenüber, ohne daß es zu einem Angriff kam. Denn beide Heerführer erkannten recht wohl, daß es kaum möglich sei, den andern aus seiner festen Stellung hinauszuwerfen. Aber eben diese Ruhestellung brachte für das weite umherliegende Land die allerschrecklichste Bedrückung. Die beiden Heere mußten doch ernährt und auch sonst mit allem Bedarf versorgt werden. Dazu aber wurde das ganze Land aufs äußerste ausgesogen. Da unsere Gegend im Rücken Wallensteins lag, waren es die kaiserlichen Truppen, die hier Tag für Tag das Land durchstreiften und erbarmungslos alles wegnahmen, was an Vieh, Getreide, Geld und Gut vorhanden war, ohne jede Nücksicht auf die Bevölkerung.

Besonders schwer hatten es wieder die Orte um Lichtenau. Nach dem Abzug der kaiserlichen Besatzung im Frühjahr 1632 waren wieder die Nürnberger erschienen und hatten ihrerseits Soldaten in die Festung gelegt, und zwar abermals unter dem Kommando des Herrn von Scheurl. Für Gustav Adolf war es von größter Wichtigkeit, daß dieser feste Stützpunkt nicht wieder in die Hände der Kaiserlichen fiel. Aber am 25. Juli erschienen etwa 100 kaiserliche Reiter und nahmen zunächst an die 250 Stück Vieh weg, die vor dem Orte weideten. Dann tauchten am nächsten Tage auf den Höhen um Lichtenau zahlreichere Truppen auf, schätzungsweise etwa 14 000 Mann mit einer Anzahl Geschütze. Diese forderten die Festung auf, sich alsbald zu übergeben; wenn nicht, so werde, wie die übliche Drohung in solchen Fällen lautete, alles niedergemacht, das Kind im Mutterleibe nicht geschont, der Kommandant aber gevierteilt werden. Scheurl ließ sich durch solche Drohungen unbegreiflicherweise einschüchtern und lieferte die Festung zum zweiten Male den Feinden aus, ohne daß auch nur ein Schuß gefallen wäre. Dabei waren schwedisch-deutsche Truppen bereits von Gunzenhausen her im Anmarsch begriffen, hätten also rasch Entsatz bringen können. Sie erschienen auch am nächsten Tage in Immeldorf, konnten aber nichts mehr ausrichten, sondern mußten sich zurückziehen. Die herbeigeeilten kaiserlichen Soldaten steckten dabei Immeldorf in Brand, nachdem sie es ausgeplündert hatten. Gustav Adolf forderte von der Stadt Nürnberg strengste Bestrafung des [113] schuldigen Kommandanten; allein der Rat der Stadt setzte zwar Scheurl gefangen auf dem Turm Luginsland, beeilte sich aber durchaus nicht mit der Erledigung der Sache. Erst nach dem Tode des Schwedenkönigs hielt man ein Kriegsgericht ab, das Scheurl zu „ewiger Gefangenschaft“ verurteilte. Aber auch aus dieser Gefangenschaft wurde er schon nach zwei Jahren entlassen unter der Bedingung, daß er Kriegsdienst nehme und sich weiterhin bewähre.

Die schmähliche Übergabe von Lichtenau war geradezu verhängnisvoll für die Umgegend; denn nun war niemand mehr da, der dem zügellosen Treiben der kaiserlichen Soldaten Einhalt gebieten konnte. Es wurde im Gegenteil gerade die Umgebung der Festung besonders hart und grausam mitgenommen.

Obwohl das Lager Wallensteins unangreifbar schien, wagte Gustav Adolf doch schließlich einen Sturm darauf. Es war am 3. September 1632. In immer neuen Anstürmen, unter schwersten Blutopfern gingen die Schweden und Deutschen vor und wollten mit aller Gewalt in das feindliche Lager einbrechen. Aber zu stark war die Befestigung; alles Stürmen und Bluten war umsonst. Der Kampf mußte abgebrochen werden. Da Wallenstein sich nicht zu einer Schlacht auf offenem, freien Felde herbeiließ, blieb dem Schwedenkönig nichts anderes übrig, als seinerseits dem unhaltbaren und für das Land nicht länger tragbaren Zustand ein Ende zu machen, das Lager abzubrechen und wegzuziehen. Er wandte sich nach Norden. Auch Wallenstein war nun genötigt, ein Gleiches zu tun und Gustav Adolf nachzuziehen. Bei Lützen im Sächsischen trafen sie sich wieder. Und nun kam es zu der gewünschten Schlacht am 6. November 1632. Nach heißem Ringen wurde jetzt Wallenstein geschlagen, doch kostete der Sieg dem Schwedenkönig das Leben.

4. Das dritte Notjahr 1633

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So hocherfreulich der Sieg bei Lützen für die Evangelischen Deutschlands war, so brachte er doch für Franken nur neues Elend. Denn Wallenstein zog sich nach seiner Niederlage wieder hierher zurück, um hier mit seinen geschlagenen Truppen zu überwintern. Es bedarf keiner näheren Schilderung, um zu verstehen, was das ohnehin schon aufs äußerste ausgeplünderte Land nun noch weiter zu erleiden hatte. So sollte die Stadt Ansbach an den General Johann von Werth 6000 Taler Kontribution bezahlen, eine für die damaligen Zeitverhältnisse unerhört hohe Summe, die die Stadt unmöglich aufbringen konnte; nur mit allergrößter Mühe brachte sie 750 Taler und 50 Dukaten zusammen. Ungeheuer stiegen die Preise [114] für alle Lebensbedürfnisse. Täglich streiften Horden von plündernden Soldaten durchs Land, um noch etwas zu finden, was vielleicht bisher verborgen geblieben war. Daß dabei wieder einzelne Höfe und auch ganze Dörfer in Feuer aufgingen, war selbstverständlich. So brannte damals z. B. ganz Oberdachstetten nieder. Vor allem aber war es wieder die kaiserliche Besatzung von Lichtenau, die mit ihren Streifereien und überfallen die Umgegend heimsuchte. So plünderte sie im Frühjahr 1633 das Dorf Eyb und nahm den Hennenbachern das Vieh weg. Später fielen sie im Dorfe Sachsen ein, wobei der Pfarrer Michael Löscher so schwer mißhandelt wurde, daß er kurz darauf an den Folgen zu Ansbach starb. In ergreifender Weise schilderte seine Witwe in einem Briefe an das Konsistorium zu Ansbach unterm 30. Juni 1633 den Hergang, weshalb er als urkundliches Zeugnis im Auszüge hier mitgeteilt sei:

„Es ist leider mehr als überflüssig bekannt und mit heißen Tränen zu beweinen, was für Drangsal der arme Landmann in diesem Fürstentum, allermeist aber in dem Revier bei Lichtenau ausgestanden; bei welchen Pressuren (Bedrückungen) aber die Geistlichen am meisten leiden müssen, deren auch ein guter Teil das Leben darüber gelassen, die andern aber samt den Ihrigen in das Elend verjagt, sind im übrigen von allen Dingen ausgeplündert und also ganz an den Bettelstab gerichtet worden. Es haben die Dragoner und Krobaten (Kroaten, kaiserl. Soldaten aus Kroatien) uns etliche Male dermaßen ausgeplündert, unsere Kühe und alle Fahrnis genommen, daß wir fast nicht mehr eine Schüssel gehabt. Mein Mann hat sich demungeachtet immerzu geduldet und von seiner Kirche nicht weichen wollen, obgleich die eingehörigen Pfarrkinder, weil sie auch verderbt worden, ihre Schuldigkeit (Zinsen, Gülten und andere Abgaben) nicht mehr geben konnten und wir also äußerste Not leiden mußten. Da hat der jüngst zum Proviant kommandierte Entsatz (= Verproviantierungstrupp aus Lichtenau) den Pfarrer mit Stoßen, Schlagen, Raiteln und anderem dermaßen traktiert (mißhandelt), daß er nicht mehr bleiben konnte, sondern, wenn er nicht ganz niedergemacht werden wollte, sich durch Flucht nach Ansbach retten mußte. Allein sie haben ihn dermaßen zugerichtet, daß er sich alsbald zu Bett legen mußte, davon er nicht mehr aufgestanden ist, bis ihn Gott der Allmächtige am vergangenen Auffahrtsabend (Abend vor Himmelfahrt) aus diesem Jammertal abgefordert hat.“


Das ist ein Beispiel, wie es damals den Leuten auf dem Lande erging. Die in der Stadt hatten es zwar auch sehr schlimm, aber doch nicht so übel wie die Landbevölkerung; denn in der Stadt wurde [115] immerhin noch einige Zucht und Ordnung unter dem wilden Soldatenvolk aufrechterhalten. Die Besatzung von Lichtenau machte übrigens bald darauf wieder einen Ausfall aus der Festung und legte dabei die Dörfer Volkersdorf und Sachsen in Asche. Auch das Pfarrhaus brannte damals ab und konnte erst nach 25 Jahren wieder aufgebaut werden.

Ähnlich wie aus Sachsen hören wir auch die Klage aus Eyb. Dort schrieb Pfarrer Vogtherr unterm 26. September 1633: Er sei in drei großen Plünderungen um all sein „Armutlein“ gekommen; sein großer Sohn sei am Pfarrhof von der Besatzung aus Lichtenau mit fünf „tödlichen“ Kopfwunden beschädigt worden; seit langer Zeit habe er (der Pfarrer) keine Besoldung mehr empfangen, so daß er mit Weib und sechs Kindern in schwerer Armut kümmerlich leben müsse.

Um die Mitte des Jahres 1633 rückten endlich die Schweden in Franken ein. Aber das brachte dem Lande keine Erleichterung. Denn was man damals „Schweden“ nannte, waren nur zum geringen Teile noch wirkliche Schweden; die Mehrzahl der Soldaten bestand aus deutschen Hilfstruppen, die in Deutschland angeworben worden waren und die um kein Haar besser waren als die berüchtigten kaiserlichen Soldaten. Diese um Sold gewordenen Menschen stellten meist den Abschaum des Volkes dar. Ihnen war es weder um den Glauben, noch um Volk und Vaterland zu tun, sondern um das freie, wilde Kriegsleben, um Beutemachen, Rauben, Plündern, Vergewaltigung der Frauen, und wenn es darauf ankam, auch um Morden und Brennen. Bei den eigentlichen Schweden bestand zwar anfangs strenge Mannszucht, aber schon bald mußte Gustav Adolf auch bei diesen über allerlei Ausartungen klagen; und als er vollends gefallen war, da ging es bei seinen Leuten rasch abwärts, und es dauerte nicht lange, so taten sie es den anderen völlig gleich. So ist es zu verstehen, daß es dem Lande durchaus nicht besser ging, als die Schweden und ihre deutschen Hilfsvölker an die Stelle der Kaiserlichen traten.

Schon im Jahre 1632 hatte die Bevölkerung des Altmühltales eine Probe davon zu spüren bekommen, als der 0berst Sperreuther, der mit seinen Leuten im Dienste Gustav Adolfs stand, dort einrückte. Eine Beschwerde nach der andern lief über die von seinen deutschen Soldaten verübten Gewalttaten bei der Regierung in Ansbach ein. Auch Oberrammersdorf und die beiden Breitenbrunn hatten damals Anlaß, sich zu beschweren. Die jetzt im Jahre 1633 einrückenden „schwedischen“ Truppen waren überhaupt keine Schweden, sondern Deutsche, die unter dem Befehl des Generals Bernhard von Weimar standen. Unter ihrer Zuchtlosigkeit hatte die evangelische Bevölkerung nicht weniger zu leiden als vorher [116] unter den Ausartungen der Kaiserlichen. Eben damals wurden die Orte Alberndorf, Lengenfeld, Elpersdorf u. a. niedergebrannt.

Am 1. August 1633 schloß der auf schwedischer Seite stehende Gras Thurn die Festung Lichtenau ein, die immer noch von den Kaiserlichen besetzt war. Über drei Wochen leistete die Besatzung Widerstand, aber dann mußte sie sich ergeben. Sie durfte über Immeldorf nach Ingolstadt abziehen. Später wurde die Festung abermals den Nürnbergern übergeben, die sie dann fortan behielten.

5. Das Schreckensjahr 1634

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Am 6. und 7. September 1634 wurde die große Schlacht bei Nördlingen geschlagen. Die vereinigten schwedischen und deutschen Truppen unter den Generalen Horn und Bernhard von Weimar zählten nur 30 000 Mann, während das kaiserliche Heer 40 000 Mann stark war. Dieser Übermacht waren die schwedischen Truppen nicht gewachsen. Trotz größter Tapferkeit in blutigstem Ringen unterlagen sie zuletzt. Auch der junge Markgraf Friedrich von Ansbach, der in der Schlacht mitkämpfte, fand dabei den Tod, und es konnte hernach nicht einmal sein Leichnam mehr gesunden werden. Das kaiserliche Heer aber hatte nun wieder freie Bahn im Lande und es nützte diese Gelegenheit in furchtbarster Weise aus. Die Soldaten unter ihren Feldherren Johann von Werth, Piccolomini und Isolai überschwemmten die ganze Gegend und hausten überall in einer Weise, die sich nicht mehr beschreiben läßt. Selbst die Stadt Ansbach, die bisher noch ziemlich gut davongekommen war, wurde jetzt ausgeplündert und gebrandschatzt. Die Landbevölkerung aber erfuhr vollends das grauenvollste Elend unter dem Plündern und Mißhandeln, Rauben und Morden, Schänden und Brennen der lozgelassenen Scharen. Auch das letzte, was aus den früheren Jahren noch gerettet oder mühsam wieder beigeschafft worden war, wurde den Leuten jetzt weggenommen. Alle wurden buchstäblich an den Bettelstab gebracht. Der Hunger, der schon in den beiden letzten Jahren ständig Gast im Lande war, begann nun schauerlich zu wüten. Dazu nahmen Krankheiten und eingeschleppte Seuchen überhand und rafften besonders die Kinder hinweg. Fast alle Landbewohner verließen Haus und Hof und suchten anderswo ihr Fortkommen. Manche fanden in den Städten Zuflucht, andere streiften bettelnd umher, einzelne schlossen sich gar den Soldaten an. Die meisten Häuser, oft ganze Dörfer, lagen verödet da. Von Feldbestellung war keine Rede mehr; nur an abgelegenen Stellen, wo kein Soldat hinkam, oder auch unter dem Schutze von Städten konnte dergleichen [117] noch geschehen, soweit es bei dem Mangel an Vieh überhaupt möglich war.

Die Markgräfin, der die Regierung des Landes oblag, hatte aus Ansbach fliehen müssen und war nach Kitzingen in Unterfranken gezogen. Das Land wurde darauf von den Kaiserlichen in Zwangsverwaltung (Sequestration) genommen. Die Ämter wurden beauftragt, über die ihnen unterstellten Höfe, Güter und Untertanen Bericht zu erstatten und genaue Verzeichnisse herzustellen. Aus diesen noch vorhandenen Berichten gewinnen wir einen genauen Einblick in die furchtbar traurigen Zustände jener Zeit. Das Stiftsamt St. Gumbertus schrieb Ende November 1634: „Sind also bei dem Stift jederzeit 421 Untertanen (Familien) gewesen, davon jetzt bei dieser schweren Zeit noch 123 Mannschaften (Haushaltungen), nämlich 36 Bauern und 87 Köbler (Gütler) übrig. Denn 298 Mannschaften sind abgestorben und davongelaufen, welchen noch täglich viele wegen der bekannten großen Not folgen. Und haben die noch übrigen 123 Mannschaften nicht so viel, daß sie drei Wagen bespannen mögen.“ Dieser Bericht war durch ein genaues Verzeichnis aus allen in Betracht kommenden Orten belegt. Danach lagen alle Güter und Höfe des Stiftes öde in den Dörfern Alberndorf, Steinbach, Brodswinden, Claffheim, Deßmannsdorf, Hirschbronn, Neukirchen, Külbingen, Volkersdorf, Unterrottmannsdorf, Gößeldorf, Wolfartswinden u. a. Ähnlich berichtete das markgräfliche Hofkastenamt im Dezember 1635 über die ihm zugehörigen Güter in den einzelnen Dörfern: Von etwa 500 Haushaltungen seien nur noch ungefähr 150 vorhanden; „der meiste Teil ist gestorben, verdorben und von beiden Armeen verderbt und vertrieben; ist auch zu besorgen, daß derer (die noch da sind), ehe Walburgis (1. Mai) kommt, ein guter Teil Hungers halber durchgehen werden. Wenig ist im Amt über Winter besämt (mit Saat bestellt). Die verlassenen Häuser sind meistenteils übel verderbt und zerrissen. Kein Körnlein Getreid ist auf dem Amtslasten (dem Amtsspeicher, wohin die Untertanen ihr Gült– und Zehntgetreide abzuliefern hatten). Im ganzen obern und untern Amt sind nur an die 40 Pferd, alte Krampen, blinde und wurmige Pferde, und ungefähr 20 Stück Rindvieh“.

So berichteten die beiden Ämter, das Stiftsamt und das Hofkastenamt, über diejenigen Höfe und Güter, die ihnen zinspflichtig waren. Von anderen Grundherrschaften besitzen wir keine eingehenderen Mitteilungen, doch darf bestimmt angenommen werden, daß auf den ihnen zugehörigen Besitzungen genau die gleichen Zustände herrschten. Es gab keine Ausnahmen im ganzen Lande. Über all wohnte das Grauen, das Elend, die Not und die Sorge. Es war ein Schreckensjahr sondergleichen, das Jahr 1634 samt den nachfolgenden Jahren.

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6. Die Kriegsverwüstung in den Pfarrorten

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Über das Schicksal der einzelnen, zur Pfarrei zählenden Ortschaften wissen wir Näheres aus weiteren Berichten des Stiftsamts und Kastenamts vom Ende des Jahres 1637, wie auch aus sonstigen Mitteilungen. Danach läßt sich folgendes sagen:

Sachsen ist schon 1633 abgebrannt mit Ausnahme der Kirche und vielleicht noch einzelner Häuser. Ein Bild der damaligen Zustände gibt ein Nürnberger Schreiben von 1634: „Vier Reiter (offenbar schwedische aus Lichtenau) haben vier Ochsen zu Sachsen gefüttert; auf solche sind die von Ansbach (die Kaiserlichen) eingefallen, einen geschossen und die Ochsen nach Ansbach gebracht.“ So jagte eine Partei der andern ihre Beute ab, beiderseits aber stets auf Kosten der Bauern. Ein anderes Schreiben meldet aus dem Jahre 1637: „Wolf Freudel, gewesener Mesner zu Sachsen, hat sein Weib von sich gejagt und ist mit seiner erwachsenen Tochter im Kriegswesen herumgezogen, jetzt aber wieder zurückgekommen.“ Noch ein Bericht von 1634 sagt: „Das Gesinde des Obristleutnant von Streitberg hatte eine Schlägerei mit einem Bierbrauer zu Lichtenau und dem Wirt von Sachsen.“ Danach scheint die Wirtschaft in Sachsen nicht abgebrannt zu sein, wie auch sonst die Beobachtung zu machen ist, daß Wirtschaften von den Soldaten geschont wurden aus wohlverständlichen Gründen.

Volkersdorf lag ebenfalls schon seit 1633 in Asche. Nach späterer Aussage alter Leute seien nur noch zwei Haushalten übriggeblieben. Die beiden Güter des Stiftsamts lagen ganz öde.

Rutzendorf ist anscheinend nicht niedergebrannt worden. Nur von der Mühle wissen wir, daß sie 1636 in Asche lag, weshalb der Müller zum Wiederaufbau ein Darlehen von der Herrschaft in Lichtenau erhielt. Von dem markgräflichen Gute wird berichtet, daß damals niemand mehr da war (Hs.-Nr. 19). Später hören wir noch von einem Hofe (Hs.-Nr. 10), der bis 1656 öd lag und den ein Martin Beißer aus Rudelshofen erwarb, wobei er eine Rutzendorferin, vermutlich die Erbin des Hofes, heiratete.

Neukirchen. Die drei stiftsamtlichen Höfe lagen 1637 ganz öde, einer noch bis 1655, wo ihn Hans Schröter erwarb (Hs.-Nr. 2). Der Ort scheint vom Niederbrennen verschont worden zu sein, wenn er auch sonst wie andere zu leiden hatte. Von der Kirche heißt es, daß sie in dem Kriegsunwesen sehr „ruiniert“ worden sei, aber offenbar nicht durch Brand, sondern durch Plünderung und Verwahrlosung.

[119] Hirschbronn. Das Stiftsamt sagt im Jahre 1637: „Sind zwei Untertanen gewesen, davon sich noch einer allhie (zu Ansbach) auf der Bruckmühl aufhält“ (die Bruckmühl stand nahe bei der Schloßbrücke). Von den drei kastenamtlichen heißt es kurz: „Niemand vorhanden.“ Der Ort lag an der alten Straße, die ehedem Ansbach und Lichtenau miteinander verband; darum wurde er wohl von den beiden kriegführenden Parteien abwechselnd heimgesucht. Von einem Brande ist nichts überliefert.

Alberndorf. War besonders hart mitgenommen worden. Im Bericht des Kastenamtes von 1637 lesen wir: „Fünf Bauern und fünf Köbler sind vor diesem allda gesessen, davon leben noch vier; die wohnen nicht allda, der Flecken ist verbrannt; es wird soviel als nichts gebaut; kein Pferd, keine Kühe.“ Auch das zum Stift gehörige Wirtshaus lag „öde“, so daß also das ganze Dorf wüst und leer war.

Steinbach war nicht viel besser daran. Von den vier Stiftsuntertanen hören wir: „Sind alle vier abgebrannt, an Leuten aber noch verhanden Peter Feuerschild, Schmied allhie (in Ansbach), Lorenz Karls Wittib im Elend, Leonhard Mayrs Sohn auf der Hintermühl.“ Die hintere Mühle ist also nicht abgebrannt, sondern wurde noch bewohnt. Von den übrigen Dorfinsassen ist nichts bekannt.

Ratzenwinden war ganz dem Gumbertusstift eigen. Von den acht Familien war 1634 nur noch eine da, die anderen Höfe lagen öde. 1637 heißt es dann: „ist ganz öd und alles ausgestorben“.

Oberrammersdorf gehörte ebenfalls ganz dem Stifte bis auf einen Hof. Von den stiftischen Gütern lesen wir 1637: „Stehet alles öd; doch sind noch vorhanden Gumbrecht Brauns Sohn zu Eschenbach, Hans Ströhlein der jung, so allhie (zu Ansbach) in Dienst.“ Dem Nürnberger Hof wird es nicht besser ergangen sein.

Unterrottmannsdorf. Im Bericht von 1637 findet sich die Mitteilung: „Vier Untertanen hat das Stift allda, aber nun keinen, sondern stehet öd.“ Gleiches Schicksal wird auch die Untertanen der übrigen Grundherrschaften getroffen haben.

Zandt hatte drei markgräfliche Güter, von denen 1637 gesagt wird: „Niemand mehr da.“ Auch das Kloster Heilsbronn besaß drei [120] Anwesen, von deren drei Inhabern berichtet wird: „Ströhlein ist 1634, Däschner 1637 gestorben, Wörlein weggezogen.“ So wird das ganze Dorf öde gewesen sein.

Über Milmersdorf wird nichts Näheres überliefert. Lichtenau hatte es um deswillen besser, weil es unter dem Schutz der Festung und ihres jeweiligen Kommandanten stand. Doch muß auch hier vieles niedergebrannt sein, wie aus einer Bitte dortiger Bewohner an den Rat der Stadt Nürnberg hervorgeht, ihnen an die Hand zu gehen, daß sie wieder aufbauen können. Auch das Pfarrhaus lag in Schutt und Asche.

7. Bis zum Ende des Krieges, 1635–1648

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Im Jahre 1635 schloß der Kurfürst von Sachsen mit dem Kaiser den Sonderfrieden von Prag, dem nach und nach die Mehrzahl der evangelischen Stände beitrat. Auch die Markgräfin Sophie sah sich mit Rücksicht auf ihr unglückliches Land genötigt, sich diesem Frieden anzuschließen. Allerdings nützte das zunächst nicht viel, denn das Land blieb noch weiter unter Zwangsverwaltung; erst 1638 wurde diese aufgehoben und die markgräfliche Regierung wieder in ihre Rechte eingesetzt. Da auch Nürnberg dem Prager Frieden zustimmte, hätte nun das ganze fränkische Gebiet sich einer friedvollen Entwicklung erfreuen sollen. Aber dazu kam es noch lange nicht. Der Krieg ging ja noch fort, wenn er auch das Frankenland fortan verschonte. Immer wieder zogen Truppen durch und bezogen Quartiere, immer wieder mußte Proviant geliefert und vor allem Kriegssteuer gezahlt werden. Die allgemeine Unsicherheit blieb noch bestehen, die große Teuerung aller Lebensbedürfnisse hielt an, auch Seuchen und andere Übelstände machten sich geltend. Nur langsam wagten es die Leute, soweit sie noch am Leben waren, heimzukehren, ihre Häuser wieder aufzubauen und die Felder neu zu bestellen. Eine sehr schwierige Arbeit, denn es fehlte an dem nötigen Vieh und an Geld, solches zu kaufen. Wie wenig sich die Leute auf obrigkeitlichen Schutz verlassen konnten, zeigt ein Bericht vom Jahre 1644, worin es heißt, daß die Leute in Sachsen ihr Vieh, das ihnen offenbar durch streifende Soldaten geraubt worden war, nicht wieder bekommen hätten und darum keine Kriegssteuer leisten könnten. Noch 1648 durften es Reiter von der kaiserlichen Besatzung auf der Wülzburg bei Weißenburg wagen, in das Lichtenauer Pflegamt einzudringen und den Leuten das Vieh wegzunehmen, das dann nur durch Zahlung einer größeren Geldsumme wieder ausgelöst werden konnte. [121] Selbst der Pfleger und Kommandant von Lichtenau, Andreas Imhof, wurde 1646 von umherstreifenden Truppen aufgegriffen und mußte sich mit 130 Talern loskaufen. Erst das Jahr 1648 brachte den wirklichen und endgültigen Frieden, den bekannten Westfälischen Frieden von Münster und Osnabrück. Nun erst konnte Paul Gerhardt sein Lied anstimmen: „Gottlob, nun ist erschollen das edle Fried- und Freudenwort, daß nunmehr ruhen sollen die Spieß und Schwerter und ihr Mord.“ Jetzt erst konnte der Wiederaufbau des zerstörten Landes wirklich vollführt werden.

8. Die Folgen des Krieges

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Es ist schon bei der Schilderung des Schreckensjahres 1634 und bei der Darstellung der damaligen Kriegsverwüstung in den einzelnen Dörfern gezeigt worden, wie furchtbar die Verheerung des Krieges war. Die Folgen des Krieges hielten aber noch lange an, und es zeigte sich erst beim Ausgang des Krieges so recht, was alles zugrunde gerichtet worden war. Allzu viele Menschen waren im Elend verkommen, durch Hunger und Entbehrung aufgerieben, durch Seuchen hinweggerafft oder von den Soldaten erschlagen worden. Ganze Familien waren ausgestorben, ihre Höfe und Güter blieben auch nach dem Friedensschluß einsam und verlassen. Man kann sagen, daß die Hälfte der Bevölkerung auf dem Lande verschwunden war. Im Jahre 1643 muß die Kirchenstiftung in Sachsen klagen, daß ihr Vermögen fast ganz auf den „öden, meist eingegangenen Gütern“ hafte. Oder im Jahre 1650, also zwei Jahre nach dem Friedensschluß, mußte von der Pfarrei Sachsen bezeugt werden, daß weder Zehnten noch andere Gefälle erhoben werden könnten, weil die eingepfarrten Flecken „mehrerteils öd liegen“. Noch 1654 liest man von einem Hof in Malmersdorf, der zur Pfarrei Sachsen sieben Metzen Zehntkorn hätte liefern sollen: „Stehet öd, ist der Stadel abgebrannt und fällt das Haus zusammen.“ Im gleichen Jahre sind in Sachsen „nicht über sechs Haushalten bewohnt gewesen“. Nur langsam füllten sich die Dörfer wieder, nicht zum letzten durch den Zuzug österreichischer Emigranten, von denen hernach noch besonders zu reden sein wird. Langsam ging es vorwärts in dem Sinne, wie ein Nürnberger Bote im Jahre 1650 meldete: „Die Felder würden je länger, je mehr gebaut und sei gute Hoffnung zu täglicher Besserung vorhanden.“ Die Felder sahen freilich, nachdem sie so lange brach gelegen waren, ganz verwildert aus; es war Unkraut und Gestrüpp aller Art gewachsen, nicht selten sogar Jungholz angeflogen. Da mußte erst mühsam wieder [122] gerodet und urbar gemacht werden. Als 1655 ein öd gelegenes Gütlein zu Neukirchen wieder einen Besitzer erhielt, da hieß es ausdrücklich, daß er die „angeflohenen drei Morgen Acker“ erst wieder „ausraiten“ müßte. Ganz besondere Schwierigkeit bereitete bei dem Wiederaufbau die Gewinnung und Nachzucht eines gesunden Viehstandes, ohne den ein bäuerlicher Betrieb nicht zu denken ist.

Die Pfarrei Sachsen hatte nach dem Tode des unglücklichen Pfarrers Michael Löscher nicht wieder besetzt werden können, nicht nur weil das Pfarrhaus abgebrannt war, sondern auch, weil er in der verödeten Pfarrei sein Auskommen nicht mehr hätte finden können. Die Verwesung der Stelle wurde damals dem Pfarrer Andreas Vogtherr in Eyb übertragen, der zugleich auch noch Brodswinden zu versehen hatte. Aber trotz der drei Pfarreien mußte er noch bitterste Rot leiden, wie er es in dem Vers aussprach:

Komm ich auf Sachsen – ist nichts gewachsen,
Komm ich aus Brodswinden – ist nichts zu finden,
Komm ich auf Eyb – hab ich zu tun, daß ich da bleib.

Erst 1656 konnte an die Wiederbesetzung der Pfarrei gedacht werden. Damals berichtete die Gemeinde, daß nunmehr von den 21 Dörfern und Weilern 17 wieder „ziemlich wohl besetzt seien“. Es gab also auch da noch mehrfach unbesetzte Häuser, nicht zu gedenken der vier anderen Orte, die offenbar noch sehr schlecht „besetzt“ waren. Die Zahl der Haushaltungen wurden damals auf 124 angegeben; nach dem Umfang der Pfarrei hätten es etwa 200 sein müssen. An Einwohnern wurden 6–700 gerechnet, hätte aber mindestens das Doppelte betragen sollen. Auch das läßt uns erkennen, wie langsam und wie schwer die Folgen des Krieges zu überwinden waren.

Hervorzuheben ist noch die außerordentliche Unsicherheit nach dem Kriege. Die aus dem Heeresdienst entlassenen Soldaten hatten meist keine Heimat mehr, wohin sie sich zurückziehen konnten. Sie hatten überhaupt keine Lust, sich wieder in eine geregelte Friedensarbeit einzustellen. So blieben sie am liebsten in größeren oder kleineren Trupps beisammen, zogen bettelnd und fechtend im Lande umher, suchten mit Drohungen von den Bauern ihren Unterhalt zu erpressen und scheuten auch vor Raub und Diebstahl nicht zurück. Daneben fehlte es nicht an sonstigen Bettlern, schon von der Kriegszeit her, und auch sie forderten es als ihr gutes Recht, von den Bauern ernährt zu werden. So war es eine rechte Landplage mit all diesen Leuten, die einem Friedensaufbau im Wege standen, ganz abgesehen von dem sonstigen verbrecherischen Gesindel, das stark im Lande umging. Auch da wurde es nur ganz langsam besser.

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9. Die Wolfsplage

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Eine besondere Gefahr lauerte für die Landbevölkerung nach dem Kriege draußen in den Wäldern. Dort hatten sich die Wölfe ungemein vermehrt und bedrohten nun das auf die Weide getriebene Vieh und sogar die Menschen. „Sonderlich zur Winterszeit – wie ein markgräfliches Ausschreiben von 1654 sagt –, da dies Ungeziefer nachts in Dörfern, Weilern, Einöden, Mühlen ihren Unterhalt auf den Gassen oder Miststätten sucht“, wurden diese Tiere sehr gefährlich. Immer wieder ergingen deshalb Anordnungen zur Bekämpfung und Ausrottung dieser Volksplage. Es wurden Streifen durch die Wälder von Jägern und anderen Leuten unternommen; die Regierung setzte hohe Preise aus, anderthalb Taler (nach heutigem Geldwert etwa 20 RM) für einen alten Wolf, einen halben Taler für einen jungen; es wurden da und dort Wolfsgruben angelegt, wie z. B. im Walde zwischen Sachsen und Hirschbronn, wovon noch der Flurname „Wolfsgrube“ Zeugnis gibt. Aber nicht so leicht war diesen lichtscheuen Gesellen beizukommen. Noch bis 1685 machten sie das Land unsicher. Erst in diesem Jahre wurde der letzte Wolf bei uns erlegt, nachdem er zuvor noch viel Unheil angerichtet hatte.

Es war im Juli dieses Jahres, als der Knabe Michael Zehnder, ein Wirtssohn aus Rutzendorf im Alter von 10½ Jahren, auf dem Leitenwasen beim Lindach die Pferde hütete. Da fiel ihn plötzlich ein Wolf an, zerriß ihn und fraß ihn fast halb auf. Dann verschwand er wieder. Aber nicht lange danach riß er die schon dreißigjährige Tochter des Maurers von Höfstetten nieder, als sie auf dem Felde mit Sammeln beschäftigt war. Weiter zerfleischte er einem armen Weib zu Deßmannsdorf das Kind. Er trieb sich meist in der Feuchtlach herum, dehnte aber seine Streifzüge bis Oberrammersdorf, Zandt und noch weiter aus. Bei Leidendorf riß er einen Knaben von sechs Jahren „gleich vor seines Vaters Hofrait“ nieder und schleppte ihn weg. Im ganzen hat er vier Kinder umgebracht. Drei Erwachsene wurden von ihm gebissen, konnten aber wieder geheilt werden. Eine Frau aus Volkersdorf wurde von ihm beim Kornschneiden angefallen; er sprang ihr auf die Brust und warf sie zu Boden, doch wehrte sie sich mit ihrer Sichel, bis er von ihr abließ. Er wird geschildert als ein zaundürrer, aber ungewöhnlich großer und grimmiger Wolf. Wahrscheinlich war er schon zu alt, um noch das Wild im Wald oder auf den Feldern erjagen zu können, und der Hunger trieb ihn dazu, sich nun dafür an Menschen zu vergreifen. Über 3½ Monate trieb er sich in der Gegend umher, bis ihn sein Geschick ereilte. Am 10. Oktober kam er nach Neuses bei Windsbach und lauerte dort auf zwei Knaben, die ihn [124] aber sahen und schleunigst in die Häuser flüchteten. Es entstand daraufhin ein Auflauf im Dorf. Rasch suchte der Wolf noch einen Hahn zu erhaschen; dieser flog aber über einen alten, mit Reisig bedeckten Brunnen hinweg. Der Wolf sprang ihm nach, stürzte aber dabei in den Brunnen hinein. Eilends liefen die Leute herzu, warfen schwere Steine auf ihn und schlugen ihn mit Prügeln tot. Er wurde nach Ansbach geschafft, wo man ihm die Haut abzog und diese als Andenken aufbewahrte (jetzt in den Sammlungen des Historischen Vereins zu Ansbach). Der Leib des Wolfes wurde mit männlichen Kleidern angetan, mit einer Gesichtsmaske, mit Kopfperücke und Bart versehen und so bei der Windmühle an einem Galgen aufgehenkt. Es hatte sich nämlich die Sage gebildet, daß dieser Wolf ein „Menschenwo1f“ sei, daß in ihm ein Mensch stecke, nämlich der im Jahr zuvor verstorbene, allgemein verhaßte Bürgermeister von Ansbach, der nun zur Strafe für seine Härte und Treulosigkeit als Wolf habe umgehen müssen. Darum suchte man ihn für immer unschädlich zu machen. Lange mußten sich deswegen die Ansbacher den Spottnamen „Wolfshenker“ gefallen lassen.

10. Die Aufbau-Hilfe durch die österreichischen Einwanderer

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Daß sich das so furchtbar daniederliegende Land in verhältnismäßig kurzer Zeit wieder erholen konnte, daß schon nach wenigen Jahrzehnten wieder ein normaler Bevölkerungsstand erreicht wurde, das ist neben der Fürsorge der regierenden Kreise und neben der Tatkraft des fränkischen Volkes vor allem dem reichen Zustrom von Menschen zu danken, der schon gegen Ende des Krieges, vor allem aber unmittelbar nach demselben einsetzte. Der Menschenstrom kam aus Oberösterreich, zu einem geringen Teile auch aus Böhmen, Niederösterreich, Salzburg und anderen Ländern der österreichischen Ostmark. Hiervon muß ausführlicher geredet werden, zumal hierüber noch allzuwenig bekannt ist.


a) Die Glaubensnot und Auswanderung der Österreicher

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Kaiser Ferdinand II. hatte nach dem böhmischen Feldzug (1618 bis 1623) sein Land Oberösterreich an den Kurfürsten Maximilian von Bayern verpfänden müssen, weil er die Kriegskosten nicht bezahlen konnte, die der Kurfürst aufgewendet hatte, als er dem Kaiser mit seinem Heere gegen die Böhmen zu Hilfe kam. Bayerische Truppen [125] besetzten deshalb das oberösterreichische Land unter dem Befehl des Grafen von Herbersdorf. Dieser sollte nun gleichzeitig den Willen des Kaisers ausführen, die Reformation auch in diesem Lande auszurotten, gleichwie es eben in Böhmen geschehen war. Denn auch Oberösterreich war schon zu mehr als drei Vierteln der Bevölkerung evangelisch geworden. Herbersdorf, der selbst früher evangelisch gewesen war, aber seinen Glauben gewechselt hatte, war dazu ein williges Werkzeug. Mit den Städten wurde der Anfang gemacht; wer nicht wieder katholisch werden wollte, mußte aus dem Lande hinaus. Schon damals sind viele Tausende ausgewandert und haben in den evangelischen Städten Süddeutschlands, in Regensburg, Augsburg, Ulm usw. bereitwillige Aufnahme gefunden. Dann begann man mit der Landbevölkerung. Es wurden alle evangelischen Geistlichen und Lehrer aus dem Lande verwiesen und an ihrer Stelle katholische Priester eingesetzt, dem Volke aber befohlen, bei diesen die Messe zu besuchen und zu beichten. Als das Volk bei der Einsetzung eines katholischen Pfarrers in Frankenburg Widerstand leistete, wurde jenes ungeheuerliche Blutgericht auf dem Haushammer Felde vollzogen, das schon damals, auch in katholischen Kreisen, den Abscheu der Welt erregte. Dumpf gärte es daraufhin im Volk, und im Jahr darauf kam es zu jenem blutigen Bauernaufstand, den man den österreichischen Bauernkrieg nennt. In leidenschaftlichem Ansturm errangen die Bauern zunächst einen gewaltigen Erfolg, und auch in der Folgezeit ward ihnen noch mancher schöne Sieg beschert. Aber es fehlte ihnen an einer richtigen Führung und ebenso an Geschick im Waffenhandwerk. Auch ließen sie sich durch Versprechungen hinhalten, bis Herbersdorf neue Truppen aus Bayern herangezogen hatte. Und so kam es zuletzt zu einer schweren Niederlage im November 1626, wo das Hoffen und Sehnen der Bauern buchstäblich im Blute erstickt wurde. Freilich nicht so rasch ergaben sie sich in ihr Schicksal, sie hofften auf die Zukunft. War es doch schon früher wiederholt geschehen, daß man sie zum Glaubenswechsel zwingen wollte, und immer wieder waren bessere Zeiten gekommen. Und wirklich schien es auch diesmal eintreffen zu wollen; denn Gustav Adolf erschien in Deutschland. Aber dann kam die Schlacht bei Nördlingen und der Prager Frieden. Und mochte auch das Kriegsglück noch manchmal wechseln, der Westfälische Friede machte aller Hoffnung ein Ende. Schon vorher hatten sich nicht wenige aufgemacht, um eine neue Heimat zu suchen, wo man sie ihres Glaubens ungestört leben ließ. Und nach dem Friedensschluß von 1648 folgte ihnen eine Familie nach der andern, viele Tausende, die lieber die Heimat, Haus und Hof darangaben als ihren evangelischen Glauben. Wohin sie wanderten, das wissen wir: Ein Teil nach Württemberg [126] und Schwaben, weitaus die Mehrzahl aber hierher in unser Frankenland. Und hier fanden sie Raum genug zur Niederlassung, nachdem das Land durch den Krieg so grausam verödet worden war. Hier waren sie auch für den Aufbau des Landes hochwillkommen.

Wenn man die Kirchenbücher aus jener Zeit durchsieht, so stößt man immer wieder auf den Eintrag: „Aus dem Ländlein ob der Enns“, das ist aus Oberösterreich, das durch den Fluß Enns von Niederösterreich abgegrenzt wird. Oft heißt es nur kurz „aus dem Ländlein“ oder aus dem „Landl“, ein „Ländler“, oder „aus Österreich“ oder ähnlich. Oft ist auch die Pfarrei angegeben, in der sie vordem wohnten. Man hat ausgerechnet, daß einige Zeit nach dem Kriege etwa die Hälfte der Bevölkerung auf dem Lande aus Österreichern bestand. Und es waren gewiß nicht die schlechtesten Leute, die da zu uns kamen. Wer um seines Glaubens willen ein solches Opfer bringt, der hat gewiß einen guten Kern und gehört zu den Besten seines Volkes. Ein Kirchenhistoriker sagt mit Recht: „Um des Glaubens willen verlassen die Heimat nicht die Lumpen, sondern die Charaktere.“

Die Zuwanderung aus Österreich hat sich längere Zeit fortgesetzt. So hören wir noch 1672 von einem Matthes Hemmeter aus Österreich, der sich in Wallersdorf mit Susanna Mayr verheiratete. Auch aus anderen katholischen Ländern kamen gelegentlich Leute. Im Jahre 1650 hören wir von einem Johann Fischer aus Cham in der Oberpfalz, der in Sachsen sich niedergelassen hatte. 1651 kam ein Martin Beißer aus Neuburg an der Donau nach Rutzendorf. 1658 taucht ein Mann, namens Zischga, in Alberndorf auf; sein böhmischer Name läßt auf die Herkunft aus Böhmen schließen.

b) Die Namen der Österreicher

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Man wird fragen: Welches sind nun die Namen der Österreicher, die so nach dem Dreißigjährigen Kriege das Blut und die Volkskraft unseres Frankenlandes wieder aufgefrischt haben?

Eine genaue Antwort können nur die Kirchenbücher geben und die aus ihren Einträgen hergestellten Stammbäume der einzelnen Familien. Wer aber aus dem Frankenlande stammt und geht allen seinen Vorfahren nach bis zurück zum Dreißigjährigen Kriege, der wird immer eine größere Zahl von Namen finden, bei denen es heißt „aus dem Ländlein ob der Enns“ oder ähnlich. Ist es nicht der Name des Vaters, der da als österreichisch auftauscht, so ist es vielleicht der Name der Mutter oder einer der beiden Großmütter, der vier Urgroßmütter usw. Je weiter zurück, um so mehr häufen sich ja die Familien, aus denen uns das Blut zugeflossen ist. Gar mancher hat auf [127] diese Weise schon 40, 50 und mehr Ahnen feststellen können, die österreichische Namen tragen.

Bei solchen Nachforschungen hat sich nun ergeben, daß die Namen der Österreicher vielfach eine besondere Art und besondere Klangfarbe haben. Jeder Volksstamm hat einmal seine Eigenart auch bei der Namengebung; die schwäbischen Namen klingen anders als die bayerischen, die Thüringer anders als die fränkischen. Selbstverständlich ist das nicht bei allen Namen der Fall, denn es gibt sehr viele, die man überall findet, wie z. B. die Namen Schmidt, Meyer, Müller usw. Auch sind früher schon oft Namen zwischen den einzelnen Ländern hinüber und herüber gewandert, so daß man stets Vorsicht walten lassen muß. Wenn man das alles aber berücksichtigt, so ergeben sich gleichwohl ganz bestimmte Eigentümlichkeiten, die im allgemeinen den österreichischen Namen anhängen. Das gilt vor allem von den Namen, die auf „eder“, „öder“, oder auch „eter“ auslauten, wie Geißelsöder, Platzöder, Humpeneder, Hammeter und eine Menge anderer; von ihnen darf von vornherein angenommen werden, daß sie – mit wenigen Ausnahmen – aus Österreich stammen. Ebenso kann man sagen, daß die meisten der mit „mayer“, „meyer“ oder „meier“ zusammengesetzten Namen österreichischer Herkunft sind, wie Achmayer, Billmeier, Obermeyer, Grießmeier usw. Ebenso recht viele auf „inger“ auslautende Namen, wie Käpplinger, Buchinger, Wiesinger, Stamminger usf.; oder Namen auf „dörfer“, wie Erdmannsdörfer, Besendörfer, Ammesdörfer; Namen auf „berger“, wie Arnsberger, Vallenberger, Rottenberger; oder auf „hammer“, wie Aufhammer, Lierhammer, Thalhammer; auf „beck“ oder „böck“, wie Heubeck, Grießbeck, Hirschböck, Mühlbeck und viele andere; auch nicht wenige Namen auf „egger“, „höfer“, „gruber“, „schlager“, „reuther“ und ähnliche. Alle diese Namen mit Ausnahme der „mayer“ („meier“) gehen auf Ortsnamen zurück, die man meist heute noch auf österreichischem Gebiete finden kann. Die „öder“ oder „eder“ weisen auf Einöden und Einzelsiedlungen hin, die „hammer“ auf Orte mit der Endung „ham“ oder „heim“, die „beck“ und „böck“ auf Orte, die mit „bach“ endigen, die „schlager“ auf Orte mit dem Auslaut „schlag“ usw. Es wäre natürlich weit gefehlt, alle solche Familiennamen auf österreichischen Ursprung zurückzuführen; es kann im einzelnen sehr wohl auch einmal eine andere Herkunft möglich sein. Aber eine große Wahrscheinlichkeit spricht bei solchen Namen in unserem Frankenlande dafür, daß die Vorfahren aus Österreich zugewandert sind. Eine volle Sicherheit kann freilich, wie gesagt, nur die Nachforschung in den Kirchenbüchern ergeben.

Für die Pfarrei Sachsen gehen die Kirchenbücher leider nicht bis zum Dreißigjährigen Kriege zurück. Aber aus anderen Pfarreien [128] wie auch aus sonstigen Urkunden lassen sich folgende Namen als österreichisch nachweisen von Familien, die heute noch in der Pfarrei bestehen oder früher darin lebten:

Appold, Auernheimer, Berger, Bickel, Bieringer, Birnbaum, Bitzinger, Bogendörfer, Bogenreuther, Brechtelsbauer, Buchinger, Bühler,

Dorfner, Dorner, Einfalt, Ellinger, Enser, Frodel, Frühwirth, Geißelsöder, Greifenöder, Greul, Grießmeyer, Haberecker, Hammeter, Hamberger, Haßold, Helmreich, Hertel, Heubeck, Himmelseher, Hochrattel, Hochreuther, Hübner, Feßberger,

Käpplinger, Kernstock, Körner, Kronberger, Krottenmüller, Leidel, Limberger, Lindörfer, Lindner, Luger, Madinger, Oberseider, Obergruber, Oberhäuser, Obermeyer, Osterseher, Ortner,

Paukner, Planer, Platzöder, Pühringer, Rappolt, Röschinger, Scheffelmeyer, Scherzer, Scheuerpflug, Schienagel, Schindler, Schlötterer, Schreyer, Schröter, Schwendtner, Steinbauer, Stöber, Stürzenhofecker, Thalhammer,

Vogelhuber, Warter, Weger, Widder, Winkler, Wiesinger, Wurzinger, Zellhöfer, Zöllß.

Die aufgestellte Liste kann noch lange nicht als vollständig angesehen werden. Vor allem fehlen darin die vielen allgemeinen Namen, die es überall gibt und von denen nicht wenige österreichischer Herkunft sind, Namen wie Bauer, Beck, Fischer, Meyer, Reuther usw. Anderseits könnte es wohl sein, daß von den obigen Namen der eine oder andere sich auch schon vorher im Lande fand. Mit Bestimmtheit kann nur das gesagt werden, daß Leute, die die obigen Namen führten, einst aus Österreich ausgewandert und zu uns hergekommen sind.

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III. Die weltlichen Herrschaften

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1. Das Markgrafentum Ansbach

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Wie schon im ersten Teil dieses Buches in dem Abschnitt von den alten „Landesherren“ (S. 35) dargelegt wurde, war die westliche Hälfte der Pfarrei mit den Orten Külbingen, Neukirchen, Hirschbronn, Untereichenbach, Alberndorf, Steinbach, Ratzenwinden und Oberrammersdorf den Markgrafen von Ansbach untertan. Sachsen war zwar lichtenauisch und darum nürnbergisch, aber die Pfarrstelle samt der Kirche war ebenfalls markgräflich, da die Markgrafen als Nachfolger des Gumbertusstiftes das Besetzungsrecht (Patronat) innehatten und daraufhin die Kirchenhoheit beanspruchten.

Von einzelnen Markgrafen haben wir schon gehört. Bei den „alten Kriegsläuften“ vernahmen wir von dem Markgrafen Albrecht mit dem Beinamen „Achilles“, der wegen seiner kriegerischen Fehden nach einem alten griechischen Helden so benannt wurde. Ebenso traten uns in der Geschichte der Reformation in Franken (S. 97) die beiden Brüder Kasimir und Georg entgegen. Auf Markgraf Georg, genannt der Fromme, der von 1515–1543 regierte, folgte sein Sohn

Georg Friedrich I. von 1543–1603. Unter ihm wurde viel gebaut, unter anderem ein neues Schloß und ein neues Kanzleigebäude, das noch stehende jetzige Landgericht. Da er kinderlos blieb, fiel die Regierung des Landes an die Brandenburger (preußischen) Hohenzollern. Diese sandten als Regenten das jüngste Glied der Familie nach Ansbach, nämlich

Joachim Ernst, der von 1603–1625 regierte. Als er starb, waren seine drei Söhne noch unmündig, weshalb die Markgräfinwitwe Sophie die Regentschaft übernehmen mußte. Sie hatte gerade die schwerste Zeit des Dreißigjährigen Krieges durchzumachen. Der noch jugendliche älteste Sohn Friedrich verlor in der Schlacht bei Nördlingen sein Leben. Die Regentin mußte vor den kaiserlichen Horden nach Kitzingen fliehen und mußte zusehen, wie ihr Land in Zwangsverwaltung (Sequestration) genommen wurde (1634–1638). Erst dann konnte sie zurückkehren und an den Wiederaufbau des verwüsteten Landes herantreten. Die Regierung übernahm hernach ihr zweiter Sohn

Albrecht mit dem Beinamen „der Rechtschaffene“. Seine Regierung währte bis 1667. Er hatte die Fürstengruft unter dem Chor der Johanniskirche in Ansbach erbaut und wurde als erster aus der markgräflichen Familie dort beigesetzt, nachdem bis dahin die [130] Klosterkirche zu Heilsbronn als Grabstätte für sie gedient hatte. Ihm folgte sein Sohn

Johann Friedrich von 1667–1686. Unter ihm und weiter unter seinen Nachfolgern wurde Triesdorf zu einer Sommerresidenz ausgebaut. Schon im Jahre 1600 war der kleine Ort von dem damaligen Markgrafen Georg Friedrich angekauft worden. Einige Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege wurde dort ein Tiergarten angelegt, dann 1682 das „Weiße Schloß“ errichtet, später ein Marstall und andere Bauten hinzugefügt; auch die Alleen sowie die großen Weiher entstanden nach und nach, sogar ein Raubtierhaus wurde eine Zeitlang unterhalten. Die drei Söhne des Markgrafen kamen nacheinander zur Regierung, da die beiden älteren früh verstarben:

Christian Albrecht 1686–1692.

Georg Friedrich II. 1692–1703.

Wilhelm Friedrich 1703–1723. Ihm folgte nach einer wenig glücklichen Regierung der Sohn

Karl Wilhelm Friedrich 1723–1757. Er war zunächst noch minderjährig, weshalb die tatkräftige Mutter Christane Charlotte bis 1729 die Regentschaft zu führen hatte. Unter ihr wurde vor allem der Bau des jetzigen großen Schlosses kräftig gefördert. Das bisherige Schloß war 1710 durch einen Brand teilweise zerstört worden, weshalb 1713 ein Neubau begonnen wurde. Der äußere Bau zog sich bis 1732 hin, die innere Einrichtung und Ausschmückung noch bis 1760. Auch der schöne Hofgarten wurde damals in den Jahren von 1723–1727 angelegt. Der Sohn Karl regierte dann selbständig von 1729–1757. Er war ein zu heftigem Jähzorn geneigter Mann, dem viele Gewalttätigkeiten nachgesagt wurden, weshalb er im Volksmunde heute noch als der „wilde Markgraf“ bekannt ist. Gewiß ist manches wahr von dem, was ihm nachgeredet wird, aber vieles wird ihm zu Unrecht zur Last gelegt. Auch daß er seiner Frau die Treue nicht hielt und mit anderen Frauen in einem üblen Verhältnis stand, ist leider richtig; nur darf auch hierbei nicht übersehen werden, daß an der unglücklichen Ehe die Frau selbst, eine preußische Prinzessin, die Schwester Friedrichs des Großen, ihr gut Teil Schuld trug. Vor allem aber muß hervorgehoben werden, daß er als Regent sehr viel tat zur Hebung und Förderung seines Landes. Ganz besondere Fürsorge ließ er den Kirchen und Schulen des Landes angedeihen. Der Bau des Gymnasiums zu Ansbach und der Gumbertuskirche (ohne den Chor) geben davon Zeugnis neben sehr vielen Kirchen und Schulen auf dem Lande. Er gab Anregung und Beihilfen zum Ausbau der Stadt Ansbach nach Süden zu (der neue Stadtteil bis zum Bahnhof), ferner zum Bau des Herriedertorturmes. Er starb an [131] einem Schlaganfall in seinem Jagdschloß zu Gunzenhausen im Alter von erst 45 Jahren. Seine Leiche ruht in einem einfachen Sarg in der Fürstengruft unter der Johanniskirche. Sein Brustbild ist auf dem Brunnen bei der Gumbertuskirche zu sehen. Ihm folgte sein Sohn

Alexander (Christian Friedrich Karl Alexander). Er ist der letzte Markgraf geworden von 1757-1791. Auch er genießt keinen guten Ruf. Mit Recht wird ihm schwer angerechnet, daß er 1777 mit England einen Vertrag schloß, nach dem er den Engländern seine Soldaten gegen Geld zur Verfügung stellte für ihren Krieg gegen die für ihre Freiheit kämpfenden Nordamerikaner. Zwei Regimenter Infanterie zu je 570 Mann, dazu 101 Jäger und 44 Artilleristen, im ganzen 1285 Mann, überließ er ihnen gegen eine Entschädigung von rund sieben Millionen Mark (nach heutigem Geldwert). Dazu kam noch, daß die Zahl der Truppen regelmäßig ergänzt werden mußte, so oft sie durch den Krieg Einbuße erlitt. Es war ein richtiger Handel mit Menschen, der gewiß schärfste Verurteilung verdient. Doch muß zur Milderung des Urteils gesagt werden, daß niemand gegen seinen ausdrücklichen Willen dazu gezwungen wurde und daß der Markgraf das so erworbene Geld zur Tilgung der übergroßen Schulden seines Landes verwendete. Auch darf sonst zu seinem Lobe angeführt werden, daß er sich um das Wohl seines Landes und Volkes sehr bemühte. Er förderte in jeder Weise die Landwirtschaft, wozu er besonders fremdes Vieh aus der Schweiz einführte, und den ehedem so rühmlich bekannten „Triesdorfer Schlag“ züchtete. Auch eine Stuterei richtete er in Triesdorf ein, suchte die Schafzucht zu heben und ließ sich den Kartoffel- und Kleebau angelegen sein. Die jetzt noch vorhandenen guten und breiten Landstraßen um Ansbach her (Staatsstraßen) sind zumeist ihm zu danken, so auch die große, an Neukirchen vorüberführende Straße nach Heilsbronn und weiter nach Nürnberg, sowie die andere Straße im Süden von der Pfarrei von Ansbach nach Gunzenhausen. Hervorzuheben ist weiter die Neugründung der Universität Erlangen, die heute noch seinen Namen trägt.

Seine Ehe mit einer koburgischen Prinzessin blieb kinderlos. Das führte bald zur Entfremdung zwischen den beiden Eheleuten und schließlich zu völligem Zerwürfnis. Während die Markgräfin einsam auf dem Schloß zu Unterschwaningen ihre Tage zubrachte, wendete der Fürst seine Gunst zuerst der französischen Schauspielerin Clairon und dann der englischen Lady Craven zu. Als die Markgräfin gestorben war, trat er sein Land im Jahre 1791 an den preußischen König gegen eine jährliche Leibrente von 300 000 fl. ab, heiratete die Engländerin und zog mit ihr nach England, wo er am 5. Januar 1806 starb.

[132] Das Ansbacher Land war zuletzt in eine Reihe von Oberämtern eingeteilt. Der markgräfliche Teil der Pfarrei Sachsen gehörte zum Oberamt Ansbach. Westlich schlossen sich die Oberämter Feuchtwangen und Colmberg, östlich das Oberamt Windsbach mit der Vogtei Merkendorf und das Oberamt Gunzenhausen an. Das Gebiet um Burgbernheim, Windsheim, Neustadt, Markterlbach und Erlangen gehörte damals nicht zu Ansbach, sondern zum Markgrafentum Bayreuth und bildete das „Bayreuther Unterland“. Erst im Jahre 1769, als die Bayreuther Markgrafen ausstarben, fiel die ganze Markgrafschaft Bayreuth an die Ansbacher Linie.

2. Die freie Reichsstadt Nürnberg

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Die Osthälfte der Pfarrei stand unter der Herrschaft der Reichsstadt Nürnberg (S. 37). Es waren die Dörfer Sachsen, Milmersdorf, Volkersdorf, Rutzendorf, Unterrottmannsdorf, Zandt, und ehedem noch die zu den jetzigen Pfarreien Lichtenau und Immeldorf zählenden Orte Boxbrunn, Gotzendorf, Wöltendorf, Wattenbach, Fischbach, Rückersdorf, Waltendorf, Malmersdorf, Herpersdorf, außerdem noch Bammersdorf und Langenlohe. Für die genannten Orte war ein eigenes Pflegamt zu Lichtenau gebildet worden, an dessen Spitze meist ein Herr aus den vornehmen Geschlechtern (Patriziern) Nürnbergs als „Pfleger“ stand. Er war zugleich Kommandant der Festungsbesatzung in Lichtenau. Unter ihm war noch ein Gerichtsschreiber und ein Richter tätig, die ihn nötigenfalls zu vertreten hatten. Alle wichtigeren Angelegenheiten mußten nach Nürnberg berichtet werden, an den „Rat der Stadt“, der dann die Entscheidung fällte. Das Pflegamt vertrat auch in allen grundherrlichen Sachen die betreffenden Nürnberger Herrschaften; nur das Landalmosenamt (früheres „Reiches Almosen“) machte sich in der Folgezeit selbständig und trat vielfach neben dem Pflegamt in Tätigkeit, besonders in Angelegenheiten der Pfarrei Sachsen.

Als praktische Handelsstadt legte Nürnberg viel Gewicht auf den Erwerb und Besitz von Waldungen in dem Bezirk von Lichtenau. Schon im ältesten Salbuch von 1515 werden aufgeführt: Die Winterleiten (zwischen Sachsen und Neukirchen) und das „Espan“ mit der „Gern“ und dem Weinlingschlag (der große Wald zwischen Neukirchen, Wicklesgreuth, Herpersdorf und Milmersdorf). Letzterer erhielt später die Bezeichnung „Herrenho1z“, das ist das Holz der Nürnberger Herren. Im Jahre 1600 werden weiter benannt: Eine Holzmarkt bei Immeldorf, als „Weinberg“ bezeichnet, und das Fürstenloh [133] bei Herpersdorf. Neu zugekauft wurden dann noch: Die Laimengrub bei Wöltendorf und Fischbach, ein Stück Wald im Rosenberg bei Zandt, dann nochmals ein Stück in der Laimengruben. Daneben wurden angekauft zwei große Weiher im Rosenberg hinter Zandt, drei Acker bei Wöltendorf, zwei Höfe in Malmersdorf, und später noch kleinere Wälder und Grundstücke bei Lichtenau. Auch die grundherrlichen Rechte über Güter und Höfe, z. B. in Rutzendorf und Volkersdorf, wurden stark erweitert. Die beiden 1615 erworbenen Weiher wurden 1794 an die Gemeinde Zandt abgetreten, vorher schon 1773 die Gehölze im Rosenberg.

Nürnbergs Herrschaft war für die Untertanen in der Lichtenauer Pflege sicher nichtdrückend. Der freie Geist der alten Reichsstadt ließ auch den Untertanen die nötige Freiheit. Aber anderseits kann man auch nicht sagen, daß Nürnberg für die Entwicklung und Entfaltung seines Landgebietes viel getan habe. Wir hören nichts von Straßenbauten, von Förderung des Gewerbes, Hebung der Viehzucht und der gesamten Landwirtschaft, so wie wir es im Markgrafentum gesehen haben. Man ließ da alles gehen, wie es von altersher ging, und achtete nur streng darauf, daß den „Gerechtsamen“ der Reichsstadt kein Abbruch geschehe. Wir werden hernach sehen, in welch kleinlicher Weise dies oft geschah. Nürnberg befand sich eben nach dem Dreißigjährigen Kriege in einem steten Niedergang. Während es im Jahre 1650 noch etwa 40 000 Einwohner zählte, hatte es um 1800 nur noch 25 000, war also fast um die Hälfte zurückgegangen. Es fehlte an dem alten Unternehmungsgeist, der einst Nürnberg groß gemacht hatte. Eine unfähige Regierung trieb schlechte Finanzwirtschaft und machte große Schulden trotz hoher Steuern. Viele überflüssige Ämter zehrten an den Finanzen der Stadt, ohne etwas Ersprießliches zu leisten. So war es eine Erlösung für die Stadt, als Preußen 1796 einen Teil des Landgebietes besetzte und als zehn Jahre später 1806 Bayern die Oberhoheit gewann. Erst von da an begann sie wieder langsam aufwärtszusteigen bis zu seiner heutigen Größe.

3. Streitigkeiten zwischen Nürnberg und Ansbach

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Die Lichtenauer Pflegschaft war rings von markgräflichem Gebiete eingeschlossen und seine Festung lag allzu nahe vor der markgräflichen Hauptstadt Ansbach. Es war begreiflich, daß die Markgrafen danach trachteten, dieses Gebiet in ihre Herrschaft einzubeziehen. Wiederholt boten sie darum den Nürnbergern einen Tausch an gegen ein Gebiet, das sie selbst in der Nähe von Nürnberg südlich der Stadt besaßen. Schon 1528 hören wir von einem solchen für [134] Nürnberg nicht unvorteilhaften Angebot, dann wieder 1559 nach dem Kriege des Markgrafen Albrecht Alcibiades mit noch weitergehendem Entgegenkommen, endlich nochmals 1666. Aber Nürnberg verhielt sich stets ablehnend gegen alle derartigen Vorschläge. Und das ist sehr zu bedauern; denn eine Fülle von Streitigkeiten und sogar von Kriegen wäre dadurch vermieden worden. Es gab eben so viele Reibungspunkte um Lichtenau, daß Zwistigkeiten unvermeidlich waren, zumal wenn beide Teile auf ihren Rechten zu bestehen suchten und wohl gar noch mehr Rechte in Anspruch nehmen wollten, als ihnen zustanden.

Den meisten Anlaß zu Streitigkeiten bot die Pfarrei Sachsen, weil sie einerseits markgräfliches Patronat war, anderseits mit Kirche und Pfarrhaus auf Nürnberger Gebiet lag. Es wird später bei dem Abschnitt über die Kirchenhoheit noch ausführlich darüber zu reden sein, auch sonst da und dort, wie beim Fraischgericht, beim Friedhof u. a. Hier sei zunächst nur ein Doppeltes berührt, einmal der Streit um die Jagdgerechtigkeit, und dann der Krieg des Markgrafen Albrecht Alcibiades.

In sämtlichen Wäldern der Pflegschaft Lichtenau gehörte die sogenannte „hohe Jagd“ dem Markgrafen, während die „niedere Jagd“ den Nürnbergern zustand. Zur hohen Jagd zählte man gewöhnlich die Jagd auf Hirsche, Rehe und Wildschweine, während die niedere Jagd sich nur mit Hasen, Füchsen, Dachsen, Rebhühnern und dergleichen befaßte. Aber die Abgrenzung zwischen beiden war doch nicht so feststehend. So wollte der Pfleger in Lichtenau auch die Rehe zur niederen Jagd gerechnet wissen, was wiederholt zu üblen Auseinandersetzungen führte. Die Markgrafen dagegen beanspruchten auch die niedere Jagd um Lichtenau, wogegen Nürnberg Beschwerde zum Reichskammergericht erhob, das den Markgrafen 1575 abwies. Im Jahre 1619 legten die Lichtenauer einen Vogelherd vor dem Rosenberg an, um Lerchen und andere Vögel zu fangen, aber der Markgraf bestritt ihnen das Recht hierzu. Vorher hatte Lichtenau sich das Recht auf Wildschweine aneignen wollen, konnte aber damit nicht durchdringen (1608). So gab es fortwährend scharfe Auseinandersetzungen hin und her. Sogar ein herrenloser Bienenschwarm, der bei Sachsen gefangen worden war, veranlaßte 1663 einen Streit, weil der markgräfliche Wildmeister zu Hirschbronn ihn als zu seiner „Wildfuhr“ gehörig ansah, das Pflegamt Lichtenau aber anderer Meinung war und deshalb sogar an den Rat der Stadt Nürnberg berichtete.

Wir erkennen aus diesen, zum Teil recht kleinlichen Vorfällen, daß beiderseits eine stete Gereiztheit bestand, aus der heraus man dem anderen Teil möglichst viel zu bestreiten suchte. Daß solche Streitigkeiten [135] auch zu offenen Fehden ausarten konnten, haben wir schon bei der Darstellung der „alten Kriegsläufte“ gesehen (Krieg des Albrecht Achilles gegen Nürnberg, und Krieg des Markgrafen Kasimir gegen die Stadt).

Hier sei nur noch einer besonderen Fehde gedacht, der des Markgrafen Albrecht Alcibiades gegen die Bistümer Bamberg und Würzburg und gegen die Reichsstadt Nürnberg. Albrecht, dem nach einem griechischen Helden der Beiname „Alcibiades“ gegeben wurde, war eigentlich kein Ansbacher, sondern ein Bayreuther Markgraf. Er hatte im Schmalkaldischen Krieg eine nichts weniger als rühmliche Rolle gespielt, indem er bald auf seiten des Kaisers, bald gegen ihn kämpfte. Als sich dieser Krieg südwärts zog, blieb er zurück und setzte in Franken und hernach in Mitteldeutschland den Krieg auf eigene Faust fort. Er brandschatzte die beiden genannten Bistümer, die sich mit hohen Geldsummen loskaufen mußten. Dann wandte er sich gegen Nürnberg, wo er das Landgebiet in barbarischer Weise verwüstete, bis ihm die Stadt ebenfalls eine außerordentlich hohe Summe bezahlte. Bei diesen seinen Streifzügen kam er am 4. Mai 1552 auch vor Lichtenau. Da die Festung mit Geschütz und Proviant wohl versehen war, verweigerte der Pfleger Ludwig Schnödt die Übergabe. Aber der Markgraf ließ das Haus des Pflegers im Markt durchsuchen, wobei man den einzigen Sohn Schnödts fand. Nun ließ der Markgraf am 5. Mai eine neue Aufforderung zur Übergabe der Festung ergehen mit der Drohung, wenn Schnödt die Festung nicht sofort übergebe, werde er seinen Sohn vor seinen Augen aufhängen und sein Haus im Ort plündern und niederbrennen lassen. Schnödt ließ sich wirklich einschüchtern und übergab die Feste ohne jede Gegenwehr. Hernach ließ der Markgraf ganz Lichtenau von seinen Soldaten plündern und verbrennen, mit Ausnahme des dem Pfleger Schnödt gehörigen Hauses und der Kirche. Die übrigen Orte um Lichtenau scheint er verschont zu haben, wohl mit Rücksicht auf seinen Vetter, den Markgrafen von Ansbach. Schnödt wurde dann von der Stadt Nürnberg des Landes verwiesen und sein Vermögen eingezogen (1555).

4. Die preußische Regierung

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Schon im Oktober 1791 waren die Verhandlungen des letzten Markgrafen Alexander mit dem König Friedrich Wilhelm II. von Preußen wegen Abtretung der beiden Fürstentümer Ansbach und Bayreuth soweit gediehen, daß von Berlin aus der Freiherr von Hardenberg nach Ansbach gesandt werden konnte, um zunächst [136] als markgräflicher Minister die Übergabe des Landes an Preußen vorzubereiten. Unterm 2. Dezember legte dann Alexander endgültig die Regierung nieder, und König Friedrich Wilhelm II. von Preußen erklärte in einer Proklamation vom 5. Januar 1792, daß er die Regierung über das Markgrafentum Ansbach–Bayreuth angetreten habe. Mit der Leitung der beiden Fürstentümer wurde weiter Hardenberg betraut, nun als preußischer Staatsminister mit weitreichenden Vollmachten.

Hardenberg ging mit Umsicht, Wohlwollen und zugleich Entschiedenheit vor. Er führte eine neue Verwaltung ein, sorgte gleicherweise für das Schulwesen, die Landwirtschaft und Industrie, und brachte überall straffe Ordnung ins Land. Die Landeshoheit dehnte er auch auf die kleineren Staatsgebiete im Fürstentum aus, wie das Deutschordensgebiet in Eschenbach und Ellingen. Selbst gegen Nürnberg ging er vor und ließ durch seine Truppen einen Teil des Landgebietes und sogar die Vorstädte besetzen, nachdem Ansbach schon früher Hoheitsrechte darauf geltend gemacht hatte. Zu einer Unterwerfung der Stadt selbst kam es um deswillen nicht, weil die anderen Reichsstände lebhaft dagegen protestierten. Eben darum blieb auch das Pflegamt Lichtenau von ihm unbehelligt.

Am 1. Januar 1796 wurde im Markgrafentum das Preußische Landrecht eingeführt. Dagegen blieb im Lichtenauer Bezirk das alte Nürnberger Recht weiterbestehen. Beide Rechte galten bis zum 1. Januar 1900, wo sie von dem für das ganze Deutsche Reich fortan geltenden „Bürgerlichen Gesetzbuch“ abgelöst wurden.

Als König Friedrich Wilhelm II. im Jahre 1797 starb, erreichte Hardenbergs Wirken sein Ende. Der folgende König Friedrich Wilhelm III. rief ihn nach Berlin zurück, und das Markgrafentum wurde nun von Berlin aus regiert. Das war nicht zum Vorteil des Landes. Überhaupt dauerte der Friedenszustand nicht mehr lange. Als der französische Kaiser Napoleon I. im Jahre 1805 neuerdings einen Krieg gegen Österreich, Rußland und andere Staaten zu führen hatte, ließ er seinen Marschall Bernadotte durch das Ansbacher Land marschieren, obwohl Preußen volle Neutralität bewahrt hatte. Noch im Dezember des gleichen Jahres wurde Preußen von Napoleon gezwungen, Ansbach überhaupt an Frankreich abzutreten, das wiederum am 15. März 1806 das Land an Bayern überließ. Nun wurde das alte Markgrafentum bayerisch, mit Ausnahme der beiden Amter Crailsheim und Creglingen, die an Württemberg fielen. Die tatsächliche Übergabe an Bayern verzögerte sich jedoch; denn Marschall Bernadotte, der schon am 24. Februar mit seinem Heer in Ansbach erschienen war, beeilte sich gar nicht, die Übergabe zu vollziehen. [137] Er blieb vielmehr fast sieben Monate im Land, wobei er mit seinem und seines Heeres Unterhalt dem Volke unerhörte Kosten verursachte. An ihn erinnert noch heute die sogenannte „Bernadotte-Wiese“ hinter dem Weinberg, auf der die französischen Offiziere am Geburtstag ihres Kaisers (15. August) ein fröhliches Gelage hielten.

5. Die bayerische Regierung

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Am 20. Mai 1806 ergriff König Maximilian I. förmlich Besitz vom einstigen Fürstentum Ansbach. Nach der Rheinischen Bundesakte vom 12. Juli 1806 fiel auch Nürnberg mit seinem ganzen Gebiete an Bayern. Man hatte in Nürnberg schon seit längerem mit dem Ende der alten Herrlichkeit einer freien Reichsstadt gerechnet. Seit 1793 hatte man schon keinen eigenen Pfleger mehr nach Lichtenau abgeordnet, sondern das Amt durch den Gerichtsschreiber und die Kommandantur durch einen Leutnant versehen lassen. Von den langen und starken Einquartierungen französischer Truppen in den Jahren 1800 und 1806 blieb auch das Amt Lichtenau nicht verschont. So war es nicht überraschend, als am 30. Juli 1806 eine bayerische Kommission in Lichtenau erschien und alle Beamten in Pflicht nahm. Der Bezirk wurde dann dem Landgericht Heilsbronn unterstellt. Nach Anordnung der Behörde mußten am 20. Oktober alle Häuser mit Nummern versehen werden, eine bis dahin unbekannte Ordnung. Die Festung Lichtenau wurde 1807 in eine Strafanstalt umgewandelt, was sie bis zum Jahre 1927 geblieben ist, um dann wechselnden Bestimmungen zugeführt zu werden (Gefangenenobsorgeheim, Arbeitsdienstlager, Außenstelle des Zellengefängnisses Nürnberg). Für die im Zuchthaus Verstorbenen wurde 1817 ein eigener Begräbnisplatz in einem Teil des alten Steinbruches angelegt; er ist heute noch zu sehen.

Der früher markgräfliche Teil der Pfarrei Sachsen wurde dem Landgericht Ansbach zugteilt. Dabei muß im Auge behalten werden, daß die alten Landgerichte beide Ämter in sich vereinigten, die heute getrennt sind: Das Bezirksamt und das Amtsgericht. Was dagegen heute als Landgericht bezeichnet wird, nämlich das höhere Gericht, das hieß damals Appellationsgericht. Erst 1862 wurde die Trennung von Verwaltung und Gericht durchgeführt. Das Bezirksamt Heilsbronn wurde später zum Bezirksamt Ansbach gezogen, nur das Amtsgericht verblieb noch weiter dort. Was die bayerische Regierung unter den Königen Maximilian I. (1806–1825), Ludwig I. (1825–1848), Maximilian II. (1848 bis 1864), Ludwig II. (1864-1886), denn dem Prinzregenten Luitpold [138] und seinem Sohne König Ludwig III. seit 1806 alles leistete, kann kurz mit den Worten bezeichnet werden: Sie hat das Land aus der langen Kriegszeit, die noch bis 1814 währte, in eine gedeihliche Friedenszeit hinübergeleitet; sie hat vor allem die schweren Kriegsschulden getilgt und dann das Land emporzubringen gesucht. Es wurde im Laufe der Jahrzehnte die Landwirtschaft außerordentlich gefördert; es entwickelte sich eine reiche Industrie, besonders in den Städten; es ist viel für Wissenschaft, Kirche und Schule geschehen. Hier sei nur kurz das Verkehrswesen besonders angeführt, soweit es unsere Heimat berührt. Im Jahre 1859 wurde die Bahnlinie Gunzenhausen–Ansbach fertiggestellt, 1875 die Linie Nürnberg–Ansbach–Crailsheim eröffnet, 1903 die Nebenbahn Ansbach–Bechhofen vollendet. Noch in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurde die Kreisstraße Ansbach–Kinding durch das Rezattal gebaut, wobei die Unterhaltung der Straße den angrenzenden Gemeinden auferlegt wurde. 1880 wurde die Straße Sachsen–Volkersdorf als Distrikt- (jetzt Bezirks-)Straße ausgebaut. Nach der Eröffnung der Bahnlinie Nürnberg–Ansbach wurde am Bahnhof Sachsen eine Poststelle eingerichtet, die die Orte Sachsen, Volkersdorf, Rutzendorf, Alberndorf, Steinbach, Hirschbronn, Kaltengreuth, Untereichenbach, Katterbach, Gebersdorf, Wippendorf, Neukirchen und Milmersdorf zu versehen hatte. Erst nach dem Weltkrieg, im Jahre 1920, wurde die Poststelle nach Lichtenau verlegt im Anschluß an das Postamt Ansbach. Nunmehr werden Hirschbronn und Neukirchen von Ansbach aus bedient, Ratzenwinden, Oberrammersdorf, Zandt und Unterrottmannsdorf von Winterschneidbach aus, die übrigen Pfarrorte durch Lichtenau.

6. Das Deutsche Reich

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Ein Deutsches Reich hat es seit den Tagen Karls des Großen gegeben. Es war lange unter den deutschen Königen, die seit dem Jahre 800 n. Chr. zugleich die römische Kaiserkrone trugen, ein kraftvolles, mächtiges und blühendes Reich. Aber mit der Zeit gewannen die einzelnen Fürsten, die Herzöge und Grafen, dazu die gefürsteten Bistümer und Abteien, schließlich auch die aufkommenden freien Reichsstädte immer mehr Macht und Gewalt, und in gleichem Maße sank das kaiserliche Ansehen und damit das Ansehen des Deutschen Reiches. Besonders als die Kaiser aus dem Hause Habsburg sich so sehr gegen die Reformation und gegen die evangelischen Fürsten einsetzten, als sie den furchtbaren dreiszigjährigen Krieg entfachten, wurde das Deutsche Reich fast zur Ohnmacht herabgedrückt. Napoleon I. [139] gab ihm den Todesstoß; das Reich löste sich auf, der letzte Deutsche Kaiser legte i. J. 1806 die Krone nieder und behielt nur noch den Titel eines Kaisers von Österreich und Königs von Ungarn.

Die deutschen Fürsten waren fortan völlig selbständig. Aber eben darum hatten sie nur wenig Bedeutung im Völkerleben Europas. Eine Ausnahme bildete lediglich das Königreich Preußen, das sich im Laufe des Zeit mächtig entfaltet und vor allem seit Friedrich dem Großen (1740–1786) europäische Geltung gewonnen hatte. Es trat damit in Gegensatz zu Österreich, das sich als erste Macht in Deutschland betrachtete und die deutschen Fürsten nach seinem Willen lenken wollte. Der Krieg von 1866 zwang Österreich, diese seine Ansprüche aufzugeben und überhaupt aus der Reihe der deutschen Fürsten auszuscheiden. Preußen schloß zunächst unter Bismarcks Leitung mit der Mehrzahl der deutschen Fürsten den „Norddeutschen Bund“ i. J. 1867. Als es 1870 zum Kriege mit Frankreich kam, schlossen sich auch die süddeutschen Fürsten dem Bunde an, und es zog Deutschland wieder einmal geeinigt in den Kampf wider seine Feinde. Die Einigkeit wurde dann noch während des Krieges auf eine feste Grundlage gestellt, indem die deutschen Fürsten dem Könige von Preußen die Deutsche Kaiserkrone anboten. Im Königsschlosse zu Versailles erfolgte am 18. Januar 1871 die Proklamation des neuen Deutschen Kaisers und damit die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches.

Wenn in diesem neuen Reiche auch die deutschen Fürsten noch viel von ihrer Selbständigkeit behielten, so schritt doch die Einigung in den nächsten Jahren rüstig vorwärts. Es wurde ein einheitlicher Deutscher Reichstag geschaffen, allerdings unter Beibehaltung der verschiedenen Landtage in den Einzel-Staaten. Die Fürsten und freien Reichsstädte bildeten zusammen einen Bundesrat. Ein einheitliches Münzwesen wurde hergestellt auf der Grundlage der Mark; ein einheitliches „Bürgerliches Gesetzbuch“ wurde am 1. Januar 1900 eingeführt; das Strafrecht, das Heereswesen, Post und Bahn usw. wurden mehr und mehr vereinheitlicht. Das Deutsche Reich stieg in dieser Zeit mächtig empor; es gelangte zu hoher Blüte und zu gewaltigem Ansehen im Rate der Völker.

Aber dann kam als Abschluß der Einkreisungspolitik Englands der Weltkrieg und als dessen Abschluß das berüchtigte Friedensdiktat von Versailles, das eine neue Entmächtigung Deutschlands brachte. Das Deutsche Reich wurde zur Republik erklärt, alle Fürsten mußten abdanken; die einzelnen Länder blieben zwar noch bestehen, aber als Freistaaten. Eine neue Reichsverfassung wurde ausgearbeitet, ein neuer Reichstag mit einer Menge von Parteien gewählt. [140] Auf die an die Feinde zu leistenden unerhörten „Reparationen“ folgte die Inflation mit ihrer vollständigen Geldentwertung; nach einer vorübergehenden Scheinblüte der Industrie kam die furchtbare Arbeitslosigkeit mit den Millionen feiernder Volksgenossen. Die allgemeine Unzufriedenheit führte einen neuen Umschwung herbei. Durch die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei wurde ein Führerstaat gegründet, als dessen erster Führer und zugleich Reichskanzler Adolf Hitler gewählt wurde.

Die Vereinheitlichung des Deutschen Reiches – des „Dritten Reiches“, wie man es zu nennen pflegt – wurde nun vollkommen durchgeführt. Die Einzel-Landtage verschwanden, die Regierungen der einzelnen Länder wurden zu Verwaltungsorganen des Reiches umgestaltet. Nach außen hin wurde das Reich wieder in seinem früheren Umfange hergestellt, soweit dies möglich war (Rückgliederung des Saargebietes, Einverleibung Österreichs und des Sudetenlandes, Wiedereinbeziehung Danzigs und der anderen Provinzen im Osten). Im Innern wurde die Wehrhoheit Deutschlands wiedergewonnen, auch die Hoheit über die entmilitarisierte Zone am Rhein; es wurde die Arbeitslosigkeit beseitigt, die Judenfrage gelöst, das Erbhofgesetz erlassen und eine Reihe weiterer Gesetze im Sinne des Dritten Reiches herausgegeben. Im übrigen befindet sich die Ausgestaltung des neuen Deutschen Reiches noch im Flusse.

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IV. das Gerichtswesen

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1. Vogtei-Gerichtsbarkeit und Ehaft

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Es ist nicht leicht, über die Gerichtsverhältnisse der Vergangenheit ein klares Bild zu gewinnen, da eine allzu große Verschiedenheit zwischen den einzelnen Ländern und Herrschaften bestand. Es wird darum nur berichtet werden, was sich für unsere Gegend aus den Akten ergibt.

Ein großer Unterschied bestand überall zwischen der höheren und der niederen Gerichtsbarkeit. Von der letzteren soll zunächst geredet werden. Gemeint ist das, was oben mit den Worten „Vogteigerichtsbarkeit“ und „Ehaft“ bezeichnet wurde. Um einen Vergleich mit der Gegenwart zu gewinnen, kann gesagt werden, daß darunter ungefähr alles das zu verstehen ist, was heute durch die Polizei und das Amtsgericht geschieht, also polizeiliche Anordnungen und die Überwachung der Durchführung, einfachere Strafsachen, private Prozesse und Beschwerden, Nachlaßsachen und dergleichen. Diese Gerichtsbarkeit stand im allgemeinen den Grundherrschaften zu, also in unserem Gebiet z. B. dem Gumbertusstift für alle Untertanen, die zu diesem Stift gült- und zinspflichtig waren, ebenso dem Landalmosenamt zu Nürnberg für seine Grundholden, oder dem Kloster Heilsbronn, den Herren von Vestenberg usw. für ihre jeweiligen Untertanen. Selbstverständlich besaßen auch die Landesherrschaften, wie der Markgraf von Ansbach und die Stadt Nürnberg, solche niedere Gerichtsbarkeit, aber nur über diejenigen Höfe und Güter, von denen sie Grundrechte (Zinsen, Gülten u. a.) beanspruchen konnten. Es gab also so viele Vogteigerichtsbarkeiten, als es Grundherrschaften im Lande gab. Und wenn in einem Dorfe etwa fünf Grundherrschaften vorhanden waren, so verteilten sich eben die Bewohner auf diese fünf Gerichte. Es läßt sich leicht denken, daß es in einem solchen Dorfe oft zu Zwistigkeiten und Unzuträglichkeiten kommen mußte, weil es an einem einheitlichen Polizei- und Gerichtswesen fehlte.

In Wirklichkeit übten freilich bei weitem nicht alle Grundherrschaften ihre Gerichtsbarkeit aus. Die kleineren besonders überließen sie willig den Landesherren, in deren Bezirk ihre Untertanen wohnten. So übte das nürnbergische Landpflegamt Lichtenau ohne weiteres alle polizeilichen und gerichtlichen Befugnisse aus für das Clara- und Katharinen-Kloster dort, für die Schlüsselfeldersche und Mendleinsche Stiftung, für die Herren von Haller und andere, auch für die Pfarrei Immeldorf. Anfangs tat es dies auch für das Reiche Almosen, das in der Pfarrei viele Besitzungen innehatte; aber [142] später nahm das Almosenamt seine Rechte wenigstens teilweise selbst in Anspruch, besonders der Pfarrei Sachsen gegenüber. Zur Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit war in Lichtenau ein besonderes Ehaft-Gericht eingerichtet. Das Wort „Eh“ kommt von dem althochdeutschen „Ewa“ oder „Ea“ und hat die Bedeutung von Gesetz, Band oder Bund. „Ehaft“ will also besagen: Dem Gesetz verhaftet, verpflichtet. Auch in den heute noch gebräuchlichen Worten „Ehe“ und „Ehalten“ kommt diese gesetzliche Verpflichtung und Bindung zum klaren Ausdruck. Das „Ehgericht“ oder die „Ehaft“ hatte nun die Aufgabe, alle gesetzlichen Verpflichtungen aufrecht zu erhalten und Übertreter derselben zu bestrafen. Jährlich viermal wurde in Lichtenau Ehaft gehalten, und zwar jeweils am Donnerstag in den vier Quatember-Wochen, also nach Sonntag Invocavit, nach Pfingsten, vor Michaelis und vor Weihnachten. Daneben konnten außerordentliche Ehgerichte ausgeboten werden. Zur Ehaft hatte jeder Untertan zu erscheinen, hatte die Weisungen der Grundherrschaft entgegenzunehmen und auf vorgebrachte Klagen Rede und Antwort zu stehen. Das Gericht setzte sich zusammen aus dem beim Pflegamt angestellten Richter und zwölf Schöffen. Die Schöffen sollten zur Hälfte aus Bürgern von Lichtenau, zur anderen Hälfte aus den übrigen zugehörigen Orten genommen werden. Doch wurde diese Ordnung nicht streng durchgeführt; denn 1590 finden wir z. B. nur vier Lichtenauer Schöffen neben zwei aus Sachsen, zwei aus Volkersdorf, drei aus Immeldorf und einen aus Rutzendorf. Die Schöffen wurden jährlich von der Herrschaft in Lichtenau bestellt auf Vorschlag der alten Schöffen. Im Jahre 1648 werden neben dem Gerichtsschreiber Leonhard Haydelfelder (= Heidingsfelder) folgende Schöffen erwähnt: Hans Haydelfelder, Leonhard Leuchs, Hans Schmidt, Valentin Mayerhöfer, Georg Halbritter, Leonhard Lotter, Martin Bergner, Hans Beuschel, Georg Warter, Michael Brodwolf, Michael Kaufmann.

Zum Vollzug ausgesprochener Strafen diente der „Stock“, d. i. das Gefängnis in einem Turm zu Lichtenau, wobei die Füße, manchmal auch die Hände, zur Verschärfung der Strafe in einem Holzstock festgelegt werden konnten. In dringenden Fällen wurden Gesetzesübertreter auch ohne gerichtliche Verhandlung in polizeiliche Haft „bei Wasser und Brot“ genommen. Vielfach wurden nur Geldstrafen verhängt. Waren diese für bestimmte Fälle, z. B. für Forstfrevel, für Übertretung polizeilicher Vorschriften u. ä. schon im voraus angedroht, so wurden sie ohne weitere Verhandlung eingezogen.

Für die markgräflichen Untertanen übte das Hofkastenamt die grundherrliche Gerichtsbarkeit, für die Untertanen des Gumbertusstiftes das Stift selbst, später das Stiftsamt. Ähnlich [143] handhabten ihr Recht das Kloster Heilsbronn, der Deutschherrenorden zu Eschenbach und die zu Vestenberg sitzenden Herren. Für die Gerichtsverhandlungen im Gumbertusstift sind noch kurze Niederschriften aus den Jahren 1427–1456 vorhanden.

2. Das Fraisch-Gericht in Lichtenau

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Die höhere Gerichtsbarkeit wurde „Fraisch“, auch „Halsgericht“, „Blutbann“ oder „Centgericht“ genannt. Es handelte sich dabei stets um schwere Vergehen oder Verbrechen, bei denen es um den „Hals“, um Leib und Leben ging. Hierher gehörten Mord und Totschlag, schwere Körperverletzung („fließende Wunden“), Hochverrat, Raub und Diebstahl, Notzucht und Gewalttat, widernatürliche Unzucht, Brandstiftung, Verrückung von Grenzsteinen und dergleichen, oft auch Wilddieberei u. ä. Wenn wir die gegenwärtigen Gerichtsverhältnisse zum Vergleich heranziehen, so könnte man sagen, daß diese „fraischliche“ Gerichtsbarkeit ungefähr die Bedeutung der Schwurgerichte hatte. Doch muß auch hier festgehalten werden, daß die Zuständigkeit dieser höheren Gerichte einst sehr verschieden war je nach der Landschaft. Die Grenze zur niederen Gerichtsbarkeit war vielfach fließend.

Die obere Gerichtsbarkeit war ein Ausfluß des alten deutschen Königsrechtes, wie es vor Zeiten durch die Gaugrafen ausgeübt wurde. Aber mit der Zeit wurde dieses Recht über bestimmte Landbezirke bestimmten Landesherren übertragen, die dann im Namen des Königs oder Kaisers das Amt verwalteten. Wir hören in diesem Sinne von den alten „kaiserlichen Landgerichten“, wie z. B. die Markgrafen von Ansbach ein solches Gericht innehatten. Aber auch Städte erhielten oft diese Gerichtsbarkeit. Als i. J. 1409 der Bezirk Lichtenau an das ritterliche Geschlecht der Rummel in Nürnberg kam, erwirkten diese von Kaiser Rupprecht auch die Belehnung mit dem „Blutbann“, d. h. mit dem Recht, in ihrem kleinen Ländlein selbst die hohe Gerichtsbarkeit ausüben zu dürfen. Kaiser Friedrich III. fügte dem das Recht hinzu, die „Frevel“ zu Lichtenau nach Nürnberger Recht zu bestrafen. Auch Kaiser Maximilian bestätigte 1502 dem Rate der Stadt Nürnberg den Blutbann. Der Umfang des Fraischbezirkes Lichtenau ist aus alten Karten von 1525 (?), 1592 und 1678 ersichtlich und wird außerdem durch alte Grenzbeschreibungen erläutert (siehe Karte Nr. III im Anhang), wobei allerdings beigefügt werden muß, daß die Grenze gegen Westen, besonders bei Zandt und Oberrammersdorf, von den Markgrafen zu Ansbach wiederholt angefochten wurde. In größeren [144] Abständen von etwa 30 Jahren fand von Lichtenau aus ein Grenzumritt statt, bei dem sich Leute aus allen zugehörigen Dörfern beteiligten, mitunter bis zu 70 Mann. Der Umritt begann regelmäßig bei der sog. „Streitfurt“ zwischen Immeldorf und Schlauersbach, ging dann über die Rezat hinüber, weiter unterhalb Rückersdorf über den Bach, dann den Berg hinauf durch die dortigen Hölzer, über die Felder hinweg hinter Wöltendorf, Gotzendorf und Zandt herum. Wo sich oberhalb Zandt die Wege nach Großbreitenbronn, Eschenbach, Herrieden und Ansbach schneiden, stand eine Fraisch–Säule. Von der Säule führte die Grenze stark rechts gegen den Rosenberg zu, dort an den „Pfaffenweihern“ vorbei, weiter halbrechts gegen Oberrammersdorf, über den „Schelmwasen“ (alter Name für Schindanger) rechts dicht an Oberrammersdorf vorbei, so daß das Dorf außerhalb des Fraischbezirkes zu liegen kam. Bei dem Kreuzweg auf der Höhe nahe bei Steinhof befand sich eine weitere Grenzsäule, die leider vor mehreren Jahren abhandengekommen ist. Ehedem stand dort auch ein Kreuz, das „hohe Kreuz“ genannt. Die Grenze bog dann links ab auf den Weg, der heute noch vom Steinhof zum Lindach führt, vorbei an einem rechts stehenden, jetzt abgeschlagenen Holz, dem „Huffholz“. Nahe beim Lindach ist heute noch die Grenze durch einen Fraisch-Stein bezeichnet. In gerader Richtung ging es dann weiter über den Flurteil „Egelsee“ oberhalb Rutzendorf, wo abermals ein Grenzstein zu sehen ist; weiter den Berg hinab in der Richtung auf den über die Rezat führenden Egelsteg, dann wieder den Berg hinauf bis in die Nähe von Sachsen, wo oberhalb des Dorfes einst wieder ein Stein stand, am Wege nach Hirschbronn, der aber – angeblich bei dem Bahnbau – entfernt wurde und dessen Überrest noch am alten Weg von Sachsen nach Hirschbronn dicht an der Bahnlinie auf der Dorfseite zu erkennen ist. Auch in der Nähe dieses alten Fraischsteins befand sich einst eine „Marter“. Von da aus lief die Grenze über den „Sachsener Wasen“ links in den Erlbachgrund hinab und auf der Flurgrenze zwischen Hirschbronn und Sachsen weiter bis in die Nähe von Neukirchen. Dort wo die Straße von Sachsen in den Wald einbiegt, etwas abseits links im Walde, steht ein Stein, der sich am besten von allen Grenzsteinen erhalten hat und deutlich das Nürnberger Wappen auf der Innenseite zeigt, während die Außenseite leer ist. In dem Gründlein vor Neukirchen an der Straße stand einst als Grenzzeichen eine große Eiche, die aber unbefugt von einem Neukirchener abgehauen wurde. Die Grenze wendete sich von da nach rechts die Anhöhe hinauf an einem einst dort befindlichen Weiher vorbei, dann quer über die Felder in der Richtung gegen Külbingen, wo wieder ein Fraischstein noch heute sich findet. Dann lief die Grenze um den Herrenwald herum an einem [145] Kreuz, dem „Wiglas–Kreuz“, vorbei, ließ Wicklesgreuth links und Langenlohe rechts liegen, ging zwischen Langenlohe und Petersaurach hindurch, bog vor Ziegendorf nach rechts ab und führte geradenwegs wieder in das Rezattal zur Streitfurt hinab.

Über die Zusammensetzung des Lichtenauer Fraischgerichtes wird uns nichts Näheres berichtet; es waren aber offenbar die gleichen Männer wie bei der Ehaft, nur daß in Fraischfällen in der Regel außer dem Gerichtsschreiber noch der Pfleger teilnahm und den Vorsitz führte. Geurteilt wurde, wie schon gesagt, nach Nürnberger Recht. Gelegentlich wird die „Wendelsteinische Gerichtsordnung“ erwähnt, die wohl mit der Nürnberger ziemlich gleichlautend war. Dem Fraischgericht unterstanden alle Kriminalsachen, die innerhalb seiner Grenzen vorfielen, ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit zu einer auswärtigen Grundherrschaft. Da der Bezirk nur klein war, kamen natürlich nicht viele Fälle vor. Daher begreift sich die 1533 erhobene Klage, daß „viel Unordnung und Mißbrauch“ vorkäme, weil es den Richtern offenbar an der nötigen Erfahrung fehlte. Auch wurden die Protokolle über die Verhandlungen schlecht geführt, obwohl ein „geschrieben Buch“ vorhanden war.

Als Strafe wurde bei nicht zu schweren Fällen öfters die „Landesverweisung“ ausgesprochen, eine nicht zu harte Strafe, da der Übeltäter nur über die Fraischgrenze zu gehen brauchte, um schon im Auslande zu sein. Er konnte sich auch, wenigstens in älterer Zeit, mit den Angehörigen des von ihm Beschädigten durch Leistung eines „Wehrgeldes“ vergleichen und dann wieder zurückkehren. Für gewisse Fälle genügte auch der „Pranger“, eine auf dem Markte zu Lichtenau erhöht aufgestellte Schandsäule, an die der Missetäter gebunden und öffentlich zur Schau ausgestellt wurde. Für die schlimmsten Verbrechen war jedoch die Todesstrafe vorgesehen. Dabei pflegte man zu unterscheiden, ob die Beweggründe zu einer Tat unehrenhaft waren oder die Ehre eines Menschen nicht unmittelbar berührten. In letzterem Falle wurde der Mensch mit dem Schwerte hingerichtet, in ersterem dagegen an den Galgen gehängt. Diebstahl, Raub, Brandstiftung galt z. B. immer als unehrenhaft und zog darum den Galgen nach sich. Vereinzelt kam auch in einem besonderen Falle der Feuertod vor, öfter das Aushauen mit Stockschlägen. Für Hinrichtungen mit dem Schwerte wurde der Scharfrichter von Nürnberg herbeigeholt. Zum Aufhängen diente ein eigener Galgen, der sich auf der Höhe zwischen Volkersdorf und Lichtenau befand, an einer Stelle, die noch heute deutlich zu erkennen ist. Schon i. J. 1498 hören wir in einem Bescheid des Nürnberger Rates, daß der „Stock, Pranger und Galgen zu Lichtenau“ wieder herzustellen sei. Später mußte der Galgen wiederholt erneuert [146] werden. Da die Arbeit hieran als „unehrenhaft“ galt, wurde hierbei die ganze Bürgerschaft samt Pfleger, Gerichtsschreiber und Schöffen aufgeboten, damit hernach niemand den Arbeitern einen Vorwurf aus ihrer Galgen-Arbeit machen konnte. So zogen 1659 die Genannten mit Gewehren, Trommeln und Pfeifen hinaus zum neuerrichteten Galgen, wobei am Schluß zwei Gewehrsalven und drei Kanonenschüsse losgelassen wurden. An der Stelle, wo der Weg zum Galgen von der öffentlichen Verkehrsstraße zwischen Lichtenau und Volkersdorf abzweigte, stand einst eine Marter, bei der noch Gelegenheit zu einer letzten Beichte gegeben war. Ein Überrest von dieser Marter ist jetzt noch dicht an der Straße zu sehen, ein niedriger Stein mit der Inschrift: „Das letzte Stündlein; Herr erbarme dich!“ Um ein Bild von der damaligen Strafrechtspflege zu geben, seien einige Fälle aus der Lichtenauer Fraisch angeführt:

1539. Michael Ströhlein von Rutzendorf ist gefährlich verwundet worden, die Täter sollen verwahrt werden; vom Hause des Ströhlein ist ein Span zum Zeichen der Fraischhoheit zu nehmen. (Das Heraushauen eines Spans, meist aus dem Türpfosten, war ein alter Rechtsbrauch, zum Zeichen, daß nun das zuständige Gericht die Sache in die Hand genommen habe.)

1596. Der „unruhig Kunz Nehar zu Rodmersdorf“ hat den Weidenmüller Pankraz Streiter verwundet; er soll des Landes verwiesen werden.

1659. Ein junger Bursche wurde wegen sodomitischer Unzucht (widernatürlicher Unzucht mit Tieren) zum Feuertode verurteilt und lebendig verbrannt.

1701. Ein Knecht wurde aus dem gleichen Grunde mit dem Schwert hingerichtet.

1719. Der „Seeschneider“ wurde mit dem Strang am Galgen hingerichtet, wobei 226 Bürger und andere Untertanen mit ihren Gewehren aufmarschierten.

1724. Die Jägerstochter Marianne Walburg Reich von Lichtenau wurde mit dem Schwert hingerichtet, weil sie ein Kind heimlich geboren hatte und es dann „verwahrlosen“ ließ. Ihre Helferin, Apollonia Fischer, wurde an den Pranger gestellt und hernach ausgehauen.

1736. Die Kindsmörderin Elisabeth Piller von Zandt wurde mit dem Tode bestraft (jedenfalls mit dem Schwert).

1753. Johann Brodwolf von Lichtenau wurde wegen Notzucht 3 Tage nacheinander mit je 25 Stockschlägen gezüchtigt und dann des Landes verwiesen.

Mit dem Übergang des Landes an Bayern i. J. 1806 hörte alle Gerichtsbarkeit in Lichtenau auf und der Galgen verlor sein Daseinsrecht.

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3. Das kaiserliche Landgericht in Ansbach

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Die fraischliche Gerichtsbarkeit wurde im Markgrafentum Ansbach von dem kaiserlichen Landgericht in Ansbach ausgeübt. Dieses hatte zuerst in Nürnberg seinen Sitz und war den dortigen Burggrafen (Hohenzollern) übertragen. Als dann nach längeren Kämpfen Nürnberg selbständig wurde, verlegten die Burggrafen ihren Sitz nach Cadolzburg und zogen dorthin auch das Landgericht. Im Jahre 1456 wurde dieses weiter nach Ansbach verlegt, nachdem auch die Hohenzollern – nun als Markgrafen – ihren ständigen Wohnsitz in Ansbach genommen hatten. Doch bestand schon vor dem Landgericht in Ansbach ein höheres Gericht, ein „Halsgericht“. Das kaiserliche Landgericht fällte seine Urteile nach einer 1516 erlassenen „Halsgerichtsordnung“. Zur besseren Unterbringung dieses Landgerichts erbaute Markgraf Georg das bekannte „Landhaus“ mitten zwischen dem Oberen und Unteren Markt, ein Gebäude, das auch zur Abhaltung der Landtage im Markgrafentum diente und seit 1923 von der Stadt Ansbach für Verwaltungszwecke verwendet wird.

Als Inhaber des kaiserlichen Landgerichts beanspruchten die Markgrafen auch über den Lichtenauer Bezirk die obere Gerichtsbarkeit. Besonders im Anschluß an den Krieg des Bayreuther Markgrafen Albrecht Alcibiades machte i. J. 1555 der Ansbacher Markgraf Georg Friedrich I. diesen Anspruch geltend und ließ deshalb vier Lichtenauer Fraisch–Säulen, die damals noch von Holz waren, ausgraben und wegfahren, sowie den Lichtenauer Galgen umhauen. Nürnberg erhob Klage bei dem Reichskammergericht, das 1565 gegen den Markgrafen entschied. Trotzdem gingen die Eingriffe Ansbachs weiter. Schon 1563 hatte der Markgraf einen Dieb zwischen Rutzendorf und Lichtenau durch seine Amtsknechte aufgreifen und ihn in Ansbach aburteilen lassen. Gleiches tat er 1585 mit einem Mann aus Rutzendorf, 1589 mit einem Dieb zu Milmersdorf, 1595 mit mehreren verdächtigen Personen auf dem Strüthof. 1599 ließ er sogar den „Egelsteg“ zwischen Sachsen und Steinbach einreißen, weil dieser als eine Grenzmark für die Lichtenauer Fraisch galt. Als 1606 ein Hühnerdieb durch die Lichtenauer nach Nürnberg in das dortige „Lochgefängnis“ (unter dem Rathaus, noch heute zu sehen) gebracht werden sollte, ließ er diesen bei Stein abfangen, nach Cadolzburg bringen und in Langenzenn mit dem Strang hinrichten. Selbst Tote waren nicht sicher. Als um 1566 ein Pfeifer (Musikant) zwischen Lichtenau und Rutzendorf tot aufgefunden wurde, brachten ihn die Lichtenauer „mit bewehrter Hand“ nach Sachsen zum Begräbnis; aber Ansbach bot Bürger und Bauern auf, nahm den Pfeifer [148] weg und brachte ihn nach Eyb zum Begräbnis. Erst der Dreißigjährige Krieg machte diesen gerichtlichen Streitigkeiten ein Ende.

Trotz aller Gerichte und der oft grausamen Strafe (z. B. Todesstrafe auf Diebstahl) herrschte doch in der vergangenen Zeit große Unsicherheit im Lande. Zigeuner, abgedankte Soldaten, Gesindel aller Art gefährdeten Leben und Sicherheit. Es fehlte eben eine geordnete Sicherheitspolizei, wie wir sie heutzutage gewohnt sind. Darum suchte man durch schwere Strafen abzuschrecken. Auch gab es keine länger dauernden Gefängnisstrafen; darum die häufigen Todesstrafen oder auch die öffentliche Brandmarkung durch den Pranger. Manche Vergehen kennt man heute nicht mehr, wie die „Truderei“, d. h. die angebliche Zauberei zum Schaden anderer, besonders des Viehes, oder den „Teufelsdienst der Hexen“ und dergleichen. In dieser Hinsicht ist von den Gerichten, die auch unter dem Aberglauben der Zeit standen, leider oft gesündigt worden, allerdings viel weniger auf evangelischem Boden als in katholischen Ländern, wie z. B. in Würzburg.

4. Die geistliche Gerichtsbarkeit

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Geistliche und Klosterinsassen unterstanden in alter Zeit nicht den weltlichen Gerichten, sondern dem geistlichen Gericht ihrer Vorgesetzten. Erst nach der Reformation verschwand, wenigstens in evangelischen Gebieten, nach und nach dieses Sonderrecht. Dagegen verblieb den geistlichen Behörden nach wie vor das Eherecht. Verfehlungen in Ehesachen, auch Ehescheidungen, unterstanden der geistlichen Gerichtsbarkeit noch bis in die neuere Zeit herein. Gleiches galt für kirchliche Zehntfragen, auch für Testamentsangelegenheiten und selbstverständlich für Fragen der Kirchenzucht. Doch begann auch in diese geistliche Gerichtsbarkeit mehr und mehr der weltliche Arm einzugreifen. Vor allem beeilte sich Nürnberg, alle diese Befugnisse an sich zu ziehen, während die markgräfliche Regierung dem von ihr eingesetzten Konsistorium noch lange seine Befugnisse, besonders in Ehesachen, beließ. Daraus ergaben sich von selbst wieder allerlei Anstöße zwischen Nürnberg und Ansbach, vor allem in solchen Fällen, wo das geistliche Gericht, d. i. das Konsistorium zu Ansbach, über eine Sache entschied, die Pfarrangehörige von Sachsen innerhalb des Lichtenauer Pflegeamtes betraf. Als z. B. das Konsistorium i. J. 1755 die Ehe eines Herpersdorfers schied, erklärte Lichtenau diese Scheidung für nichtig, weil das Konsistorium nicht zuständig sei, sondern das Lichtenauer Gericht, d. h. das weltliche Gericht. Nürnberg griff sogar in die eigentliche Kirchenzucht ein, indem [149] es von sich aus anordnete, daß alle gefallenen Brautpaare bei der Trauung Strohkrünze zu tragen hätten, eine Anordnung, die ein rein geistliches Gebiet betraf. Da das geistliche Gericht in Ansbach eine solche Anordnung nicht für richtig hielt, Nürnberg aber seinen Willen mit Gewalt durchzusetzen versuchte, ergaben sich für die Pfarrei Sachsen böse Händel, von denen noch zu berichten sein wird. Die neue Zeit hat um das Jahr 1800 alle geistliche Gerichtsbarkeit aufgehoben, soweit sie sich nicht auf rein geistliche oder kirchliche Angelegenheiten bezieht.

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V. Das Kirchenwesen

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1. Patronat und Kirchenleitung

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a) Unter den Markgrafen

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Das dem Chorherrnstift in Ansbach zustehende Besetzungsrecht (Patronat) über die Pfarrei Sachsen (S. 48) wurde von 1563 ab, als das Stift eingegangen war, von den Markgrafen zu Ansbach als den Rechtsnachfolgern des Stiftes in Anspruch genommen. Sie übten aber dieses Recht stets durch die von ihnen eingesetzte Kirchenbehörde aus. Nur selten gestatteten sie sich einen persönlichen Eingriff, wie im Jahre 1788, wo Markgraf Alexander den noch sehr jugendlichen Sohn eines Beamten unter Übergehung älterer und verdienstvollerer Bewerber auf die Stelle brachte als Belohnung für die Verdienste des Vaters, eine Maßnahme, die dann sehr zum Nachteil des Kirchenwesens in Sachsen ausschlug. Nach den Markgrafen trat der preußische König in deren Rechte ein und von 1806 an der bayerische König. Auch in dieser Zeit lag die eigentliche Besetzung der Stelle in den Händen der kirchlichen Behörde. Nach der Staatsumwälzung von 1918 überkam das Kirchenregiment völlig und uneingeschränkt das Patronat. Der Staat behielt sich lediglich ein Einspruchsrecht aus rein staatsaufsichtlichen Gründen vor.


Für die Leitung des Kirchenwesens konnten nach der Reformation die Bischöfe und ihre Organe (Archidiakone und Ruraldekane, S. 89) nicht mehr in Betracht kommen, da sie Gegner der reformatorischen Bewegung waren. Deshalb hatte Luther die Fürsten sowie die Ratsherren der freien Reichsstädte gebeten, sie möchten als „vornehmste Glieder der Kirche“ eine feste Ordnung herstellen. Luther konnte das um so mehr tun, als diese Fürsten und Herren ja selbst mit aller Entschiedenheit für die evangelische Sache eingetreten waren und sich auf den Reichstagen zu Worms, Speier und Augsburg als „Bekenner“ des evangelischen Glaubens dargestellt hatten. Niemals aber hatte Luther daran gedacht, daß die Fürsten und Städte als weltliche Obrigkeit die Kirche in ihre Gewalt nehmen und von sich aus regieren sollten; er hat sich im Gegenteil wiederholt auf das schärfste dagegen ausgesprochen, daß geistliches und weltliches Regjment miteinander vermengt werde, und bezeichnete solchen Versuch geradezu als Teufelswerk. Und so haben damals die Fürsten und Ratsherren als evangelische Christen und Bekenner die Ordnung des reformatorischen Kirchenwesens in die Hand genommen. Dabei gingen die Markgrafen und die Stadt Nürnberg gemeinsam vor. Sie ließen, wie [151] schon in dem Abschnitt von der „Reformation in Franken“ dargelegt wurde, im Jahre 1528 gemeinsam eine Kirchenvisitation in ihren Gebieten vornehmen und gemeinsam eine „Kirchenordnung“ ausarbeiten, die 1533 eingeführt wurde. Die Pfarrei Sachsen wurde dabei stets zum Markgrafentum gerechnet, weil in Ansbach das Patronat über die Stelle seinen Sitz hatte.

Zur Aufsicht über die Pfarrer und Gemeinden wurden durch markgräfliche Verordnung schon 1528 „Superattendenten“ bestellt, hervorragende Geistliche, die von ihren Pfarrsitzen aus ihren Kirchenkreis leiten sollten. Doch hat sich diese Einrichtung nicht bewährt, da eine einheitliche Kirchenbehörde im Lande fehlte. Nur zur Prüfung der anzustellenden Geistlichen war eine Art Kommission in Ansbach vorgesehen, und ebenso zur Erledigung von Ehesachen. Eine festere Ordnung wurde erst durch die „Kapitels- und Synodalordnung“ vom 26. Oktober 1556 hergestellt. Durch diese wurde das Ansbacher Land in zehn „Kapitel“ mit je einem Dekan an der Spitze eingeteilt, wobei die Pfarrei Sachsen dem Dekanat Leutershausen zugewiesen wurde. Jährlich sollte in jedem Dekanat eine „Synode“ zur Besprechung kirchlicher Fragen abgehalten werden. In Ansbach wurde ein besonderes, aus geistlichen und weltlichen Herren bestehendes Ehegericht eingesetzt, dem später auch die kirchliche Zucht und Ordnung übertragen wurde und das schließlich die gesamte Kirchenleitung führte. Es hieß das „Konsistorium“. Zum Geschäftsbereich dieser Kirchenbehörde zählte etwa seit dem Jahre 1580 alles, was heute noch Aufgabe einer Kirchenbehörde ist: Prüfung der Geistlichen, Anstellung, Beförderung, Versetzung und Entlassung derselben, Aufsicht über ihren Lebenswandel und ihre Amtsführung, Aufsicht über Lehre und kirchliche Ordnung, Kirchenvisitationen, kirchliche Bauten und kirchliches Vermögen usw., daneben auch noch, wie schon gesagt, die Ehesachen, und weiterhin das Schulwesen.

In Ansbach bestand damals und bis in die neuere Zeit herein kein Dekanat; die dortigen Geistlichen unterstanden unmittelbar der obersten Kirchenbehörde. Daher kam es, daß Sachsen zum nächstgelegenen Dekanate geschlagen wurde, zu Leutershausen. Vorübergehend wurde dieses Dekanat nach Lehrberg verlegt, aber von 1636 an befand es sich dauernd in Leutershausen. Erst unter der bayerischen Regierung wurde eine neue Einteilung der Dekanate vorgenommen und dabei Sachsen nach Windsbach überwiesen (1812). Diese ganz unzweckmäßige Zuteilung wurde 1883 wieder beseitigt und die Pfarrei Sachsen dem seinerzeit durch die bayerische Regierung neugeschaffenen Dekanat Ansbach einverleibt.

Im Jahre 1594 erschien eine neue „Konsistorialordnung“, nach der das Konsistorium aus drei geistlichen und drei weltlichen Mitgliedern [152] bestehen sollte, wobei aber ein weltlicher Herr nicht nur den Vorsitz führen, sondern zugleich auch als Vertreter des Landesherrn das Kirchenregiment leiten sollte. Die Fürsten und Reichsstädte hatten nämlich mit der Zeit Gefallen an der Herrschaft über die Kirche gefunden und betrachteten sich geradezu als „oberste Bischöfe“ über ihre Landeskirchen. Ganz gegen Luthers Meinung und Willen und gegen die biblische Lehre setzte sich nach und nach die Anschauung durch, als ob die Landesherren als solche schon zuständig seien, die Kirche zu leiten, ohne Rücksicht darauf, ob sie treue evangelische Glieder der Kirche seien oder nicht. Sogar katholische oder ganz unkirchlich und unchristlich gesinnte Herrscher nahmen in diesem Sinne die Kirchengewalt in Anspruch, ein auf die Dauer untragbarer, für die Kirche höchst unheilvoller Zustand. Doch muß man zu Ehren der Markgrafen von Ansbach sagen, daß sie im allgemeinen volles Verständnis für das Wesen und die Aufgaben der evangelischen Kirche zeigten und sich nur selten Eingriffe und Übergriffe erlaubten, wie es anderwärts oft geschah. Sie sorgten vielmehr sehr für kirchliche Zucht und Sitte, für die Erbauung von Kirchen und Pfarrhäusern, für alle kirchliche Ordnung; Lehre und Bekenntnis blieben vollkommen unangetastet. Die Konsistorialordnung von 1594 enthielt darum auch bindende Vorschriften für die staatliche Baulast an kirchlichen Gebäuden, Vorschriften, die heute noch für das Gebiet des alten Markgrafentums in Kraft stehen.

b) Unter den preußischen und bayerischen Königen

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Als das Markgrafentum 1792 an Preußen fiel, setzte eine völlige Umgestaltung der Kirchenleitung ein. Minister Hardenberg löste das Konsistorium zu Ansbach auf und übertrug die Leitung des gesamten Kirchenwesens der Staatsbehörde. Es war das die nach preußischem Muster eingerichtete „Kriegs– und Domänenkammer“ zu Ansbach, deren zweiter Senat auch die kirchlichen Angelegenheiten zu verwalten hatte. Im Jahre 1798 wurde die Regierung des Landes den Berliner Behörden unterstellt und damit auch die Leitung der Kirche von dort abhängig gemacht. Die Kirche galt jetzt nur noch als eine Abteilung des Staates und sollte sich auch ganz in den Dienst des Staates stellen. Die Staatsregierung bestimmte nun, worüber gepredigt werden sollte, was von den Kanzeln verkündigt und wie die kirchliche Ordnung gehandhabt werden sollte. So wurde z. B. angeordnet, daß die Pfarrer jährlich zweimal über Gewitterschäden und über Schutzmaßnahmen vor solchen zu predigen hätten. Eine andere Predigt mußte sich mit der Rinderpest beschäftigen und mit den dabei anzuwendenden Vorbeugungsmitteln. Alle Wochenfeiertage (Aposteltage, [153] Marientage, auch das Epiphanienfest) wurden abgeschafft, damit die Leute, wie man erklärte, mehr Zeit zum Arbeiten und weniger Zeit zu Vergnügungen hätten. Um den Gotteshäusern „Wäscherlohn zu ersparen“, durften die Pfarrer fortan nicht mehr die bisher gebrauchten weißen Chorhemden tragen, sondern mußten den heute noch üblichen schwarzen Talar zu ihren Amtshandlungen anlegen. Aus Gründen der „Ersparnis“ durften keine Lichter mehr in den Kirchen bei den Gottesdiensten angezündet werden usw. So griff der preußische Staat überall bis in die kleinsten Ordnungen des Kirchenwesens ein. Nur gegen Irrlehrer schritt man nirgends ein; diese durften predigen, was sie wollten. Wer sich dagegen in äußeren Dingen nicht fügen wollte, hatte schärfstes Vorgehen zu gewärtigen, wie es z. B. Pfarrer Schnitzlein erfahren mußte, der sich erlaubt hatte, gegen die Abschaffung der weißen Chorhemden zu protestieren. Es war eben jetzt ein reines Staatskirchentum, bei dem die Pfarrer nicht mehr als „Geistliche“, sondern als reine Staatsbeamte, ja geradezu als Organe der „Polizei“ behandelt wurden.

Die Pfarrei Sachsen hatte unter diesen staatlichen Vergewaltigungen um deswillen weniger zu leiden, weil sie von Preußen als zu Nürnberg gehörig betrachtet und 1796 sogar aus dem Ansbacher Kirchenverbande entlassen wurde. Aber man hatte sich dabei doch noch das Patronat, also das Besetzungsrecht nach eigenem Gutdünken, vorbehalten; und 1797 besetzte man auch von Ansbach aus die Schulstelle zu Sachsen samt dem damit verbundenen Kirchendienst. Da ferner die Hälfte der Pfarrorte auf preußischer Seite lag, gab es allerlei Schwierigkeiten bezüglich der Feiertage und anderer Ordnungen; denn Nürnberg hatte für sein Gebiet (Bezirk um Lichtenau) weder die Wochenfeiertage abgeschafft noch andere Änderungen im Kirchenwesen eingeführt. So mußte also die Hälfte der Pfarrei noch die Feiertage halten, während die andere Hälfte zu arbeiten hatte, und dergleichen mehr. Es waren das Zustände, die für die Dauer unerträglich wurden.

Man muß es in kirchlicher Hinsicht als ein Glück bezeichnen, daß die preußische Herrschaft in Franken nur 14 Jahre währte. Als im Jahre 1806 das fränkische wie auch das nürnbergische Gebiet an Bayern fiel, wurden die früheren Verhältnisse in der Kirchenleitung wieder hergestellt. Nach einigen Übergangsjahren wurde 1818 die Stellung der Kirchen verfassungsrechtlich geregelt. Ansbach erhielt wieder sein Konsistorium mit zwei geistlichen und einem weltlichen Rat, wozu noch ein weltlicher Regierungsdirektor als Vorsitzender trat. Ein gleiches Konsistorium wurde in Bayreuth eingerichtet. Über beiden stand als oberste Kirchenleitung das Oberkonsistorium in München mit drei geistlichen und zwei weltlichen Räten. [154] Der katholische König galt zwar noch als „oberster Bischof“ der evangelischen Landeskirche, aber er enthielt sich gewissenhaft aller Eingriffe in das Kirchenwesen, von ganz vereinzelten Ausnahmen abgesehen. Es konnte sich die evangelische Kirche innerlich wie zum Teil auch äußerlich ganz nach ihrer eigenen Ordnung und nach ihrem geistlichen Wesen erbauen, ganz im Gegensatz zu Preußen und anderen Ländern, wo sich die Herrscher reichliche Eingriffe gestatteten, wo sie, wie in Preußen, sogar eine die konfessionellen Unterschiede mißachtende Union zwangsweise einführten.

Dem Gedanken, daß in der evangelischen Kirche die Gemeinden eine ausschlaggebende Bedeutung besitzen, wurde durch die Einrichtung von Landeskirchenversammlungen (Generalsynoden) Rechnung getragen. Es wurden weiter 1821 für die einzelnen Gemeinden Kirchenvorstände vorgesehen, allerdings nicht zwangsweise. So konnte es geschehen, daß in Sachsen erst 1850 ein Kirchenvorstand eingerichtet wurde, weil sich anfangs die Gemeinde dagegen sträubte. Aus Volkersdorf und Rutzendorf hatten damals 33 Gemeindeglieder ausdrücklich dagegen protestiert mit der seltsamen Begründung, daß dadurch „mit der Zeit die evangelische Freiheit gefährdet werden könnte“.

Ein unglücklicher Gedanke der bayerischen Regierung war es, die Verwaltung des Kirchenvermögens den bisherigen bewährten „Gotteshauspflegern“ aus der Hand zu nehmen und sie Stiftungs–administrationen zu übertragen, die da und dort 1808 im Lande eingerichtet wurden. Sachsen kam dabei zur Administration Herrieden. Die Verwaltung des Kirchenvermögens wurde dadurch so umständlich, kostspielig und für die Gemeinden nachteilig, daß man sie schon nach zehn Jahren wieder aufgeben mußte. Die Kirchenstiftung Sachsen erlitt dabei noch ganz besonderen Schaden, wie später gezeigt werden wird. Nach der Auflösung der Stiftungsadministrationen wurden zunächst die (weltlichen) Gemeindeverwaltungen mit der Verwaltung des Kirchenvermögens beauftragt, bis diese dann durch besondere Kirchenverwaltungen ersetzt wurden (1834).

Von der Einrichtung der Dekanate wurde schon gesprochen. Ihre Zahl wurde unter der bayerischen Regierung vermehrt. Alle zu einem Dekanatsbezirk gehörigen Geistlichen bildeten ein „Kapitel“. Sie und ebenso viele Vertreter der Gemeinden aus den Kirchenvorständen vereinigten sich jährlich zu einer Kapitelssynode, die der Besprechung kirchlicher Angelegenheiten gewidmet war. Die Kapitelsgeistlichen wählten weiter aus ihrer Mitte einen Senior, der das Kapitel zu vertreten hatte und im Bedarfsfall auch die Dekanatsgeschäfte versehen mußte.

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c) Seit der Staatsumwälzung von 1918

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Die Revolution vom November des Jahres 1918 bedingte auch einen Umbau der kirchlichen Verfassung. Der Kirche wurde ihre volle Selbständigkeit zurückgegeben und der Staat behielt sich nur ein allgemeines Aufsichtsrecht im Rahmen der für alle Staatsbürger geltenden Gesetze vor. Die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern rechts des Rheins konnte sich nun durch die aus ihrer Mitte gewählten geistlichen und weltlichen Vertreter selbst eine neue Kirchenverfassung geben, was im Jahre 1920 zu Ansbach geschah. Eine rein kirchliche Leitung der Landeskirche wurde jetzt festgelegt. An der Spitze der bayerischen Landeskirche steht nunmehr der „Evang. Luth. Landeskirchenrat“ in München, der geleitet wird von einem geistlichen Präsidenten, der seit 1933 den Titel „Landesbischof“ führt. Ihm steht ein weltlicher „Vicepräsident“ zur Seite. Von den geistlichen Räten sind vier zu besonderer geistlicher Leitung und Führung der Pfarrer und ihrer Gemeinden bestimmt; sie haben für je einen bestimmten Kreis das Amt eines „Kreisdekans“ zu versehen mit den zugehörigen Wohnsitzen in München, Ansbach, Nürnberg und Bayreuth. Für die Erledigung kirchlicher Vermögensangelegenheiten ist noch eine Außenstelle errichtet, die Landeskirchenstelle in Ansbach. Die früheren Konsistorien bestehen nicht mehr.

Zur Vertretung der Gemeinden und zugleich zur kirchlichen Gesetzgebung sah die Kirchenverfassung von 1920 eine Landessynode vor, die sich aus einer bestimmten Zahl von Geistlichen und aus doppelt soviel weltlichen Vertretern zusammensetzt. Zwischen den einzelnen Tagungen der Synode soll ein Landes Synodalausschuß die Geschäfte führen und dem Landeskirchenrate zur Seite stehen.

An der Ordnung der Dekanate wie der ortskirchlichen Vertretungen hat die Staatsumwälzung keine Veränderung gebracht. Nur können jetzt allgemein die Kirchenvorstände auch die Geschäfte der Kirchenverwaltung mitführen. Weiter haben sie noch das besondere Amt der „Steuerverbands-Vertretung“ inne in allen Fragen, die mit der Erhebung von Kirchenumlagen oder von Kirchgeld in der Gemeinde zusammenhängen.

Der Umschwung von 1933 brachte insofern eine Änderung in die Kirchenverfassung herein, als der Landesbischof die Rechte und Pflichten eines „Kirchenführers“ übertragen erhielt und dazu mit besonderen Vollmachten ausgestattet wurde. Der Bau einer evangelischen Reichskirche ist angestrebt, auch durch die Aufstellung einer Reichskirchenverfassung eingeleitet, aber noch nicht vollzogen. Über den entstandenen Kirchenkampf zu reden, ist hier nicht der Ort.

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2. Landeshoheit und Kirchenhoheit

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a) Der Streit zwischen Ansbach und Nürnberg um die Kirchenhoheit im allgemeinen

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Für gewöhnlich fiel beides zusammen, die Landeshoheit als oberste Staatsgewalt im Lande, und die Kirchenhoheit als oberste Schutz- und Aufsichtsgewalt des Staates über die äußeren Angelegenheiten der Kirche, gleichviel ob diese Oberhoheit über die Kirche enger oder weiter gefaßt wurde. Für die Pfarrei Sachsen bestanden jedoch ganz eigenartige Verhältnisse. Wie schon wiederholt ausgeführt wurde, lag die eine Hälfte der Pfarrei auf markgräflichem, die andere Hälfte dagegen auf nürnbergischem Gebiete. Dazu kam noch, daß der Sitz der Pfarrei auf Nürnberger Boden stand, der Markgraf aber das Patronat innehatte. Der Markgraf nahm nun auf Grund seines Patronates alle „bischöflichen“ Rechte über die gesamte Pfarrei in Anspruch, so wie früher das Chorherrnstift sie besaß, also nicht nur die Ernennung der Pfarrer, sondern auch ihre Einsetzung in das Amt, die kirchliche Aufsicht über sie und über die Gemeinden durch sein Konsistorium, die Verfügungsgewalt über die Kirche und den Friedhof, die Aufsicht über das Kirchenvermögen und über das kirchliche Bauwesen, beides durch das Gumbertusstiftsamt usw. Er forderte also die gesamte Kirchenhoheit. Umgekehrt erklärte Nürnberg, daß die Kirchenhoheit mit der Landeshoheit zusammenhinge. Landesherr über den Pfarrort Sachsen sei aber die Stadt Nürnberg. Also komme auch der Stadt die Kirchenhoheit zu, während der Markgraf nur das Patronat innehabe in dem Sinne, daß er die Geistlichen für die Pfarrei „präsentieren“, d. h. in Vorschlag bringen dürfe; alles andere sei Sache der Nürnberger. Der Markgraf fußte mit seinen Ansprüchen auf den Rechtsverhältnissen, wie sie vor der Reformation tatsächlich bestanden; die Nürnberger aber stellten sich auf die Rechtsanschauungen, wie sie nach der Reformation sich herausgebildet hatten, wobei gerade die Städte die weltlich-staatliche Oberhoheit über die Kirchen besonders stark betonten. Es war klar, daß bei dieser zwiespältigen Auffassung der Begriffe Landeshoheit und Kirchenhoheit es zu schweren Kämpfen zwischen Ansbach und Nürnberg kommen mußte.

Die Sache wurde dadurch noch verwickelter, daß auch eine Grundherrschaft inmitten stand, nämlich das Reiche Almosen (Landalmosenamt) in Nürnberg. Der Pfarrhof galt als „Lehen“ dieser Stiftung; darum forderte das Almosenamt, daß der Pfarrer von Sachsen jeweils vor seinem Aufzug erst nach Nürnberg ginge, um dort seinen „Lehenseid“ zu leisten, eine Forderung, die vom Rat der Stadt [157] stets nachdrücklichst unterstützt wurde. Auch in Bau- und Pfründesachen machte das Almosenamt Ansprüche geltend. So traten dreierlei Herren auf, die alle von dem Pfarrer in Sachsen „Pf1icht und Gehorsam“ verlangten.

b) Der Streit um die Einsetzung der Pfarrer und die Kirchenvisitationen

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Schon bei Beginn der Reformation im Jahre 1527 ließ Nürnberg dem Pfarrer zu Sachsen durch das Pflegamt Lichtenau verbieten, markgräfliche Anordnungen über Predigt, Sakramentsverwaltung und dergleichen anzunehmen. Doch einigte man sich damals zwischen Nürnberg und Ansbach zu gemeinsamen Visitationen und Kirchenordnungen, so daß weiter kein Streit entstand. Der damalige Verweser der Pfarrei Sachsen, Jakob Hofmann, wurde in Ansbach geprüft. Brennend wurde die Frage erst, als Hofmann nach 33 jähriger Tätigkeit mit Tod abging, im Jahre 1561. Nun stellte sich Nürnberg auf den Standpunkt, daß der Rat der Stadt „in Kraft der Obrigkeit“ das Recht eines „Diözesanbischofs“ besitze und darum den vom Gumbertusstift als dem Patron präsentierten Geistlichen erst zu prüfen, zu bestätigen und dann einzusetzen (zu installieren) habe. Zu einem offenen Streit scheint es aber damals noch nicht gekommen zu sein. Es wird nur berichtet, daß die Prüfung des neuen Pfarrers Johann Kißling in Ansbach erfolgte und daß er von dem Ansbacher Stiftsamtmann und von Dekan Burmann in Lehrberg installiert wurde. Der Pfleger von Lichtenau war nur persönlich eingeladen; er ergriff aber nach dem Gottesdienst noch das Wort in der Kirche und erklärte, daß er auch namens seiner Herrschaft zu Nürnberg die Einsetzung vollziehe, wogegen wieder die markgräflichen Herren protestierten. Nachträglich erst forderte Nürnberg, daß Pfarrer Kißling vor dem Almosenamt in Nürnberg wegen seines Pfarrhofes eidliche Pflicht leiste. Auf Veranlassung des Stiftsverwalters in Ansbach verweigerte dies Kißling. Dafür sperrte ihm nun Nürnberg seine Einkünfte aus den zu Lichtenau gehörigen Pfarrorten. Schließlich gab Ansbach nach und erlaubte dem Pfarrer, seiner Lehenspflicht in Nürnberg nachzukommen (1563).

Als dann im Jahre 1576 Pfarrer Eberhard Löscher in Sachsen eingesetzt wurde, geschah dies ohne jede Mitwirkung von seiten Nürnbergs. Man hatte dazu allerdings auch niemanden von dieser Seite eingeladen. Vielmehr hatte man, um allen Ansprüchen Nürnbergs zuvorzukommen, die Installation sehr rasch vorgenommen, nicht, wie zuerst verkündet wurde, am Sonntag, den 20. Mai, sondern schon am Freitag zuvor in aller Frühe zwischen 7 und 8 Uhr. Nachträglich verlangte auch da Nürnberg wieder die Verpflichtung Löschers [158] vor dem Almosenamt; Löscher mußte dies zunächst ablehnen, worauf wieder die Sperrung seiner „Gült und Zinsen“ aus dem Lichtenauer Gebiet erfolgte; schließlich mußte auch diesmal wieder nachgegeben werden.

Als dann Pfarrer Löscher seinen Sohn Michael, der bisher Pfarrer, in Neuendettelsau gewesen war, im Jahre 1605 als Vikar samt Weib und Kind bei sich aufnahm, verlangte die Stadt Nürnberg, daß er die Familie wieder „wegschaffe“ und drohte dazu mit „anderen Mitteln zur Erhaltung seiner Gerechtsame“. Pfarrer Löscher konnte mit Recht darauf erwidern, daß auch früher schon Kapläne, Vikare und Verweser im Pfarrhofe gewohnt hätten. Nürnberg mußte sich wohl damit begnügen. Erst als der Sohn 1611 seinem Vater im Pfarramte nachfolgte, konnten sie mit Recht die Verpflichtung vor dem Almosenamte fordern. Dabei verlangten sie aber noch weiter, daß er auch den „Einsatz“ (die Einsetzung) bei Nürnberg nachsuche. Es wird nicht berichtet, was darauf geschah; vermutlich hat er nur vor dem Almosenamt seine „Pflicht“ geleistet.

Pfarrer Michael Löscher fand seinen Tod im Dreißigjährigen Kriege und der Pfarrhof brannte ab. Pfarrer Vogtherr von Eyb mußte die Pfarrei verwesungsweise versehen. Auch von ihm verlangte der Pfleger von Lichtenau, daß er sich in Nürnberg stellen und Pflicht leisten solle, obwohl er doch gar nicht in Sachsen wohnte und der Pfarrhof leer lag. Selbst inmitten des großen Kriegselendes wußte Nürnberg nichts Besseres zu tun, als auf ungerechtfertigten „Gerechtsamen“ zu bestehen. Sogar mit einem Predigtverbot in Sachsen wurde dem Pfarrer Vogtherr gedroht.

Auf Pfarrer Vogtherr folgte Pfarrer Kehrer, der nicht nur in Eyb, sondern auch in Sachsen als Pfarrer eingesetzt wurde. Das geschah aber wieder so rasch, daß man in Lichtenau erst in letzter Stunde davon Kenntnis erhielt. Die Einsetzung wurde am 3. Februar 1651 von dem Dekan in Leutershausen und dem Stiftsverwalter in Ansbach vorgenommen; der rasch herbeigeeilte Gerichtsschreiber von Lichtenau konnte nur wiederholt protestieren. Die neuerdings einsetzenden Streitigkeiten wurden diesmal durch einen Vergleich abgeschlossen, den „Receß“ vom 14. September 1653.

Nach diesem Rezeß sollte Ansbach wie bisher das Recht haben, den Pfarrer für Sachsen zu berufen, zu examinieren, zu präsentieren, auch zu installieren und die geistliche Gerichtsbarkeit über ihn auszuüben; doch sollte der betreffende Pfarrer sich vor der Amtseinsetzung mit einem Anweisungsschreiben des Konsistoriums beim Rat der Stadt Nürnberg zur „Bestätigung“ anmelden und beim Almosenamt die übliche Verpflichtung leisten. Bei der Installation sollte auch ein nürnbergischer Beamter zugegen sein und dabei im Namen der [159] Stadt den Pfarrer in seine Rechte vor der Gemeinde miteinweisen. Ferner sollten die Visitationen in der Gemeinde künftig von beiden Herrschaften zugleich vorgenommen werden.

Damit war der Streit über die Pfarreinsetzung und die Kirchenvisitationen beendet. Gemäß dem Vergleich wurde künftig regelmäßig verfahren. Sogar Pfarrer Kehrer wurde nochmals in sein Amt eingesetzt, am 24. August 1654, diesmal von beiden Parteien gemeinschaftlich, die hernach im Wirtshaus zu Sachsen bei einem fröhlichen Mahle – auf Kosten des „Kirchenheiligen“ (Kirchenstiftung) – den Friedensschluß feierten. Nur das Almosenamt von Nürnberg schob sich hernach noch dazwischen, indem es von dem Rate der Stadt forderte, an seiner Statt bei den Installationen und Visitationen zugegen zu sein. Der Stadtrat gab nach und so erschien statt des Pflegers von Lichtenau fortan stets ein Herr des Almosenamts, zugleich mit einem Nürnberger Geistlichen, der bei der Visitation mitwirken sollte.

c) Der Streit um die Abhör der Gotteshausrechnungen

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Der Streit fing schon 1494 an. Damals waren bei der Rechnungsabhör im Pfarrhof zu Sachsen außer dem Pfarrer und den Gotteshauspflegern zugegen: der Dechant vom Chorherrnstift zu Ansbach, der Amtskastner von dort, der Pfleger von Lichtenau und ein Vertreter des Reichen Almosens von Nürnberg, also alle irgendwie in Frage kommenden Personen. Aber die Vertreter von Nürnberg erklärten, daß sie allein zur Rechnungsabhör zuständig seien und daß sie nur noch den Herrn vom Stift dabei dulden wollten. Dagegen erklärte der Stiftsdekan, daß er wegen des dem Stift zustehenden Patronates berechtigt sei zur Teilnahme; der Amtskastner aber sagte, daß er als Vertreter der markgräflichen Untertanen innerhalb der Pfarrei zu erscheinen befugt sei. Dazu lag auch Grund vor, weil die Nürnberger darauf ausgingen, die Pflegschaft des Gotteshauses nicht mehr wie bisher in die Hände von zwei nürnbergischen und zwei markgräflichen Untertanen legen zu lassen, sondern drei Nürnbergische und nur einen Markgräflichen wählen zu lassen, wie sie es tatsächlich im Jahr darauf versuchten, allerdings ohne Erfolg.

Der Streit wiederholte sich in den nächsten Jahren. Von 1498 bis 1502 konnte überhaupt keine Rechnungsabhör vor sich gehen, weil man sich nicht zu einigen vermochte. Später (1520 und in den folgenden Jahren) sehen wir nur das Gumbertusstift und das Reiche Almosen vertreten, und es fehlten die beiden staatlichen Vertreter, der Pfleger von Lichtenau und der markgräfliche Amtskastner von Ansbach; darum ging es bei der Rechnungsablage friedlich zu. Aber in der Folge gab es doch wieder Auseinandersetzungen, besonders als der [160] Stiftsverwalter von Ansbach erklärte, daß er als Vertreter der Patronatsherrschaft das alleinige Recht zur Abhör der Rechnung besitze. Es kam dahin, daß der Stiftsverwalter im Jahre 1584 die zwei markgräflichen Gotteshauspfleger nach Ansbach zur Rechnungsabhor forderte, während der Pfleger von Lichtenau die beiden nürnbergischen Pfleger nach Lichtenau zu gleichem Zwecke beorderte. Zuvor hatte der Stiftsverwalter die „Register“ (Rechnungen und Akten) des Gotteshauses gewaltsam nach Ansbach wegführen lassen. So ging es in den folgenden Jahren weiter, nur daß der Stiftsverwalter von 1595 ab wieder nach Sachsen in das Pfarrhaus zur Abhör kam. Es wurde späterhin sogar die Kassenführung geteilt, indem Nürnberg (Lichtenau) die in seinem Gebiet eingegangenen Gelder zurückbehielt und nur mit seiner Zustimmung darüber verfügen lassen wollte, so daß in die Hauptkasse nur noch die aus dem Ansbacher Gebiet fließenden Einnahmen gelangten.

Es gehört dieser bis zuletzt fortgehende Streit zu den unerquicklichsten Erscheinungen in der Sachsener Kirchengeschichte, ein Streit, der sich nicht um Geld und Gut, um Nutzen oder Schaden drehte, sondern nur um ein äußerliches, ziemlich wenig belangreiches Recht, über das man sich mit einigem guten Willen leicht hätte einigen können. Es mußte auch da erst eine neue Zeit kommen, um solche üble Zustände zu beseitigen.

b) Der Streit um die Verlesung der Mandate

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Es war in alter Zeit üblich, daß obrigkeitliche „Mandate“ (Verordnungen, Gesetze) nach dem Gottesdienst von der Kanzel verlesen wurden, da es noch keine Zeitungen oder Amtsblätter gab. Dem Pfarrer von Sachsen war nun von der für ihn zuständigen marksgräflichen Regierung aufgetragen worden, zwar die Ansbacher Mandate von der Kanzel zu verlesen, nicht aber die Nürnberger. Denn Kirche und Kirchhof seien markgräflich, weshalb die Nürnberger nichts darin zu sagen hätten. Nürnberg hinwiederum behauptete, daß Kirche und Kirchhof im Nürnberger Land liege, weshalb der Pfarrer von Sachsen verpflichtet sei, auch die nürnbergischen Mandate zu verkündigen, ein nicht unberechtigter Standpunkt im Hinblick darauf, daß die Hälfte der Pfarrangehörigen doch Nürnberger Untertanen waren. Allein der Pfarrer glaubte dem Auftrag der Ansbacher Behörde Gehorsam leisten zu sollen, weshalb er von dem Lichtenauer Pfleger Schnödt ohne weiteres gefänglich eingezogen wurde (1543). Es ist nicht bekannt, wie sich damals der Streit löste; jedenfalls mußte der Pfarrer bald wieder freigegeben werden. Im Jahre 1561 schickten die Ansbacher sogar einen „Überreiter“ (berittenen Amtsknecht) nach [161] Sachsen hinaus, der mitten in die Kirche hineinritt, um dort ein Mandat zu verlesen, nachdem die Nürnberger dem Pfarrer von Sachsen aufs strengste verboten hatten, überhaupt noch etwas aus Ansbach auf der Kanzel vorzubringen, wiederum ein unberechtigtes Verlangen. Umgekehrt drang 1578 am Pfingstmontag der Gerichtsschreiber von Lichtenau mit dem „Büttel“ (Amtsknecht) noch während des Gottesdienstes in die Sachsener Kirche ein und verlas dort ein Nürnberger Mandat; die Bitte des Pfarrers, doch erst den Schluß des Gottesdienstes abzuwarten, beachtete er nicht, erging sich vielmehr hernach auf dem Kirchhof noch in heftigen Schmähungen auf den Pfarrer, wofür er dann allerdings von Nürnberg aus zur Verantwortung gezogen wurde. Ähnlich geschah es in den nächsten Jahren, worauf die markgräflichen Räte zu Ansbach den Befehl gaben: Wenn der Lichtenauer Büttel wieder in die Kirche käme, solle man ihn „mit trockenen Streichen abbleuen“ und nach Ansbach ins Gefängnis „bei Wasser und Brot“ bringen (1583).

Nürnberg ließ späterhin seine Mandate an die Kirchentüre oder an das Kirchhoftor anschlagen, aber Ansbach sorgte dafür, daß sie immer wieder abgerissen wurden, schickte auch öfters „Einspännige“ (Einzel-Amtsknechte) nach Sachsen hinaus. Als 1701 der Mesner von Sachsen von Lichtenau aus beauftragt wurde, die Nürnberger Mandate nach dem Gottesdienste auf dem Kirchhof zu verlesen, wurde ihm dies von Ansbach aus streng untersagt. Einmal kam es fast zu einer Schlägerei, als der Amtskastner von Ansbach persönlich mit einem Überreiter und dem Wildmeister von Hirschbronn in Sachsen erschien, um ein Nürnberger Mandat von der Kirchentüre abzureißen. Nach vorheriger Anweisung der Lichtenauer Pflegschaft liefen sogleich etliche 20 nürnbergische Untertanen zusammen, rissen den Amtsknecht zu Boden, holten Prügel und Flinten und drohten mit Erschießen und Totschlagen, so daß den Ansbachern nichts anderes übrigblieb, als sich zurückzuziehen. Bald darauf erschienen Ansbacher Husaren und schlugen ein Ansbacher Mandat am Kirchhoftor an, worauf sofort die Lichtenauer sich einstellten und das Mandat wieder abrissen. So geschehen im Jahre 1740.

Man sieht, wie kleinlich und zum Teil lächerlich der Streit um die sogenannten „Gerechtsame“ auf beiden Seiten war, ein Streit, der sich so leicht hätte vermeiden und in Güte schlichten lassen.

e) Andere Streitigkeiten

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Einen Streitpunkt bildete immer wieder die Aufnahme der Verlassenschaft beim Tode eines Pfarrers. Das Stiftsamt zu Ansbach nahm dieses Recht in Anspruch, weil der Pfarrer [162] von Sachsen von alters her zum Stift gehörte und der geistlichen Gerichtsbarkeit in Ansbach unterstand. Dagegen behauptete das Almosenamt zu Nürnberg, daß ihm als Grundherrn über den Pfarrhof dieses Recht zustehe. So oft nun ein Pfarrer starb, beeilten sich beide Teile, ihr Recht zu wahren. Nur lag Ansbach näher bei Sachsen als Nürnberg, so daß das Stiftsamt regelmäßig zuvorkam und den Nachlaß versiegeln, auch die Akten des Pfarramts rasch nach Ansbach bringen konnte. Das Almosenamt mußte sich stets mit einem nachträglichen Protest begnügen, wie 1716 und 1740.

Die Nürnberger hatten, wie schon erwähnt wurde, in ihrem Gebiete die Ordnung eingeführt, daß gefallene Brautleute mit einem Strohkranz zur Trauung gehen mußten. Da im Markgrafentum diese Ordnung nicht bestand und da Ansbach die Kirche von Sachsen als sein Eigentum erklärte, so verbot es, daß Brautleute mit Strohkränzen zur Kirche kämen. Aber Lichtenau suchte mit Gewalt die Nürnberger Ordnung in Sachsen durchzusetzen. Als im Jahre 1590 wieder solch ein Fall vorlag, bot Lichtenau nicht weniger als 100 Hackenschützen und 50 Reiter auf, um das Tragen des Strohkranzes in der Kirche von Sachsen zu erzwingen. Alle markgräflichen Proteste ließ Nürnberg unbeachtet. Erst im Jahre 1661 einigte man sich auf die von Ansbach schon 50 Jahre vorher vorgeschlagene Ordnung, daß der Strohkranz bis zur Kirchentüre getragen, dort abgelegt und erst nach der Trauung beim Verlassen des Gotteshaus es wieder aufgenommen werde. Das galt natürlich nur für die nürnbergischen Untertanen; die markgräflichen brauchten überhaupt keinen Strohkranz zu tragen.

Es war alte Sitte, daß der Hochzeitszug von Spielleuten begleitet wurde, wenn er zur Trauung in die Kirche zog. Die Spielleute machten dann vor dem Kirchhoftor halt und warteten, bis der Zug wieder herauskam. In Lichtenau führte nun aber um das Jahr 1705 in Abwesenheit des Pflegers ein sehr gewalttätiger „Richter“ die Amtsgeschäfte, und dieser wies die Spielleute an, bei Hochzeiten von Nürnberger Untertanen auch noch in den Kirchhof hineinzuspielen. Er wollte damit recht auffällig bekunden, daß der Kirchhof nürnbergisch sei. Alle Vorstellungen des Pfarrers über das Unwürdige solcher Musik auf einem Kirchhof halfen nichts; die Spielleute waren zwar bereit, darauf zu verzichten, aber sie wurden von dem persönlich in Sachsen erschienenen Richter gezwungen, auch durch den Kirchhof hindurchzuspielen. Die Ansbacher Regierung protestierte in Nürnberg vergebens; noch 1723 bestand der Unfug fort. Wann er endlich abgestellt wurde, ist nicht bekannt.

Zu den „Gerechtsamen“ rechnete Nürnberg auch die Hochzeitsmahle, die von allen mit Nürnberg irgendwie in Beziehung stehenden Brautleuten unbedingt in „nürnbergischen“ Wirtshäusern gehalten [163] werden mußten. Als 1672 ein Matthes Hemmeter aus Österreich, der sich bei seinem Bruder in Wallersdorf aufhielt, sich dort verheiraten wollte, befahl ihm der Pfleger von Lichtenau bei Strafe, das Hochzeitsmahl in dem nürnbergischen Wirtshaus zu Rutzendorf abzuhalten, weil der Hof seines Bruders den Herren von Haller zu Nürnberg gehöre. Mit Recht erhob dagegen Ansbach entschiedenen Einspruch. Ähnlich erging es dem Schullehrer Johann Philipp Leitner, als er 1768 Hochzeit halten wollte. Zunächst verlangte der Wirt von Alberndorf, daß Leitner bei ihm das Festmahl halte, da er markgräflicher Wirt und Leitner markgräflicher Schuldiener sei. Aber dem widersprach der Wirt von Sachsen mit der umgekehrten Behauptung, Leitner sei nürnbergischer Schuldiener und er nürnbergischer Wirt. In diesen Streit der Wirte wurden nun auch die beiderseitigen Obrigkeiten hineingezogen. Nürnberg erwies sich unnachgiebig; Ansbach aber wollte aus einer solchen Kleinigkeit keine Staatsaktion machen und gab nach.

Weitere Streitpunkte zwischen Ansbach und Nürnberg ergaben sich bei den Fragen der Bauführung und Bauaufsicht, wenn es sich um Kirche und Pfarrhaus in Sachsen handelte, dann bei den Beerdigungen der Lichtenauer auf dem Kirchhof zu Sachsen, auch noch bezüglich der Schule in Sachsen. Hierüber wird bei den betreffenden Abschnitten näher berichtet werden.

Im allgemeinen kann gesagt werden, daß es den Ansbachern bei der Wahrung ihrer Kirchenhoheit nicht bloß um ein äußeres Recht zu tun war, sondern daß sie sich stets verpflichtet fühlten, auch für die Kirche in Sachsen einzutreten und für sie etwas zu tun, wie sich vor allem bei der Behandlung von Bausachen immer wieder ergab. Nürnberg hat dagegen für Sachsen nie etwas geleistet, weder für die Kirche noch für die Pfarrei noch auch für die Schule, sondern hat immer nur Rechte beansprucht und gelegentlich sogar Vorteile für sich aus dem Kirchenwesen von Sachsen zu ziehen gesucht, wie später gezeigt werden wird. Man sah in Nürnberg die Kirchenhoheit nur als ein Recht und nicht zugleich als eine zu Leistungen verpflichtende Aufgabe an, während man in Ansbach gewiß auch scharf, oft allzu scharf, auf seinen „Gerechtsamen“ bestand, aber das Kirchenwesen in Sachsen wirklich fördern und erhalten wollte. Die Leidtragenden bei allen Streitigkeiten aber waren stets die Gemeinden und am meisten die Pfarrer.

3. Pfarrei und Pfarramt Sachsen (Siehe S. 46 u. 49)

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Mit der Einführung der Reformation lösten sich die einstigen Filialgemeinden Immeldorf, Brodswinden und Lichtenau völlig von der Muttergemeinde Sachsen und wurden selbständig. Der äußere [164] Umfang der Pfarrei blieb dann über 200 Jahre lang unverändert bestehen. Nur der Ort Bammersdorf lag besonders weit von Sachsen entfernt, so daß sich Schwierigkeiten für seine geistliche Versorgung ergaben. Schon 1561 wird berichtet, daß sich die Bammersdorfer meist nach Merkendorf zu den Gottesdiensten hielten, aber in Krankheitsfällen doch den Pfarrer von Sachsen zu sich kommen ließen. 1726 erhielten sie die ausdrückliche Erlaubnis, zu den Gottesdiensten und zur Feier des hl. Abendmahls nach Merkendorf zu gehen; nur die Taufen, Trauungen und Beerdigungen hätten sie nach wie vor in Sachsen vornehmen zu lassen. Am 28. März 1740 wurden sie endlich ganz von Sachsen abgetrennt und nach Merkendorf gepfarrt. Zur Ablösung ihrer Gebühren hatten sie 75 fl. zu erlegen; von den Zinsen sollten dem Pfarrer jährlich 3 fl., dem Mesner 1½ fl. zukommen. Weitere Wünsche zu Auspfarrungen wurden in jener Zeit nicht laut. Im Gegenteil hören wir 1618, daß Auswärtige sich gern nach Sachsen hielten, nämlich die Bewohner von Kaltengreuth und Katterbach. Sie beteiligten sich sogar bei einer Turmreparatur in Sachsen mit Fuhrwerksdiensten.

Im Jahre 1808 zählte die Pfarrei 317 Familien mit Einschluß der Altsitzer und 1661 Seelen. Es war also eine zwar stattliche, aber nicht übergroße Pfarrei. Doch eben in diesem Jahre setzten die Bestrebungen zu einer starken Verkleinerung des Pfarrumfangs ein. Es war damals Pfarrer Brandt in Sachsen gestorben und zugleich war auch die Schulstelle erledigt. Das war eine günstige Gelegenheit für die Nachbarpfarrer, nun den Versuch zu machen, einzelne Ortschaften aus der Pfarrei Sachsen zu sich herüberzuziehen. Das Pfarramt Lichtenau hatte schon 1807 den Antrag an die Behörde gestellt, Langenlohe, Herpersdorf, Boxbrunn, Weickershof und Strüthof nach Lichtenau umzupfarren. Aber die Bewohner von Herpersdorf und Langenlohe lehnten die Umpfarrung einmütig ab und gingen geschlossen nach Ansbach zum Kreisdirektorium, um das bisherige Parochialverhältnis aufrechtzuerhalten. Dagegen wurde Boxbrunn, Weickershof und Strüthof unterm 10. April 1809 von Sachsen losgelöst und der Pfarrei Lichtenau zugeteilt.

Das Pfarramt Eyb hatte den Antrag gestellt, Untereichenbach und die Schockenmühle einzupfarren, und die beiden Orte reichten den gleichen Antrag ein. Durch königliches Dekret vom 30. November 1808 wurde dem stattgegeben. Nachher wünschten allerdings die Untereichenbacher, daß sie ihre Kirchenstühle in Sachsen noch weiter beibehalten dürften, weil sie doch noch manchmal dahin zum Gottesdienst gehen möchten „wegen der darin von Jugend auf gehabten Andachtsübungen“ und „wegen der Grabstätten der Eltern“; [165] da sie aber selbst die Auspfarrung gewünscht hatten, wurde ihr Ansinnen abgelehnt. Bezüglich der Grabstätten sei bemerkt, daß diese für die Untereichenbacher nördlich von der Kirche lagen zwischen der Kirche und der an den Schulgarten angrenzenden Kirchhofmauer. Gleichzeitig mit Untereichenbach wurde auch Kaltengreuth, das bisher zur Pfarrei Ansbach gehört hatte, nach Eyb gepfarrt.

Der Pfarrer von Vestenberg hatte sich an die Regierung zu Ansbach mit der Bitte gewandt, Külbingen für seine Pfarrei zugewiesen zu erhalten. Obwohl die Külbinger einmütig dagegen Vorstellungen erhoben, wurde doch die Umpfarrung am 10. April 1809 vollzogen. Ähnlich wie die Untereichenbacher wünschten nun auch die Külbinger, daß sie ihre alten Plätze in der Kirche zu Sachsen beibehalten dürften. Mit Rücksicht darauf, daß die Umpfarrung gegen ihren Willen geschehen war, wurde ihrer Bitte stattgegeben.

Nach dem Ableben des Pfarrers Laubinger im Jahre 1823 regte das Landgericht Heilsbronn neue Umpfarrungen an und ließ dazu die betreffenden Orte durch das Dekanat Windsbach befragen. Aus den dabei aufgenommenen Niederschriften entnehmen wir folgendes:

Zandt und Unterrottmannsdorf erklärten auf das bestimmteste, daß sie „in keinem Fall abgepfarrt werden“ wollten, weil die Kirche in Lichtenau zu klein sei, weil ihre Vorfahren in Sachsen ruhten, usw.

Oberrammersdorf wollte ebensowenig etwas von einer Umpfarrung wissen, weil die Kirche in Brodswinden, wohin sie gehen sollten, sehr klein sei, weil sie zur Schule in Zandt gehörten, weil nach Sachsen ein „weit geräumigerer Weg“ sei usw.

Ratzenwinden führte ähnliche Gründe an und sagte zum Schluß: „Kurz, wir leben und sterben darauf und können in keinem Fall von Sachsen getrennt werden.“

Herpersdorf, das nach Immeldorf kommen sollte, betonte besonders die „schöne Kirche“ in Sachsen, von der sie sich nicht trennen ließen, und erklärte: „Daher wir fest entschlossen sind, bei unserer Kirche, wohin unsere Vorfahren vor Jahrhunderten einverleibt waren, wir auch samt unsern Nachkommen einverleibt bleiben“.

Langenlohe endlich unterschrieb die Erklärung: Wir wollen nicht nach Petersaurach gepfarrt werden, weil wir seit undenklichen Zeiten nach Sachsen gehören, weil in Petersaurach die Kirche „klein und ungeräumig“ ist, weil die Kinder „ebenso leicht zur Schule nach Sachsen gehen“, „kurz, wir bleiben bei der Pfarrkirche und Schule zu Sachsen und wollen auch ruhen, wo unsere braven Vorfahren ruhen“.

Selbstverständlich unterblieb nach diesen sehr deutlichen Erklärungen jede Umpfarrung.

[166] Späterhin hatte Ratzenwinden noch zweimal Anlaß, seine Erklärung von 1823 zu wiederholen, nämlich i. J. 1834, als das Pfarramt Brodswinden den Antrag auf Umpfarrung gestellt hatte, und 1847, als das Dekanat eine solche Umpfarrung anregte. Dagegen wurde Langenlohe bald anderen Sinnes und wollte 1852 nach Lichtenau gepfarrt werden, was aber damals abgelehnt wurde. Erst in neuerer Zeit betrieb Herpersdorf seinen Anschluß an Lichtenau, in den Jahren 1908 und 1914, beide Male zunächst ohne Erfolg. Dann aber vereinigten sich Herpersdorf und Langenlohe 1926 zu gemeinsamem Vorgehen und betrieben vorerst nur die Umschulung nach Lichtenau bzw. für Langenlohe nach Petersaurach, was nach längeren Verhandlungen von der Kreisregierung am 1. Februar 1928 genehmigt wurde. Wie vorauszusehen war, ergaben sich nun für den Konfirmandenunterricht und für die Christenlehre die größten Schwierigkeiten. Die beiden Orte stellten daraufhin den neuen Antrag auf Umpfarrung, erst Langenlohe und nach ein paar Jahren auch Herpersdorf. Unterm 9. September 1929 wurde dann Langenlohe aus der Pfarrei Sachsen ausgeschieden und nach Petersaurach gewiesen, am 1. Juni 1936 auch Herpersdorf, das nach Lichtenau kam.

Schon früher, i. J. 1856, waren die ganz nahe bei Lichtenau gelegenen Häuser der Gemeinde Volkersdorf Hs.-Nr. 28 und 29 der dortigen Pfarrei einverleibt worden; 1889 folgte auch Nr. 30 nach.

Einen kleinen Zuwachs erfuhr der Pfarrbezirk Sachsen durch die Neubildung des Weilers Steinhof bei Ratzenwinden. Von einer Familie Steinbauer wurde dort in der Nähe des Strüthofs 1845 ein neues Anwesen angelegt, das in Anlehnung an den Namen des Besitzers der „Stein“-Hof genannt wurde. Ein zweites Anwesen kam 1850 dazu, später folgten noch zwei weitere.


Zur Pfarrei gehört ein eigenes Amt, das von dem jeweiligen Pfarrer zu führen ist, das Pfarramt. Es hat alle äußeren Geschäfte, die in einem Pfarrbezirk anfallen, zu erledigen, die nötigen Schriftstücke zu fertigen und vor allem die Kirchenbücher zu führen. Wichtigere Schreiben, Urkunden und Akten werden in der Pfarr-Registratur, und wenn sie für die Gegenwart nicht mehr weiter benötigt werden, im Pfarr-Archiv aufbewahrt.

In die Kirchenbücher werden alle anfallenden Taufen, Trauungen und Beerdigungen eingetragen und diese Amtshandlungen damit kirchlich beurkundet. Daneben werden noch Kommunikantenregister und Konfirmandenverzeichnisse geführt. Die Einrichtung von Taufbüchern und Trauungsbüchern war schon gleich nach [167] der Einführung der Reformation durch die Brandenburgische Kirchenordnung von 1533 angeordnet worden; die Führung von Beerdigungsbüchern wurde etwas später verfügt. In Sachsen sind leider die ältesten Kirchenbücher verlorengegangen; wann und wie ist nicht bekannt. Pfarrer Saur, der von 1717–1740 in Sachsen lebte, wußte noch von Taufen aus den Jahren 1552–1561 zu berichten, offenbar aus einem damals noch vorhandenen alten Taufbuch. Ebenso erwähnte Pfarrer Kittler 1776 noch ein altes Leichenregister, das 1576 angelegt worden sei und das sich damals noch in seinen Händen befand, während die übrigen alten Kirchenbücher anscheinend nicht mehr vorhanden waren. Gegenwärtig sind beim Pfarramt nur noch die Kirchenbücher von 1680 ab. Das erwähnte Leichenregister mag 1866 bei einem Kaminbrand im Pfarrhause zugrunde gegangen sein. Dieser Hausbrand hat auch an den noch vorhandenen alten Büchern schwere Beschädigungen verursacht.

Sehr wertvoll ist ein von Pfarrer Kaeppel 1838 angelegtes Seelenregister nach Dörfern und Hausnummern. Ein gleiches Register wurde von Pfarrer Düll 1872 angefangen, aber nur zum Teil ausgeführt. Besondere Mühe hat sich Pfarrer Buchrucker mit der Anlage von Familienbögen gemacht, in die alle Glieder einer Familie, soweit sie aus den Kirchenbüchern festzustellen waren, nach Geburt, Trauung und Tod eingetragen wurden, eine sehr wichtige Hilfe für die Beibringung des Nachweises arischer Abstammung. Gegenwärtig wird die ebenso mühevolle Anlage einer Kartothek über alle in den Kirchenbüchern vorkommenden Fälle von Taufen (Geburten), Trauungen und Todesfällen vom Pfarramt Sachsen durchgeführt.

4. Die Pfarrer seit der Reformation

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Die Reihenfolge der Pfarrer in Sachsen seit den Tagen der Reformation ist bis zur Gegenwart genau festzustellen. Nachfolgend werden ihre Namen mit kurzen Bemerkungen über ihre Persönlichkeit und Amtsführung aufgeführt.


1528-1561. Hofmann Jakob. Er kam von Burgbernheim her und bezog die Stelle als Vikar für den eigentlichen Pfarrer, den Chorherrn Paulus Keller in Ansbach. Wie er in Sachsen die Reformation einführte, ist bereits dargestellt worden. Ein Vikar oder Verweser mußte er sein Leben lang bleiben. Als solcher bezog er ein recht bescheidenes Einkommen, soweit nicht die Gemeinde sich seiner annahm. Als er nach 31 Jahren gesegneten Wirkens den Wunsch aussprach, [168] die Jahrtaggelder, die vor der Reformation die Pfarrer aus der Kirchenkasse bezogen, zugewiesen zu erhalten, wurde das von Nürnberg aus verboten. Er war es auch, der von dem nürnbergischen Pfleger Schnödt in Lichtenau ins Gefängnis abgeführt wurde, weil er auf Befehl der markgräflichen Regierung keine Nürnberger Mandate von der Kanzel ablesen wollte. So konnte auch er nicht unangefochten seines Weges dahingehen, obwohl er sichtlich ein stiller und treuer Arbeiter im Dienste seines Herrn war. Am 18. März 1561 schied er von dannen.


1561–1576. Kißling Johann. War 1530 zu Windsheim geboren und wurde noch durch das Chorherrnstift auf die Pfarrei ernannt, auch von „Dechant und Kapitel“ des Stiftes verpflichtet, aber schon vom Dekanat Lehrberg in sein Amt eingewiesen. Anscheinend war er zuerst auch noch Vikar (Verweser), da das Stift erst 1563 einging. Jedenfalls bezog er von da ab das volle Pfarreinkommen von Sachsen. Weiteres ist von ihm nicht bekannt. 1576 kam er auf die Pfarrei Schalkhausen, wo er am 25. August 1611 starb.


1576–1611. Löscher Eberhard. War vorher in Flachslanden als Pfarrer tätig und wurde am 18. Mai 1576 in Sachsen eingesetzt. Er unterschrieb mit den anderen markgräflichen Pfarrern die große, damals herausgegebene lutherische Bekenntnisschrift, die Konkordienformel. Von 1605 ab hatte er als Vikar seinen Sohn Michael bei sich, der zuvor Pfarrer in Neuendettelsau gewesen war und nun mit Frau und Kindern zu seinem Vater zog. Der Vater starb 1611.


1611–1633. Löscher Michael, der Sohn des Vorgenannten. Er wurde am 2. Sonntag nach Trinitatis in sein Amt eingesetzt. Wie schon sein Vater, so hatte auch er unter den Streitigkeiten zwischen Nürnberg und Ansbach zu leiden (Verpflichtung vor dem Almosenamt in Nürnberg, Verlesung der Mandate u. a.). Während seiner Amtszeit brach der Dreißigjährige Krieg aus, der ihm einen frühzeitigen Tod brachte. Er starb am 29. Mai 1633 zu Ansbach an den Folgen seiner Mißhandlung durch die kaiserlichen Soldaten.


1633-1650. Vogtherr Andreas, Pfarrer zu Eyb. Da das Pfarrhaus in Sachsen abgebrannt, auch die Gemeinde Sachsen teils ausgestorben oder geflüchtet, teils so verarmt war, daß sie keinen Geistlichen mehr ernähren konnte, mußte die Stelle im Nebenamte von Eyb aus versehen werden. Nach Vogtherrs Tode i. J. 1650 wünschten die Pfarrangehörigen von Sachsen wieder einen eigenen Pfarrer, weil sich die Verhältnisse gebessert hätten. Aber es lagen noch zu viele [169] Häuser öd und der Anbau der Felder war noch allzu sehr im Rückstand; vor allem war für den Wiederaufbau des Pfarrhauses noch keinerlei Vorsorge getroffen. Der neue Pfarrer von Eyb mußte darum noch weiter einspringen.


1651-1658. Kehrer Johann Georg, Pfarrer in Eyb. Er war vorher Konrektor am Gymnasium zu Ansbach gewesen, und wurde nicht nur zu Eyb, sondern am 3. Februar 1651 auch zu Sachsen in sein Amt eingesetzt. Es ist schon bei den Streitigkeiten über die Einsetzung der Pfarrer dargelegt worden, was Nürnberg gegen Pfarrer Kehrer tat und wie der Streit durch den Vergleich von 1653 geschlichtet wurde, wie dann Kehrer nochmals in Sachsen, diesmal im Beisein der Nürnberger Beamten, installiert wurde. Da er seinen Wohnsitz in Eyb hatte, war es ihm nicht möglich, die ausgedehnte Pfarrei Sachsen ausreichend zu versehen. Er scheint sich auch nicht allzu viel Mühe gegeben zu haben, denn die Gemeinde Sachsen beschwerte sich über ihn, daß er nur „etwa alle 14 Tage“ nach Sachsen käme. Zugleich bat sie erneut dringend um einen eigenen Seelsorger, der sich jetzt schon ernähren könne, da die Ortschaften „ziemlich wohl besetzt“ seien mit 6–700 Seelen. Auch der Rat der Stadt Nürnberg schrieb in diesem Sinne an die markgräfliche Regierung. Diese beschloß denn auch, den Pfarrhof möglichst bald wieder aufzubauen, und beauftragte das Konsistorium, einen tauglichen Pfarrer auszusuchen.


1658–1664. Teichler Andreas. War zuvor Pfarrer in Dürrenmungenau und wird als gut gebildet und predigtkundig geschildert. Am 30. November 1658 wurde er im Beisein weltlicher Vertreter aus Ansbach und Nürnberg als Pfarrer von Sachsen eingesetzt. Der Neubau des Pfarrhauses konnte allerdings erst 1659 vorgenommen werden. Es ist das Haus, wie es heute noch steht. Pfarrer Teichler (Teuchler) wird in einer Schrift als „Schlesier“ bezeichnet; diese Herkunft ist sehr wohl möglich, da zwischen dem Markgrafentum und einem Teil des schlesischen Landes, dem Fürstentum Jägerndorf, ehedem enge Beziehungen bestanden. Er starb schon am 23. Dezember 1664, erst 27 Jahre alt.


1665–1680. Spelter Georg Samuel. Kam von der Pfarrei Eckersmühlen bei Roth und wurde am 16. Juli 1665 in Sachsen eingesetzt. Als im Januar 1680 seine Frau mit Hinterlassung von zehn noch minderjährigen Kindern starb, nahm er sich eine Haushälterin, von der sich nachher herausstellte, daß sie eine aus dem Nürnberger Gebiet ausgewiesene üble Person, die Frau eines Falschmünzers war. Pfarrer Spelter ließ sich verleiten, in unerlaubte Beziehungen [170] zu ihr zu treten, weshalb er von Nürnberg auf dem Turm „Luginsland“ gefangengesetzt und weiter der Ansbacher Behörde zur Bestrafung übergeben wurde. Diese setzte ihn wegen Ehebruchs ab, obwohl die Gemeinde Sachsen sich für ihn verwandte. Eine Zeitz lang hielt er sich in Brodswinden auf; dann wurde ihm auf seine flehentlichen Bitten hin eine Lehrstelle an der Lateinschule in Uffenheim übertragen. Später wurde er wieder zu Gnaden angenommen und starb 1694 als Pfarrer in Gollhofen.


1680–1716. Dietrich Lorenz Ludwig, vorher Pfarrer in Döckingen und Dittenheim, ein gelehrter Mann, der den Titel „Magister“ (Meister der Gottesgelehrsamkeit) führte und später zum Senior des Dekanates Leutershausen gewählt wurde. Am 6. August 1680 fand seine Einsetzung von geistlichen und weltlichen Herren sowohl aus Ansbach wie aus Nürnberg statt. Zugleich wurde mit der Einsetzung eine Kirchenvisitation verbunden. Er hatte besonders unter den Beerdigungsstreitigkeiten zu leiden, die von den Nürnbergern heraufbeschworen wurden und von denen noch bei der Besprechung des Friedhofs ausführlicher gehandelt werden wird. Er starb am 19. November 1716 im 77. Lebensjahre. In seinen letzten Jahren hatte sich allerlei Unordnung in Kirche und Pfarrei eingeschlichen.


1717–1740. Saur (Sauer) Johann Leonhard, Pfarrerssohn aus Holzhausen, der vorher die Pfarrstelle in Hohentrüdingen innehatte und von dort aus noch das Diakonat (2. Pfarrstelle) in Westheim versehen mußte. Er wurde am 27. Juni 1717 eingesetzt, woran sich wieder eine große Kirchenvisitation anschloß. Die Geschichte weiß wenig zu seinem Lobe zu melden; er sah mehr auf seinen Vorteil als auf das Wohl der Gemeinde. Am 22. Februar 1740 verschied er jäh an einem Schlaganfall, fast 69 Jahre alt.


1741–1759. Wernher (Werner) Johann Christoph, zuvor Pfarrer in dem damals markgräflichen, jetzt württembergischen Blaufelden („Plofelden“). Er wurde am 30. November 1740 installiert. Da er in den letzten Jahren viel kränkelte, mußte er sich mit Vikaren behelfen, bis er am 21. Januar 1759 einem Schlaganfall erlag, 62 Jahre alt.


1759–1766. Roth Johann Siegmund, ein Dekanssohn aus Leutershausen, der zuvor die Pfarrei Gastenfelden versehen hatte und am 21. Oktober 1759 in Sachsen eingesetzt wurde. Er wird als ein Geistlicher geschildert, der ausnehmend gute Studien hinter sich hatte und der alle für einen Pfarrer erforderlichen Eigenschaften besaß. Er starb an Gelbsucht den 23. Dezember 1766.

[171] 1767-1788. Kittler Johann Wilhelm Benedikt Andreas, stammte aus Leutershausen, war erst Pfarrer in Eckersmühlen, Gräfensteinberg und Wittelshofen, und wurde in Sachsen am 18. Oktober 1766 installiert. Er starb nach längerem Leiden am 1. März 1788 im Alter von 74 Jahren. Noch im gleichen Jahre nahm Lichtenau seinen eigenen Friedhof in Betrieb.


1789–1807. Brandt Karl Heinrich August. Er erhielt die damals als sehr einträglich bekannte Pfarrei Sachsen schon mit 29 Jahren, nachdem er vorher nur Vikar in Uffenheim gewesen war; sechs bedeutend älteren Bewerbern, darunter einem Vater mit sieben Kindern, wurde er dabei vorgezogen. Es geschah dies trotz des Widerspruchs des Konsistoriums auf ausdrücklichen Befehl des Markgrafen, weil sein Vater, ein Hofkammerrat und Obereinnehmer zu Ansbach, sich „besonders bei dem mühsamen engländischen Subsidien-Rechnungsgeschäft“, also bei dem berüchtigten Soldatenverkauf nach Amerika, Verdienste erworben hatte. Eingesetzt wurde er in Sachsen am 15. März 1789, wobei wieder eine Kirchenvisitation gehalten wurde. Man kann nicht sagen, daß die Amtsführung Brandts von besonderem Segen gewesen sei. Schon seine mangelhaften Einträge in die Kirchenbücher lassen eine große Nachlässigkeit erkennen. Dann aber huldigte er ganz dem Zeitgeist des Nationalismus, d. h. des Vernunftglaubens. Zeuge davon ist der aus sein Betreiben vollzogene Umbau und Ausbau der Kirche zu Sachsen. Alles, was aus alter Zeit an schönem Zierat vorhanden war, die geschnitzten Altäre, Bildwerke, Grabmäler u. a., ließ er rücksichtslos beseitigen und zerstören, um ja ein recht kahles, nüchternes und schmuckloses Gotteshaus entsprechend seinem Glauben und dem Geist der Aufklärung zu erhalten. Nicht einmal den alten gotischen Chor hat er verschont, sondern ihn teils einreißen, teils vermauern lassen. All das waren schwerste Bausünden, die sich kaum jemals wieder werden gutmachen lassen. – Er starb in den besten Jahren am 4. Dezember 1807 an einem Schlaganfall. Sein Tod war das Signal für die große Auspfarrungsbewegung, von der wir im vorigen Abschnitt hörten.


1809-1823. Laubinger Friedrich Wilhelm, Sohn des 2. Pfarrers von Creglingen und späteren Pfarrers in Buch am Wald, ist geboren am 25. Oktober 1763 in dem damals markgräflichen, jetzt württembergischen Ort Creglingen, wurde 1794 Waisenhausprediger in Ansbach, 1797 Pfarrer in Buch am Wald, am 3. Januar 1809 Pfarrer in Sachsen. Es wurden an ihm seine vorzüglichen theologischen Kenntnisse und seine Amtstreue gerühmt; doch gab es in Sachsen mancherlei über ihn zu klagen. Da ihm gleich am Anfang seine Einkünfte [172] stark beeinträchtigt wurden, hielt er sich am Pfarrwalde schadlos, den er sehr herunterwirtschaftete. Er besaß großen Ehrgeiz und war nicht immer leicht zu haben. Seine zunehmende Kränklichkeit mochte dabei an manchem Schuld tragen. Sein Tod wurde durch „Leberverhärtung“ herbeigeführt am 20. August 1823, im 60. Lebensjahr.


1824-1834. Lederer Johann Christian, geboren am 4. Mai 1766 zu Münchsteinach (bei Neustadt a. d. Aisch), wurde nach Vollendung seiner Studien zuerst Hauslehrer in Triest, dann 1791 Pfarrer zu Bleyberg in Kärnten, desgleichen 1799 in Treßdorf und 1801 in Gnesau (beide ebenfalls in Kärnten), 1816 Pfarrer in Floß in der Oberpfalz. Am 18. Juli 1824 wurde er in Sachsen als Pfarrer eingesetzt. Er hatte zwar gute Noten für die pfarramtliche Geschäftsführung, aber leider auch recht viele Schulden, die er schon mit nach Sachsen brachte. Hier war er genötigt, ein volles Drittel seines laufenden Einkommens zur Befriedigung seiner Gläubiger abzutreten. Die Schulden gingen vor allem auf seine verwöhnte und üppige Lebensweise zurück. Es ist begreiflich, daß dies alles seinem Ansehen und Amtswirken sehr schadete. Er starb am 15. August 1834.


1835–1838. Müller Ludwig Theodor. Er wurde zu Hof in Oberfranken am 21. Dezember 1781 geboren, wurde 1806 Pfarrer in Altenschönbach, 1809 in Ziegenbach, 1813 Diakon (2. Pfarrer) in Roth, dann 4. Pfarrer in Schwabach, vom 12. Juni 1835 ab Pfarrer in Sachsen. Ihm wurde das Zeugnis eines gehaltvollen Predigers, eines eifrigen Seelsorgers und überhaupt eines tüchtigen Pfarrers gegeben. Leider war seine Tätigkeit in Sachsen nur von kurzer Dauer; er ging schon am 3. April 1838 infolge einer Unterleibsentzündung rasch aus der Welt, erst 56 Jahre alt.


1838–1851. Kaeppel Christoph Simon Andreas, geboren am 3. September 1777, erst 1806 Rektor an der Lateinschule zu Schwabach, dann 1813 Pfarrer in Sulzbürg, 1830 in Petersaurach. Am 14. Oktober 1838 wurde er in Sachsen in sein Amt eingesetzt. Er war schon etwas kränklich, als er in Sachsen aufzog, und mußte sich bald mit Vikaren behelfen. Er konnte darum nicht so auf die Gemeinde einwirken, wie er wollte und sollte. Um so größere Sorgfalt hat er auf die schriftliche Amtsführung verwendet (Anlage eines Seelenregisters u. a.). Am 9. März 1851 verschied er an Altersschwäche im 74. Lebensjahre.


1852–1864. Günther Johann Melchior. Ist geboren am 22. November 1800 zu Erlangen, wurde 1822 Studienlehrer und [173] Pfarradjunkt zu Weißenburg, 1832 Pfarrer in Möhrendorf bei Erlangen; am 25. Januar 1852 ist er in Sachsen installiert worden. Schon bei seinem Aufzug in Sachsen nierenleidend, benötigte er stets Vikare. Am 26. November 1864 beschloß er sein Leben mit 64 Jahren.


1865-1882. Düll Karl Ludwig Friedrich. Geboren zu Frankenberg bei Uffenheim am 17. Dezember 1799, wurde er zuerst Pfarrer in Mittelsinn 1827, dann in Unterickelsheim 1832, in Geckenheim 1835, in Burk 1858; in Sachsen wurde er am 8. Oktober 1865 installiert. Bei seinem Amtsantritt war er noch sehr rüstig, aber in seinem hohen Alter bedurfte er der Hilfe eines Vikars. Er kam zuletzt um seine Ruhestandsversetzung ein und zog im Herbst 1881 bereits zu seinem Sohne nach Illenschwang. Dort starb er am 5. März 1882, noch ehe er seinen Ruhestand antreten konnte, im Alter von 82 Jahren. – Hier sei die Bemerkung angefügt, daß es in alter Zeit eine Versetzung in den Ruhestand überhaupt nicht gab; jeder Pfarrer mußte bis an sein Lebensende in Amt und Dienst bleiben und konnte sich lediglich durch Vikare die erforderliche Hilfe verschaffen. Erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts war es möglich, eine kleine Anzahl von Ruhestands-Stellen zu schaffen, die aber bei weitem nicht ausreichten, um allen hochbetagten und dienstunfähigen Pfarrern die Niederlegung ihres Amtes zu ermöglichen, wie wir an dem Beispiele des Pfarrers Düll sehen. Die gegenwärtige Ruhestandsordnung konnte erst in den allerletzten Jahrzehnten eingeführt werden.


1882–1884. Aufsberg Johann Stephan. Er stammte aus Ansbach, wo er am 24. August 1821 geboren wurde. Er war zunächst 1850 als Rektor der Schulen in Marktsteft tätig, dann als Pfarrer 1852 in Thann und Habel (zwei Orte in der Rhön, ehemals bayerisch, seit 1866 preußisch), 1857 in Kairlindach, 1873 in Langenzenn auf der 1. Pfarrstelle. Am 1. November 1882 bezog er die Pfarrei Sachsen. Er hat sich besonders um die Frage der staatlichen Baupflicht am Pfarrhause angenommen und dazu ein ausführliches, geschichtlich begründetes Gutachten ausgearbeitet. Doch starb er schon nach kurzer Zeit an Herzlähmung infolge Wassersucht am 13.November 1884, 63 Jahre alt.


1885–1900. Baumann Johann Thomas, am 20. Juni 1825 zu Scheckenhof bei Neustadt am Kulm (Oberpfalz) geboren, 1854 Pfarrer in Lichtenstein, 1865 in Uttenreuth, 1875 in Elpersdorf, am 6. September 1885 in Sachsen eingesetzt. Er mußte in späteren Jahren während der Winterszeit sich stets mit Vikaren behelfen. Am 1. Aug. [174] 1899 ließ er sich beurlauben und zog nach Ansbach, am 1. März 1900 konnte er in den Ruhestand treten. Er starb zu Ansbach am 26. Oktober 1911.


1900–1914. Schmidt Johann Georg. Ist zu München am 7. Mai 1851 geboren und hatte nacheinander die Pfarrstellen inne: 1877 Hellmitzheim, 1885 Unterasbach, 1890 Ammerndorf. In Sachsen wurde er am 14. Oktober 1900 in sein Amt eingewiesen. Bald nach Beginn des Weltkrieges trat er in den Ruhestand, am 1. Oktober 1914, und zog nach Ansbach. Hier starb er am 9. Oktober 1930.


1915–1925. Buchrucker Christian. Geboren am 12. Oktober 1855 in Oberlaimbach, erhielt er 1883 die Pfarrei Beerbach, 1897 Wettelsheim, am 1. April 1915 Sachsen, wo er am 11. April installiert wurde. Er hatte die schwere Kriegs- und Inflationszeit mit der Gemeinde durchzumachen, sorgte hernach für die Errichtung eines würdigen Gefallenen-Denkmals und für die Beschaffung neuer Glocken, und legte aus den Kirchenbüchern eingehende Familienbögen an. Am 1. Dezember 1925 trat er mit 70 Jahren in den Ruhestand, den er bis zu seinem am 16. Juni 1937 erfolgten Tode in Ansbach verlebte.


1926–1937. Rusam Johann Georg. Wurde am 17. April 1867 in Thalmannsfeld geboren, kam 1895 als Pfarrer nach Unterrodach in Oberfranken, 1904 als Dekan nach Rothausen in Unterfranken, 1912 als Dekan nach Schwabach, am 1. Juni 1926 als Pfarrer nach Sachsen. 1929 wurde er mit dem Titel eines Kirchenrates bedacht. Unter ihm wurde die Filialkirche zu Neukirchen wieder instand gesetzt und die Hauptkirche zu Sachsen einer gründlichen Erneuerung und Verschönerung unterzogen. Am 1. Juni 1937 trat er mit 70 Jahren in den Ruhestand und lebt nun in Ansbach.


Seit 1. September 1937 hat Pfarrer Ludwig Kohler die Stelle inne. Er ist geboren am 30. Januar 1890 zu Ulsenheim bei Uffenheim und wurde 1923 Pfarrer zu Kerkhofen in der Oberpfalz (mit dem Pfarrsitz in Sulzbürg).

5. Der Pfarrhof (Fortsetzung zu S. 54.)

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Auch nach der Reformation blieb der Pfarrhof von Sachsen ein zinspflichtiges Lehen des Almosenamts in Nürnberg. Regelmäßig mußte der Pfarrer bei seinem Amtsantritt nach Nürnberg reisen, um dort in „Erbpflicht“ genommen zu werden. Durch Handgelübde an Eides Statt mußte er beteuern, den Pfarrhof samt zugehörigen [175] gehörigen Grundstücken „in treulichem Wesen“ zu erhalten, nichts davon zu entziehen oder zu verändern, Gült und Zins zu rechter Zeit zu geben usw. Die Ansbacher Behörden bestritten wiederholt diese Pflichtleistung und verboten dem Pfarrer nach Nürnberg zu gehen; aber dann sperrte das Pflegamt Lichtenau die Einkünfte des Pfarrers aus dem nürnbergischen Bezirk um Lichtenau, so daß Ansbach schließlich um des Pfarrers willen nachgeben mußte. Durch den Nezeß von 1653 wurde auch diese Frage endgültig geregelt. Wie schon früher berichtet, hatte der Pfarrer jährlich 2 Simra Korn (6,6 hl) und 1 Simra Haber (7 hl) nebst einer geringen Geldleistung jährlich an das Almosenamt abzuliefern. Erst 1809 wurde diese Gült mit dem Zins in eine jährliche Geldabgabe umgewandelt und unter der damaligen Stiftungsadministration Herrieden ohne weiteres auf die Kirchenstiftung übernommen im Betrage von 37 fl.

Das alte Pfarrhaus, das um 1450 nach dem damaligen Brande im Krieg des Markgrafen Albrecht Achilles aufgebaut worden war (siehe S. 53), stand bis 1633, wo die kaiserlichen Soldaten es im Sommer niederbrannten. Es war ein „zweigädiger“ Bau, also ein Haus mit Erdgeschoß und Oberstock. Im übrigen glich die ganze Anlage einem größeren Bauernhof. Vorhanden waren im Hofe zwei Brunnen mit Fischkästen. Nach dem Brande von 1633 blieb das Haus 26 Jahre lang im Schutt liegen, bis nach dem Dreißigjährigen Kriege die zerstörte Gemeinde sich wieder einigermaßen gesammelt hatte und man wieder an die Anstellung eines eigenen Pfarrers denken konnte. Den Auftrag zum Bau gab die markgräfliche Kammer zu Ansbach, wobei der Fürst Bauholz und andere Baumaterialien bewilligte, auch aus Kollekten und anderen Sammlungen namhafte Beträge zur Verfügung stellte. Das Stiftsamt konnte nichts beisteuern, da seine Kassen leer waren; es übernahm aber die Bauleitung. Die Stadt Nürnberg leistete nichts, ebensowenig das Almosenamt Nürnberg, obwohl ihm doch der Pfarrhof als Lehen gehörte, wie es immer wieder nachdrücklichst betonte. Dagegen leistete die Gemeinde trotz ihrer damaligen Armseligkeit freiwillige Beiträge neben den pflichtmäßigen Fuhrwerken und Handlangerdiensten. Das Haus wurde im wesentlichen so hergestellt, wie es sich heute noch zeigt; nur daß anfangs auch noch die Stallungen (Pferde- und Viehstall) im Hause untergebracht waren. Erst später wurde gegen den Garten zu erst der Pferdestall angebaut i. J. 1717, dann 1789 auch der Viehstall. Beide waren notwendig, weil damals die Pfarrer noch den vollen Landwirtschaftsbetrieb zu versehen hatten. Bei der Schlußabrechnung zum Pfarrhausbau ergab sich an Barauslagen für Handwerkerlöhne und dergleichen nur die Summe von knapp 199 fl., ein Betrag, der nur verständlich wird, wenn man [176] die ungeheure Geldknappheit nach dem Dreißigjährigen Kriege und den damaligen außerordentlich hohen Wert des Geldes bedenkt. Auch war in jeder Weise bei dem Bau gespart worden, so daß noch 1680 in einem Visitationsbericht von dem „neuen, aber noch unausgebauten“ Pfarrhaus gesprochen werden konnte. Fortgesetzt waren darum Reparaturen notwendig, die nachholen mußten, was bei dem Bau versäumt worden war. Im Jahre 1729 wurde das Pfarrhaus bei einem Erdbeben so erschüttert, daß die beiden Dachgiebel erneuert werden mußten. Das Haus war nach dem Talgrund zu „merklich gesunken“, was man heute noch an den schiefen Wänden erkennen kann. Auch die Fußböden waren schief geworden, so daß sie neu gelegt werden mußten. Es entstand damals ein Gesamtkostenaufwand von 633 fl. Im Jahre 1866 brach nachts ein Kaminbrand aus, der unter den Pfarrbüchern übel hauste; mit Mühe konnten die schlafenden Pfarrleute geweckt und der Brand gelöscht werden.

Die Pfarrscheune, die unmittelbar oberhalb des jetzigen Gemüsegartens stand und deren Nordmauer im Fundament noch zu sehen ist, scheint nach dem Dreißigjährigen Kriege nur notdürftig instand gesetzt worden zu sein; denn schon 1719 wurde ein Neubau notwendig. Die Verhandlungen, die zuerst mit Nürnberg geführt wurden, zerschlugen sich, da Nürnberg zum Bau nichts leisten wollte. Es mußte wieder der Markgraf von Ansbach eintreten, der das nötige Bauholz zur Verfügung stellte und das Stiftsamt mit den nötigen Baumaßnahmen beauftragte. Aber nun kam das Almosenamt von Nürnberg und erklärte, daß das Bauen seine Sache sei, d. h. nicht das Bezahlen der Baukosten, sondern die Ausführung des Baues auf Kosten der anderen. Das Pflegamt Lichtenau schickte sogar seinen Amtsknecht nach Sachsen und verbot den Arbeitern, den schon begonnenen Bau weiterzuführen. Es mußte noch ein langer Schriftwechsel zwischen Ansbach und Nürnberg geführt werden, bis endlich Nürnberg einlenkte und sich mit dem Bau zufriedengab, allerdings unter der Bedingung, daß auch Leute aus Lichtenau und anderen nürnbergischen Orten dabei beschäftigt würden. Es war wieder das alte Bild: Nürnberg beanspruchte Rechte, ohne irgendwelche Pflichten anzuerkennen. So geschah es, daß vier Jahre darüber vergingen, bis endlich die Scheune i. J. 1723 fertiggestellt werden konnte. – Pfarrer Brandt war der erste, der die Pfarrgüter nicht mehr selbst bewirtschaftete, sondern verpachtete. Die Pfarrscheune wurde so mit der Zeit überflüssig, weshalb sie anfangs 1902 abgebrochen wurde. Der Erlös von 900 M wurde zur Kirchenstiftung genommen und daraus zum Einkommen des Pfarrers ein jährlicher Beitrag von 35 M festgesetzt, solange die Scheune von dem Pfarrer nicht in Anspruch genommen wird. Im Falle einer [177] Wiederaufnahme des landwirtschaftlichen Betriebes durch den Pfarrer müßte die Scheune wieder hergestellt werden.

Gegenüber vom Pfarrhaus stand längs des Nachbaranwesens von der Straße angehend ehedem ein Hof- und Geschirrhäuslein zu gleichem Zweck wie in anderen Höfen. Es war mit der Zeit baufällig geworden und Pfarrer Roth wollte um 1760 es neu aufbauen, wobei er im Erdgeschoß einen Keller, Backofen und eine Holzlege einzurichten gedachte, im oberen Geschoß aber eine Stube mit Küche und Kammer, diese im Bedarfsfalle als Wohnung für einen Vikar. Das Pflegamt Lichtenau und das Stiftsamt Ansbach, an die er sich wandte, stimmten dem Bau zu, zumal Pfarrer Roth erklärt hatte, einen Teil der Kosten selbst tragen zu wollen. Als Baumaterial sollten unter anderem auch die Steine von dem verfallenen „Beinhäuslein“ auf dem Kirchhof verwendet werden (siehe S. 79). Pfarrer Roth glaubte alle Gerechtigkeit erfüllt zu haben; aber er hatte nicht mit dem Almosenamt in Nürnberg gerechnet. Dieses sandte eilends einen Beamten mit einem Amtsknecht heraus und erklärte, daß der Bau nicht ohne seine ausdrückliche Genehmigung vor sich gehen dürfe; der Pfarrer habe doch bei seiner Verpflichtung in Nürnberg seinerzeit gelobt, den Pfarrhof stets in gutem baulichen Stand erhalten zu wollen. Pfarrer Roth erwiderte, daß er ja dieser Pflicht gerade dadurch nachkomme, daß er das verfallene Hofhäuslein wieder aufbauen wolle. Allein der Beamte ließ sich nicht beruhigen und bestand auf seiner Forderung, obwohl früher das Almosenamt in Bausachen niemals etwas mitzureden hatte. Pfarrer Roth gab um des lieben Friedens willen nach und richtete zu allem Überfluß auch noch an das Landalmosenamt ein Gesuch um Genehmigung. Diese erfolgte dann glücklich im Oktober 1763, worauf endlich der Bau vor sich gehen konnte. Er stand nicht allzu lange, schon 1809 wurde er wieder abgebrochen.

Ein Wort ist noch zum Pfarrgarten zu sagen. Schon 1680 heißt es in einem Visitationsbericht, daß der Garten ein „geraumer Platz“ sei, jedoch „von nicht gar vielen Bäumen“ bestanden. Die geringe Zahl der Obstbäume beruhte aber nicht etwa auf der Saumseligkeit früherer Pfarrer, sondern auf der ungeeigneten Bodenbeschaffenheit des unteren Teils im Garten. Das ergibt sich aus den vergeblichen Bemühungen späterer Pfarrer, mehr Obstbäume nachzuziehen. So klagte z. B. die Pfarrerswitwe Brandt i. J. 1808, daß ihr Mann zahlreiche Bäume gesetzt habe, daß diese aber infolge der Feuchtigkeit und der kalten Lage immer wieder eingegangen seien, so daß er genötigt war, stets neue nachzusetzen, im ganzen 191 Bäume. Pfarrer Buchrucker sowie der Verfasser dieses Berichtes mußten die gleiche Erfahrung bei ihren Bemühungen machen.

[178] Zum Pfarrhofe gehörte von alters her ein Wasserrecht, das schon 1433 in einer Urkunde erwähnt wird. In einer eigenen Wasserleitung wurde das Wasser in den Hof hereingeführt, wo es dauernd in zwei Brunnen floß. Später wurde dann das Wasserrecht des Pfarrhofes in die von der Gemeinde Sachsen erbaute Wasserleitung aufgenommen.

6. Die Baupflicht an Pfarrhaus und Kirche

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Bei allen Bauvornahmen am Pfarrhaus und an der Kirche tauchte immer wieder die Frage der Baupflicht auf. In erster Linie lag diese Pflicht auf der Kirchenstiftung, dem sogenannten „Heiligen“. Aber das Kirchenvermögen war durch den Neubau der Kirche und des Turmes in den Jahren nach 1450 so erschöpft, daß es in der Folge außerstande war, größere Kosten noch auf sich zu nehmen. Es sollten in solchem Falle dann diejenigen eintreten, denen nach altem Recht in zweiter Linie oblag, für die Baukosten einzuspringen. Als solche kamen in Betracht: Das Almosenamt zu Nürnberg als Grundherrschaft über den Pfarrhof, das Chorherrnstift und später das Stiftsamt als Inhaber des Patronates, der Markgraf von Ansbach als Rechtsnachfolger des Stiftes und damit des Patronates, endlich alle, die Zehnten aus dem Pfarrbezirk Sachsen bezogen, also vor allem der Markgraf und die Stadt Nürnberg. Von den Genannten lehnte die Stadt Nürnberg sowie das Almosenamt rundweg jede Pflichtleistung ab und schoben diese dem Markgrafen beziehungsweise dem Stiftsamt zu. Anderseits forderten sie jedoch stets eine Baugenehmigung ihrerseits und die Bauaufsicht, ferner die Verwendung nürnbergischer Geschäftsleute aus Lichtenau und Umgegend, also Rechte ohne Pflichten. Im Jahre 1611 erklärte sich die Stadt bereit, zu den damaligen Reparaturkosten am Turm die Hälfte der Kosten zu tragen, wenn man ihnen das Recht der Pfarreinsetzung und Kirchenvisitation einräume, wenn also der Markgraf den Pfarrer von Sachsen nur „praesentiere“, d. h. vorschlage kraft seines Patronates, auf alles Weitere aber verzichte; natürlich ging der Markgraf darauf nicht ein. Was das Almosenamt betrifft, so hatte der Rechtsgelehrte Dr. Fetzer in Nürnberg in einem Gutachten vom Jahre 1659 dargelegt, daß dieses Amt nach strengem Recht schuldig sei, das Pfarrhaus „alleine zu bauen“; aber das Almosenamt hielt sich nicht an dieses Gutachten, sondern wies die Baupflicht dem Stiftsamt und damit dem Markgrafen zu. Tatsächlich hat denn auch das Stiftsamt im Auftrag des Markgrafen stets in Baunotfällen eingegriffen, die Pläne ausgearbeitet, die Bauleitung [179] geführt und für die Beibringung der nötigen Mittel gesorgt, soweit nicht die Kirchenstiftung selbst einzutreten in der Lage war. Freilich aus eigenen Mitteln konnte das Stift nur selten etwas leisten, da seine Einkünfte schon anderweitig stark in Anspruch genommen waren; aber der Markgraf stellte immer wieder das nötige Bauholz aus seinen Wäldern zur Verfügung, auch andere Baumaterialien und mitunter sogar bares Geld, dieses allerdings lieber aus anderen Kassen (Sammlungen, Hilfsgeldern u. ä.) als aus seiner Tasche. Wie ernst es ihm mit seiner Hilfe für die kirchlichen Gebäude war, zeigt die Konsistorialordnung von 1594, worin er ganz allgemein für alle markgräflichen Pfarreien die Baupflicht übernahm, sofern und soweit nicht die Kirchenstiftungen oder andere verpflichtete Kassen dafür aufzukommen in der Lage waren.

Als nach dem Dreißigjährigen Kriege das niedergebrannte Pfarrhaus wieder aufgebaut werden sollte, gab die Stadt Nürnberg beschlußmäßig die Erklärung ab, daß die Baupflicht dem Markgrafen zustehe, der sie auch schon 1617 auf sich genommen habe, denn das Bauen hänge mit dem Patronatsrecht zusammen. Wie dann der Markgraf tatsächlich für den Wiederaufbau des Pfarrhauses sorgte, ist bereits im vorigen Abschnitt dargelegt worden. Später freilich, als es sich nur um Reparaturen handelte, die aus der Kirchenstiftung selbst bestritten werden konnten, besann sich Nürnberg wieder auf seine Gerechtsame, wollte allein und selbständig die Bauvornahmen leiten und frei über die Mittel der Kirche verfügen.

Es stand demnach mit der Baupflicht an Kirche und Pfarrhaus in Sachsen so, wie i. J. 1702 der Stiftsverwalter an den Markgrafen berichtete, daß die gesamte Baulast – neben der Kirchenstiftung – stets vom Stift getragen worden sei, wozu auch noch gutwillige Beiträge der Eingepfarrten gekommen seien. Darum trage eine 1687 umgegossene Glocke das markgräfliche Wappen und die Aufschrift: Christian Albertus Princeps (Fürst Christian Albrecht); ebenso sei bei der Erneuerung des Kirchturms 1699 auf der Turmfahne Name und Wappen des Fürsten angebracht worden. Nürnberg oder Lichtenau habe nicht das Geringste jemals beigetragen.

Alle Hoheitsrechte und Pflichten des Markgrafen gingen im Jahre 1792 an die preußische Regierung über und von dieser im Jahre 1806 an den bayerischen Staat. Dieser lehnte zunächst die Baupflicht ab, als die Kirchenstiftung ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen konnte. Schon 1856 beschloß deshalb die Kirchenverwaltung den Rechtsweg zu beschreiten und die staatliche Finanzverwaltung auf Erfüllung ihrer Baupflicht einzuklagen. Doch ist damals die Klage aus unbekannten Gründen unterblieben. Aber 1884 wurde die Frage aufs neue brennend, weil das Pfarrhaus immer ruinöser [180] wurde und weil man überhaupt in absehbarer Zeit mit einem Neubau des Pfarrhauses rechnen mußte. Pfarrer Aufsberg arbeitete dazu nach gründlichem Studium der Akten ein ausführliches Gutachten aus. Die Regierung zu Ansbach ließ jedoch durch ihren Sachbearbeiter ein gegenteiliges Gutachten fertigen, in welchem die Pflicht des Staates bestritten wurde. Man erklärte, daß die Konsistorialordnung von 1594 für Sachsen keine Gültigkeit habe, weil sich dieser Ort einst nicht in markgräflichem Gebiet, sondern auf Nürnberger Boden befunden habe; die Leistungen des Markgrafen seien nur freiwilliger Art gewesen usw. Doch gab die Regierung zu, daß gewisse Gründe vorhanden seien, die ein Entgegenkommen rechtfertigten, und erklärte sich zu einem Vergleich, zur Leistung einer einmaligen, allerdings geringen Abfindungssumme, bereit. Das Staatsministerium betonte der Regierung gegenüber noch weiter, daß auch Zehntrechte des Staates inmitten lägen, die eine wesentlich höhere Ablösungssumme angezeigt erscheinen ließen. In der Tat besaß sowohl das einstige Chorherrnstift Zehnten in der Pfarrei Sachsen (in Alberndorf, Steinbach, Hirschbronn, Ratzenwinden, Oberrammersdorf, Volkersdorf u. a.), als auch die markgräfliche Regierung, und weiterhin die Stadt Nürnberg und das Almosenamt; und der bayerische Staat war für alle diese Zehntberechtigten der Erbe und Rechtsnachfolger geworden. Zehntrechte aber begründeten vielfach eine Baupflicht an kirchlichen Gebäuden. Darum hielt das Staatsministerium ein weitgehendes Entgegenkommen in der Sachsener Baupflichtfrage für gerechtfertigt. Nach längeren Verhandlungen einigte man sich am Ende des Jahres 1894 über eine Ablösung der Baupflicht mit dem Betrag von 30 000 M, wozu nach 1000 M als Zinsen für 1895 kommen sollten. Eine Abstimmung sämtlicher stimmberechtigter Mitglieder der Pfarrgemeinde ergab die Annahme der Ablösung mit 157 „Ja“ gegen nur 17 „Nein“.

Die damalige Kirchenverwaltung verwendete nur einen kleinen Teil der im Jahre 1895 ausbezahlten Summe von 31 000 M für die unbedingt notwendigen Reparaturen und schob den Neubau des Pfarrhauses hinaus. Sie wollte erst durch Admassierung der jährlich anfallenden Zinsen das Kapital zu einem gewaltigen Baufonds anwachsen lassen, der hinreichend wäre, nicht nur die Kosten für den Neubau des Pfarrhauses zu decken, sondern auch für alle künftig an kirchlichen Gebäuden auftretenden Schäden aufzukommen. Die Rechnung war klug, aber nur für die ersten zwanzig Jahre. Dann begann – schon im Kriege – langsam die Inflation mit ihrer ungeheuren Geldentwertung und gegen Ende des Jahres 1923 bedeutete der inzwischen auf 55 000 M angewachsene Baufonds so gut wie nichts. Erst das Gesetz über die Aufwertung brachte ihn [181] wieder etwas in die Höhe, so daß noch rund 8000 M gerettet werden konnten.

Die Frage der Baupflicht ist nun seit der staatlichen Ablösung in der Weise festgelegt, daß zunächst Baufonds und Kirchenstiftung einzutreten haben, daß aber dann im weiteren die Kirchengemeinde zur Tragung aller Kosten verpflichtet ist. Die Landeskirche gibt dazu aus Kirchensteuermitteln freiwillige Zuschüsse, soweit sie dazu in der Lage ist.

7. Die Pfarrpfründe (Pfarrstiftung) (Fortsetzung zu S. 60)

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a) Die Grundstücke

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Der Grundbesitz der Pfarrei blieb lange Zeit unverändert. Eine Schmälerung brachte erst der Dreißigjährige Krieg, als die Pfarrei 25 Jahre lang unbesetzt war und die Pfarrfelder nicht bebaut wurden. Pfarrer Dietrich (1680–1716) beschuldigte den seinerzeitigen Gerichtsschreiber von Lichtenau, der nach dem Dreißigjährigen Kriege den Strüthof eine Zeitlang im Besitze hatte, daß er das beste Stück aus dem dortigen Pfarrbesitz sich angeeignet habe, und ebenso den Bauern Hans Reiß von Rutzendorf, daß er ebenfalls einen Acker weggenommen habe. Die Beschuldigung ist wohl glaublich; denn wenn man sich die eigentümliche Gestalt des sonst ganz zusammenhängenden Grundbesitzes der Pfarrei beim Strüthof vor Augen hält, erkennt man klar, daß hier Stücke herausgeschnitten wurden, die einst offensichtlich zum Pfarrgut gehörten. Freilich war es schwer, nach so langer Zeit, wo die Bevölkerung so stark gewechselt hatte, noch einen rechtsgültigen Nachweis zu erbringen; und einer der Beschuldigten saß überdies noch im Gericht zu Lichtenau.

Eine weitere Schmälerung drohte im Jahre 1785, als Milmersdorf und Volkersdorf die zum Pfarrhof gehörigen Hänge und Ödungen am Hohlenstein als Weide beanspruchten. Das Almosenamt war schon bereit, die fraglichen 3½ Morgen den betreffenden Gemeinden als Eigentum zuzusprechen, und nur durch das entschiedene Auftreten des Pfarrers Kittler konnte dies verhindert werden.

Dagegen wurde der Pfarrei ein Zuwachs an Grundbesitz zuteil, als im Jahre 1811 das Gemeindeeigentum in Sachsen verteilt wurde. Da der Pfarrhof doppeltes Gemeinderecht besaß, erhielt er auch den entsprechenden doppelten Anteil. Freilich waren es nur kleine Grundstücke, da sich 26 Berechtigte in den Gemeindebesitz zu teilen hatten. Es fielen für die Pfarrei an: Zwei Äckerlein am oberen und unteren [182] Marterwasen, die obere und untere Hirtenbucködung, zwei vordere und zwei hintere Hinterbergäckerlein, dabei je zwei Hinterbergödungen, zwei Wieslein im Grundwasen. Insgesamt waren es nur 3,61 Tagwerk (1,23 ha). Alsdann weiter auch der Gemeindewald im Urlas 1813 geteilt wurde, erhielt die Pfarrei wieder den doppelten Anteil, nämlich 13,04 Tagwerk (4,444 ha). Im gleichen Jahre trat der Bauer Johann Michael Geyer von Milmersdorf als Ablösung für den bisher an die Pfarrei entrichteten Heuzehnten die kleine Hohlensteinwiese zu 0,38 Tagwerk (0,128 ha) an die Pfarrstiftung ab.

Eine bedeutende Minderung des Grundbesitzes der Pfarrpfründe ist erst im Jahre 1914 zu verzeichnen. Die Gefangenenanstalt zu Lichtenau wünschte ihren landwirtschaftlichen Besitz zu vergrößern und das Pfarramt ließ sich bestimmen, die vorderen und hinteren Herpersdorferwegäcker sowie den Büttnersacker in der Gesamtfläche von 10,09 Tagwerk (3,437 ha) zu verkaufen. Der Erlös wurde, wie üblich, in Wertpapieren angelegt und ging bei der Inflation zum größten Teil verloren. Es waren 13 117 M. – Eine ganz geringe Fläche von 0,17 Tagwerk hatte schon 1873 beim Bahnbau von der Hirtenbucködung abgegeben werden müssen.

Zu erwähnen ist noch ein Tausch, der 1926 vollzogen wurde. Die Pfarrei gab an die Gemeinde Lichtenau den oberen und unteren Immeldorferwegacker zu 3,89 Tagwerk ab und erhielt dafür die obere und untere Brühlwiese, sowie den Gänswasen, beide in der Rutzendorfer Flur gelegen, mit 3,85 Tagwerk.

Der Pfarrwald war nach der Verteilung im Jahre 1813 ziemlich gut mit Eichen, Buchen, Tannen, Fichten und Föhren bestanden, wie es in einem Berichte heißt. Aber da es an einer sachgemäßen Bewirtschaftung fehlte, da überdies Pfarrer Laubinger übermäßige Fällungen vornehmen ließ, so kam der Wald sehr rasch herunter. Es konnte in der Folgezeit nur wenig Holz herausgewirtschaftet werden. Erst als der Wald unter die Aufsicht und Leitung des Forstamtes Heilsbronn kam, wurde planmäßig gearbeitet. Es wurde eine Umtriebszeit von 72 Jahren zugrunde gelegt und dabei eine Ruhezeit bis 1910 vorgesehen; bis dahin fielen nur Zwischennutzungen an. Der Wirtschaftsplan von 1913 sah eine alle zwei Jahre sich wiederholende Hauptnutzung von 36 fm und eine Nebennutzung von 8 fm vor. Die daneben noch vorgesehene Streunutzung mußte 1927 eingestellt werden, da hierbei im Laufe der Jahre fast die gesamte Humusschicht des Erdbodens weggenommen worden war. Ein neuer Wirtschaftsplan wurde 1937 ausgearbeitet. – Für den Wald muß jährlich an die Gemeindekasse der „Urlaszins“ mit 5,14 RM entrichtet werden.

[183] Nachstehend folgt eine Übersicht über den gegenwärtigen Stand des Grundbesitzes der Pfarrpfründe:

Die Pfarrgebäude mit Hof und Garten 1,19 Tagwerk
Der Wasserstall, Acker und Wiese 3,17 „
Milmersdorferwegacker 0,36 „
Iggraben-Acker 0,37 „
Langacker 1,60 „
Urlasacker 2,19 „
Wiese am Hohlenstein 1,72 „
Acker und Ödungen beim Hohlenstein 9,41 „
Gemeindeteile von 1811 (siehe oben) 3,61 „
Grundwiese bei Volkersdorf 3,19 „
Brückleinswiese bei Volkersdorf 1,40 „
Pfarrleiten 2,19 „
Die Felder beim Strüthof und Lindach 26,81 „
Brühlwiese bei Rutzendorf 3,03 „
Gänswasen bei Rutzendorf 0,82 „
Geringe Änderungen bei der Entwässerung des Wasserstalls durch Neuvermessung – „
Der Pfarrwald im Urlas 13,14 „

Der gesamte Grundbesitz betrug bis vor kurzem 77,83 Tagwerk = 26,551 ha. Eine geringfügige Änderung infolge der erwähnten Entwässerung fällt nicht ins Gewicht.

b) Die Zehnten

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Das Jahr 1809 brachte für die Pfarrei Sachsen nicht nur den Verlust mehrerer Ortschaften, sondern auch eine erhebliche Einbuße an dem Pfarreinkommen. Der damalige Pfarrer von Eyb berichtete an die Regierung, daß der Großzehnte, den die Pfarrei Sachsen in Eyb innehabe, zu Unrecht an Sachsen gekommen sei; die Herren von Eyb hätten einst diesen Zehnten für die Eyber Pfarrei gestiftet, aber in der Reformationszeit, als Eyb längere Zeit von Sachsen verwest worden sei, habe man den Zehnten nach Sachsen gezogen; er beantrage deshalb, daß dieser Zehnte jetzt wieder an Eyb zurückgegeben werde. Es waren das durchweg falsche Behauptungen, die das Pfarramt Eyb ohne jeden geschichtlichen Untergrund aufgestellt hatte, und die es nur wagen durfte, weil die Pfarrei Sachsen damals unbesetzt war. Es wäre Sache der Regierung gewesen, die Behauptungen auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen; allein aus Gründen, die nicht ersichtlich sind, unterließ es die Regierung, und das gutgläubige Ministerium verfügte ohne weiteres, daß fortan die Pfarrei Eyb den Zehnten [184] beziehen sollte. So wurde Sachsen einer Einnahme beraubt, die nach heutigem Geldwert 4–500 RM betrug.

Einen ähnlichen Versuch machte das Pfarramt Lichtenau im Jahre 1808, indem es beantragte, daß der Zehnte von Bechhofen künftig statt nach Sachsen an die Pfarrei Lichtenau geliefert werde. Zur Begründung seines Antrags stellte Lichtenau allerdings nicht wie Eyb falsche Behauptungen auf, sondern verwies nur auf seine Mehrarbeit, die ihm durch die Seelsorge am „Criminalgefängnis“ in Lichtenau erwachsen sei. Doch war hier die Behörde vorsichtiger und lehnte den Antrag ab. Ebenso wünschte im Jahre 1823 das Pfarramt Vestenberg, daß ihm der Zehnte und die Getreidegült zu Külbingen, die bisher zu Sachsen gehörten, zugewiesen würden. Aber Dekan und Senior sprachen sich mit guten Gründen scharf dagegen aus, und so unterblieb auch dieser Verlust.

Vielfach machte sich damals und auch schon früher der Wunsch geltend, die Abgabe des Zehnten anders zu gestalten, nämlich so, daß er nicht mehr auf den Feldern nach Garben eingehoben, sondern in Getreide abgegeben werde nach einem zu berechnenden Jahresdurchschnitt. Sowohl die Pfarrer hatten diesen Wunsch, weil ihnen dadurch viele Mühe und auch beträchtliche Kosten erspart wurden, als auch die Zehntpflichtigen, die dann bei ihrer Erntearbeit nicht mehr aufgehalten wurden. Diese Umwandlung des Garbenzehnten in einen Getreidezehnten pflegte man den „Sackzehnten“ zu nennen. Schon sehr frühe geschah das mit einem vom Strüthof auf einen Hof zu Malmersdorf übertragenen Zehnten, an dessen Stelle jährlich sieben Metzen Korn (75 l) nach Sachsen abzuliefern waren.

Mit dem Zehnten zu Bechhofen gab es immer wieder Anstände. Die dortigen Bauern waren ja von Sachsen weit entfernt, was allein schon zu Schwierigkeiten bei der Einsammlung der Zehntgarben führte. Dann aber suchten die Pflichtigen den Zehnten zu schmälern, indem sie Äcker liegen ließen und mit Wald bepflanzten; wenn dann nach Jahren der Wald wieder abgeholzt und die Acker neu besät wurden, konnte leicht die Zehntpflicht vergessen sein. Um diesen üblen Zuständen ein Ende zu machen, kam man im Jahre 1810 vor dem Landgericht Heilsbronn dahin überein, daß die zehntpflichtigen Bauern ihren Groß- und Kleinzehnten mit einem jährlichen Reichnis von neun Simra und acht Metzen Korn (rund 31 hl) ablösten. Diesen Sackzehnten mußten sie selbst nach Sachsen fahren, wofür sie dann in üblicher Weise mit Brot und Bier bewirtet wurden.

Ein ähnliches Abkommen wurde mit Milmersdorf im gleichen Jahre (1810) getroffen, nachdem es dort auch einige Anstände gegeben hatte. Der Geyersche Hof wandelte den schuldigen Groß- und Kleinzehnten, sowie den Blutzehnten in eine jährliche Lieferung von [185] 2½ Simra Korn (8,3 hl) und 1½ Simra Weizen (5 hl) um. An Stelle des Heuzehnten trat er 1812 eine kleine Wiese am Hohlenstein mit 0,38 Tagwerk ab. Auch in Sachsen wurde 1810 der auf 13 Anwesen ruhende Zehnte umgewandelt in 4 Simra 8 Metzen Korn (15 hl), 2 Simra Kartoffeln (14 hl) und 10 (?) „welsche Rüben“. 1833 wurde sodann der ganze Zehnte mit 60 fl. jährlich abgelöst. Der Külbinger Zehnte wurde erst bei der allgemeinen Ablösung der Grundlasten auf jährlich 4½ Metzen Korn (93 l) festgesetzt.

Im Jahre 1848 wurde für Bayern die Ablösung aller Grundlasten gesetzlich verfügt. Das betraf in erster Linie die Zehnten, aber weiter alle Gülten, Zinsen und Handlöhne, wie sie den Grundherren aus ihren Höfen und Gütern zustanden. Alle diese Reichnisse wurden zunächst in Geld umgewandelt und dann auf eine für das ganze Land geschaffene Ablösungskasse übernommen, an die fortan jährlich der festgesetzte Geldbetrag von den Pflichtigen als „Bodenzins“ einbezahlt werden mußte. Die Kasse gab ihrerseits an alle Empfangsberechtigten Ablösungsbriefe mit Zinsscheinen hinaus. Die Zinsscheine brauchten dann nur jedes Jahr zu den Fälligkeitsterminen eingelöst zu werden und die Beteiligten kamen so zu ihrem Geld. Für die Pfarrei Sachsen wurde ein Gesamtablösungsbetrag von 8787 fl. 11 kr. 1 d festgesetzt und daraus eine jährliche Rente von rund 350 fl. berechnet. Die Bodenzinse wurden mit der Zeit von den Bauern als eine drückende Last empfunden, zumal die Steuern und sonstigen Abgaben immer höher wurden. Man schuf deshalb Erleichterungen in der Weise, daß sich die Pflichtigen durch einmalige größere Zahlungen von den jährlichen Leistungen befreien konnten. Erst nach dem Umsturz 1918 wurde mit dieser Belastung völlig aufgeräumt. Freilich auch die Zahlungen der Ablösungskasse hörten bald auf, da die „Grundrenten“-Wertpapiere durch die Inflation genau so wie die übrigen Staatspapiere nahezu völlig entwertet wurden (Aufwertung nur zu 2,5%). Gegenwärtig weist die Pfarrstiftung nur einen Kapitalbestand von 3490,29 RM auf.

c) Sonstige Einkünfte. Lasten

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Mit der Einführung der Reformation kamen von selbst verschiedene Einkünfte der Pfarrei in Wegfall. Es wurden keine Seelenmessen mehr gelesen, keine Jahrtage mehr gehalten, keine Stiftungen mehr zur Pfarrei gemacht. Soweit aus früherer Zeit noch gestiftete Kapitalien, Grundstücke, Gülten oder Zinsen für Messen und Jahrtage vorhanden waren, flossen die Erträgnisse der Kirchenstiftung zu und nicht mehr dem Pfarrer, der ja nichts mehr dafür zu [186] leisten hatte. Auch gewisse Reichnisse an Geld und Naturalopfern, die der Pfarrer von Sachsen immer noch aus Immeldorf und Brodswinden bezogen hatte, fielen nach der Reformation weg. Dazu kam die fortschreitende Geldentwertung, die aus den schuldigen Zinsen, Gebühren und sonstigen Geldleistungen immer geringere Werte lieferte und so auch mit der Zeit die Einkünfte der Pfarrei minderte. Wenn z. B. ein Gulden in alter Zeit einen Kaufwert von 60 RM nach heutigem Gelde besaß, so war er zur Reformationszeit schon auf den Wert von etwa 31 M gesunken, 200 Jahre später waren es nur noch etwa 12 M und bei Einführung des neuen Münzsystems vor 65 Jahren rechnete man 1 fl. = 1,71 M, wobei zu bedenken ist, daß inzwischen auch die Mark schon wieder an Kaufkraft bedeutend eingebüßt hat. So trat auch durch diese Geldentwertung von selbst eine Minderung der Pfarreinkünfte ein.

Die dem Pfarrer als Grundherren zustehenden Gülten und Handlöhne (S. 58) bestanden fort bis zum Jahre 1848, wo sie ebenfalls mit den übrigen Grundlasten (Zehnten u. a.) abgelöst wurden und damit der Geldentwertung und schließlich der Inflation verfielen.

Nicht abgelöst wurden im Jahre 1848 die Gebühren für Amtshandlungen und die herkömmlichen Sammlungen in der Gemeinde, da diese nicht auf dem Grund und Boden ruhten, sondern auf der Zugehörigkeit zum Pfarrverbande. Die Gebühren für Taufen, Trauungen, Beerdigungen, Kommunionen und andere Amtshandlungen gehen auf sehr alte Zeit zurück. Schon 1433 heißt es in der Antwort auf eine Beschwerde aus der Gemeinde, daß die Leute bei Taufen dem Pfarrer sein „Recht geben“ sollen, daß jedoch der Pfarrer die Vornahme der Taufe nicht von der Leistung der Gabe abhängig machen dürfe, womit wohl gemeint ist, daß er bei Geringbemittelten nichts fordern dürfe. Auch was von dem „Send“ in Sachsen und Immeldorf berichtet wird (1450), deutet auf eine jährliche Gebühr aller beicht- und kommunionsähigen Gemeindeglieder. Bei Beerdigungen ergaben sich von selbst bestimmte Gebühren für Seelenmessen und etwaige sonstige kirchliche Handlungen (Begehung der Gräber u. a.). Man nannte diese das „Seelgerät“. Aus solchen Leistungen erwuchsen mit der Zeit feste kirchliche Abgaben bei allen geistlichen Amtshandlungen, die sogenannten Kasualgebühren, die einen Bestandteil des Pfarreinkommens bildeten und heute noch bilden. Da das Herkommen in den einzelnen Pfarreien verschieden war, ergab sich auch eine verschiedene Höhe der Gebühren je nach den Pfarrbezirken.

Ebenso verschieden sind die da und dort noch bestehenden Sammlungen in den Gemeinden. Für die Pfarrei Sachsen kommt nur [187] die im Herbste herkömmliche Flachssammlung in Betracht. Auch sie ist ziemlich weit zurück nachweisbar und wird 1756 ausdrücklich als Zubehör zu den Pfarreinkünften erwähnt. Soweit ersichtlich, ist vordem bei allen Bauern und Gütlern gesammelt worden; pflichtig war, wie es 1809 heißt, „jedes Haus mit Grundstücken“. Häuser ohne Grundbesitz oder später entstandene Anwesen blieben deshalb frei. Mit der Zeit hat sich dieses Verhältnis allerdings infolge der vielen Besitzveränderungen sehr verschoben, so daß sich für die Gegenwart ein ganz bestimmter Kreis von Abgabepflichtigen herausgebildet hat. Über die Höhe der Abgabe sind keine ganz genauen Vorschriften überliefert. Bald ist von 2–3, bald von 5–6 „Reißen“ die Rede; es hat sich die Menge offenbar nach der Größe des Hofes gerichtet. Betont wird nur stets, daß es feinster „Zwirnflachs“ sein müsse. Da Flachs zur Zeit nur noch selten gebaut wird, reichen die Leute meist den Wert in Geld dar, öfters auch in anderen Naturalien, wobei die Zustimmung des Pfarrers vorausgesetzt wird.

Die auf der Pfarrpfründe ruhenden Lasten wurden bereits S. 60 hervorgehoben. Hier sei noch nachgetragen, daß unterm 10. April 1809 die bayerische Regierung in München verfügte, daß die lästige Gült an das Almosenamt in Nürnberg fortan wegzufallen habe, wogegen ein in Lichtenau aus zurückbehaltenen Gebühren für die Pfarrei Sachsen vorhandener Betrag von 745 fl. an das Almosenamt zu übergeben sei. Damit schien die Sache erledigt zu sein. Allein unter der unseligen Stiftungsadministration Herrieden (1808–1817) wurde die Gült stillschweigend ohne Vorwissen der Kirchengemeinde der Kirchenstiftung mit einem Betrag von jährlich 37 fl. aufgebürdet. Rachträgliche Beschwerden blieben erfolglos. – Im Jahre 1717 wurde dem damaligen Pfarrer eine jährliche Abgabe von 100 fl. zu einer beim Konsistorium Ansbach befindlichen Kasse zur Aufbesserung geringerer Pfarreien auferlegt. Die Summe wurde später ermäßigt, aber 1740 wieder erhöht, später bleibend auf 50 fl. festgesetzt. Erst 1807 fiel sie weg.

8. Die Pfarrkirche in Sachsen (Fortsetzung zu S. 69)

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Der äußere Bau

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Über die ursprüngliche Gestalt der Kirche und ihren Um- und Ausbau in der Zeit vor der Reformation ist bereits auf S. 64 ff. berichtet worden. In der Folgezeit wurde bis zum Jahre 1804 keine wesentliche Änderung am äußeren Bau vorgenommen. Wir hören nur von Reparaturen am Dachgebälk, das öfters Schaden litt, wie [188] 1519 oder 1584. Wie bei den Pfarrhausreparaturen, so forderte auch bei der Kirche jedesmal die Stadt Nürnberg die Baugenehmigung und die Bauaufsicht und die Verwendung von Lichtenauer Handwerkern, ohne selbst je etwas zum Bau beizutragen. Wenn sie sich ja einmal zur Lieferung von Bauholz aus ihren Wäldern verstand, so ließ sie sich’s aus der Kirchenkasse stets redlich bezahlen.

Sehr übel stand es nach dem Dreißigjährigen Kriege um die Kirche. Sie war zwar nicht abgebrannt, aber äußerst schadhaft geworden. Die Gemeinde klagte damals, das Dach auf der Kirche sei „so bußwürdig, daß die Pfarrkinder zu unwitterlichen Zeiten das Wort Gottes nicht trocken anhören könnten, das Gehölz müsse großen Schaden nehmen und zuletzt zusammenfallen“. Aber, so ging die Klage weiter, der „Heilige“ (Kirchenstiftung) habe nichts, da sein Vermögen auf den „öden, meist eingegangenen Gütern“ hafte. Es wurde darum vorgeschlagen, zwei noch vorhandene – jedenfalls goldene – Kelche zu verkaufen und von dem Erlös die Reparatur zu bestreiten. Ob das geschehen ist, oder wie etwa sonst das Dach der Kirche wiederhergestellt wurde, ist nicht bekannt.

Im Jahre 1703 schrieb der Pfleger von Lichtenau, daß die Kirche gar „so finster“ sei. Das war ganz natürlich, da damals nur der Chor durch die gotischen Fenster hell erleuchtet war, das Schiff der Kirche aber immer noch lediglich die kleinen, schmalen Fenster dicht unter dem Dachrand besaß, die nur wenig Licht einfallen ließen. Nur in der Nähe des Chors war noch rechts und links je ein größeres Fenster angebracht worden. Es wurde damals vorgeschlagen, noch weiter auf jeder Seite ein großes Fenster aushauen zu lassen. Doch kam es nicht dazu. Erst 1728 wurde auf der Südseite in der Nähe des Chores das dort befindliche gotische Fenster mit dem darüber stehenden kleinen romanischen Fenster zu einem großen, breiten Fenster zusammengefaßt, wie aus einer in den Akten liegenden Zeichnung ersichtlich und auch an dem heutigen Bau noch deutlich wahrnehmbar ist. Es geschah dies damals, um für die Kanzel, die dort angebracht war, mehr Licht zu gewinnen.

Im nächsten Jahre (1729) war der Chor selbst schadhaft geworden. Mitten unter dem Läuten der Glocken fiel ein „faustgroßer Stein dicht neben dem Pfarrer“ von der gewölbten Decke herab. Doch scheint es keiner größeren Reparatur bedurft zu haben. 1768 heißt es, daß die „Unterstehdächlein vor den beiden Kirchtüren“ abgebrochen werden sollten. Es gab also damals nur zwei Eingänge in die Kirche. Der eine befand sich von alters her auf der Südseite; ob der andere gegenüber auf der Nordseite lag, oder westlich in der Ecke zwischen Turm und Giebelwand, läßt sich nicht bestimmt sagen. Jedenfalls befand sich über jeder der beiden Türen ein kleines Vordach zum [189] Schutze gegen den Regen. Dieses wurde um jene Zeit abgebrochen und nicht wieder erneuert.

Eine völlig umstürzende Änderung brachte das Jahr 1804 für den äußeren Kirchenbau. Schon 1789 war in einem amtlichen Gutachten der Zustand der Kirche als äußerst ruinös bezeichnet worden. 1795 wurde weiter festgestellt, daß die Fäulnis der Balken und Dachsparren sehr fortgeschritten sei. Eine Hauptreparatur war nicht länger zu umgehen. Das Stiftsamt zu Ansbach stellte einen Kostenvoranschlag von 2274 fl. auf und bewilligte dazu aus eigenen Mitteln die für jene Zeit ganz stattliche Summe von 700 fl. Nürnberg sollte dazu aus seinen Waldungen das benötigte Bauholz gegen taxmäßige Bezahlung abgeben; aber nicht einmal dazu verstand sich die Stadt. Nach weiteren Verhandlungen arbeitete Bauinspektor Spindler von Ansbach einen neuen Plan aus, der einen Kostenaufwand von 5307 fl. vorsah. Nach diesem Plan, der leider nirgends mehr aufzufinden ist, wurde dann die Umgestaltung der alten Kirche vorgenommen. Am Osterdienstag wurde der letzte Gottesdienst in der bisherigen Kirche gehalten. Zu den weiteren Gottesdiensten wurde die noch auf dem Kirchhof stehende alte Sebastianskirche benützt, die freilich dazu viel zu klein war, weshalb noch Bänke auf dem Kirchhof aufgestellt werden mußten.

Bei der Bauausführung wurde zunächst die ganze Giebelwand im Osten zwischen Langhaus und Chor niedergerissen und dazu noch der halbe Chor mit seinem Anschluß an die Giebelwand abgebrochen. Dann wurde das Langhaus (Schiff) um etwa 5 m verlängert auf Kosten des Chores. Der Rest des Chores (Ostteil) wurde ganz von der Kirche abgetrennt und zu einer Sakristei eingerichtet, nachdem die alte, an der Nordseite stehende Sakristei entfernt worden war. An den Seitenwänden der Kirche wurden die alten kleinen Fenster unterhalb des Daches zugemauert und dafür große, breite Fenster eingebrochen. Ebenso wurden die Türen vergrößert und noch zwei weitere Eingänge geschaffen, davon einer durch die außerordentlich dicke Turm- und Westgiebelwand hindurchgeschlagen. Die Treppen zu den Emporen, die vorher jedenfalls im Schiff der Kirche an der Süd- und Nordseite angebracht waren, wurden auf die Westseite verlegt und durch eine eingezogene Wand vom unteren Kirchenraum abgetrennt. Auch durch den Chor wurde eine Türe zur Sakristei durchgeschlagen, ebenso zwei große viereckige Fenster eingesetzt. Die Kirche wurde auf diese Weise so vollkommen umgestaltet, daß man heute kaum mehr etwas von der alten Form erkennt (siehe Tafel Nr. VII im Anhang). Man hatte eben damals keinen Sinn für das Alte und geschichtlich Gewordene, und dachte gar nicht daran, das Alte und in seiner Art Schöne nach Möglichkeit zu erhalten, [190] das Neue, soweit es mit der Zeit notwendig geworden war, dem Alten anzupassen und beides in schöner Gestalt miteinander zu vereinigen, so wie man in der Gegenwart vorzugehen pflegt. Der rationalistische (verstandesmäßige) Geist jener Zeit ließ nur das Neue, Praktische, Nüchterne und Verstandesmäßige gelten. Das zeigt sich vor allem bei der Ausgestaltung des Innern der Kirche, wovon hernach gehandelt werden wird.

Bemerkt sei noch, daß auch das Dach gründlich erneuert wurde, daß der Fußboden im Innern der Kirche um fast einen halben Meter aufgefüllt wurde und daß die Gemeinde Hand- und Spanndienste zu leisten hatte. Vorgesehen war über der Eingangstüre auf der Südseite wieder ein kleines Dach, das aber nicht zur Ausführung kam.

Die Gesamtkosten beliefen sich bei der Abrechnung auf rund 6060 fl. Darunter befanden sich folgende Ausgaben:

Maurermeister Gärtner in Sachsen rund 2455 fl.
Zimmermeister Merk in Lichtenau „ 1450 „
Schreinermeister Vogtherr in Sachsen „ 814 „
Schlossermeister Götz in Lichtenau „ 200 „
Witwe des Glasermeisters Kolb in Lichtenau „ 192 „
Wirt Leidel in Sachsen für Brot und Bier an die Fuhrleute „ 162 „
Schmiedmeister Hochrattel in Sachsen „ 59 „
Schreiner Vogtherr in Sachsen für Anstrich „ 93 „
Wetterableiter am Turm „ 224 „
Sonstiges „ 411 „

Zur Deckung der Kosten wurde das vorhandene Barvermögen der Kirchenstiftung fast völlig eingezehrt im Beträge von 4090 fl. Das Stiftsamt Ansbach hatte 700 fl. dazugegeben, die Gemeinde 346 fl. aus freiwilligen Spenden aufgebracht. Weiter wurden 700 fl. von der Kirchenstiftung Neukirchen und 600 fl. von der Kirchenstiftung Büchenbach (bei Schwabach) als Schuld aufgenommen.

Am 13. November 1804 wurde der erste Gottesdienst in der umgebauten Kirche gehalten.

In der nachfolgenden Zeit gab es am äußeren Kirchenbau wenig zu erneuern. Nur das Kirchendach war allmählich wieder schadhaft geworden, so daß es 1927 gründlich ausgebessert werden mußte. Es wurden neue Latten für die Dachziegel aufgelegt, die Ziegel selbst völlig umgedeckt und zum Teil erneuert. Auch die Blitzableiteranlage wurde bei dieser Gelegenheit neu erstellt. Der gesamte Kostenaufwand belief sich für diese Reparatur auf über 2000 RM.

[191]

Die innere Einrichtung

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Die mittelalterlichen Kirchen waren durchaus auf den Dienst der Messe eingestellt. Auch die Kirche in Sachsen. Darum war der für eine Dorfkirche recht stattliche Chor erbaut worden, um einen würdigen Raum für das tägliche Meßopfer und das sonntägliche Hochamt zu schaffen. Darum wurde auch der Hochaltar im Chor möglichst prächtig ausgestattet und mit Heiligengestalten, Schmuck und Bildwerk reich versehen und schon äußerlich „hoch aufgebaut“, wie die aus Seite 68 mitgeteilte Beschreibung bestätigt. Anschließend an den Chor befanden sich in der Kirche noch rechts und links je ein Altar und weiter rückwärts an den Kirchenwänden nochmals zwei, so daß im ganzen fünf Altäre vorhanden waren. Der übrige Raum der Kirche war in alter Zeit leer, d. h. ohne Gestühl und Emporen. Die Gemeinde pflegte bei der Messe zu stehen, dazwischen auch zu knien. Doch ist anzunehmen, daß man schon frühzeitig eine Anzahl von Bänken aufstellte, um den von weither gekommenen und müde gewordenen Leuten Ruhe und Andacht zu ermöglichen. Auch im Chor wird rechts und links vom Hochaltar an den Wänden entlang ein Gestühl angebracht gewesen sein für die zum Altardienst berufenen Geistlichen, dann die Mesner und Chorknaben, die den Kirchengesang zu leiten hatten. Aus späterer Zeit wird uns bestimmt von solchen Chorstühlen berichtet. Erwähnt sei, daß 1722 der Weidenmüller Simon Blümlein 30 fl. zur Erneuerung des Chors stiftete.

Eine Empore ist sicher erst nach der Einführung der Reformation ausgerichtet worden, als aus der Meßkirche eine Predigtkirche wurde und man reichlichere Sitzgelegenheit zum Hören der Predigt schaffen mußte. Wann dies geschah, ist nicht bekannt. Wir hören erst im Jahre 1711, daß eine „alte Barkirche“ (= Empore) vorhanden war, die damals „heruntergeworfen“ und durch eine neue und größere ersetzt wurde. Auffallenderweise ist hierbei schon von einer oberen und einer unteren Empore die Rede. Vermutlich ist mit der oberen Empore die Orgelempore gemeint; denn eben damals ging man daran, die erste Orgel in der Kirche zu Sachsen aufzustellen, für die man wohl durch eine an der Westwand quer gezogene höhergelegene Empore Raum schaffte. An den beiden Seitenwänden waren damals sicher keine zwei Emporen übereinander angebracht, da diese die Kirche sonst fast völlig verdunkelt hätten.

Auf die Erhaltung der schönen alten Altäre verwendete man leider keinerlei Sorgfalt mehr, so daß sie nach und nach verfielen und beseitigt wurden. Um die Zeit von etwa 1750 waren nur noch drei Altäre vorhanden, um 1800 nur noch zwei, darunter der große Hauptaltar. Aber bei der Umgestaltung der Kirche 1804 wurden auch diese [192] restlos beseitigt, so daß nicht die geringste Spur von ihnen mehr zu finden ist. Man weiß nicht, ob sie damals zerstört und verbrannt oder von Liebhabern verschleppt worden sind, ob sie vielleicht noch irgendwo in Privatbesitz oder in einem Museum oder auch in einer katholischen Kirche fortleben. Da keine Abbildungen der Altäre vorhanden sind, ist jede Nachforschung von vornherein aussichtslos.

Auch sonst ging man bei dem Kirchenumbau 1804 rücksichtslos gegen alles Alte vor. Der Chor war überwölbt und oben am Gewölbe sah man das Wappen der Herren von Heideck mit den drei Querstreifen in blau, Silber und rot, ferner am Chorbogen das Wappen der Markgrafen von Ansbach; aber alles, Gewölbe mit Wappen, wurde abgeschlagen und zerstört. Dem gleichen Schicksal verfiel eine – laut Bericht des Pfarrers Kittler von 1776 – in der Kirche aufgestellte Grabplatte mit der Aufschrift: „1535, Samstag vor St. Veitstag, verschied die ehrbare, tugendhafte Frau Anna Paulus Kreßin, dieser Zeit Pflegerin von Lichtenau, die hier begraben lieget, der Gott gnädig sei“; ferner ein altes Epitaphium (Totenschild) für einen Pfleger aus Lichtenau, dessen Name auf dem Schild nicht mehr zu lesen war.

Die neu gestaltete Kirche von 1804 erhielt überhaupt keinen Chorraum mehr. Man wollte ein Gotteshaus, wie solche in der letzten Markgrafenzeit üblich waren, nämlich eine Kirche ohne Chor, mit großen Fenstern, mit der Kanzel über dem Altar, mit umlaufenden Emporen usw. Dieser sogenannte Markgrafenstil wurde auch bei dem Umbau der Sachsener Kirche angewendet, obwohl er hierher gar nicht paßte und der alten Kirche erst gewaltsam aufgepreßt werden mußte. Eine sehr schlechte Stellung bekam dabei der Altar, der nicht über den allgemeinen Fußboden erhöht wurde, so daß der Geistliche von der Gemeinde nur schwer gesehen werden konnte. Auf dem Altar stand lediglich ein großes Kreuz mit einigen Leuchtern. Nur ein hübsches Holzgitter schloß den Altarraum von der Gemeinde ab. Das Ganze wirkte so kahl und leer, daß aus der Mitte der Gemeinde selbst eine wesentliche Verschönerung herbeigeführt wurde. Es wurde im Jahre 1830 ein großes Bild für die Rückwand des Altars gestiftet, darstellend die Auferstehung Christi. Es ist gemalt von dem Maler Oehme in Fürth und wurde von dem Ansbacher Meister Herterich mit einem schön geschnitzten und vergoldeten Rahmen versehen. Erst bei der letzten Verschönerung der Kirche, im Jahre 1934, wurde der Altar um eine Stufe erhöht, der Ausgang verbreitert und das Ganze freundlicher gestaltet, soweit dies möglich war.

Von der im Fahre 1804 über dem Altar angebrachten Kanzel wissen wir gar nichts; sie scheint recht einfach und unschön gewesen [193] zu sein. Denn als im Jahre 1813 die Kirche zu Neukirchen aufgelassen wurde, brachte man die dortige Kanzel nach Sachsen und setzte sie an die Stelle der ersteren. Sie tut noch heute ihre Dienste, ist zwar etwas schmal, aber sonst ganz hübsch. Bei der Renovierung 1934 suchte man durch Anbringung von Zierleisten an der Rückwand eine breitere Wirkung zu erzielen. Auch wurde die Kanzel durch schöne, aus Holz geschnitzte Bilder verziert, in der Mitte durch das Bild Christi, auf der Nordseite durch das Bild des Apostels Petrus, auf der Südseite durch das Bild des Apostels Paulus. Damit Altar und Kanzel besser zusammenstimmten, damit auch das Gemälde zwischen beiden mehr sichtbar würde, setzte man an die Stelle des allzu hohen Altarkreuzes ein kleineres, aber künstlerisch wertvolleres Kruzifix.

Über den Taufstein in der alten Kirche wissen wir leider auch nichts. Er wurde 1804 ebenfalls verworfen. Aber ein Bauer aus der Gemeinde, Joh. Wolfgang Steinbauer aus Langenlohe, stiftete einen neuen schönen Stein. Dieser wurde später mit einer geschmacklosen Farbe überstrichen, so daß man ihn wenig beachtete. Erst als man 1934 die Farbtünche wieder entfernte, kam die natürliche Schönheit aufs neue zum Vorschein.

Die im Jahre 1804 aufgestellten Bänke im unteren Kirchenraum wie auf den Emporen sind breit und bequem. Es wurden damals 850 Sitzplätze vorgesehen, von denen dann viele überflüssig wurden, als vier Jahre später die Orte Untereichenbach, Külbingen und Boxbrunn, dazu in neuester Zeit noch Langenlohe und Herpersdorf ausgepfarrt wurden. Da die Bänke im unteren Raum seitwärts an die Wand anstießen, wurden sie vor einigen Jahren an der Wand abgeschnitten, so daß sie nun von beiden Seiten zugänglich sind. Der Fußboden war ehedem mit Sandsteinplatten belegt, die sich leicht austraten; erst 1861 wurden sie durch Solenhofer Kalkplatten ersetzt. – Die Bänke waren vordem numeriert, weil die einzelnen Sitzplätze von der Kirchenstiftung an die Gemeindeglieder jeweils auf Lebenszeit verkauft wurden, um bessere Einnahmen für die Kirchenkasse zu erzielen. Wie aus den Akten ersichtlich ist, gab es bei dem Verkauf und später bei der Benützung oft Streitigkeiten; auch wußten diejenigen, die nicht im Besitze eines Kirchenstuhles waren, nicht, wohin sie sich im Gottesdienst setzen durften. Der Verkauf der Kirchenstühle wurde deshalb schon während des Weltkrieges eingestellt, und gegenwärtig ist die ganze Ordnung aufgehoben.

Orgeln waren in früherer Zeit unbekannt. Der „Kantor“, d. h. der Vorsänger (erst der Mesner, dann der Lehrer), mußte den Gesang der Gemeinde leiten, vor allem mit Hilfe eines von ihm geleiteten Schülerchors. Erst 1714 dachte man in Sachsen an die Beschaffung [194] eines Orgelwerkes. Der damalige Lehrer Ritter beklagte sich darüber, daß man ihn von seiner Stelle bringen wolle, weil er die „Orgel nicht schlagen“ könne, die Gemeinde aber dringend eine Orgel wünschte. Orgel „schlagen“ nannte man damals das Orgelspiel, weil die ersten Orgeln einen recht ungefügen Bau hatten, so daß man die breiten Tasten nur mit der Faust niederschlagen konnte. Lehrer Ritter tauschte dann die Schulstelle mit dem Lehrer Leinisch von Frommetsfelden, und es stand nunmehr der Aufstellung eines Orgelwerkes kein Hindernis mehr im Wege. Das Werk wurde vermutlich von dem Hoforgelmeister Prediger in Ansbach bezogen; denn 1725 hören wir, daß dieser die neue Orgel schon wieder reparieren mußte. 1804 war bei der großen Kirchenumgestaltung auch eine neue Orgel notwendig geworden; ihr Bau wurde dem Orgelbauer Näser in Ansbach übertragen. Dieser arbeitete jedoch so langsam, obwohl er immer wieder Vorschüsse forderte, daß die Arbeit erst 1806 fertig wurde. Im Jahre 1910 wurde von der Firma Strebel in Nürnberg die jetzige Orgel beschafft. Wie überall, so mußten auch in Sachsen während des Weltkrieges die vorderen großen Orgelpfeifen an die Heeresverwaltung abgeliefert werden. Es waren 45 Stück, die am 27. Juli 1917 abgegeben wurden. 1923 wurden sie durch die Firma Steinmeyer in Öttingen neu beschafft, wobei die Kosten durch den Ertrag einer Haussammlung gedeckt wurden.

Zur Verschönerung der Kirche wurden aus der Gemeinde immer wieder teils Gaben gespendet, teils Stiftungen gemacht. Um die leere Vorderwand in der Kirche auszufüllen, wurden 1862 von dem Bauern Johann Andreas Geißelsöder in Rutzendorf und seiner Schwiegermutter Margareta Blümlein zwei große Bilder mit den beiden Reformatoren Luther und Melanchthon, gemalt von dem Kunstmaler Herterich in Ansbach, geschenkt. 1865 stiftete der Bauer Johann Michael Kernstock in Alberndorf einen holzgeschnitzten Kronleuchter, der regelmäßig an den drei hohen Festen, dann am Konfirmationstag und bei der Abendmahlsfeier der Alberndorfer brennen soll. Häufig waren Spenden, besonders auch von Konfirmanden, für Altar-, Taufstein- und Kanzelbekleidungen sowie für Tauf- und Abendmahlsgefäße. Hervorzuheben ist ein Vermächtnis der Wildmeisterseheleute Schneider von Hirschbronn i. J. 1786 mit 300 fl., von denen 115 fl. zur Anschaffung von zwei silbernen Kommunionkannen verwendet werden sollten, während der Rest in die Kirchenkasse floß; die Kannen wurden von dem Silberhändler Gullmann in Augsburg bezogen. 1910 wurden neue Taufgeräte von einem Ehepaar in Reukirchen gestiftet.

Das ganze Innere der Kirche wurde 1934 einer gründlichen Erneuerung und Verschönerung unterzogen. Die schadhafte [195] weiße Stuckdecke wurde durch eine braune Sperrholzdecke ersetzt und dabei drei Gemälde als Sinnbilder der heiligen Dreifaltigkeit angebracht. Auch die Untersichten der Emporen erhielten Sperrholzbelag. Die allzu einfachen und unschönen Emporen wurden auf mannigfache Weise schöner geformt und freundlich bemalt. Gestühle und Fußboden wurden entsprechend behandelt, die Seitenwände und Fenster repariert, der Chorbogen über dem Altar herausgehoben usw. Was am Altar und an der Kanzel geschah, wurde schon erwähnt. Die Leitung der Arbeiten hatten die beiden Architekten Will und Stölzle in Nürnberg übernommen. Die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 13 000 RM. Sie wurden gedeckt teils durch Bauzuschüsse des Reiches mit dazugehörigen Zinsgutscheinen im Gesamtbetrag von rund 2700 RM, teils durch freiwillige Gaben der Gemeinde im Laufe der letzten Jahre mit über 3000 RM, teils durch Mittel der Kirchenstiftung, durch Kirchenumlagen und Kirchgeld, endlich auch durch Verwendung der Zinsen und anderer Anfälle aus dem vorhandenen Baufonds.

Der Kirchturm

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Der um 1461 neugebaute Turm (siehe S. 67) hatte in seinem Mauerwerk gewiß dieselbe Höhe, wie sie heute noch sichtbar ist. Auch das Dach, der Turmhelm, mag ähnlich hoch gewesen sein. Wie alle hohen, dem Wind und Wetter vornehmlich ausgesetzten Bauten bedurfte auch der Sachsener Kirchturm häufiger Reparaturen. Vor allem wurde dies auch dadurch notwendig, daß mehrfach Blitzschläge auf den Turm niedergingen. Ein besonders schwerer Schlag wird uns aus dem Jahre 1611 überliefert, wo am Trinitatis-Sonntag (19. Mai) der Turm bei einem Ungewitter „durch einen Feuerstrahl entzündet“ wurde. Das ganze Gebälk über dem Mauerwerk samt dem Glockenstuhl brannte damals ab, die Glocken mit dem Uhrglöcklein stürzten halb geschmolzen nieder, und sonst wurde noch viel Schaden angerichtet. Auch ein Menschenleben war zu beklagen. Nach damaliger Sitte hatten sich mehrere Leute im Turm eingefunden, um das „Wetterläuten“ zu besorgen, weil man glaubte, durch starkes Läuten die Wetterwolken vertreiben zu können. Unter ihnen befand sich auch der Sohn des Hans Kraft von Sachsen. Dieser wollte unter der Türe nach dem Wetter Ausschau halten, als eben in diesem Augenblick der Blitz niederfuhr und ihn tötete. Über den Wiederaufbau des Turmes entspann sich der übliche Streit zwischen dem Markgrafen und der Stadt Nürnberg. Die Nürnberger wollten nur dann den halben Kostenanteil tragen, wenn ihnen, wie schon berichtet wurde, der Markgraf das Recht zur [196] Einsetzung des Pfarrers in Sachsen zugestehe. Vergebens erklärte der Markgraf, daß die Pfarreinsetzung gar nichts mit der Baufrage zu tun habe; die Nürnberger wollten nicht einmal aus der Sebastiansstiftung, deren Verwaltung sie 1561 an sich gerissen und von Sachsen weggeführt hatten, etwas bewilligen, wenn ihnen nicht willfahrt würde. Der Hinweis Ansbachs auf das kaiserliche Gericht, vor dem sie doch klagen könnten, wenn sie sich im Rechte glaubten, wurde von Nürnberg aus guten Gründen nicht aufgegriffen. So blieb dem Markgrafen nichts anderes übrig, als selbst für alle Kosten aufzukommen, soweit sie nicht aus der Kirchenstiftung und anderen Quellen gedeckt werden konnten. Die Wiederherstellung des Turmes kam auf 1111 fl. zu stehen, wobei das Bauholz von Ansbach frei zur Verfügung gestellt wurde und die Gemeinden wie immer alle Hand- und Spanndienste unentgeltlich leisteten. Bei letzteren beteiligten sich freiwillig auch die Orte Kaltengreuth und Katterbach, weil sie, wie sie selbst erklärten, gerne die Pfarrkirche in Sachsen besuchten. Weiter wurde eine Schuld von 200 fl. bei dem „Heiligen“ (Kirchenstiftung) in Flachslanden aufgenommen, und noch eine Schuld von 200 fl. bei dem Heiligen in Dühren (bei Wittelshofen). Eingeschlossen war in die Kosten die Beschaffung einer Uhr um 162 fl. Der Turm wurde nicht wieder in der bisherigen Form aufgebaut, sondern an Stelle des bisherigen spitzen Daches zu 88 Schuh wurde eine „welsche Haube“ aufgesetzt in Gestalt einer vierseitigen, plattgedrückten Glocke, auf der acht offene Säulen standen; auf diesen ruhte wieder eine kleine welsche Haube, die in eine längere Spitze mit einem Knopf in der Mitte auslief. Dieses Dach war nur 60 Schuh hoch. Siehe hierzu Abbildung Nr. VI im Anhang.

Ein Geschäft hatten die Nürnberger bei diesem Turmbrand doch gemacht. Der Pfleger Scheurl von Lichtenau hatte sofort das Glockenmetall aus dem Schutt herausnehmen und nach Lichtenau, später nach Nürnberg schaffen lassen. Trotz aller Vorstellungen gab Nürnberg das zu Unrecht angeeignete Metall nicht eher heraus, als bis der Neuguß der Glocken bei einem Nürnberger Meister bestellt wurde, was erst 1618 geschah. Glockengießer Pfeffer goß nun die drei neuen Glocken unter Zugabe weiteren Metalls um 326 fl. und lieferte sie anfangs Juni 1619 in Sachsen ab. Die große Glocke wog 13 Zentner, die mittlere 7, die kleine 4 Zentner. Von dem Uhrglöcklein, das „in einem Schwibbogen neben der Uhr“ gehangen und offenbar zum Stundenschlagen diente, ist keine Rede mehr.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg war eine neue „Reparation“ des Kirchturmdaches notwendig geworden. Sie wurde 1654 von dem Stiftsverwalter in Ansbach durchgeführt. Nürnberg machte diesmal keine Schwierigkeiten. Die vor dem Krieg aufgesetzte „welsche [197] Haube“ bewährte sich auf die Dauer nicht. Im Jahre 1699 begegnet uns die Klage, daß der Dachstuhl auf dem Turm ganz verfault sei, weil die Haube viel zu flach liege, so daß der Regen vom Wind hereingetrieben werde. Es mußte ein ganz neuer Aufbau gemacht werden. Die Gemeinde Sachsen schenkte hierzu 11 Eichen aus dem Urlaswald, das übrige Bauholz wurde vom Markgrafen aus der unteren Feuchtlach angewiesen. Das Dach erhielt dabei seine jetzige spitzige Form in der Höhe von schätzungsweise 22 m mit Einschluß der Helmstange. Die Kosten beliefen sich auf 655 fl. Zu den Hand- und Spanndiensten konnten nur die markgräflichen Untertanen antreten, da die Stadt Nürnberg ihren Untertanen verboten hatte, sich am Bau zu beteiligen.

Am 20. August 1725, nachmittags zwischen 3 und 4 Uhr, traf der Blitz abermals den Turm mit „erschrecklichem Donnerschlag“. Diesmal zündete der Blitz nicht, richtete aber sonst großen Schaden an. Mit einem Aufwand von 250 fl. konnte der Schaden wieder behoben werden, wobei der Markgraf Holz und Dachziegel anwies. – Wieder schlug der Blitz am 18. Juli 1744, früh zwischen 1 und 2 Uhr, in den Turm, deckte das Dach ab, teilweise auch von der Kirche, zerschmetterte einen Sparren und traf einen jungen Menschen, der im Turm „wetterläuten“ half, so daß sich dieser ein paar Tage lang in Todesgefahr befand. Die Reparatur verursachte einen Aufwand von 545 fl. Unter den Kosten stehen auch 2 fl. 50 kr. für den Turmdeckergehilfen, der „herkömmlicherweise“ vor dem „Spruch“ ein paar neue Schuhe und Strümpfe erhielt, die er „auf dem Turmknopf stehend anzog“. Mit Recht hat die fürstliche Kanzlei in Ansbach dem Turmdecker bedeutet, daß er „dergleichen lebensgefährliche Dinge nicht mehr vornehmen lassen“ dürfe. – 1803 wird von einem weiteren Wetterschlag berichtet. Der Blitz fuhr bei der Turmspitze hinein, warf die Hohlziegel herab und beschädigte die Leitung, die von der Uhr zum Schlaghammer ging, sowie den Perpendikel der Uhr. Dieser neue Blitzschlag gab Anlaß, bei dem großen Kirchenumbau 1804 auch einen Blitzableiter für Turm und Kirche vorzusehen. Seitdem hörte man nichts mehr von Blitzschlägen oder, wenn doch der Blitz einschlug, wie i. J. 1920, so wurde er zur Erde geleitet, ohne daß er weitere Verheerungen anrichten konnte. Die sorgfältige Unterhaltung des Blitzableiters ist somit eine Lebensfrage für den Kirchturm in Sachsen. Gründliche Reparaturen des Blitzableiters erfolgten 1854 und 1934.

Bei einer im Jahre 1832 vorgenommenen Arbeit am Turm wurde auch die Helmstange mit Knopf, Fahne und Stern erneuert. Dabei wurde in den Turmknopf eine Blechkapsel mit einer Urkunde eingelegt. Bei einer nachfolgenden Reparatur wurden beide wieder [198] herausgenommen und im Pfarrarchiv aufbewahrt. Die Urkunde hat folgenden Inhalt: „Unter dem Beistand des Allmächtigen wurde i. J. 1832 in den Monaten Mai und Juni die höchstnotwendige Reparatur dieses Kirchturms samt der Renovierung des Knopfes, der Fahne und des Sterns vollzogen, und zwar im 7. Jahr der Regierung seiner Majestät des Königs Ludwigs I. von Bayern. Generalkommissär und Regierungspräsident des Rezatkreis es war S. Excellens Herr von Stichaner, Landrichter zu Heilsbronn Herr Ludwig Friedrich Bartholomä, Pfarrer dahier Johann Christian Lederer, Kantor und Schullehrer Friedrich Ludwig Lösch, Gemeindevorsteher Johann Leonhard Reinlasöder, Stiftungspfleger Johann Georg Bickel.“ Weiter waren in der Urkunde sämtliche zur Pfarrei Sachsen gehörigen Orte aufgeführt, dann ein Verzeichnis der Viktualienpreise in jenem Jahre. Danach kostete 1 Schaff (= 2,22 hl) Kern oder Weizen 21–23 fl., Korn 16–18 fl., Gerste 15 fl., Haber 7 fl., 1 Metze (= 37 l) Kartoffeln 30–32 kr., 1 Pfd. Schmalz 18–20 kr., 1 Pfund Ochsenfleisch 8½ kr., Kuhfleisch 6½ kr., Kalbfleisch 6½ kr., Hammelfleisch 8 kr., Schweinefleisch 10 kr., 1 Maß (= 1,46 l) braunes Bier 5½ kr., weißes Bier 3½ kr. Zum Schluß folgten zwei Gedichtverse. – Ob an die Stelle der herausgenommenen Urkunde eine neue in den Turmknopf gelegt wurde, ist nicht bekannt. – Nach damaligen Aufzeichnungen war die Helmstange von der Kugel bis zum Stern 2,60 m lang und wog 56 Pfund, das Blatt der Fahne war 0,55 m hoch und 0,90 m breit mit einem Gewicht von 35 Pfund.

Glocken und Turmuhr

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Glocken gab es in Sachsen sicher seit ältester Zeit. Dazu wurden ja die hohen Türme gebaut, damit die Glocken darin hoch aufgehängt werden konnten und so ihr Schall weit hinaus ins Land zu dringen vermochte. Urkundlich werden sie uns zum erstenmal im Jahre 1595 bezeugt, wo zwischen Nürnberg und Ansbach Verhandlungen wegen des „Glockenhängens“ geführt wurden. Vermutlich sollten damals die Glocken umgehängt werden, damit sie nicht einseitig abgenützt und dadurch leicht zum Zerspringen gebracht würden; ein Meister aus Kulmbach sollte diese Arbeit vornehmen.

Wie es nach dem Brande von 1611 mit den Glocken ging, ist bereits im vorigen Abschnitt dargestellt worden. 1680 bekam die große Glocke einen Sprung. Aber erst 1686 beauftragte man einen auswärtigen Glockengießer mit dem Umguß. Dieser wollte den Guß in oder bei Sachsen selbst vornehmen. Der Guß mißlang jedoch und die Kosten waren umsonst aufgewendet. Zudem hatte der Gießer einen Teil des Glockenmetalls entwendet und mußte deshalb in Haft [199] genommen werden. Nun wandte man sich an einen bewährten Glockengießer, namens Wolf Hieronymus Herold in Nürnberg. Dieser schuf eine neue Glocke im Gewicht von 12½ Zentner um den Preis von 113 fl. Die Glocke trug das markgräfliche Wappen und die Aufschrift:

Christian Albertus princeps ubi floruit haeres
Flos patriae, campana sacros repatatur in usus.

Zu deutsch: Da Erbprinz Christian Albrecht heranwuchs als Blüte des Landes, ward die Glocke erneuert zu heiligem Brauch.

Schon 1732 mußte die große Glocke neuerdings eines Sprunges wegen umgegossen werden, was diesmal Alexander Arnold von Dinkelsbühl besorgte um 182 fl. 1845 zersprang die kleine Glocke, die in Nürnberg von dem Glockengießer Höfler um 48 fl. umgegossen wurde. Die gleiche Glocke bekam 1901 abermals einen Sprung und wurde diesmal von Heller in Rothenburg um 255 RM neu gegossen.

In einer Beschreibung der Glocken aus neuerer Zeit heißt es:

Die große Glocke, 85 cm hoch, 99 cm im Durchmesser, trägt oben herum in einem Blumengewinde die Inschrift: „Aus Feuers Flamm bin ich geflossen, durch Alex. Nik. Arnold in Dinkelsbühl bin ich gegossen worden, anno 1732.“ Mitten auf dem Mantel der Glocke war ein Kruzifix angebracht, auf der Gegenseite das Wappen der Markgrafen von Ansbach, umschrieben von den Buchstaben: C. W. F. M. Z. B. O. Sie bedeuten: Carl Wilhelm Friedrich, Markgraf zu Brandenburg-Onolzbach.

Die mittlere Glocke, 80 cm hoch, 82 cm im Durchmesser, trug oben herum in gotischer Ornamentik die Inschrift: „Hans Pfeffer in Nürnberg goß mich anno MDCXVIIII“ (1619).

Die kleine Glocke, die Taufglocke, zeigte die Inschrift: „Lasset die Kindlein zu mir kommen.“ Sie wog 227 kg.

Während des Weltkrieges mußte am 29. Juni 1917 die kleine Glocke an die Heeresverwaltung abgeliefert werden. Da nach dem Kriege Bronzemetall sehr schwer zu beschaffen war, beschloß die Kirchenverwaltung, die beiden noch vorhandenen Bronze–Glocken an die Kirche in Brodswinden zu verkaufen und dafür ein einheitliches Geläute mit vier Gußstahl-Glocken zu erwerben. Das geschah 1920. Die Firma Schilling und Lattermann in Apolda (Thüringen) lieferte die Glocken, die ein Gewicht von 1912 beziehungsweise 903, 518 und 365 kg hatten. Die Kosten mit 80 000 Papiermark (Inflationszeit) wurden teils durch den Erlös aus den verkauften Glocken zu 30 000 Papiermark, teils durch freiwillige Sammlung aufgebracht. Am 21. Oktober 1920 läuteten zum erstenmal die neuen Glocken.

[200] Sehr früh muß auf dem Turm in Sachsen auch ein Uhrwerk aufgestellt worden sein. Schon 1451 lesen wir in einer alten Schrift, daß bei dem großen Brande im Krieg des Albrecht Achilles 1449/50 auch ein „Horlei“ zugrunde gegangen sei. Horlei bedeutet aber ein Uhrwerk (aus dem lateinischen Wort „horologium“). Die einst so reiche Kirchenstiftung konnte sich die Beschaffung eines so kostspieligen Werkes sehr wohl leisten. Und es bestand eine dringende Notwendigkeit dazu, da es damals weder in den Häusern noch sonstwo Uhren gab und die genauere Zeit nur durch das Schlagen und Läuten der Glocken dem Pfarrvolk bekanntgegeben werden konnte. Noch um das Jahr 1700 fehlte es weithin an privaten Uhren, wie man deutlich aus den Kirchenbüchern ersieht, wo die Zeit der Geburt eines Kindes immer nur ganz allgemein angegeben ist, wie „um den Untergang der Sonne“, „um Mitternacht“, „in vorrückender Nacht“, „mit Aufgang der Sonne“ u. ä. Darum hielt man in Sachsen stets auf ein gutgehendes Uhrwerk auf dem Turme. So wurde 1622 eine Schlaguhr mit Zeigern von dem Uhrmacher Jakob Esenbeck in Gunzenhausen um 104 fl. und 28 fl. Nebenkosten bezogen, nachdem die alte Uhr durch den Blitzstrahl und Turmbrand 1611 zerstört worden war. Im Dreißigjährigen Krieg kam diese Uhr abhanden, weshalb 1666 eine neue aufgestellt werden mußte. Die Kosten mit 30 Talern wurden teils durch freiwillige Spenden gedeckt, teils durch Zuwendungen aus der markgräflichen Kasse und auch des Landalmosenamts. Es war dies das einzige Mal, daß das Reiche Almosen zu Nürnberg etwas für kirchliche Zwecke in Sachsen beisteuerte.

Im Jahre 1754 lieferte der Großuhrmacher Henkel von Ansbach eine neue Uhr mit Viertelstundenschlag. 1755 wurde am Turm auch eine Sonnenuhr angebracht, deren Spuren auf der Südseite noch zu erkennen sind. 1892 kaufte man eine neue Uhr von Holzeder in Rothenburg um 680 RM. Da aber diese Uhr zu schwach war, um das vierfache Zeigerwerk stets richtig in Bewegung zu setzen, wurde sie 1913 umgetauscht gegen ein kräftigeres Werk von der Firma Förster in Nürnberg unter Auszahlung von 1150 RM. Die dabei gelieferten Zifferblätter litten mit der Zeit stark unter Rost, weshalb 1935 neue Blätter eingesetzt wurden, wieder von der Firma Förster. Sie sollten, um recht dauerhaft zu sein, aus Kupferblech gefertigt werden; doch konnte das Kupfer nur noch für drei Tafeln beschafft werden, während die vierte Tafel aus verzinktem Eisenblech hergestellt werden mußte. Diese hängt nun auf der Südseite des Turmes, wo sie der Rostgefahr weniger ausgesetzt ist.

[201]

Der Kirchhof

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Wie es mit dem Kirchhof in alter Zeit stand, ist schon auf S. 69 ausgeführt worden. Die alte Schutzwehr, mit der einst der Kirchhof befestigt war, konnte in späterer Zeit der neuen Kriegswehr gegenüber nicht mehr genügen, weshalb sie abgetragen wurde. Man ließ nur noch eine einfache Mauer um den Kirchhof stehen. Lediglich das starke Eingangstor an der unteren Kirchhofmauer blieb bis in die neueste Zeit herein als Zeuge der alten Befestigung. Erst 1879 wurde es auf Abbruch verkauft und statt des festen Tores ein eisernes Gitter angebracht. – Die nach der Straße zu hoch aufgemauerte Umfassung des Kirchhofs bedurfte wiederholt der Stütze und Neuaufmauerung. So war 1839 ein Teil eingestürzt, und die mit Schulden überlastete Kirchenstiftung konnte erst 1841 an die Wiederherstellung herantreten. Ein anderer Teil der Kirchhofmauer war 1813 so verfallen, daß die Schweine in den Kirchhof einzudringen vermochten.

Von einer Pflege des Friedhofs und der Gräber war in alter Zeit keine Rede. Man mußte vielmehr Klagen hören, wie die, daß der Mesner sein Pferd frei im Kirchhof herumlaufen lasse, daß Frauen ihre Wäsche darin bleichten (i. J. 1701), daß die Krypta (unter dem jetzigen Gefallenen-Denkmal) als Milchkeller benützt und im Oberbau des Kirchhoftores Heu aufbewahrt werde. Allerlei Übergriffe erlaubte sich besonders die Häfnersehefrau Fischer in Sachsen, eine Tochter des gewalttätigen Lichtenauer Richters, von dem nachfolgend noch Weiteres zu sagen sein wird. Man hatte eben in vergangenen Zeiten zu wenig Ehrfurcht vor den Toten und ihrer Ruhestätte, zu wenig Sinn für Schönheitspflege und fromme Rücksicht auf heilige Orte. Das Gegenteil darf jetzt von unserem Kirchhof gerühmt werden, wo man viel auf seine würdige und schöne Gestaltung verwendet.

Es war wohl schon von Urzeiten her so, daß die einzelnen Ortschaften der Pfarrei ihre besonderen Begräbnisplätze auf dem Kirchhof hatten, und daß weiter auch die einzelnen Familien und Höfe wieder ihre eigenen Grabstätten besaßen. Kenner der alten Zeit bestätigen solche Sitte als uralt und erklären sie als eine Auswirkung des einstigen Zusammenhangs der Sippen und Familien in den Dörfern; man wollte, wie im Leben, so auch im Tode beisammen sein. Es verdient deshalb solche uralte Sitte nach Möglichkeit erhalten zu werden, wenn auch der Mangel an Raum ihre volle Durchführung nicht immer zuläßt. Die in neuester Zeit aufgestellte Friedhofordnung bietet dazu die Hand. Es handelt sich bei diesen gemeinsamen Gräbern nicht um eigentliche Familiengräber, wie sie [202] anderwärts bestehen, da keinerlei Verkauf oder Verbriefung stattfindet, sondern nur um ein altes Herkommen, das, soviel als möglich, berücksichtigt wird. Irgendein klagbares Recht besteht nicht, wie schon im Jahre 1905 in einer Sitzung der Kirchenverwaltung festgestellt wurde.

Leider wurde auch der Friedhof zu einer Stätte des Unfriedens gemacht. In dem schon wiederholt angeführten Vergleich von 1653 zwischen den Regierungen von Ansbach und Nürnberg war ausdrücklich bestimmt worden, daß dem Pfarrer von Sachsen bei Ausübung kirchlicher Handlungen durch Lichtenau „kein fernerer Eintrag getan“ werden soll und daß es in allem „bei dem alten Herkommen und Brauch gelassen werde“. Eine Zeitlang wurde darnach verfahren. Aber dann beliebte es dem Pfleger Haller in Lichtenau, andere Wege zu gehen. Die Lichtenauer mußten ihre Toten regelmäßig nach Sachsen bringen, wo sie am Kirchhoftor von dem Pfarrer mit dem Kreuz und den Chorschülern empfangen und in den Kirchhof geleitet wurden. Die nachfolgende Beerdigungsfeier und der Gottesdienst wurden genau so wie bei den Pfarrangehörigen gehalten. Mit der Zeit bürgerte es sich aber ein, daß der Pfarrer von Lichtenau ebenfalls in Anspruch genommen wurde. Er begleitete den Leichenzug von Lichtenau bis an das Friedhoftor in Sachsen und nahm auf Wunsch schon in Lichtenau eine Feier mit Rede oder Predigt vor. Dadurch erwuchsen den Leuten doppelte Gebühren, was natürlich mancherlei Unzufriedenheit im Gefolge hatte. Pfleger Haller ging nun 1692 dazu über, Leichen von Festungsangehörigen (Soldaten u. a.) eigenmächtig auf dem Kirchhof in Sachsen durch seine Leute begraben zu lassen, ohne den Pfarrer von Sachsen beizuziehen oder auch nur zu verständigen. Als auf Geheiß der für Kirche und Kirchhof zuständigen markgräflichen Regierung das Tor zum Kirchhof verschlossen wurde, ließ er gewaltsam das Schloß abbrechen. Ja, er scheute sich nicht, noch während des Nachmittagsgottesdienstes die Beerdigung eines Soldaten vorzunehmen und durch Schießen und Trommeln den Gottesdienst zu stören.

Dazu kam noch ein anderes. Während des Dreißigjährigen Krieges, wo die Pfarrei unbesetzt war und der damalige Mesner in Sachsen schlecht singen konnte, hatte der Kantor von Lichtenau öfters ausgeholfen und vor allem die Lichtenauer Toten noch in den Kirchhof hineingeleitet und sogar in der Kirche „abgesungen“. Als nun wieder friedliche Verhältnisse eingetreten waren, beanspruchte der Sachsener Kantor wieder sein altes Recht, schon vom Friedhoftor ab die Leichen zu begleiten und zu besingen. Allerdings machte er dieses Recht nicht sofort geltend, sondern erst viel später, erst um das Jahr 1700, so daß man wohl von einer Verjährung sprechen konnte. [203] Da Lichtenau nicht nachgeben wollte und Sachsen sein altes Recht doch durchzusetzen trachtete, kam es zu wüsten Auftritten im Kirchhof. Beide Kantoren und ihre Schülerchöre sangen zu gleicher Zeit und suchten einander zu überschreien. Leider mischte sich auch der übel berüchtigte Richter von Lichtenau ein und schlug den Lehrer von Sachsen auf dem Kirchhof blutig. Im Jahre 1704 ließ er den Sachsener Kantor durch den Amtsknecht sogar nach Lichtenau schleppen, mißhandelte und beschimpfte ihn und warf ihn ins Gefängnis. Er konnte das damals tun, weil der Pfleger Löffelholz aus einem Kriegszuge abwesend war. Selbstverständlich beschwerte sich die Ansbacher Regierung bei der Stadt Nürnberg und machte Vergleichsvorschläge. Allein Nürnberg wollte nicht nachgeben und erst 1714 ließ sich die Stadt bewegen, auf den Vergleich einzugehen, wonach der Lichtenauer Kantor seine Toten am Grab besingen und das angefangene Lied noch in der Kirche zu Ende singen durfte, im übrigen aber im Gotteshause der Sachsener Kantor den Dienst zu versehen hatte.

Bei dieser Gelegenheit wurde auch die sogenannte „Abdankung“ abgeschafft, auf die beide Kantoren besonderes Gewicht gelegt hatten. Diese Abdankung bestand in einer oft recht übel angebrachten Lobrede auf den Verstorbenen, auf die der Geistliche keinen Einfluß hatte. Pfarrer Dietrich hatte deshalb schon längst deren Beseitigung beantragt. Die Gemeinde war freilich nicht damit einverstanden, da sie ihre Toten möglichst gelobt sehen wollte. Noch 1740 stellte sie den Antrag auf Wiedereinführung, jedoch ohne Erfolg.

Ein voller Friede war auch nach dem Vergleich von 1714 noch nicht erzielt, weil immer noch die leidige Gebührenfrage zu allerlei Mißhelligkeiten führte und weil die Lichtenauer je länger je mehr von Sachsen unabhängig sein wollten. Immer lebhafter wurde deshalb in Lichtenau der Wunsch nach einem eigenen Gottesacker. Im Jahre 1788 wurde endlich ein solcher dort angelegt. Am 14. September 1788 wurde die letzte Leiche aus Lichtenau, ein Kind, in Sachsen beerdigt.

Der tiefere Grund zu allen Kirchhofstreitigkeiten war der, daß Nürnberg das Eigentums- und Verfügungsrecht über den Kirchhof zu Sachsen beanspruchte, während der Markgraf von Ansbach den Kirchhof als Zubehör zur Kirche und damit als sein Rechtsgebiet betrachtete.

Nachgetragen sei noch, daß einstens vornehme Leichen in der Kirche selbst bestattet wurden. Bei der Beschreibung des Innern in der früheren Kirche wurden bereits zwei Denkmäler solcher Toten hervorgehoben. In den Kirchenbüchern wird noch eine Freiin Anna von Grünthal erwähnt, die am 29. Juni 1681 in der Kirche beigesetzt wurde. Später kamen jedenfalls solche Kirchenbeerdigungen nicht mehr vor.

[204]

Kirchen- und Totenwege

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Es war selbstverständlich, daß nach der Gründung der Pfarrei die Leute aus den zugehörigen Ortschaften stets den kürzesten Weg zum Pfarrsitz und zum Gotteshause wählten. Das konnte damals leicht geschehen, weil noch ganz wenig Land kultiviert war und man darum nach Belieben durch Wald und Heide, durch Wies und Weide gehen konnte. Als später die Bodenkultur sich ausbreitete, nahm man dabei stets Rücksicht auf die schon bestehenden Kirchenwege und schonte sie. Erst die neueste Zeit ist in dieser Hinsicht rücksichtsloser geworden. Auch brachten die neuzeitlichen Verkehrsverhältnisse von selbst manche Änderung der alten Wege. Eben darum ist es wichtig, daß diese alten Kirchenwege genau aufgezeichnet und beschrieben werden. Sie sind nicht nur Denkmäler vergangener Zeit, sondern sie geben auch mancherlei Aufschluß über kirchliche und wirtschaftliche Zusammenhänge, über Siedlungs- und Kulturgeschichte.

Was von den Kirchenwegen gilt, das muß erst recht von den Totenwegen gesagt werden. Sie fallen in der Regel zusammen mit den Kirchenwegen, weichen aber aus verkehrstechnischen Gründen öfters von ihnen ab. Denn zur letzten Fahrt für die Toten brauchte man Wege, die nicht bloß für den Fußgänger gangbar, sondern auch für die Fuhrwerke fahrbar waren. Auch sie haben sich da und dort im Laufe der Zeit Änderungen gefallen lassen müssen.

Für die nächstgelegenen Orte Volkersdorf und Rutzendorf konnte es keinen anderen Kirchen- und Totenweg geben, als den heute noch bestehenden Ortsverbindungsweg mit Sachsen. Nur daß von Volkersdorf heraus ehedem noch ein Fahrweg von dem nördlichen Teile des Dorfes (Hs.-Nr. 10, 11, 13, 14) in gerader Richtung zur Straße nach Sachsen führte und ein Fußweg von dem südlichen Teile her heute noch geht.

Für Milmersdorf führten von jeher beide Wege vom Dorfe aus in gerader Richtung nach Sachsen, über zwei Höhenzüge hinweg unmittelbar zum Eingangstor in den Kirchhof. Wo der Weg von Herpersdorf einmündet, stand einst ein alter Baum, bei dem die Leichen vom Pfarrer und Chor in Empfang genommen und zum Kirchhof geleitet wurden. Der Baum hieß darum der Totenbaum. Auch der alte Totenweg von Neukirchen und Külbingen kam hier über den Kühberg herab und mündete beim Totenbaum in den Milmersdorfer Weg ein. Seit dem Bau der Eisenbahn wird, zumal bei schlechtem Wetter, als Kirchenweg gern der zwar etwas weitere, aber bequemere Weg an der Bahn entlang gewählt, während die Toten immer noch auf dem alten Wege gefahren werden.

[205] Der Kirchenweg von Neukirchen ging von der dortigen Kirche aus, führte über die heute noch „Kirchengärtlein“ genannte Wiese und weiter durch die Felder geradenwegs zu der nach Sachsen gehenden Straße, auf die der Weg im Gründlein stößt. Auf der Anhöhe verläßt der Kirchenweg wieder die Straße und geht links davon durch den Wald geradeaus, bis er beim Verlassen des Waldes wieder auf die Straße mündet. Von der Höhe ging es dann, ehe die Bahn gebaut wurde, geradenwegs in das Tal hinab zum oberen Eingang in den Kirchhof. Diesen von der Höhe hinabstoßenden alten Weg kann man heute noch erkennen, wenn er auch mit Gestrüpp fast ganz verwachsen ist. Der Totenweg war wohl immer gleich der jetzigen Straße, die von Neukirchen nach Sachsen führt. Nur auf der Höhe über Sachsen bog der Totenweg, wie noch heute deutlich zu sehen ist, nach links ab in der Richtung auf das jetzige Röschingersche Anwesen und ging dann über den Kühberg hinab zu dem Totenbaum am Milmersdorfer Weg. Durch den Bahnbau wurde der Kirchenweg verschüttet und der Totenweg abgegraben. Beide konnten seitdem die von der Bahn gebaute Straße längs des Bahndammes benützen, die zuerst schienengleich über die Bahnlinie führte, hernach aber durch eine Unterführung geleitet wurde.

Von Hirschbronn nach Sachsen lief von alters her die Straße, die Ansbach mit Lichtenau verband. Da sie ganz gerade ging, war kein Anlaß zu einem davon abweichenden Kirchen- und Totenweg gegeben. Nur der Bahnbau verursachte eine Änderung der Wege. Während die alte Straße von der Höhe geradeaus zur Kirche hinabführte, mußte wegen der Bahnlinie ein Umbau mit einer Unterführung vorgenommen werden, wodurch sich ein kleiner Umweg ergab. Die alte Straße ist inzwischen teilweise verbaut worden.

Alberndorf hatte seinen Totenweg wohl immer im Tal entlang, entsprechend der heutigen Kreisstraße. Dagegen führte der Kirchenweg schräg den Berg hinauf quer durch den Wald gerade auf die Kirche von Sachsen zu. In der Nähe von Sachsen ging er ehedem durch die Felder und den Garten des jetzigen Schwabschen Anwesens. In ältester Zeit hielt sich der Weg von Alberndorf vermutlich gleich am Dorfausgang nach links in der Richtung auf den Wald nach Sachsen zu, was leicht geschehen konnte, solange dort noch Wiesgrund oder Weide lag. Gewisse Wege und ihre Richtung deuten heute noch darauf hin.

Steinbach hat seine Toten jedenfalls den gleichen Weg gefahren wie Alberndorf, wenigstens seit beide Orte durch eine Brücke miteinander verbunden sind. Vorher, oder auch wenn Hochwasser die Verbindung mit Alberndorf störte, blieb nichts anderes übrig, als über Rutzendorf zu fahren, wo von ältester Zeit her eine Brücke die [206] Verbindung zwischen dem südlichen und nördlichen Teil der Pfarrei herstellte; Den Kirchenweg nahm Steinbach, wenn kein Hochwasser störte, unmittelbar vom Dorfe aus über die Wiesen bis zum Egelsteg und von da entweder den Talweg weiter bis Sachsen oder den Hang hinauf zum Alberndorfer Kirchenweg. Bei Hochwasser mußte wohl über Alberndorf, oder wenn auch das nicht anging, über Rutzendorf gegangen werden. Der Egelsteg ist jedenfalls schon sehr früh angelegt worden, da er bereits in den ältesten Akten als längst bestehend vorausgesetzt wird.

Von Ratzenwinden lief der Kirchenweg wohl immer in der gleichen Richtung wie noch heute. Nur oberhalb des Dorfes teilte er sich und führte einerseits durch den Wald in der Richtung auf das Lindach oder am Lindach vorbei, anderseits rechts vom Wald entlang über die einst dort befindlichen Wiesen und Weiden ebenfalls zum Lindach. Von dort aus ist der Weg klar vorgezeichnet nach Rutzendorf und weiter nach Sachsen. Der Totenweg nahm einen ganz anderen Lauf. Er ging schon bald hinter Appolds Hof in den Wald hinein und führte auf halber Höhe durch den Wald hindurch auf einem jetzt noch vorhandenen Fahrweg. Oberhalb der unteren Walk wandte er sich zur Höhe hinauf, zog über den Egelsee–Anger hin und dann in das Tal hinab, wo er mit dem Kirchenweg zusammentraf. Als im vorigen Jahrhundert die Talstraße von Ratzenwinden abwärts gebaut wurde, wählte man lieber diesen Weg für die Toten und fuhr über die Büchenmühle nach Rutzendorf. Als im Jahre 1890 der alte Georg Michael Flühr von Ratzenwinden starb, wünschte er ausdrücklich, daß er noch den alten Totenweg nach Sachsen gefahren werde und nicht den inzwischen aufgekommenen neuen Weg. Er war der letzte, der so auf dem seit uralten Zeiten üblichen Weg der Toten geleitet wurde.

Für Oberrammersdorf bestand ehedem kein Unterschied zwischen Kirchenweg und Totenweg. Beide führten vom Dorfe auf dem noch heute benützten Fahrweg am Strüthof vorbei bis hinab zum Wald über Rutzendorf. Dort bog aber der Weg nicht wie jetzt links ab und dann links vom Wald das Tal hinab, sondern ging geradeaus oberhalb der „Höll“ in den Wald hinein und auf einem Fahrweg in der Richtung auf Rutzendorf in das Tal hinab, wo er sich mit dem von Unterrottmannsdorf kommenden Wege traf. Erst als der um den Wald herumführende Weg im vorigen Jahrhundert ausgebaut wurde, zog man diesen Weg vor und fuhr mit seinen Toten in das dortige Seitental, wo man schließlich mit dem Ratzenwindener Weg zusammenkam. Aber noch 1872 wurde der alte Weg öfters benützt, wie eine Beschwerde aus Zandt gegen den Waldbesitzer Geißelsöder, der den Weg nicht mehr freigeben wollte, beweist. Der Kirchenweg [207] behielt die alte Richtung bis heute bei, wenn er auch etwas seitwärts nach der „Höll“ zu ausgebogen ist.

Der Totenweg von Zandt deckte sich von Oberrammersdorf ab mit dem Totenweg dieser Ortschaft. Von Zandt aus bewegte sich jedoch der Leichenzug über den Wolfsbuck hinauf nach Oberrammersdorf. Der alte Kirchenweg dagegen führte zunächst auf der Straße nach Unterrottmannsdorf bis an den Talrand, wand sich dann links die Höhe hinauf, ging zwischen Oberrammersdorf und Unterrottmannsdorf in ziemlich gleichem Abstand hindurch in gerader Richtung auf den Strüthof. Vor diesem Hof mündet er beim Ausgang aus dem Wald in den Oberrammersdorfer Kirchenweg ein. Das Gelände nördlich von der Straße Oberrammersdorf–Lichtenau, anschließend an den Wald, war früher Weideland, so daß der Kirchenweg geradeaus darüber hinweggehen konnte; jetzt ist das Gelände in Ackerland umgewandelt, wodurch der Weg zum Teil verlegt wurde, so daß man nur mit Schwierigkeit sich zwischen den Feldern hindurchfindet. Da der Weg auch sonst nicht sehr angenehm ist, wird er nicht mehr oft betreten; man geht, zumal bei schlechtem Wetter, lieber den bequemeren und besseren Weg über Oberrammersdorf. Eine Frage ist, ob nicht auch der Zandter Totenweg in ältester Zeit dem Kirchenweg folgte. Es liegt diese Vermutung nahe, weil der Kirchenweg von der Straße ab, die zwischen Oberrammersdorf und Unterrottmannsdorf hinführt, deutlich als ein alter Fahrweg zu erkennen ist. Von Zandt aus wären dann die Toten auf dem Unterrottmannsdorfer Sträßchen bis zur Höhe hinaufgefahren worden, von wo ein Seitenweg nach links abbiegt und unmittelbar zu dem erwähnten Fahrweg geht. Daß dieser Weg schon frühzeitig nicht mehr als Totenweg benützt wurde, ist bei seiner schlechten Beschaffenheit leicht erklärlich.

Von Unterrottmannsdorf laufen beide Wege auf der noch heute gebräuchlichen Spur, erst auf der Straße gegen Lichtenau, dann durch den Wald – früher geradeaus, jetzt am Waldende um die Ecke biegend – am Weickershof vorbei das Tal hinab, wobei der Fußweg (Kirchenweg) sich wiederholt links seitwärts hält, während der Fahrweg nach rechts ausbiegt. In ziemlich gerader Richtung geht es auf Rutzendorf zu, wo am oberen Ende des Dorfes die Wege von Zandt, Oberrammersdorf und Ratzenwinden zusammenlaufen und dann am Dorf vorbei über die uralte Rezatbrücke nach Sachsen hinübergehen. Anschließend an die vorstehend berichteten Kirchen- und Totenwege seien noch einige andere Wege angeführt, die von früher eingepfarrten Orten nach Sachsen gingen.

Der Külbinger Kirchenweg führte vom Dorfe aus unmittelbar auf die Höhe hinauf in der Richtung gegen Milmersdorf. Beim Eingang in den Wald stand ehedem eine große Fichte, die „Kirchfichte“ [208] genannt. In deren Stamm war eine „Marter gehauen“ ds h. wohl ein Bild des kreuztragenden Christus angeschlagen; daneben befand sich ein Stein, vermutlich ein Grenzstein, weil dort das nürnbergische Herrenholz mit den Neukirchener Hölzern zusammenstieß. Auf der Grenzscheide zwischen diesen beiderseitigen Wäldern glng der Kirchenweg weiter, bis man etwas oberhalb von Milmersdorf aus dem Walde austrat. In gerader Richtung ging es dann durch das Tal hindurch und auf der anderen Seite wieder hinauf, dort an dem früher Cronerschen Anwesen vorbei abermals in den Grund hinab und über den Kühberg hinweg nach Sachsen hinunter, wo er kurz vor dem Dorfe sich mit dem Milmersdorfer Weg vereinigte. Bei Milmersdorf ist der Weg durch den Bahndamm verschüttet worden. – Ihre Toten fuhren die Külbinger zunächst nach Neukirchen, wo beim Durchfahren mit der Glocke des Kirchleins geläutet wurde, dann den Neukirchener Totenweg bis zum Totenbaum vor Sachsen, wo die Leiche abgesungen wurde.

Untereichenbach hatte seinen Geh- und Fahrweg vom Dorfe aus über die Höhe hinweg auf Sachsen zu. Ein Teil des Weges ist noch vorhanden in dem „Schleifweg“ und „hinterem Ochsentrieb“; der andere Teil oberhalb Untereichenbach ist durch angelegte Felder verstellt. Dort lag ehedem offenbar Weideland. Der Kirchenweg konnte darum leicht darüber hinwegführen. Vom Schleifweg und Ochsentrieb ging es durch den Wald hinab in den Erlbachgrund, wo auch heute noch ein alter Fahrweg läuft. Der Fußweg hatte sich hier allerdings auf die rechte Talseite hinübergewendet und führte unmittelbar zur Kirche hin. Im unteren Teil des Talgrundes sind jetzt beide Wege durch den Bahndamm zugeschüttet.

Von Boxbrunn lief der Kirchenweg erst den Talgrund hinab, dann oberhalb der jetzigen Ziegelhütte über den Höhenzug hinüber zu dem Steg, der nahe bei Volkersdorf über die Rezat führt, weiter über den Wiesengrund hinauf zur Straße, die von Volkersdorf nach Sachsen geht. Als Totenweg ist anfangs vielleicht der gleiche Weg benützt worden, wobei dann allerdings der Totenwagen auf der „Steinfurt“ durch die Rezat fahren mußte. Doch wird man schon bald die Fahrt über Lichtenau, d. h. unmittelbar an dem Markt vorbei, nach Volkersdorf genommen haben. Der alte Kirchenweg kann jetzt noch deutlich durch die Felder hin verfolgt werden.

Herpersdorf besaß einen geraden und bequemen Fahrweg, der oberhalb Volkersdorf unmittelbar nach Sachsen führte und beim Totenbaum auf den Milmersdorfer Weg traf. Gleiches gilt von

Langenlohe, das auf der rechten Talseite einen Fahrweg nach Herpersdorf hatte und auf der linken Seite einen Fußweg dorthin benützen konnte.

[209]

Das Kirchengut (Kirchenstiftung) (Fortsetzung zu S. 74)

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Das Kirchenvermögen hatte, wie schon ausgeführt wurde, in den Jahren 1451 und 1455 nach dem damaligen großen Brande eine außerordentliche Schwächung erlitten, weil der größte Teil des Besitzes veräußert werden mußte, um die Kirche und den Turm wieder aufbauen zu können. Damit nun das Kirchengut weiter seinen Verpflichtungen ausreichend nachkommen konnte, mußte man auf die Erschließung neuer Einnahme-Quellen bedacht sein. Es wurde deshalb ein „Stock“ (Opferstock) in der Kirche aufgestellt, damit die Leute bei besonderen Gelegenheiten (Abendmahlsfeiern, Taufen, Hochzeiten u. a.) Opfergaben für das Gotteshaus einlegten. Wann dieser Stock aufgestellt wurde, ist nicht überliefert; es muß aber schon sehr bald gewesen sein, weil er bereits um 1503 erwähnt wird, und zwar mit einem guten Ertrag. Ferner wurde um die Zeit von 1700 der Verkauf von Kirchenstühlen eingeführt. Auch hierdurch wurde jährlich ein, wenn auch nicht sehr großer Ertrag erzielt. Da der Kirchenstiftung einst auch die Versorgung der Armen oblag, wurde weiter der Klingelsack eingerichtet, der jährlich im Durchschnitt etwa 60 fl. einbrachte, die restlos der Unterstützung von Armen, nicht nur in der eigenen Gemeinde, sondern auch bei Auswärtigen (Obdachlosen, vertriebenen Exulanten, abgedankten Soldaten und dergleichen) zugewendet wurden.

Eine erhebliche Verstärkung erfuhr das Kirchengut, als im Jahre 1813 das Vermögen der Filialkirchenstiftung Neukirchen mit der Sachsener Kirchenstiftung vereinigt wurde. Leider stand aber damals alles Kirchengut unter der Verwaltung der Stiftungsadministration in Herrieden; und diese wußte nichts Besseres zu tun, als möglichst viele Grundstücke zu verkaufen und sich dadurch die Verwaltung zu erleichtern. So wurden 1814 verkauft: Die beiden von Neukirchen übernommenen Wälder bei der Roßleiten und Weiherleiten (zwischen Vestenberg und Wicklesgreuth) zu 14 Tgw. an Joh. Mich. Entner in Weiherschneidbach um 2855 fl.; die Neukirchner Wiese in der Wilden Grube bei Rutzendorf an Georg Simon Geyer daselbst um 181 fl. (⅜ Tgw.); eine große Stiftungswiese zu 3 Tgw. bei Bechhofen an Elias Levi in Windsbach um 1436 fl.; eine Wiese mit Acker zu ⅜ Tgw. am Kalkofen bei Alberndorf an Stephan Streng daselbst um 250 fl. Der Gesamterlös aus diesen Grundstücken wurde 1815 auf Schuldschein bei der Staatsschulden-Tilgungs-Hauptkasse in München angelegt. Der zunächst hohe Zinsfuß dieser Staatspapiere zu 5%, wurde später bedeutend herabgesetzt und damit von selbst das Vermögen entwertet; bei der Inflation nach dem Weltkrieg ging es [210] dann nahezu völlig verloren. Wertvollstes Kirchengut ist auf diese Weise verschleudert worden.

Die Stiftungsadministration hat aber noch anderes Unheil für Sachsen gebracht. Als die kirchliche Vermögensverwaltung im Jahre 1834 endlich wieder in die Hände kirchlicher Organe gelegt wurde, stellte es sich heraus, daß von der Administration ohne jedes Vorwissen der Gemeinde eine Schuld von 1483 fl. der Kirchenstiftung aufgebürdet worden war, und zwar aus dem Pfarrpfründefonds zu Eschenbach. Auch die seit etwa 20 Jahren rückständigen Zinsen waren nicht bezahlt worden und wurden nun nachgefordert. Die Kirchenverwaltung Sachsen wehrte sich gegen die Bezahlung von Schuld und Zinsen, weil diese Belastung ganz gegen Willen und Wissen der Kirchengemeinde erfolgt sei und weil man nicht einmal bei der Übergabe der Verwaltung von der Administration zur (politischen) Gemeinde in Sachsen ein Wort davon habe verlauten lassen. Es kam zu einem langen Prozeß, der erst im Jahre 1848 mit einem Vergleich endete. Die Kirchenstiftung Sachsen mußte das Kapital nebst 3000 fl. Zinsen, also im ganzen 4483 fl. in jährlichen Raten zu 75 fl. abtragen, wodurch sie bis 1888 belastet wurde. – Eine ähnliche jährliche Belastung erwuchs durch die Schuld der Stiftungsadministration der Kirchenstiftung durch die schon erwähnte Übernahme der auf dem Pfarrhof ruhenden Gült an das Almosenamt zu Nürnberg. Durch eine Entschließung der bayerischen Staatsregierung vom 10. April 1809 war diese Gült als erloschen erklärt worden, nachdem von Lichtenau aus eine bestimmte Summe an rückständigen Pfarrgebühren zum Almosenamt bezahlt worden war. Aber ohne Vorwissen von Pfarramt und Gemeinde wurde gleichwohl durch die Stiftungsadministration diese Gült in einem jährlichen Betrage von 37 fl. der Kirchenstiftung überbürdet. Spätere Beschwerden der Kirchenverwaltung 1835 und 1838 konnten die Sache nicht mehr rückgängig machen. Bei der allgemeinen Ablösung der Grundlasten im Jahre 1848 wurde allerdings auch diese Gült mit abgelöst, aber auf Kosten der Kirchenstiftung.

Bei der Grundlasten-Ablösung von 1848 war die Kirchenstiftung wenig beteiligt, da sie nur einzelne Zinsen und Grundrechte besaß. Es wird uns nur von einzelnen Grundstücken berichtet, auf denen sie eine Gült zu erheben hatte: je 30 kr. jährlich von Utzelmann in Volkersdorf und Wiesinger in Schlauersbach, 1 fl. 15 kr. von Schmidt in Hirschbronn, 1 fl. 30 kr. von Barthel in Neukirchen. Ferner bestand ein „Gattergeld“, das von 22 Anwesen in Sachsen (mit Einschluß des Pfarrhofes) einzusammeln (über das Hof-Gatter hinaus zu reichen) war, und ein sogenanntes „Mistrecht“ auf 3 Äckern bei Hirschbronn. Das alles ergab nur eine geringe Ablösungssumme.

[211] Nach der Revolution von 1918 wurde der weltliche Kirchendienst vom Schuldienst abgetrennt. Das bedingte auch eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen der Kirchengemeinde und den beteiligten Schulgemeinden. Alle Einkünfte aus dem weltlichen Kirchendienst fielen von selbst an die Kirchenstiftung zurück. Soweit es sich um Gebühren für Amtshandlungen und um öffentliche Sammlungen handelte, wurden sie ohne weiteres dem Mesnerdienste zugewiesen. Zwei Grundstücke, die ebenfalls zum Kirchendienst gehörten, wurden im Grundbuche zwar nicht ohne weiteres auf die Kirchenstiftung überschrieben, aber mit dem vollen Nutzungsrecht der Stiftung belastet. Es ist das ein Acker am Milmersdorfer Weg und eine Stegwiese bei Volkersdorf mit einer Gesamtfläche von 1,96 Tgw. (0,668 ha). Schwieriger gestaltete sich die Auseinandersetzung wegen des Schulhauses. Ursprünglich war es das Mesnerhaus, in das die Schule hineinverlegt worden war und das wiederholt für die Zwecke der Schule umgebaut wurde, bis schließlich ein ganz neues Schulhaus an Stelle des alten errichtet wurde. Rechtlich war und blieb es das Mesnerhaus trotz aller Veränderungen. Aber die Schulgemeinden hatten doch erhebliche Aufwendungen für den Ausbau des Hauses zu schulischen Zwecken und schließlich für den Neubau gemacht, wenn auch in früherer Zeit die Hauptkosten durch die Sebastiansftiftung und teilweise auch durch die Kirchengemeinde und Kirchenstiftung bestritten wurden. Es trafen also hier schulgemeindliche und kirchliche Belange zusammen. Auf einer Tagfahrt am 10. Mai 1921, bei der Kirchenamtmann Rohmeder und ein Vertreter des Bezirksamts, dann die Kirchenverwaltung und der verstärkte Gemeinderat zugegen waren, wurde nach eingehender Verhandlung folgendes beschlossen: Das Haus soll den Gemeinden weiter für die Schule und als Wohnung für Lehrer überlassen werden, doch soll jährlich aus der vom Lehrer zu leistenden Mietentschädigung ein angemessener Betrag an die Kirchenstiftung hinüberbezahlt werden. Dieser Betrag wurde damals auf jährlich 300 M festgesetzt, später (1927) auf 60% der Jahresmiete. Die Unterhaltung des Gebäudes obliegt, solange es für Schulzwecke benützt wird, den beteiligten politischen Gemeinden laut gesetzlicher Vorschrift. Der Kirche verbleibt unter allen Umständen das Recht, die Schulsäle für die Religionsstunden, den Konfirmandenunterricht und „sonstige kirchliche Zwecke“ unentgeltlich und während der Heizperiode in geheiztem Zustande zu benützen.

Zur Zeit besitzt die Kirchenstiftung folgende Grundstücke:

Die Kirche in Sachsen mit Turm und Kirchhof 1,04 Tgw.
Die Kirche in Neukirchen 0,05 „

[212] Die untere Grundwiese, die kleine, mittlere und obere Meerhündin (Wiese), zwei Stegwiesen, unterer und oberer Kalkofen-Acker, Straßacker, sämtlich in der Gemeinde Volkersdorf.

Die Höllwiese bei Alberndorf.

Die Vestenbergerin und den Eichdümpfel (Wiesen), Acker und Wiese bei der Schockenmühle, sämtlich in der Gemeinde Eyb.

Die Gesamtfläche aller Grundstücke ohne die beiden Kirchen beträgt 13,12 Tgw. (4,472 ha). Eine geringe Minderung wird sich infolge der Wasserstall-Entwässerung ergeben.

An Kapitalien hat die Kirchenstiftung zur Zeit 2405,76 RM. Der Baufonds zählt 7776,95 RM.


Neben der Kirchenstiftung mit ihrem Vermögen gibt es in neuerer Zeit auch ein Kirchengemeindevermögen. Zu diesem gehören alle Einnahmen aus Kirchenumlagen, Kirchgeldern, freiwilligen Schenkungen und Stiftungen, soweit diese nicht ausdrücklich der Kirchenstiftung vermeint sind. Auch etwaige Anschaffungen aus solchen Einkünften zählen zum Eigentum der Kirchengemeinde. Alles Kirchengemeindevermögen gilt als rein kirchlich und unterliegt nur der kirchlichen Aufsicht, während bei allen Stiftungen, also auch bei der Kirchenstiftung, zur Zeit noch der Staat, wenigstens in Bayern, ein Oberaufsichtsrecht beansprucht.

Durch die Ablösung der staatlichen Baupflicht im Jahre 1894 hat gerade die Kirchengemeinde Sachsen eine besondere Verpflichtung übernommen, nämlich alle notwendigen Bauten und Reparaturen an den kirchlichen Gebäuden selbst zu bestreiten, soweit nicht die Kirchenstiftung und der Baufonds dazu in der Lage sind.

Die Verwaltung des Kirchengutes

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Auch nach der Einführung der Reformation unterstand die gesamte Verwaltung des Kirchengutes den vier von der Gemeinde erwählten Gotteshauspflegern. Es waren nach wie vor zwei aus dem markgräflichen, zwei aus dem nürnbergischen Gebiet. Die markgräflichen Pfleger konnten ihr Amt in der Regel auf Lebenszeit behalten, und die Ansbacher Regierung vermied jede Einmischung in die wohlgeordnete Verwaltung. Dagegen suchte Nürnberg auch hier „Gerechtsame“ zu beanspruchen. Zwar daß der Amtspfleger Rummel in Lichtenau 1531 ohne weiteres „allen Vorrat an Geld und anderem von der Kirche“ zu Sachsen wegnahm, um damit Getreide für die Bevölkerung zu kaufen und das Reiche Almosen für die noch ausständige Gült schadlos zu halten, war selbst dem Rat der Stadt [213] Nürnberg zu viel, da es gegen alle Rechtsordnung verstieß, weshalb der Amtspfleger angewiesen wurde, den Schaden alsbald wieder zu ersetzen. Aber die Stadt duldete und unterstützte es, daß das Landalmosenamt in die Rechte der Gemeinde eingriff und von sich aus die beiden nürnbergischen Gotteshauspfleger ernannte. Schon dadurch kam eine Unstimmigkeit in die Verwaltung des Kirchengutes herein. Schlimmer noch wirkten sich Nürnbergs Ansprüche bei der jährlichen Abhör der Rechnungen aus, wie bereits auf S. 159 berichtet wurde. Am meisten aber war bei der Erledigung von Bausachen darüber zu klagen, wie in den Abschnitten über den Pfarrhof und über die Kirche und den Turm hervorgehoben werden mußte (S. 174, 178 und 194).

Die Gotteshauspfleger versahen ihre Stelle ehrenamtlich. Nur bei der jährlichen Abhör der Rechnung durften sie sich mit der „Zehrung“ gütlich tun, zugleich mit den abhörenden Herren aus Ansbach, Lichtenau oder Nürnberg. Um allzu große Ausgaben zu vermeiden, wurde angeordnet, daß die Zehrung den Betrag von 11 fl. nicht überschreiten dürfe. Später (1754) wurde der Betrag auf 9 fl. herabgesetzt. Schon früher (1728) hören wir, daß sie für ihr sehr mühevolles Amt doch eine geringe Entschädigung erhielten, nämlich jeder Pfleger ein jährliches „Deputat“ von 1 fl. Als dann der Klingelsack eingeführt wurde, den die Gotteshauspfleger herumzutragen hatten, wurde ihnen nochmals je ein halber Gulden bewilligt. Da sie eine Zeitlang zur Abhör der Rechnung nach Ansbach fahren mußten, bekamen sie mit dem Pfarrer zusammen eine Reise-Entschädigung von im ganzen 3 fl. 20 kr.

Die Zehrung auf Kosten der Kirchenstiftung vergaß man auch bei anderen Gelegenheiten nicht. Vor allem wenn die Stiftungsgrundstücke neu verpachtet wurden, was meist in kürzerer Zeit sich wiederholte, wurden alle Pachtlustigen im Wirtshaus mit „Stechwein“ (wohl eine geringere Sorte Wein) oder mit Bier und Brot bewirtet. Das kostete z. B. im Jahre 1728 nicht weniger als 13 fl., eine für die damalige Zeit recht beträchtliche Summe (etwa 100 RM nach heutigem Geldwert). Auch diese Ausgabe mußte auf behördliche Anordnung hin eingeschränkt werden.

Mehr und mehr glitt die Vermögensverwaltung und Rechnungsführung in weltliche Hände hinüber. Wie der eine Teil des Kirchengutes in Lichtenau, der andere in Ansbach zuletzt verwaltet wurde, ist schon früher gesagt worden (S. 160). In Ansbach war es der Stiftsverwalter, der in der letzten Zeit das Kassenwesen sich angeeignet hatte. Das hatte böse Folgen. Denn als 1790 der Stiftsverwalter Hoffmann in Konkurs geriet, büßte die Kirchenstiftung Sachsen volle 852 fl. ein. Gans verweltlicht wurde die Verwaltung [214] des Kirchengutes erst unter der bayerischen Regierung, die dazu 1808 besondere Stiftungsadministrationen einrichtete. Die Gotteshauspfleger wurden ihres Amtes überall enthoben, und alle Kassengeschäfte gingen nun für Sachsen über Herrieden. Schon die weite Entfernung dieses Ortes bedingte eine Menge von Umständlichkeiten, Botengängen und Schreibereien. Dazu war die Administration eine äußerst kostspielige und bürokratische Behörde, die ganz willkürlich mit dem Kirchengute schaltete, recht wenig leistete und doch eine Menge Geld verbrauchte. So kam es, daß die notwendigsten Reparaturen an den kirchlichen Gebäuden vernachlässigt oder doch erst spät ausgeführt wurden, und daß die Handwerker oft jahrelang auf die Bezahlung ihrer Rechnungen warten mußten. Besitztümer wurden verkauft, Schulden aufgenommen, kurz das ganze kirchliche Finanzwesen in eine unheilvolle Zerrüttung gebracht. Es ist schon im vorigen Abschnitt geschildert worden, welche Vermögens-Verluste für Sachsen durch die Administration in Herrieden entstanden. Da die Klagen sich immer mehr häuften, konnte die bayerische Regierung nicht anders, als nach nur zehnjährigem Bestande die Stiftungsadministrationen wieder aufzuheben (1817).

Die Verwaltung des Kirchengutes wurde nun wieder an die Gemeinden hinausgegeben, aber leider nicht an die Kirchengemeinden, sondern an die politischen Gemeindeverwaltungen. Auch das war ein Mißgriff, doch kein so schwerer als der mit den Administrationen. Denn damals deckten sich in der Regel die politischen mit den kirchlichen–Gemeinden, und wenn der Bürgermeister und die Gemeindeverwaltung gut kirchlich gesinnt waren, konnten sie wohl in kirchlichem Sinne wirken und verwalten. Aber diese Voraussetzung war eben nicht überall gegeben, und auch eine gutgesinnte Gemeindeverwaltung sah zuerst immer auf das, was der Gemeinde nützte. Die Kirche mußte wohl oder übel zurückstehen und mancherlei Beeinträchtigungen erfahren. Auch dieser Zustand ließ sich darum nicht lange aufrechterhalten. Im Jahre 1834 schuf man endlich eigene Kirchenverwaltungen und vertraute diesen das Kirchengut an. Allerdings mußte sich’s diese neue Verwaltung gefallen lassen, daß noch ein Vertreter der politischen Gemeinde mitwirkte. Erst 1912 wurde eine neue Kirchengemeindeordnung herausgegeben, die der Kirche wieder das volle Verfügungsrecht über das Kirchengut einräumte, freilich mit einer immer noch recht weitgehenden staatlichen Aufsicht.

Neuere Gesetze haben dann der Kirche noch mehr Bewegungsfreiheit verliehen, vor allem auf dem Gebiete der Selbstbesteuerung (Kirchenumlagen und Kirchgeld). Für alle Steuersachen wurde eine Steuerverbandsvertretung vorgesehen, die praktisch [215] zwar mit der Kirchenverwaltung zusammenfällt, aber unter besonderen Bestimmungen steht. Auch sind jetzt wohl überall die Geschäfte der Kirchenverwaltung dem Kirchenvorstande übertragen, so daß, wie es in Sachsen der Fall ist, eine einheitliche Beratung und Verwaltung für die Kirchengemeinde besteht. Bemerkt sei noch, daß eine Kirchengemeinde in streng gesetzlichem Sinne erst mit der neuen Kirchengemeindeordnung von 1912 geschaffen wurde.

9. Die Kirche in Neukirchen (Fortsetzung zu S. 76)

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Über die kirchlichen Verhältnisse in dem Filialort Neukirchen hören wir aus der Zeit nach der Reformation bis hin zum Dreißigjährigen Kriege recht wenig. So wissen wir nicht, wie lange die von dem ersten evangelischen Pfarrer Jakob Hofmann eingerichteten Wochengottesdienste fortbestanden, ob ihnen erst der Dreißigjährige Krieg ein Ende bereitete oder ob sie schon vorher, vielleicht nach und nach, eingegangen sind. Der Krieg machte jedenfalls auch in Neukirchen wie überall einen tiefen Einschnitt in das kirchliche Leben. Denn auch Neukirchen lag längere Zeit fast ganz verödet da und die Bevölkerung konnte sich hernach erst langsam wieder zusammenfinden.

Im Mai 1660 wandte sich die Ortsgemeinde an das Konsistorium in Ansbach mit der Bitte, ihre in dem Kriegsunwesen so sehr „ruinierte“ Kirche in Augenschein zu nehmen und Abhilfe zu schaffen, ehe „der Turm und das Dachwerk vollends gar über einen Haufen zusammenfällt“. Die Nachschau ergab, daß die Balken ganz verfault waren und daß besonders der „Chor“ sehr gelitten hatte. Hier hören wir zum erstenmal von einem Chor, der an die Kirche angebaut war. Vor der letzten Renovierung konnte man das an der Ostwand auch deutlich erkennen. Der gotische Chorbogen deutet darauf hin, daß dieser Chor erst in späterer Zeit angebaut wurde, vielleicht um die gleiche Zeit, wie der Chor an der Kirche in Sachsen. Freilich zu der damals nach dem Dreißigjährigen Kriege gewünschten Reparatur brauchte man Geld, und das Geld war in jener Zeit sehr rar. So ist es nicht zu verwundern, daß wir erst 1673 von einer teilweisen Erneuerung und 1682 von der weiteren Ausführung lesen. In dem letztgenannten Jahre kamen auch die Gemeindeglieder sogleich mit dem Antrag an die Kirchenbehörde, es möchte wieder alle 2–3 Wochen eine Betstunde in der Kirche gehalten werden. Pfarrer Dietrich erklärte sich damit einverstanden, wenn ihm nur für sein Pferd das nötige Futter dargereicht werde, von jedem Haushalte etwa zwei Metzen Haber. Daraufhin wurde eine Betstunde alle 14 Tage, jeweils am Donnerstag, genehmigt, jedoch nur für die Amtszeit des [216] Pfarrers Dietrich. Ob unter seinen Nachfolgern die Betstunden fortgesetzt wurden, ist nicht bekannt.

Im Jahre 1688 wurde auch noch eine Glocke für die Kirche beschafft aus der Gießerei des Wolf Hieronymus Herold in Nürnberg, 125 Pfund schwer. 1698 folgte eine neue Schlaguhr, gefertigt von Matthäus Fürst in Fürth. Der aus Neukirchen stammende Bräumeister Paul Andreas Kernstock hatte dazu 15 fl. gestiftet, die Kirchenstiftung zahlte noch 31 fl. darauf. Leider blieb auch der Turm in Neukirchen trotz seiner Niedrigkeit nicht vom Blitze verschont. Am 1. Juni 1694 schlug er ein und richtete allerhand Schaden an Dach und Gebälk an, zertrümmerte auch das „Anbäulein vor der Kirchtüre“; und am 24. Juli 1731 traf er abermals den Turm. 1708 wurde die alte Glocke gegen eine größere von 232 Pfund eingetauscht, und zwar von dem Glockengießer Johann Konrad Roth in Forchheim. 1766 kam eine neue Uhr. 1783 wurde eine größere Reparatur am Turm vorgenommen, 1828 eine neue Glocke durch Mich. Ernst Käferlein in Nürnberg gegossen.

Man konnte sich in Neukirchen solche Ausgaben sehr wohl leisten, da die Filialkirchenstiftung stets gute Erträgnisse abwarf. Mit der Zeit ergaben sich sogar erhebliche Überschüsse. So war 1720 schon ein Kassenbestand von 572 fl. vorhanden, 1746 ein solcher von 1436 fl., 1763 schon 2580 fl., und so weiter. Eben darum wurden der Stiftung auch allerlei Ausgaben zugemutet, die fremden Zwecken dienten. Von 1759 an mußte sie jährlich 12 fl. an die Schule zu Hennenbach bezahlen, dazu von 1763 an noch weitere 10 fl. Eine Zeitlang hatte sie an den Kaplan Horn zu Windsbach wöchentlich 30 kr., also jährlich 26 fl. zu entrichten, von 1805 ab an die Schule in Zandt jährlich 25 fl., ab 1766 an eine Regierungsratswitwe in jedem Jahre 12½ fl., usw. Auch einmalige Ausgaben waren zu leisten, wie 1766 für Reparaturen an der Kirche in Vestenberg 10 fl., 1768 für eine solche in Brodswinden 25 fl., 1744 zum Pfarrhausbau in Merkendorf 25 fl. Dazu kamen Ausgaben für auswärtige Arme, so für einen Waisenknaben in Flachslanden jährlich 3 fl., für eine verarmte Frau in Hirschbronn wöchentlich 15 kr., für einen armen Mann in Hennenbach wöchentlich 10 kr., später 20 kr. Einheimische Arme gab es nur selten, wie 1762 zwei Waisenkinder Strauß, die wöchentlich mit 15 kr. bedacht wurden. Aber trotz aller Ausgaben mehrte sich der Kassenbestand mit jedem Jahre, so daß man sogar größere Grundstücke ankaufen konnte. Es wurden 1774 zwei Waldteile erworben, 5 Morgen bei der Roßleiten und 8 Morgen auf der Weiherleiten, beide zwischen Vestenberg und Wicklesgreuth gelegen.

Am 31. Mai 1813 wurde die Vereinigung der Filialkirchenstiftung Neukirchen mit der Hauptkirchenstiftung in Sachsen verfügt, [217] weil man in jener Zeit der „Aufklärung“ und des Vernunftglaubens eine zweite Kirche neben der in Sachsen nicht mehr für nötig hielt. Am liebsten hätte man gleich die Niederrreißung der Kirche angeordnet; aber der hochgelegene und weithin sichtbare Turm war für die Landesvermessung gut zu gebrauchen und sollte darum als trigonometrisches Signal stehen bleiben. Und da der Turm auf der Kirche aufgebaut war, mußte man auch diese stehen lassen. Man konnte sie ja auch, wie es in einem damaligen Berichte heißt, als „Polizeianstalt zur Versammlung der Leute bei Feuersgefahr“ verwenden oder sonst „zu irgendeinem Gebrauch“. In der Folgezeit gab es noch allerlei Auseinandersetzungen mit Sachsen über vorkommende Baufälle, bis man sich dahin einigte, daß das vereinigte Kirchenvermögen auch für die „Erhaltung und Wiederherstellung der Kirche in Neukirchen“ zu sorgen habe. Diese Vereinbarung wurde allerdings nur sehr mangelhaft erfüllt. Man tat später nur das Allernotwendigste, um Kirche und Turm vor dem Einsturz zu bewahren, ließ aber im übrigen die Kirche vollkommen verwahrlosen. Es bedeutete darum nur eine Einlösung der alten Schuldpflicht, als im Jahre 1929 die Kirche wieder in würdigen Stand gesetzt und aufs neue in Gebrauch genommen wurde. Unter Leitung des Architekten Pylipp in Ansbach wurde das Gotteshaus hübsch erneuert und am 7. Juli durch Oberkirchenrat Rüdel neu geweiht. Als Kirchweihtag gilt nunmehr der Sonntag nach Peter und Paul. Der Kostenaufwand belief sich auf rund 5000 RM, wozu noch erhebliche Leistungen der Ortsgemeinde an Hand- und Spanndiensten, auch an Schenkungen und Stiftungen zu rechnen sind.

Bei der Übergabe des Stiftungsvermögens nach Sachsen im Jahre 1813 wurden folgende Werte verzeichnet:

½ Tgw. Wiese am langen Steg (1707 dem Lehrer von Sachsen zur Nutznießung überlassen).
½ Tgw. Wiese, die Vestenbergerin, unter der Aumühle.
1 Tgw. Wiese bei Herpersdorf (1912 an Eschenbacher in Herpersdorf verkauft).
⅜ Tgw. Wiese in der Wilden Grube bei Rutzendorf (1814 an Georg Simon Geyer in Rutzendorf verkauft).
13 Tgw. Waldungen in der Roßleiten und Weiherleiten zwischen Vestenberg und Wicklesgreuth (1814 an Joh. Michael Entner in Weiherschneidbach verkauft).

850 fl. an Kapitalien und Barbestand.
½ Simra Korngült, umgewandelt in jährlich 1 fl. 30 kr.
30 kr. jährlicher Zins von Immeldorf.

[218] Nachzutragen ist noch, daß Neukirchen im Weltkrieg seine Glocke nicht abzuliefern brauchte, sondern sie heute noch besitzt; weiter, daß 1921 eine neue Uhr von der Firma Förster in Nürnberg bezogen wurde.

Bis zur Auflassung der Kirche im Jahre 1813 fand jährlich nur einmal ein Gottesdienst in Neukirchen statt, nämlich am Kirchweihtage, der damals am Sonntag nach Mariä Heimsuchung (Sonntag nach dem 2. Juli) gefeiert wurde. Der Pfarrer von Sachsen erhielt für die Predigt aus der Stiftung 1 fl. 15 kr., wobei er aber auch nachmittags noch Gottesdienst zu halten hatte. Er und der Organist wurden an diesem Tage mittags und abends „mit einer ländlichen Kirchweihsuppe“ bewirtet, und zwar abwechselnd jedes Jahr bei einem anderen Bauern. Im Jahre 1852 war vom Dekanat die Wiedereinführung der abgeschafften Kirchweihpredigt angeregt worden. Pfarrer Günther erklärte sich dazu bereit; aber es fehlten die Mittel, um die Kirche zuvor in würdigen Zustand zu versetzen. Seit der Wiederherstellung der Kirche haben gemäß Entschließung der Kirchenbehörde mindestens vier Gottesdienste im Jahre stattzufinden.

Zur Reinhaltung der Kirche, zur Mitwirkung bei den Gottesdiensten, zum Läuten der Glocke täglich früh, mittags und abends, und zum Aufziehen der Uhr war in Neukirchen von jeher ein Mesner beauftragt. Ehedem war es der jeweils von der Gemeinde gedungene Hirte. Als sich aber 1729 der Schneider und Weber Hans Adam Ziegler aus Rutzendorf in Neukirchen ansässig machen wollte, wurde ihm von der Gemeinde die Erlaubnis hierzu sowie der nötige Baugrund auf dem bei der Kirche gelegenen Gemeindeplatz nur gegeben unter der Bedingung, daß er „beständig und auf ewige Zeiten“ den Mesnerdienst übernehme. Als Entschädigung sollte er neben der kostenlosen Überlassung des Bauplatzes noch das Recht haben, eine Kuh und ein Schwein unentgeltlich auf die Weide laufen zu lassen. Ferner sollte er bei der Überführung von Leichen nach Sachsen für das Läuten der Glocke erhalten: von Külbingern jedesmal 7½ kr., von Neukirchnern die Hälfte. Es ist begreiflich, daß dem Ziegler diese Entlohnung mit der Zeit allzu kärglich erschien, weshalb er um Aufbesserung bat. Man gewährte ihm dann jährlich 5 fl. aus der Kirchenstiftung. Im Laufe der Zeit folgten dann für den Mesner weiter Erhöhungen. Der Kirchendienst ist aber bis heute bei den Inhabern des damals gebauten Hauses (Nr. 6) verblieben.

[219]

10. Die kirchliche Ordnung

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a) Gottesdienste

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Was einst in den Tagen der Reformation grundlegend begonnen wurde, das fand seine Fortsetzung und seinen Ausbau in den nachfolgenden Jahrhunderten. Der Mittelpunkt aller kirchlichen Ordnung blieb stets die Verkündigung des göttlichen Wortes, nicht nur in den Hauptgottesdiensten, sondern auch in den „Christenlehren“ und Wochengottesdiensten, im Unterricht der Jugend und bei den kirchlichen Amtshandlungen. Maßgebend war dabei in der Pfarrei Sachsen bis in die Neuzeit herein die „Brandenburgische“ (Markgräflich-Ansbachische) Kirchenordnung, die mit der Nürnberger Ordnung fast völlig übereinstimmte.

Neben der Wortverkündigung kam in den evangelischen Gottesdiensten stets auch die Anbetung, der eigentliche „Gottes-Dienst“, das Dienen vor Gott, zum Ausdruck. Es geschah das vor allem in der Liturgie, die ja nichts anderes als „Dienst“ = Gottesdienst bedeutet, dann weiter im Gemeindegesang und Gemeindegebet. Dazu diente auch ein würdiger Schmuck des Altars und des ganzen Kirchenraumes, weshalb man die alten schmuckvollen Altäre aus der katholischen Zeit unbedenklich beibehielt, auch wenn man die dort abgebildeten Heiligengestalten nicht mehr als Mittler und Fürsprecher anerkannte. Selbst die weißen Chorhemden der Geistlichen und längere Zeit sogar die bei der Feier des heiligen Abendmahls noch gebrauchten Meßgewänder ließ man in diesem Sinne gelten. Der Gedanke einer würdigen und schönen gottesdienstlichen Feier trat überall in Erscheinung.

Die Bedeutung solcher evangelischen Gottesdienste wurde freilich von der Gemeinde nicht immer voll verstanden. Zwar die Hauptgottesdienste durften sich, soweit aus den Akten ersichtlich ist, in Sachsen jederzeit eines guten Besuches erfreuen, aber die Nebengottesdienste am Sonntagnachmittag (Christenlehre) und während der Woche (zweimal, am Dienstag und Freitag, später nur noch am Freitag) fanden niemals die gebührende Beachtung, wie immer wieder geklagt wurde. Aber auch bei den Hauptgottesdiensten wurde der anbetende Teil, d. h. die Liturgie, gern als etwas Überflüssiges angesehen, wenigstens von den Männern und Burschen, die, wie öfters die Klage lautete, während des Altargottesdienstes sich auf dem Kirchhof aufhielten, dort miteinander schwätzten und erst beim zweiten Lied ihre Plätze im Gotteshause aufsuchten. Sogar von solchen hört man, die statt in das Gotteshaus lieber in das Wirtshaus gingen, den Sonntag überhaupt durch Handelsgeschäfte und anderes entheiligten.

[220] Kirchenvisitationen scheinen in Sachsen nur jeweils bei der Einsetzung eines neuen Pfarrers gehalten worden zu sein: Nach dem Vergleich von 1653 sollten dabei Ansbach und Nürnberg immer zusammengehen. Das hatte natürlich seine Schwierigkeiten, weshalb wohl die Visitationen so selten stattfanden. Es war dabei stets der markgräfliche Dekan von Leutershausen tätig und zugleich ein Geistlicher aus Nürnberg (z. B. 1680 Prediger Feuerlein, 1717 Prediger Wetzel). Über den Stand christlicher Kenntnisse wurden bei dieser Gelegenheit nicht nur die Kinder und die Jugend geprüft, sondern auch die Erwachsenen, Männer und Frauen. Diese Ordnung rührte noch von der Reformationszeit her, wo anfangs die Unwissenheit in Glaubenssachen so ungeheuer groß war, daß man die „Christenlehren“, d. h. den sonntäglichen Unterricht für alle Christen, für jung und alt, einrichten mußte. Dazu kam, daß damals von einem geordneten Schulwesen noch keine Rede war, so daß die christliche Unterweisung ausschließlich in der Kirche erfolgen mußte und für die Jugend erst später in die Schule verlegt werden konnte.

Was bei diesen Visitationen herauskam, war recht verschieden, je nachdem die prüfenden Herren schwere oder leichte Fragen stellten, je nachdem sie mehr den allgemeinen Stand christlicher Erkenntnis ins Auge faßten oder besondere Kenntnisse im Katechismus, in Bibelsprüchen und anderem forderten. So berichtete 1680 der nürnbergische Prediger Feuerlein, er habe die Leute „in ihrem Katechismus und Christentum so fein unterrichtet befunden, daß man mit ihnen noch wohl zufrieden sein konnte“. Dagegen schreibt der Prediger Wetzel 1717, die Jugend habe sich willig examinieren lassen, aber bei vielen sei große Unwissenheit vorhanden gewesen, wenn es auch nicht an solchen fehlte, die noch ziemlich aus dem Katechismus und sonst hätten antworten können; bei den Älteren seien etliche ganz roh und unwissend gewesen, andere besser, wenige hätten prompt antworten können, doch hätten sie sich alle willig examinieren lassen. Die Prüfung währte damals 2½ Stunden. Auch bei den folgenden Visitationen schwankten die Urteile sehr. Auffallend ist ein Bericht von 1759, der hervorhebt, daß Knaben und Mägdlein nicht recht mitkamen, dagegen die Erwachsenen zum Teil recht gründlich zu antworten vermochten; besonders hätten sich zwei Frauen auf den vordersten Bänken hervorgetan, sowie ein Mann, der dem Visitator auf Schritt und Tritt folgte, von dem sich aber hernach herausstellte, daß er ein auswärtiger Lehrer war. Aus den beiden letzten Bemerkungen erkennt man, daß sich die Visitatoren auch täuschen ließen.

Im Jahre 1789 fand zum letztenmal eine derartige Visitation statt. Es war eine neue Zeit angebrochen, die auch kirchlich manche Änderung brachte. Nachdem der allgemeine Schulunterricht mit einem [221] eingehenden Religionsunterricht sich durchgesetzt hatte, war es wirklich nicht mehr notwendig, die Erwachsenen so wie zu Luthers Zeiten zu schulen und sie öffentlich zu prüfen. Es mußte sich eine andere Visitationsweise herausbilden, ähnlich wie sie heutzutage geübt wird. Die „Christenlehren“ erhielten sich allerdings noch weiter, aber in der Hauptsache nun für die Jugend, wenn auch so, daß Erwachsene immer noch mit Gewinn daran teilnehmen konnten. Eine Pflicht zum Besuch der Christenlehre bestand lange Zeit bis zum 18. Lebensjahre und wurde dann der Besuchszeit für die Sonntagsschule und Fortbildungsschule gleichgeschaltet. Neuerdings hat sie wieder eine Änderung erfahren und harrt noch eines ganz neuzeitlichen Ausbaues oder vielleicht auch einer völligen Umgestaltung. Schweren Schaden hatte die Zeit der „Aufklärung“ gebracht, die etwa um 1750 einsetzte, in unserem Gebiet sich aber erst gegen das Ende des Jahrhunderts auswirkte. Dem verstandesmäßigen Vernunftglauben dieser Zeit, Rationalismus genannt, war alles Wunderbare, Biblische, Sakramentale, Liturgische, Feierliche und Weihevolle zuwider, und wo er konnte, begann er damit aufzuräumen. Die Liturgie in den Gottesdiensten wurde beseitigt und der Gottesdienst selbst möglichst einfach, nüchtern und verstandesmäßig gestaltet. Die Sakramente, Taufe und Abendmahl, verloren ihre hohe, heilige Würde. Der Inhalt des Christentums wurde auf die drei Worte „Gott, Tugend, Unsterblichkeit“ zurückgeschraubt; Wunder erkannte man nicht an, weil sie angeblich der Vernunft widersprachen; die Person Christi wurde ihres göttlichen Charakters entkleidet, seine Auferstehung geleugnet, usw. Der inneren Leerheit paßte sich auch bald die äußere Leerheit an. Aus den Kirchen entfernte man möglichst allen Schmuck und Zierat, zündete keine Lichter mehr an, ließ die Geistlichen nicht mehr ihre weißen Chorhemden tragen, machte alles recht nüchtern, farblos, kahl und leer. Wir haben es bei dem Umbau der Kirche in Sachsen gesehen, wie da der Rationalismus übel hauste und schonungslos gegen das Alte vorging. Glücklicherweise konnte er sich nicht überall so durchsetzen, wie er wollte, da die Gemeinden weithin ein besseres Verständnis zeigten und mehr inneres Gefühl für das wahrhaft Christliche hatten. Aber gerade Sachsen hatte es unter der Führung des damaligen Pfarrers Brandt spüren müssen. Die preußische Regierung (von 1792 ab) trug eine Hauptschuld an der Verbreitung des Rationalismus.

Es dauerte geraume Zeit, bis dieser rationalistische Geist von innen heraus überwunden wurde. Erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wehte wieder eine andere Luft und das biblische Christentum blühte wieder auf. Die Liturgie wurde in Bayern 1856 wieder eingeführt. Die Gemeinden hatten sich allerdings in der Zwischenzeit [222] so sehr an die kahle und kalte Nüchternheit des rationalistischen Gottesdienstes gewöhnt, daß sie nur schwer zu bewegen waren, wieder die gute, alte, lutherische Ordnung anzunehmen. Auch in Sachsen glaubte der Kirchenvorstand im Namen der Gemeinde gegen die Wiedereinführung der Liturgie protestieren zu sollen, weil diese angeblich katholisch sei; so sehr verkannte man das alte Luthertum. Länger währte es, bis auch die schmucklosen Gotteshäuser wieder schöner und würdiger gestaltet werden konnten; in Sachsen konnte das erst in neuester Zeit geschehen.

Eine besondere Hervorhebung muß hierbei das Gesangbuch finden. Noch in der Zeit des letzten Markgrafen war im Jahre 1781 ein neues Gesangbuch herausgegeben worden, das schon ganz dem Geist der Zeit Rechnung trug. Die ländlichen Gemeinden waren freilich damals noch nicht so weit, daß sie sich eine solche Umstellung widerspruchslos gefallen ließen. Wie Pfarrer Laubinger später berichtete, entstand da und dort „eine Art von revolutionären Auftritten“, zu deren Dämpfung der Markgraf sogar seine Husaren einsetzen mußte. – Als das neue Königreich Bayern sich gebildet hatte (1806), war auch eine größere Zahl von evangelischen Gebietsteilen, vor allem in Franken und Schwaben, dazugekommen. Diese wurden zu einer einheitlichen „Protestantischen Landeskirche“ zusammengefaßt unter einem gemeinsamen Kirchenregiment. Der Zusammenschluß sollte aber nicht nur äußerlich bleiben, sondern sich zu einer inneren Einheit formen. Diesem Zweck sollten gemeinsame Ordnungen im Kirchenwesen dienen. Dazu gehörte vor allem ein einheitliches Gesangbuch. Ein solches wurde 1816 herausgegeben. Seine Einführung in der Pfarrei Sachsen vollzog sich diesmal ohne besondere Schwierigkeit, hauptsächlich um deswillen, weil man langsam und vorsichtig vorging. Pfarrer Laubinger konnte 1821 berichten, daß nunmehr Gesangbuch und Choralbuch in der Pfarrei eingeführt seien. Aber auch dieses Bayerische Gesangbuch trug noch den Stempel rationalistischen Geistes und konnte darum bei dem Anbruch der neuen, biblisch und bekenntnismäßig gerichteten Zeit nicht mehr genügen. Es wurde deshalb 1854 wieder ein anderes Gesangbuch hergestellt, ein Gesangbuch, das bis zum Jahre 1930 im Gebrauche blieb. Pfarrer Günther konnte damals aus Sachsen melden, daß dieses Gesangbuch „freudige Aufnahme seitens des weitaus größten Teils der Gemeinde“ gefunden habe. – Durch 75 Jahre bewährte sich dieses wirklich gute und kirchliche Gesangbuch. Aber es zeigte im Laufe der Zeit doch allerlei Mängel. Es fehlten nicht wenige vortreffliche Lieder, die in anderen Landeskirchen gesungen wurden und die unserer Zeit ganz besonders angemessen waren. Anderseits konnte man eine Reihe von Liedern entbehren, die zu [223] wenig kraftvoll und erbaulich waren. Auch andere Wünsche waren laut geworden. Nach längeren Vorbereitungen kam deshalb das jetzige Gesangbuch zustande, das im Jahre 1930 erschien und ohne besondere Schwierigkeit im Laufe der nächsten Jahre allgemein eingeführt wurde.

b) Feste und Feiertage

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In dem Abschnitt von der „Reformation in der Pfarrei Sachsen“ wurde bereits ausgeführt, daß nicht nur die eigentlich christlichen Feste beibehalten wurden, sondern auch die Aposteltage und die meisten Marientage. Darin gab es keine Änderung bis gegen das Ende des vorletzten Jahrhunderts. Im Volke wurde allerdings ein Unterschied gemacht zwischen der Feier des Sonntags und der christlichen Feste einerseits und der Feier der bestehenden Apostel- und Marientage anderseits. Bei den letzteren glaubte man es nicht so genau nehmen zu müssen. Für den Fortgang der Arbeit bedeuteten ja diese in der Regel auf einen Wochentag fallenden Feiertage oft ein lästiges Hindernis, zumal in der sommerlichen Zeit. Mancher Tag fiel darum schon im Laufe der Zeit dahin, wie der Feiertag „Mariä Himmelfahrt“, der im Ansbacher Gebiet schon 1715 nicht mehr begangen wurde. Da Nürnberg diesen Tag noch länger beibehielt, ergab sich für die Pfarrei Sachsen die mißliche Lage, daß die Hälfte der Gemeinde feierte, die andere Hälfte arbeitete. Die feiernde Hälfte mußte nach Lichtenau zur Kirche gehen, weil die Kirche in Sachsen sich nach der Ansbacher Ordnung zu richten hatte. Die preußische Regierung räumte mit sämtlichen Feiertagen auf und ließ außer den Sonntagen nur Weihnachten, Ostern und Pfingsten mit je zwei Tagen, dann Neujahr, Karfreitag und Himmelfahrtsfest gelten. Das geschah durch die Verordnung von 1796. Da Nürnberg diesem Vorgehen nicht folgte, ergaben sich für die Pfarrei Sachsen noch mehr Mißstände als zuvor.

Ein Ansatz zur Feier eines Reformationsfestes war schon in der Ansbacher Kirchenordnung gegeben. Danach sollte an dem Sonntag, der Luthers Geburtstag (10. November) am nächsten lag, sei’s vorher oder nachher, im Gottesdienste des Werkes der Reformation gedacht werden. Erst in neuerer Zeit wurde das Fest auf den Sonntag nach dem 31. Oktober, dem Gedenktag des Thesen-Anschlags Luthers an die Schloßkirche zu Wittenberg, verlegt.

Im Gedenken an die Reformation wurden auch stets Jahrhundertfeiern begangen. Der Beginn der Reformation im Jahre 1517 wurde regelmäßig in den Jahren 1617, 1717, 1817 und 1917 in großen Jubelfesten gefeiert. Der Überreichung der Augsburger [224] Konfession am 25. Juni 1530 wurde gleicherweise 1630, 1730, 1830 und 1930 festlich gedacht. Im Nürnberger Gebiet geschah das sogar jedes Jahr am Sonntag nach Johannis, wodurch dort dieser Tag als Reformationsfest galt. In dem laufenden Jahrhundert hat man noch besonders gedacht: 1921 an den Reichstag zu Worms mit seinem großen Luther–Bekenntnis, 1922 an Luthers Bibelübersetzung auf der Wartburg, 1923 an die Herausgabe des ersten evangelischen Gesangbuches, 1928 an das Erscheinen des Kleinen Katechismus Luthers, 1929 an den Reichstag zu Speier mit der „Protestation“ der evangelischen Fürsten, 1933 an Luthers Geburtstag vor 450 Jahren (10. November 1483 zu Eisleben). Dazwischen beging die Pfarrei Sachsen noch ein eigenes Jubiläum, das der Einführung der Reformation in Sachsen vor 400 Jahren (um ein Jahr verspätet, erst 1929).

Bußtage wurden einst nur von Fall zu Fall angeordnet, wenn schwere Gefahren drohten, wie der Einfall der Türken oder der Dreißigjährige Krieg. Gegen die Türkengefahr war schon 1566 im Markgrafentum ein tägliches Gebet angeordnet worden; mittags um 12 Uhr sollten überall die Glocken läuten und dadurch die Leute zu einem Gebet um Abwendung der Türkennot aufgerufen werden. Dieses heute noch bestehende Geläute, dessen Ursprung freilich längst vergessen ist, nannte man die „Türkenglocke“. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Mittagsglocke, die stets schon um 11 Uhr rief. Nach dem Dreißigjährigen Kriege wurden die Bußtage zu einer dauernden Einrichtung der Kirche. Nur daß wieder Ansbach und Nürnberg auseinandergingen. Im Markgrafentum hatte sich der Mittwoch nach Jubilate eingebürgert, während im Gebiet der Stadt Nürnberg regelmäßig der Aschermittwoch als „Fast-, Buß- und Bettag“ eingehalten wurde. Da die Kirche in Sachsen dem markgräflichen Brauch zu folgen hatte, mußten die nürnbergischen Untertanen der Pfarrei an ihrem Bußtag nach Lichtenau zur Kirche gehen, während sie am markgräflichen Tage zu arbeiten hatten. Bei der Neuordnung des evangelischen Kirchenwesens in Bayern wurde als gemeinsamer Bußtag der noch heute als solcher geltende Sonntag Invokavit, der erste Sonntag in der Passionszeit, festgesetzt. Neuerdings kam noch ein zweiter Bußtag dazu, der als allgemeiner Bußtag für die ganze evangelische Kirche im Deutschen Reiche aus Preußen übernommen wurde, der Mittwoch vor dem letzten Sonntag nach Trinitatis, vor dem sog. Totensonntag.

Das Erntedankfest ist aus den Teuerungsjahren 1770 und 1771 herausgeboren worden. Infolge Mißwachs war damals überall die größte Not entstanden. Als dann endlich 1772 eine gesegnete Ernte kam, feierte man ein großes freudiges Dankfest. Und da man erkannt hatte, daß aller Segen von oben kommt, wiederholte man [225] fortan alljährlich dieses Fest des Dankes für die von Gott geschenkte Ernte. Der Tag hierzu wurde freilich in den verschiedenen Ländern wieder ganz verschieden festgesetzt. Die Nürnberger hielten sich nach einigem Schwanken an den 15. Sonntag nach Trinitatis, die Ansbacher an den Sonntag nach Michaelis. Letzterer wurde später als der geeignetste Tag allgemein festgehalten und gilt noch heute.

c) Kirchliche Handlungen

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Schon in der markgräflichen Kapitelsordnung von 1565 wurde ein siebenwöchiger Unterricht für „Katechumenen“ vorgeschrieben, d. h. für solche, die zum erstenmal das Sakrament des heiligen Abendmahls empfangen wollten. So berichtete auch Pfarrer Kehrer, daß er seit 1651 regelmäßig einen Sonderunterricht für diejenigen Kinder erteile, die „das Alter erreichten, um zum heiligen Abendmahl zu gehen“. 1742 hören wir von einer „Sechswochen oder Pfingst-Kinderlehre“ für alle Kinder über 13 Jahre zur Vorbereitung auf Beichte und Abendmahl, wobei täglich 2 Stunden Unterricht gegeben wurde. Aus der Erwähnung von Pfingsten entnehmen wir, daß der Unterricht zwischen Ostern und Pfingsten stattfand. Pfingsten war dann der Abendmahlstag. Aus dem Gesagten geht hervor, daß schon bald nach der Reformation ein Unterricht eingeführt wurde, der im Grunde den gleichen Zweck hatte, wie unser heutiger Konfirmanden-Unterricht. Nur daß die Stunden auf wenige Wochen zusammengedrängt waren, während heute die Unterrichtszeit auf mehrere Monate auseinandergezogen ist. Eine eigentliche Konfirmation fand damals noch nicht statt. Wir hören späterhin (1742) lediglich von einer Prüfung, mit der der Unterricht abgeschlossen wurde. Erst um das Jahr 1800 kommen Konfirmationen vor, aber auch da noch nicht überall. Die Zeit des wieder erwachenden Glaubens nach der öden Dürre des Nationalismus eignete sich die Sitte einer eigenen Konfirmationsfeier um so lieber an, als damit ein Bekenntnis und ein Treugelöbnis verbunden war, beides sehr notwendig für jene Zeit. Pfingsten war dann in der Regel der Konfirmationstag, teilweise schon der vorhergehende Sonntag Exaudi. Seit 1838 wurden die Termine rückverlegt. Der Unterricht begann schon im November, meist wöchentlich dreimal, die Konfirmation wurde auf den Sonntag nach Ostern festgesetzt. Auch der Palmsonntag konnte bereits genommen werden.

Bei Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen hatten sich im Laufe der Jahre allerlei Unsitten und Unzuträglichkeiten eingeschlichen. Wenn im Jahre 1556 über die prächtigen Gewänder und anderen Luxus bei Taufen und Hochzeiten geklagt wird, [226] so läßt das gewiß erkennen, welche Wichtigkeit man diesen kirchlichen Handlungen beilegte; aber es ist doch eine Ausartung, zumal wenn wir weiter von großartigen Schmäusen bei dieser Gelegenheit, von Völlerei und Trunkenheit und anderen Mißständen vernehmen. Sogar blutige Schlägereien kamen vor. Wiederholt mußten die Behörden durch scharfe Verordnungen eingreifen, sowohl von Nürnberg wie von Ansbach aus.

Eine ausführliche Ordnung des Markgrafen von Ansbach im Jahre 1733 läßt uns einen Blick in die damaligen Verhältnisse tun, weshalb aus ihr folgendes entnommen sei:

Bei Taufen dürfen höchstens zwei Paten genommen werden. Diese dürfen nicht, wie oft geschieht, mit großen Geschenken aufwarten, außer wenn sie für Arme Pate stehen. Ebensowenig dürfen Kinder ihre Paten bei jeder Gelegenheit um Geschenke anbetteln. Kostbare Mahlzeiten bei Kindtaufen und sog. „Kindbetthöfe“ sind bei Strafe verboten, desgleichen Spiel und Tanz dabei, überhaupt jeder unnütze Aufwand.

Bei Eheberedungen (Verlobungen) ist alle Üppigkeit und Schwelgerei, wie aller kostbare Aufwand zu vermeiden. Als Ehepfänder dürfen nur Ringe oder ein „Gulden“ oder ein „Speziestaler“ gegeben werden.

Zu den Hochzeiten sind nicht mehr als 20, höchstens 24 Personen zu laden. Ausgenommen sind Schultheißen, Siebner, Gerichtspersonen und Bauern mit ganzen Höfen; diese dürfen vier Tische mit je zehn Personen setzen. Bei Mahlzeiten in den Wirtshäusern darf nicht mehr als 1 fl. 30 kr. auf die Person verrechnet werden (nach heutigem Geldwert etwa 10 RM), und die Mahlzeit darf nur von mittag bis 5 oder 6 Uhr dauern, der Tanz hernach nur bis 9 oder höchstens 10 Uhr. Verboten ist das Zulaufen ungebetener Gäste, das Einholen der Braut mit Schießen, das Ausschicken von Kuchen und Wein in die Häuser, das Zechen vor dem Zug in die Kirche und anderes mehr.

Bei Beerdigungen ist auf möglichste Einfachheit zu achten. Es darf niemandem Brot, Wein oder anderes Getränk verabreicht werden (also keine Leichentrünke!). Witwen betrauern ihren Ehemann ein Jahr lang, Witwer ihre Frau 6 Monate, Eltern ihre Kinder 3 Monate, Kinder ihre Eltern und Großeltern 6 Monate.

Soweit die markgräfliche Ordnung. Die Leichentrünke haben sich dadurch allerdings nicht beseitigen lassen, wie spätere Verordnungen beweisen. 1789 ist sogar von Leichengelagen die Rede. Erst die neueste Zeit mit dem Weltkrieg und der Inflation hat einen erfreulichen Wandel herbeigeführt. Die Unsitte ist jetzt auf einfachste Bewirtung auswärtiger Trauergäste zurückgeführt.

[227] Die Leichen wurden von alters her für Sachsen beim Trauerhause, für auswärtige Orte beim (alten) Dorfeingang abgesungen, für die Orte Neukirchen, Külbingen, Milmersdorf, Herpersdorf und Langenlohe bei dem schon wiederholt erwähnten Totenbaum am Milmersdorfer Weg. Der Totenbaum ist um das Jahr 1760 umgefallen und nicht wieder nachgepflanzt worden. Eine Zeitlang hatte sich die Unsitte eingebürgert, daß vermögende Bauern ihre Toten schon in den nächstgelegenen Orten Volkersdorf, Rutzendorf, Alberndorf, Steinbach und Milmersdorf vom Schülerchor mit Kantor und Kreuz und womöglich auch vom Geistlichen abholen ließen, ein durchaus unsozialer und darum unhaltbarer Ausnahmezustand, der bald wieder abgeschafft wurde.

Auf dem Gottesacker fand stets nur die Einsegnung statt. Wenn eine Zeitlang vermögende Leute dabei noch eine besondere Grabrede halten ließen, so wurde auch das mit Recht in neuerer Zeit abgestellt. Die Hauptfeier wurde von jeher für die Toten in der Kirche gehalten mit einem Predigtgottesdienst. Über die einstige Unsitte der sog. „Abdankung“ wurde bereits bei den Ausführungen über den Friedhof gesprochen. Geblieben ist davon nur der Gesang des Schülerchors in der Kirche unmittelbar vor dem Trauergottesdienst.

Ungefähr um das Jahr 1700 kamen da und dort die „Totenkronen“ auf, Kronen aus Silber oder doch versilbertem oder vergoldetem Metall, die Kindern und in Ehren verstorbenen ledigen Personen beim Zug zum Kirchhof auf den Sarg gesetzt wurden. Da sich solch ein Schmuckstück nicht leicht jemand auf eigene Kosten leisten konnte, so pflegte die Kirchenkasse dieselben anzuschaffen und gegen eine geringe Gebühr auszuleihen. In unserer Gegend scheint die Sitte erst spät aufgekommen zu sein; denn erst 1772 kaufte die Kirchenstiftung von Sachsen zwei solche Kronen um den Preis von 29 fl. 10 kr. Sie wurden offenbar gern benützt, denn gleich im ersten Jahre nahm die Kirche davon 4 fl. 44 kr. ein. Die beiden Kronen sind heute noch vorhanden und werden auch noch gebraucht.


Die Einrichtung der staatlichen Standesämter vom 1. Januar 1876 ab brachte in Sachsen keinerlei Änderung der kirchlichen Ordnung hervor. Die von glaubensloser und unkirchlicher Seite erhoffte Zerstörung der kirchlichen Sitte ist auf dem Lande völlig ausgeblieben und trat auch in den Städten nur ganz wenig in Erscheinung. Bis zum heutigen Tage finden in der Pfarrei Sachsen die Taufen, die Trauungen und die christlichen Beerdigungsfeiern in alter Weise statt.

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11. Der Mesnerdienst in Sachsen

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Von Anfang an war, wie bei jeder Pfarrkirche, so auch in Sachsen ein besonderer Mesnerdienst geordnet. Der Mesner oder, wie er anderwärts genannt wird, der Kirchner oder Küster hatte das Gotteshaus unter seiner Obhut und Pflege, mußte die kirchlichen Geräte, Gewänder und alles, was zur Kirche gehört, in Verwahrung nehmen, hatte für die Beibringung der nötigen Lichter, der Hostien, des Meßweines, des Weihwassers, des Öles für das ewige Licht, und was man sonst für den Gottesdienst und das Gotteshaus bedurfte, zu sorgen und endlich dem Geistlichen beim Anlegen der Meßgewänder behilflich zu sein. Auch bei den Gottesdiensten hatte er mitzuwirken, besonders bei der Messe; ferner hatte er für den Gesang einen Schülerchor zu leiten. Daneben lag ihm ob, das Geläute der Glocken zu versehen, bei Prozessionen die Kirchenfahne zu tragen, den Geistlichen bei auswärtigen Dienstgeschäften (Versehung der Sterbenden mit den heiligen Sakramenten u. a.) zu begleiten und überhaupt in jeder Weise dem Pfarrer in seinem Amt zu Dienst zu sein. Der Mesnerdienst war in alter Zeit ein sehr wichtiger Dienst, der viel Zeit in Anspruch nahm.

Mit der Einführung der Reformation änderte sich darin vieles. Nicht wenige Dienstleistungen fielen weg, wie die Mitwirkung bei den täglichen Messen. Anderes blieb bestehen, wie die Leitung des Schülerchores und des gottesdienstlichen Gesanges (Kantoratsdienst), bis späterhin Orgeln eingerichtet und damit ein eigener Organistendienst geschaffen wurde. Wesentliche Änderungen brachte überhaupt in der Folgezeit die Verbindung des Schuldienstes mit dem Mesnerdienst, wovon später die Rede sein wird.

Aus der Zeit vor der Reformation sind uns keine Namen von Mesnern überliefert. Erst um das Jahr 1550 hören wir den Namen Hans Eberlein nennen, dann von 1571 ab Heinz Weiß und von 1595 ab dessen Sohn Hans Weiß. Auch diese Namen wären uns wohl nicht berichtet worden, wenn nicht wieder die unglückseligen Zwistigkeiten zwischen Nürnberg und Ansbach hereingespielt hätten. Von alters her war es nämlich feste Ordnung gewesen, daß der Mesner alljährlich, meist am Stephanstag (26. Dezember), von dem Pfarrer und den vier Gotteshauspflegern im Pfarrhof gedingt und daraufhin von dem Pfarrer in Pflicht genommen wurde. Irgendeine weitere Bestätigung oder Verpflichtung gab es nicht. Um das Jahr 1580 begann jedoch der nürnbergische Pfleger in Lichtenau zu fordern, daß der gewählte Mesner auch von ihm bestätigt und verpflichtet werde und daß dieser als Anerkennung der Oberherrlichkeit Nürnbergs jährlich eine „Verspruchhenne“ nach Lichtenau abliefere. [229] Alle Einsprüche des Pfarrers von Sachsen und der Ansbacher Behörden halfen nichts, der Mesner mußte der Gewalt nachgeben und sich fügen. Aber die Eingriffe des Nürnberger Pflegers gingen noch weiter. Als um 1578 der damalige „Schu1meister“ Joachim Schmidt vom Pfleger kurzerhand abgesetzt wurde und nach Neustadt verzog, wollte Pfarrer Löscher an Stelle des bisherigen Mesners, der weder lesen noch schreiben noch in der Kirche vorsingen konnte, einen anderen tüchtigen Mesner anstellen, der dies alles verstand und darum auch Schule zu halten vermochte; aber der Pfleger vereitelte dies auf Anstiften der beiden nürnbergischen Gotteshauspfleger und befahl, den alten Mesner wieder zu wählen, ohne sich um den Einspruch des Pfarrers und der beiden markgräflichen Gotteshauspfleger zu kümmern. Ein neuer Versuch des Pfarrers im Jahre 1593 wurde ebenfalls von Lichtenau aus vereitelt. Erst 1595 erreichte es Pfarrer Löscher, daß der inzwischen alt gewordene Mesner nicht mehr gedingt und für ihn wenigstens sein Sohn Hans Weiß angenommen wurde.

Im Dreißigjährigen Kriege erscheint eine sehr üble Persönlichkeit als Mesner von Sachsen, nämlich Wolf Freudel, von dem schon auf S. 118 die Rede war. Dann werden genannt Hans Baur, nach ihm Hans Zweig, dann Hans Hoffmann und weiterhin Matthes Hoffmann. Unter diesem wurde der Schuldienst dauernd mit dem Mesnerdienst verbunden. Der weltliche Kirchendienst erscheint deshalb in der Folge als ein Bestandteil des Schuldienstes. Je mehr aber der letztere an Bedeutung gewann, um so mehr machte sich das Bestreben der Lehrerschaft geltend, wenigstens von den niederen Geschäften des Mesnerdienstes befreit zu werden und nur noch den höheren kirchlichen Dienst als Kantoren und Organisten beizubehalten. Die Gemeinden trugen dem in einzelnen Punkten, wie beim Läuten der Glocken, bei der Kirchenreinigung und anderem, mit der Zeit Rechnung; doch konnte eine volle Lösung dieser immer schwieriger werdenden Frage erst dann erfolgen, als der Staat auf die Einkünfte des Kirchendienstes für die Schule verzichtete und die längst ersehnte Trennung von Kirchen- und Schuldienst durchführte. Das geschah mit Anfang des Jahres 1919. Seitdem gibt es wieder einen selbständigen Mesnerdienst.

Er hat sich aber nun ganz anders gestaltet, als er in der Vergangenheit war. Kantorat und Orgelspiel und ähnliche Mitwirkung bei den Gottesdiensten und kirchlichen Handlungen, z. B. Beerdigungen, ist in Wegfall gekommen; er hat nur noch die einfachen, leicht zu versehenden Dienstleistungen an der Kirche zu vollziehen. In Sachsen ist mit diesem Mesnerdienst noch die Obliegenheit des Blasbalgtretens, des Klingelsacktragens und des Totengräberamtes verbunden. Das Amt eines Kantors und Organisten wurde seit 1919 [230] einem der Lehrer in Sachsen vertragsweise gegen entsprechende Entschädigung übertragen.

Zum Mesnerdienst gehörte von alters her ein eigenes Mesnerhaus, das ganz nahe bei der Kirche nordwestlich davon stand. Nach Einrichtung der Schule wurde es zugleich als Schulhaus benützt, ohne damit jedoch seine Eigenschaft als Mesnerhaus zu verlieren. Das Nähere über dieses Haus wird in dem späteren Abschnitt von der Schule nachgetragen werden.

Das Einkommen des Mesners bestand ehedem aus der Nutznießung von zwei der Kirchenstiftung gehörigen Grundstücken, dem Milmersdorferwegacker und der Stegwiese, beide zusammen 1,96 Tagwerk groß. Bei der Trennung von Schul- und Kirchendienst fiel die Nutznießung wieder an die Stiftung zurück. Weiter gehörten zum Einkommen vier jährliche Sammlungen: Eine Läutgarbensammlung, eine Eiersammlung um Ostern, eine Flachssammlung im Herbst, und die Einsammlung des um Weihnachten und Neujahr fälligen Umsinggeldes. Diese Sammlungen bestehen heute noch zu Recht und werden gegenwärtig in zweimaligem Umgang durch die Pfarrgemeinde, im Frühjahr und Herbst, eingehoben, wobei teils Geld, teils Naturalien gereicht werden. Dazu kommt in der Gegenwart noch eine bare Geldbesoldung aus der Kirchenstiftung, sowie die üblichen Gebühren bei kirchlichen Amtshandlungen. Der Totengräberdienst ist besonders zu entschädigen.

In früherer Zeit gehörte zum Mesnerdienst noch das Hochzeitladen, das seiner Natur nach nicht wenig einträglich war. Auch hier griff der Pfleger von Lichtenau ein, indem er das Hochzeitladen in den zu Nürnberg gehörigen Orten (Sachsen, Volkersdorf, Rutzendorf usw.) dem Mesner von Lichtenau zuwendete und so den Mesner von Sachsen schädigte.

12. Konfessionelle Bewegungen

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Die Pfarrgemeinde Sachsen trat seinerzeit geschlossen dem evangelischen Glauben bei. Von irgendwelchen Widerständen ist nichts in den alten Schriften zu lesen, auch nicht davon, daß etwa einzelne Orte oder Familien den alten Glauben beizubehalten wünschten. Letzteres hätte wohl ohne besondere Schwierigkeiten geschehen können, da man sowohl im Markgrafentum als auch im Gebiet der Stadt Nürnberg nicht unduldsam gegen Andersgläubige war. Ließ man doch auch das Chorherrstift in Ansbach mit seinen katholischen Insassen weiterbestehen, solange noch solche vorhanden waren (bis 1563). Sachsen war somit ein rein evangelischer Pfarrbezirk geworden.

[231] Nur selten ließ sich ein Katholik im Pfarrbezirk nieder, und auch dann nur auf kurze Zeit. Er hielt in diesem Falle zur nächstgelegenen katholischen Pfarrei, zur Stadt Eschenbach. So lebte nach dem Dreißigjährigen Kriege auf der Zandtmühle Hans-Jörg Hagenauer, „ein guter Papist“, wie es im Kirchenbuche heißt; als er 1695 starb, wurde er auf seinen Wunsch in Eschenbach begraben. Mit den österreichischen Emigranten (S. 124) waren auch einige Katholiken ins Land hereingekommen; aber sie ließen sich alsbald vom evangelischen Geistlichen Unterricht geben, wie Pfarrer Kehrer 1656 berichtete. Im Jahre 1667 wurde zwischen dem Markgrafen und dem Deutschherrenorden in Eschenbach eine Vereinbarung dahingehend getroffen, daß alle Katholiken im markgräflichen Gebiet um Eschenbach sich frei zur dortigen katholischen Kirche halten dürften, während umgekehrt auch die Evangelischen im Eschenbacher Gebiet freien Zugang zu einer benachbarten evangelischen Pfarrei haben sollten. Nur zum Eintrag in die Kirchenbücher und zur Entrichtung der fälligen kirchlichen Gebühren mußte sich jeder Teil an die Pfarrei seines Wohnsitzes wenden.

Heute noch lebt im Volksmunde die Erinnerung an die vertriebenen Salzburger, die im Jahre 1732 auch durch unser Land zogen. Der Erzbischof Firmian in Salzburg hatte sich bei seinem Regierungsantritt vorgenommen, sein Land gründlichst von aller „Ketzerei“ zu reinigen, selbst wenn „Dornen und Disteln auf den Äckern wachsen sollten“, wie ein Wort von ihm gelautet haben soll. Mit Jesuiten und Soldaten ging er gegen die vielen Evangelischen in seinem Lande vor und suchte sie durch hohe Geldstrafen, Einquartierungen und Gefängnishaft mürbe zu machen. Als alles nichts half, ließ er ihnen nur noch die Wahl, entweder wieder katholisch zu werden oder Haus und Hof zu verlassen und in die Fremde zu ziehen. In dem schweren Widerstreit zwischen Glauben und Heimat wählten Tausende und aber Tausende den Glauben und verzichteten lieber auf die Heimat und alles, was ihnen in der Heimat lieb und wert war. Auf ihre Bitten hin hatte der König Friedrich Wilhelm I. von Preußen versprochen, ihnen in seinem Lande eine neue Heimat aufzutun, in Ostpreußen, wo es noch viel unbebautes Land gab. Und so machten sie sich, zum Teil noch im Winter, getrost auf den Weg mit dem wenigen Besitztum, da8 ihnen verblieben war. Es war ein harter Weg. Denn gleich anfangs mußten sie durch katholisches Gebiet ziehen, durch Altbayern, wo sie allerlei Widerwärtigkeiten zu überwinden hatten. Auch später, als der Weg sie durch Schwaben und hernach durch das Bamberger Land führte, hatten sie nicht wenig von der katholischen Bevölkerung zu leiden. Aber mit Bedacht hatte man sie soviel als möglich durch evangelische Gebiete [232] gewiesen, schon im Schwabenlande, wo besonders die Städte evangelisch waren, dann im Ries und weiterhin im Markgraffentum Ansbach und im Gebiet der freien Reichsstadt Nürnberg. Die beiden letzteren Länder hatten ganz genaue Reisepläne ausgearbeitet, damit der Durchzug der vielen Tausende ungehindert vonstatten gehen konnte und damit sie überall gute Unterkunft und auch sonst jede Unterstützung fänden.

Schon Ende Mai 1732 langte der erste Zug mit 1815 Seelen im markgräflichen Gebiete an, wurde in Gunzenhausen und Umgebung untergebracht und zog dann weiter nach Windsbach und Umgebung, ferner nach Schwabach, dann an Nürnberg vorbei in das Bayreuther Land. Am 23. Juni kamen von Wieseth her 300 Salzburger, die in Sachsen, Alberndorf, Steinbach, Ratzenwinden, Rutzendorf, Volkersdorf, Hirschbronn und Milmersdorf Unterkunft fanden und tags darauf nach Ammerndorf und Umgebung weiterwanderten. Gleichzeitig waren 150 Leute in Petersaurach, Langenlohe, Büschelbach und Wieklesgreuth einquartiert, weitere 150 in Katterbach, Neukirchen, Obereichenbach und Thurndorf, 100 in Eyb, Kaltengreuth, Pfaffengreuth und Untereichenbach, 150 in Brodswinden, Wallersdorf, Höfstetten und Claffheim. Diese Abteilungen wurden am folgenden Tage nach Raitersaich, Roßtal, Müncherlbach und andere benachbarte Orte weiterbefördert. Am 4. Juli trafen vom Ries her 200 Leute in Lichtenau, Malmersdorf und Herpersdorf ein, 150 in Oberrammersdorf, Zandt, Unterrottmannsdorf und Wattenbach, andere Gruppen in Weidenbach, Merkendorf usw.; der Weitermarsch geschah in der Richtung Rohr, Müncherlbach, Regelsbach und andere nahegelegene Orte, dann nach Fürth und Umgebung. Am 11. Juli wurden wieder 200 Salzburger nach Zandt, Oberrammersdorf und Unterrottmannsdorf gelegt, andere 200 nach Rutzendorf und Volkersdorf. Der 23. Juli brachte 860 Emigranten nach Lichtenau, Petersaurach und anderwärts, der 30. Juli wieder 906 nach Immeldorf, Windsbach und Nachbarorte.

Das waren die Züge, die unsere Pfarrei und die nächste Umgebung berührten. Gleichzeitig gingen aber noch viele Züge östlich und westlich durch das markgräfliche und nürnbergische Land, jeder Zug von den beteiligten Regierungen bestens geleitet und versorgt. Im ganzen zogen durch das Ansbacher Gebiet 13 643 Salzburger. Andere Tausende nahmen ihren Weg durch benachbarte Gebiete. Die Gesamtzahl aller Auswanderer wird auf 20–30 000 angegeben.

Die Durchziehenden wurden selbstverständlich von ihren Glaubensgenossen überall aufs liebevollste aufgenommen und bestens versorgt. Vielfach wurde auch Geld für sie gesammelt. Man [233] tat alles, um ihr hartes Los zu lindern. Man war auch bereit, Leute dauernd bei sich aufzunehmen; doch konnte es sich dabei nur um einzelne Personen handeln, da ja das Land voll besetzt war und für größere Niederlassungen keinen Raum mehr bot. Immerhin erklärten sich z. B. im Amt Lichtenau, also auch in Sachsen, Volkersdorf und Rutzendorf, mehrere Familien bereit, bis zu 45 Personen für immer bei sich unterzubringen. Es wurde dann auch von den schon im März eingetroffenen ersten Ankömmlingen eine kleine Zahl nach Lichtenau und in die Umgebung gesandt. Aber als später die Hauptzüge anlangten, zogen es doch diese wenigen vor, sich ihren Landsleuten anzuschließen und mit ihnen weiter nach Norden zu ziehen. Nur ganz vereinzelte „Salzburger“ ließen sich dauernd bei uns nieder. Am bekanntesten ist die Kaminkehrersfamilie Schaitberger, die aber schon 1685 aus Salzburg ausgewandert war und sich zuerst in Nürnberg festgesetzt hatte und erst um 1736 nach Ansbach kam. Joseph Schaitberger hat den früher viel verbreiteten „Sendbrief“ an seine Glaubensgenossen in der Salzburger Heimat geschrieben.

Im Beerdigungsbuch der Pfarrei Sachsen steht eine Ehefrau Apollonia Lechner verzeichnet, die mit dem Auswandererzug am 23. Juli nach Lichtenau gekommen war, dort aber am 25. Juli 1732 im Kindbett starb und auf dem Kirchhof in Sachsen beigesetzt wurde. Ferner ist unterm 30. April 1743 eine ledige Susanna Schnellendorfer im Totenbuch eingetragen, die Tochter des Christoph Schnellendorfer, „eines um der Religion willen vertriebenen Österreichers“; doch ist nicht ersichtlich, ob es sich um eine Salzburger Familie handelt, oder um eine erst später, vielleicht aus Ober- oder Niederösterreich zur Auswanderung gezwungene Familie.


Auch aus Frankreich kamen evangelische Glaubensgenossen herein in unser Land. Sie hatten dort ebenfalls um ihres Glaubens willen flüchten müssen. Es waren Reformierte, die man „Hugenotten“ nannte. Eine kleine Zahl ließ sich 1685 in Hennenbach nieder, zog aber bald nach Schwabach weiter, wo sich bereits eine größere Gruppe ansässig gemacht hatte. Dort ließ ihnen die Markgräfin eine eigene Kirche bauen, worin lange fort Gottesdienste in französischer Sprache gehalten wurden. Andere Flüchtlinge wurden in Erlangen und besonders in Preußen angesiedelt.


Eine so gut wie rein evangelische Gemeinde ist Sachsen bis zum heutigen Tage geblieben. Bei der letzten Volkszählung im Jahre 1939 wurden neben den Evangelischen nur sieben Katholiken festgestellt, und auch das waren zumeist Dienstboten, also nicht dauernd Ansässige.

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13. Die Sehastians-Bruderschafts-Stiftung mit Kirche und Krypta (Fortsetzung zu S. 79)

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Nach der Einführung der Reformation waren alle Bruderschaften zwecklos geworden. Auch die Sebastians-Bruderschaft in Sachsen löste sich darum auf. Am St. Veitstag (15. Juni) 1529 kamen die „Brüder“ zum letztenmal zusammen, um über die weitere Verwendung des vorhandenen Vermögens zu beschließen. Unter dem Vorsitz des damaligen Pfarrers Hofmann beschlossen sie, das Geld, das man bisher für Messen ausgegeben hatte, künftig armen Leuten zuzuwenden neben dem, was auch bisher schon öfters für diesen Zweck geschehen war. Da die Verwendung für Seelenmessen stets den Hauptteil der Einnahmen beansprucht hatte, so war mit diesem Beschluß die Bruderschafts-Stiftung zu einer rein kirchlichen Wohltätigkeitsstiftung umgestaltet worden. Nur für die Erhaltung der Kirche (Kapelle) und für etwaigen Mesnerdienst an derselben waren noch Aufwendungen zu machen. Da die Armenpflege und sonstige Wohltätigkeit damals ganz in den Händen der Kirche lag, so war es selbstverständlich und entsprach auch gewiß dem Willen der Stifter, daß die Verwaltung und Verwendung der Stiftungsmittel ganz und gar in den Händen der Kirche und ihrer Organe verblieb. So wurde es auch in der ersten Zeit gehandhabt: Der Pfarrer von Sachsen übte die Oberaufsicht über die Stiftung aus und die beiden im Benehmen mit der Gemeinde aufgestellten Stiftungsverwalter, die „Brüdermeister“, mußten alljährlich vor ihm Rechnung ablegen.

Die Rechnungsstellung vor dem Pfarrer ist auch bis in die neuere Zeit herein geblieben, weshalb fast sämtliche Rechnungen heute noch beim Pfarramt in Verwahrung liegen. Aber im übrigen mischte sich wieder Nürnberg ein. Es nahm zunächst für sich das Recht der Oberaufsicht in Anspruch und die Rechnung durfte nur noch im Beisein des Lichtenauer Amtspflegers gelegt werden. Später behandelte es die Stiftung als Anhängsel zum Landalmosenamt in Nürnberg und ließ nur noch Untertanen des Reichen Almosens zu Brüdermeistern wählen, obwohl doch die Stiftung der gesamten Pfarrei gehörte. Nürnberg griff weiter auch in die Verwendung der Stiftungsmittel ein und behielt sich schließlich das alleinige Bestimmungsrecht vor ohne Rücksicht auf den Stiftungszweck. Der Pfleger des Reichen Almosens nahm 1561 sogar die Akten und Rechnungen der Stiftung an sich. Wohl protestierten das Pfarramt und die markgräfliche Regierung gegen dieses eigenmächtige und willkürliche Vorgehen und betonten immer wieder, daß die Stiftung ein Anhang zur Kirche von Sachsen sei und darum wie diese dem Markgrafen [235] unterstehe; allein Nürnberg kehrte sich nicht daran und hielt seine Hand fest auf der Stiftung. So kam es, daß durch Nürnberg die kirchliche Stiftung mehr und mehr verwe1tlicht wurde. Unter der bayerischen Regierung seit 1806 suchte man die Kirche völlig auszuschalten, wie Pfarrer Günther 1854 klagte. Damals wurde allerdings das Pfarramt wieder in sein Aussichtsrecht über die Stiftung eingesetzt; aber später überging man doch wieder den Pfarrer, und heute steht es so, daß die Kirche völlig beiseite gesetzt ist. Lediglich über die Verwendung der von alters her für Armenzwecke ausgeworfenen Mittel hat noch das Pfarramt zu bestimmen.

Bei dieser durch Nürnberg herbeigeführten Unterstellung der Verwaltung unter weltliche Hände ist es nicht zu verwundern, daß auch der Stiftungszweck, die Verwendung der Einnahmen für Arme, mit der Zeit mehr und mehr außer acht gelassen wurde. Stiftungsgemäß wurde nur 1529 und in den nächstfolgenden Jahren verfahren. Aber dann wurden bald andere Zwecke in den Vordergrund geschoben. Einiges wurde der Kirche und dem Pfarrhaus zugewendet, allerdings nur leihweise. Vor allem aber war es die Schule, die später als Nutznießerin der Stiftung eingeschoben wurde. Im Jahre 1565 erscheint zum erstenmal ein bezüglicher Posten in der Rechnung: „2 fl. dem Schulmeister aus Geheiß des Herrn“. Der Herr war der Amtspfleger von Lichtenau, der so widerrechtlich den Stiftungszweck änderte. Weiterhin erscheinen dann immer wieder Ausgaben für die Schule, nicht nur für arme Schulkinder, was dem Stiftungszweck entsprach, sondern auch für Bauvornahmen am Schulhause, was stiftungswidrig war. Als Pfarrer Held von Lichtenau im Jahre 1808 die Pfarrei Sachsen verweste, berichtete er geradezu über die Stiftung: „Davon wird das Schulhaus unterhalten“; so sehr war damals schon das Bewußtsein über den eigentlichen Zweck der Stiftung geschwunden. Als 1813 das alte Schulhaus, genauer das alte Mesnerhaus, einem gründlichen Umbau und Aufbau unterzogen wurde, verwendete man dazu nicht nur das Baumaterial von der damals abgebrochenen Sebastianskirche, die der Stiftung gehörte, sondern man zehrte auch aus den vorhandenen Kapitalien 1440 fl. ein. Da diese nicht sofort flüssig waren, mußte die Stiftung vorübergehend sogar noch Geld aufnehmen (in Großenried, Eschenbach, Veitsaurach und anderwärts). Auch 1829 und 1830 kommt das Schulhaus wieder in der Stiftungsrechnung vor. Ebenso mußte 1884 die Stiftung herhalten, als das alte Schul- und Mesnerhaus abgebrochen und ein neues an seine Stelle gesetzt wurde. Freilich reichten zum Neubau die Mittel der Sebastiansstiftung nicht aus, so daß für die Mehrkosten die Schulgemeinde eintreten mußte. – So ist im Laufe der Zeit der Zweck der Stiftung fast völlig durch die weltlichen Behörden [236] verändert worden. Aus der kirchlichen Stiftung wurde eine weltliche gemacht, aus der Bestimmung für Arme wurde in der Hauptsache eine Bestimmung für die Schule, wenn auch die Armen niemals völlig ausgeschaltet wurden.

Zur Zeit der unseligen Stiftungsadministration (1808–1817) hat auch die Sebastians-Bruderschafts-Stiftung ihre schmerzlichen Erfahrungen machen müssen. Im Jahre 1809 konnte das Pfarramt Sachsen für seine Armen nur 5 fl. anstatt der von früher her festgesetzten 50 fl. von der Administration erlangen. Eine beim Schulhausbau 1813 aufgenommene Schuld von 125 fl. wurde von der Administration nicht rechtzeitig zurückbezahlt, so daß es später – ähnlich wie bei der Kirchenstiftung – zu bösen Nachforderungen für Kapital und Zinsen kam. Einen angestrengten Prozeß verlor die Stiftung 1844 und hatte zu allem noch die Prozeßkosten zu tragen.


Die Stiftung besaß ehedem an Grundstücken vier Wiesen: 1 Tagwerk (nach altem Maße) bei der Büchenmühle, ¼ Tagwerk unter dem Pfarrgarten, ¼ Tagwerk bei der Erlamühle, ½ Tagwerk bei der Zandtmühle. Nur die erstgenannte Wiese ist noch bei der Stiftung. Die anderen wurden verkauft, zwei davon erst 1883. Der Pachtertrag beläuft sich zur Zeit auf 80 RM. An Kapitalien waren 1813 vorhanden 4550 fl., 1866 3390 fl., 1878 7620 M, 1883 9126 M (hier mit Einschluß der Beckschen Stiftung). Nach dem Weltkrieg gingen infolge der Inflation die Kapitalien zumeist verloren, so daß gegenwärtig nur noch rund 1600 M vorhanden sind, wobei die Restbeträge von zwei kleinen Stiftungen hinzugenommen wurden. Die geringen jetzt noch anfallenden Erträgnisse des Stiftungsvermögens werden gegenwärtig im allgemeinen stiftungsgemäß verwendet, da sie in der Hauptsache in gleichem Betrage wie früher dem Pfarramt zur Verteilung an Arme in der Gemeinde, vor allem auch an bedürftige Konfirmanden, übergeben werden. Soweit darüber hinaus noch Mittel zur Verfügung stehen, werden Anschaffungen für die Schule zu Unterrichtszwecken gemacht. Besonders wird damit noch ein alter Brauch aufrechterhalten, wonach an Allerheiligen (1. November) an die Schulkinder, an Pfarrer, Lehrer, Bürgermeister, Gemeinderäte und Kirchendiener eigens gebackene Weißbrote ausgeteilt werden.


Die Sebastianskirche (Kapelle) war mit der Auflösung der Bruderschaft überflüssig geworden. Man ließ sie aber gleichwohl noch weiter bestehen, begnügte sich jedoch damit, nur das Dach und den darauf sitzenden kleinen Turm imstande zu erhalten, während man [237] das Innere der Kirche verwahrlosen ließ. Bei der Kirchenvisitation von 1680 wird sie in einem Bericht als ein an sich „feiner“, doch innen ganz leerer und übel beschaffener Steinbau bezeichnet. Es waren also Bänke, Altar und sonstige Ausstattungsgegenstände daraus verschwunden. Dafür hatte der Totengräber seine Geräte, Grabschaufel, Totenbretter und anderes darin hinterlegt. Auch die Bahren zum Tragen der Leichen waren in der Kirche hinterstellt. Auf dem Turm befand sich um 1768 ein Storchennest, das man bei einer Reparatur sorgsam zu erhalten suchte. Zu Gottesdiensten wurde die Kirche nur noch 1804 verwendet, als die Hauptkirche umgebaut wurde. Als 1813 das alte Schul- und Mesnerhaus erneuert wurde, brach man die Kapelle ab und verwendete das anfallende Material, soweit es brauchbar war, zum Hausbau; der Rest wurde versteigert.

Der Krypta unter dem Chor der Sebastianskirche erging es noch schlimmer als der Kirche. Sie wurde nicht nur ihrer ganzen Einrichtung beraubt, sondern sie wurde auch zu recht irdischen Zwecken mißbraucht. Der Mesner und später die benachbarte Häfnerin sahen sie als einen guten „Keller“ an und verwahrten darin ihre Milch und einen Teil ihrer Feldfrüchte. Über den Zweck des Baues hatte sich eine Sage gebildet, daß nämlich darin einst „der Mönche oder eines anderen Begräbnis gewesen“. Beim Abbruch der Kapelle dachte man daran, die Krypta einzufüllen; man unterließ es aber, vermutlich weil es zuviel Arbeit gemacht hätte oder vielleicht auch aus anderen rein praktischen Erwägungen. Im Jahre 1919 wurde über dem noch immer festen Gewölbe, das überdies im Innern der Krypta durch einen Pfeiler gestützt wurde, das Denkmal für die im Weltkrieg Gefallenen errichtet.

Aus einer fachmännischen Beschreibung der Krypta durch Architekt Braun in Erlangen sei folgendes angeführt: Der ganze Raum ist 4 m breit und 5,5 m lang. Er ist durch einen Chorbogen deutlich in zwei Teile geschieden, den ostwärts befindlichen Chor und das anschließende kurze Schiff. Letzteres ist von einem einfachen, 2,2 m hohen Tonnengewölbe überspannt. Der Chor schließt nach Osten im Achteck ab, wie es auch von außen erkennbar ist. Darüber steht ein entsprechendes Gewölbe mit sechs Rippen, die oben zusammenlaufen. Im Chor stand offenbar der Altar. Eine von Südosten her in die Krypta hinabführende Treppe endete noch hinter dem Altar, um den man also herumgehen mußte, um vor den Altar zu gelangen. Das Innere war einst sichtlich hübsch ausgestattet und zeigt sogar noch Spuren von Bemalung. Beleuchtet wurde der Raum nur durch zwei schmale, heute noch vorhandene Fenster. Das Ganze war eine stimmungsvolle, zu stiller Gebetsandacht geeignete Stätte.

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14. Wohltätigkeitsstiftungen

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In neuerer Zeit fielen verschiedene Stiftungen an, die zwar an sich nicht kirchlich sind, aber doch irgendwie die Kirche berühren.


1. Die Becksche Stiftung. Gefängnisaufseher Beck in Lichtenau stiftete mit seiner Frau im Jahre 1876 ein Kapital von 300 fl., dessen Zinsen alljährlich zur Hälfte an die Schulkasse in Sachsen zum Ankauf von Schulbüchern für arme Kinder fallen, zur anderen Hälfte bedürftigen Konfirmanden zukommen sollten. Die Verwaltung der Stiftung wurde der Gemeinde Sachsen übertragen, die Verteilung an die Konfirmanden sollte das Pfarramt Sachsen vornehmen. Durch die Inflation ging jedoch der größte Teil des Kapitals verloren, der Rest wurde mit der Sebastiansstiftung vereinigt.


2. Die Lierhammersche Stiftung. Von der Familie Lierhammer auf der Weidenmühle wurden 1025 M im Jahre 1904 gegeben, um mit den anfallenden Zinsen bedürftige Konfirmanden aus der Gemeinde Unterrottmannsdorf mit Zandt zu bedenken. Ein etwaiger Zinsenrest sollte der Armenpflege zufallen. Auch dieses Kapital hat durch die Inflation schwer gelitten, so daß gegenwärtig nur noch etwa 25 RM Jahreszinsen verteilt werden können.


3. Die Blümleinsche Stiftung. Johann Michael Blümlein in Merkendorf stiftete 3¼ Tagwerk Wiesen im Altmühlgrund für Schulzwecke. Aus dem Pachtertrag sind jährlich ⅔ in Merkendorf zu verwenden, ⅓ aber in Zandt zur Beschaffung von Lernmitteln für bedürftige Schulkinder und ähnliche Zwecke.


4. Die Leidelsche Stiftung. Der Gütler- und Maurermeister Johann Georg Leidel in Sachsen (Hs.–Nr. 19) gab einst 200 fl. für Arme in der Gemeinde Sachsen. Der aus der Inslation gerettete geringe Vermögensrest wurde ebenfalls mit der Sebastiansstiftung vereinigt.


Neben diesen einheimischen Stiftungen seien noch zwei auswärtige erwähnt, an denen Pfarrangehörige im Bedarfsfall Anteil haben können:

a) Die Dörnbergsche Waisenfondsstiftung, vor etwa 40 Jahren von dem Grafen Dörnberg in Regensburg errichtet. [239] Sie verfolgt den Zweck, mittellosen, deutschen, protestantischen, ehelichen Voll- und auch Halbwaisen vom 6.-16. Lebensjahre eine jährliche Unterstützung von 250 RM zu gewähren. Meldungen sind durch die Pfarrämter einzureichen.


b) Die Mittelfränkische Waisenstiftung. Sie steht unter der Verwaltung des Evangelisch–Lutherischen Landeskirchenrats in München und wird hauptsächlich durch eine jährliche Kollekte gespeist. Sie will vor allem solchen Waisen helfen, die sonst trotz Bedürftigkeit keine Unterstützung finden. Gesuche um Zuwendungen aus dieser Stiftung sind ebenfalls bei den Pfarrämtern abzugeben.


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VI. Das Schulwesen

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1. Die Schule in Sachsen

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a) Die Lehrer

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Es ist bekannt, wie sehr Luther einst auf die Errichtung von Schulen drang, für Knaben und Mädchen, in Stadt und Land. Schulen auf dem Lande waren bis dahin fast völlig unbekannt; in den Städten gab es zwar einzelne Schulen, aber es waren zumeist Lateinschulen, in denen der Unterricht in der lateinischen Sprache voranstand. Was Luther meinte, waren richtige deutsche Volksschulen, in denen als wichtigstes Fach Gottes Wort gelehrt werden sollte. So drängte er schon 1524 in seiner Schrift an die Ratsherren aus die Einführung solcher Schulen, und 1530 hielt er aus der Coburg eine Predigt darüber, „daß man Kinder zur Schule halten solle“. Voran den Pfarrern wurde es an das Herz gelegt, in den Gemeinden regelmäßigen Schulunterricht zu erteilen. Die markgräfliche Kapitelsordnung von 1556 legte den Pfarrern das Schulhalten ausdrücklich als Pflicht aus. Dieser Pflicht nachzukommen war freilich nicht so leicht, da die Pfarrer in jener Zeit neben ihrer geistlichen Amtstätigkeit auch noch den vollen landwirtschaftlichen Betrieb ihres Pfarrhofes zu leiten hatten. Anderseits wurde freilich auch in der Schule noch recht wenig gefordert; es genügte, wenn die Kinder einigermaßen lesen und schreiben und dazu noch etwas rechnen konnten, und wenn im übrigen der religiöse Lehrstoff gut eingeprägt wurde, was den Pfarrern selbst am Herzen liegen mußte.

Auch in Sachsen waren die Pfarrer die ersten Lehrer in der Schule. Genaueres wird uns allerdings hierüber nicht berichtet; wir hören nur gelegentlich, daß die Schule im Pfarrhause gehalten wurde, und zwar in dem unteren Zimmer (nicht des jetzigen, sondern des alten Pfarrhauses). Ausdrücklich wird es uns bezeugt von Pfarrer Kißling (1561–1576), der eben darum das nötige Holz zur Beheizung des Schulzimmers von der Gemeinde verlangte. Später wurde es allerdings dem Pfarrer „zu beschwerlich“, wohl wegen seines Alters und der sonstigen Arbeit. Er beantragte deshalb die Aufstellung eines eigenen Lehrers, eines „Schulmeisters“, wie damals der ehrenvolle Titel im Sinne eines „Meisters der Schule“ lautete. Es wurde daraufhin auch der erste Lehrer in Sachsen angestellt in der Person des Joachim Schreyer. Wann dieser nach Sachsen kam, steht nicht fest. Jedenfalls war er nur ganz kurz in Sachsen, denn schon im Jahre 1565 kommt ein anderer Lehrer vor, Joachim Christoph Schmidt. Dieser wurde 1575 vom Pfleger in Lichtenau „abgeschafft“, [241] d. h. abgesetzt, weil er sich unehrerbietig gegen ihn benommen haben soll. Es stand aber dieser nürnbergische Amtspfleger der Schule in Sachsen überhaupt nicht freundlich gegenüber; denn alsbald nach der Abschaffung des Sachsener Schulmeisters zog er einen nicht unerheblichen Teil des Einkommens, den derselbe aus der Sebastiansstiftung bezogen hatte, von Sachsen nach Lichtenau, um die dortige Schule aufzubessern. Im Jahr darauf (1576) kam Pfarrer Eberhard Löscher nach Sachsen, der wieder selbst die Schule hielt. Er gab den Unterricht bis 1591, wo ihm die Arbeit doch zuviel wurde. Schon im Jahre 1580 wollte er eine geeignete Hilfe bei seiner Schultätigkeit haben, weshalb er den alten Mesner, der weder lesen noch schreiben und auch in der Kirche nicht vorsingen konnte, nicht mehr wählen lassen wollte, um einen geeigneteren Mann auf die Mesnerstelle zu bringen. Aber der Lichtenauer Pfleger im Verein mit den beiden nürnbergischen Gotteshauspflegern hintertrieb diesen Plan und befahl unter Mißachtung des geltenden Wahlrechtes, den Mesner weiter in seinem Dienst zu belassen. Doch scheint sich dann der Sohn des alten Mesners die nötigen Kenntnisse angeeignet zu haben, der dann 1595 seinem Vater im Mesnerdienste folgte und vermutlich schon vorher von 1591 ab die Schule führte. Er hieß Hans Weiß. Näheres ist uns aus dieser Zeit nicht bekannt.

Daß im Dreißigjährigen Kriege von 1632 an keine Schule mehr in Sachsen gehalten werden konnte, ergab sich von selbst aus der grausigen Lage der Zeit. Das Pfarrhaus brannte 1633 ab, das Mesnerhaus vermutlich noch im gleichen Jahre, und die ganze Bevölkerung wurde verstört, zerstreut und großenteils zugrunde gerichtet. Erst nach dem Kriege, im Jahre 1652, hören wir wieder von einem Schulmeister, namens Matthias Hoffmann, der eigentlich ein Schneidermeister war, aber daneben noch den Mesner- und Schuldienst versah. Er hatte jedenfalls ein eigenes Haus in Sachsen, da das Mesnerhaus erst 1682 wieder aufgebaut wurde; dieses sein Haus wird er auch zum Schulunterricht benützt haben. Als Hoffmann altersschwach geworden war und den Dienst nicht mehr versehen konnte, wurde – wohl um 1677 – Stephan Alberti, genannt „Steurer“, als „Schulmeister“ angenommen. Er war aus Lauf gebürtig und vorher in Großhaslach tätig. Bei seiner Wahl verlangte das nürnbergische Amt Lichtenau zum erstenmal offen das Bestätigungs- und Bestellungsrecht, und zwar sowohl für den Mesner- wie für den Schuldienst. Für erstgenannten Dienst geschah dies ganz zweifellos zu Unrecht, und die Kirchenbehörde in Ansbach hat das auch niemals zugestanden. Bezüglich des Schuldienstes konnte eher ein gewisses Recht geltend gemacht werden; aber auch da tat es Nürnberg nicht aus Fürsorge für dieses Amt, denn davon hat Sachsen nie etwas zu spüren [242] bekommen; sondern es geschah lediglich, um die vielgerühmten „Gerechtsame“ der Stadt zu erweitern. Dadurch aber, daß in der Folgezeit Schul- und Mesnerdienst miteinander verbunden blieb, daß Ansbach die Aufsicht über den Mesnerdienst, Nürnberg dagegen das Recht über den Schuldienst in Anspruch nahm, mußten sich notwendig immer wieder Zwiespältigkeiten ergeben, die einem gedeihlichen Wirken der mit den beiden Ämtern betrauten Personen hindernd im Wege standen.

Um ein gerechtes Urteil über die damaligen Schulverhältnisse zu ermöglichen, muß mit allem Nachdruck betont werden, daß es in jener Zeit noch keinen ausgeprägten Lehrerstand gab. Es fehlte durchaus an höheren Schulen zur Ausbildung im Lehrberuf, an Seminaren oder anderen Vorbereitungsanstalten. Wer Lehrer werden wollte, mußte zu einem „Meister“ gehen, d. h. zu einem schon im Dienst stehenden „Schulmeister“, und bei diesem praktisch das Schulhalten lernen. Gern unterwiesen so die Lehrer ihre eigenen Söhne, die dann nicht selten dem Vater auf der Schulstelle nachfolgten. Oft fehlte es aber überhaupt an einer fachmännischen Lehre und an geeigneten Lehrpersonen, da bei der meist recht dürftigen Bezahlung niemand große Lust verspürte, sich dem Lehrerberufe zu widmen; man mußte dann zufrieden sein, wenn nur überhaupt Leute da waren, die hinreichend lesen, schreiben und rechnen konnten. So geschah es nur allzu häufig, daß die Gemeinden Handwerker, abgedankte Militärpersonen und ähnliche Leute zu Lehrern bestellen mußten, weil sie eben keine besseren Lehrkräfte bekamen. Wenn deshalb in Sachsen nach dem Dreißigjährigen Kriege ein Schneidermeister, Matthias Hoffmann, die Schule versah, so war das durchaus nichts Besonderes, sondern vielmehr eine bittere Notwendigkeit. Auch spätere Vorfälle, vor allem bei der Schule in Zandt, werden unter diesen Zuständen wohl begreiflich und verständlich. Eine richtige Ausbildung von Lehrern setzte erst um die Zeit von 1800 ein, und auch da ging es zunächst recht langsam vorwärts, bis es zu der heutigen Stellung des Lehrerstandes kam.

Schon mit dem oben genannten „Schulmeister“ Stephan Alberti gab es böse Händel, da er unordentlich, streitsüchtig und ein Trinker war. Er mußte 1681 „abgeschafft“ werden und zog dann weiter nach Weihenzell. Sein Nachfolger, Johann Nast aus Feuchtwangen, hatte überhaupt keine Freude am Schulhalten und meldete sich 1689 zum Soldatendienst in Lichtenau. Da man ihn aber auch dort nicht brauchen konnte, wollte ihn der Pfleger von Lichtenau wieder der Gemeinde in Sachsen aufnötigen, und es bedurfte des entschiedensten Widerstandes, um dies zu verhindern. Nicht besser war dann sein Nachfolger, Hans Georg Weiß, der 1689 aus Oberkrumbach (bei Hersbruck) nach Sachsen kam. Sowohl er wie seine Familie legten [243] ein so übles Verhalten an den Tag, daß die Leute nicht mehr ihre Kinder in die Schule schicken wollten. Er mußte schon 1690 wieder seines Dienstes entsetzt werden. Es folgte dann 1691 Johann Andreas Hanft (Hauf?), der aber selbst mit Ende des nächsten Jahres den Dienst wieder aufsagte. Es kam dann Johann Jakob Schuler von Oberferrieden, starb aber schon 1694. Der nächste, Johann Nikolaus Summa, der vorher in Flachslanden tätig gewesen war, hielt es nur ¾ Jahre in Sachsen aus, da wieder die üblen Streitigkeiten zwischen Nürnberg und Ansbach begonnen hatten, die wie gewöhnlich auf dem Rücken von Pfarrer, Lehrer und Gemeinde ausgefochten wurden; diesmal war es das Landalmosenamt in Nürnberg, das Anspruch auf das Recht der Verpflichtung des Lehrers erhob, wogegen die markgräfliche Regierung ein scharfes Verbot an den Lehrer aussprach. Er zog weiter nach Rügland. Nach ihm wird 1697 ein Johann Leonhard Bauer erwähnt, der bisher in Vestenberg war, aber den Dienst in Sachsen auch bald wieder aufkündigte. Ihm folgte Johann Friedrich Ludwig von 1701 ab. Er tauschte 1709 mit Thomas Kaspar Ritter, Lehrer in Steinberg (vermutlich Gräfensteinberg bei Gunzenhausen). Da dieser aber nicht Orgel spielen konnte, die Gemeinde jedoch dringend die Aufstellung einer Orgel in der Kirche wünschte, so tauschte auch er 1714 mit dem Lehrer von Frommetsfelden, Johann Nikolaus Leinisch.

So hatte Sachsen innerhalb von 40 Jahren nicht weniger als neun Lehrkräfte, ein Beweis, wie schlecht es damals um das Schulwesen bestellt war. Erst von 1714 ab kann von einem richtigen und ordentlichen Schuldienst in Sachsen gesprochen werden. Die Reihe der hauptamtlichen Lehrer seit dieser Zeit ist folgende:


Leinisch Johann Nikolaus, 1714–1737. Er starb in diesem Jahre an einem Herzschlag.


Traumüller Johann Georg, 1738–1752. Er hatte „von männiglich ein gutes Lob“, war von Schalkhausen hergekommen und starb 1752.


Hertlein Johann Adam, gebürtig aus Heidenheim. Starb schon im Jahr darauf, 1753.


Leitner (Leidner) Johann Leonhard, 1753–1758, zuvor in Petersaurach. Da er altershalber die Stelle nicht mehr versehen konnte, wurde diese 1758 seinem Sohne Johann Philipp übertragen mit der Verpflichtung, die Eltern lebenslang zu verpflegen. Der Vater starb jedoch schon 1761. Unter ihm wurde 1758 die Sommerschule in Sachsen eingeführt, nachdem bisher nur im Winter Unterricht erteilt worden war.

[244] Leitner (Leidner) Johann Philipp, der Sohn des Vorgenannten, 1758–1797. Er starb nach 39 jähriger Tätigkeit 1797. Ihm folgte wieder der Sohn


Leitner (Leidner) Lorenz Heinrich, 1797–1807. Er starb schon frühzeitig 1807.


Enzenberger Johann Martin, 1808–1815. Er verzog nach Wendelstein.


Lösch Friedrich Ludwig, 1815–1833. Stammte aus Dambach, wurde 1807 Lehrer in Großbirkach, 1811 in Hohenstein, kam 1815 nach Sachsen, wo er 1833 starb. Nach seinem Tode wurde die überfüllte Schule geteilt und neben der Hauptstelle eine Elementarklasse eingerichtet. Diese wurde von vielfach wechselnden Hilfslehrern versehen. Auch die Hauptstelle wurde damals ein paar Jahre lang verwest. Dann folgte


Weichselfelder Johann Theodor, 1835–1860. Er war zuvor Lehrer in Brünau, Pfahlenheim, Adelshofen. In Sachsen starb er am 26. November 1860.


Baumgärtner Johann Konrad Ludwig, 1861–1875. Er kam am 1. Mai 1861 nach Sachsen und starb hier am 30. Juli 1875. Nach seinem Tode wurde die Frage des Schulhausbaues brennend, weshalb die Stelle bis auf weiteres verwest wurde. Doch erst nach längeren Verhandlungen wegen der Baupflicht konnte der Bau im Jahre 1884 erstellt werden.


Behringer Georg, 1885–1892. Kam von Oberhochstadt bei Weißenburg, zog am 1. Mai 1885 in Sachsen auf, wurde 1892 pensioniert. Die Schule wurde neuerdings geteilt und eine zweite Gehilfenstelle errichtet. Auf der Hauptstelle folgte


Alt Johann, 1893–1910. Am 1. März 1893 war er ausgezogen, vom 1. Oktober 1910 ab wurde er pensioniert, woraus er nach Nürnberg zog. Unter ihm wurde die eine Hilfslehrerstelle 1894 in eine ständige Verweserstelle umgewandelt und 1902 eine zweite ordentliche Schulstelle errichtet.


Oberhäuser Johann, 1911–1924. Er kam am 1. Februar 1911 von Schönberg nach Sachsen und trat im November 1924 in den Ruhestand. Im Dezember 1925 zog er nach Ansbach, wo er am 14. November 1930 im Alter von 71 Jahren verstarb. Er führte den Titel „Oberlehrer“.

[245] Kapp Johann, aus Spardorf, kam 1902 auf die neu errichtete zweite Schulstelle nach Sachsen, starb aber schon 1905. Ihm folgte auf diese Stelle


Rost Rudolf, 1905–1935. Er war zuerst in Rauschenberg im Steigerwald angestellt, dann in Gutenstetten, ab 1. Oktober 1905 in Sachsen. Nach dem Abgang des Oberlehrers Oberhäuser übernahm er den Kantorats- und Organistendienst an der Kirche in Sachsen, starb als Oberlehrer am 19. Dezember 1935.


Degel Christian, Oberlehrer, war unmittelbarer Nachfolger Oberhäusers, 1926–1931. Kam am 1. April 1926 von Nenzenheim nach Sachsen und trat am 15. Oktober 1931 in den Ruhestand, lebt zur Zeit in Ansbach.


Schwarzenbeck Karl, Oberlehrer, seit 1. Dezember 1931 in Sachsen, nachdem er vorher in Weidelbach, Dettendorf und Großhabersdorf tätig gewesen war.


Pflug Hans, Hauptlehrer, war erst in Lichtenau und Heinersdorf angestellt, seit 16. April 1936 in Sachsen.


Meyer Friedrich, aus Schwabach, hat zur Zeit die dritte (unständige) Schulstelle in Sachsen inne, und zwar seit 1. Dezember 1919, ist Hauptlehrer. Er versieht seit 1935 den Kantorats- und Organistendienst an der Kirche.

b) Der Schulbetrieb

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Schule wurde anfangs regelmäßig nur im Winter gehalten, da die Kinder im Sommer zu den landwirtschaftlichen Arbeiten beigezogen wurden. Da die Haupteinnahme der Lehrer damals aus dem von den Kindern zu entrichtenden Schulgeld bestand, waren sie schon um ihres Unterhaltes willen gezwungen, während des Sommers einer anderen lohnenden Beschäftigung nachzugehen. Nur die Verbindung mit dem Kirchendienst verschaffte ihnen einige Lebenssicherung. So hören wir 1627 von dem damaligen „Schulmeister“ – es war wohl der Mesner Hans Weiß –, daß er ein Schneidermeister sei und nur im Winter Schulunterricht erteile, und auch das nur „sch1echt“; es wäre gut, wenn ein „rechter Schulmeister“ wieder am Ort wäre, wie die Gemeindeglieder bei einer Kirchenvisitation sich äußerten. Auch nach dem Dreißigjährigen Kriege wurde es nicht so bald besser. Noch 1680 erklärte der Lehrer Alberti, daß er nur im Winter an die 50 Kinder habe, im Sommer dagegen keine. Nur langsam konnte [246] sich der Gedanke einer ganzjährigen Schule durchsetzen, und erst 1758 ist von der Sommerschule als von einer dauernden Einrichtung die Rede. Aber auch dann gab es noch schwere Hemmungen, da eine feste gesetzliche Schulpflicht nicht bestand. So klagte Lehrer Leitner 1787, daß er im Winter rund 100 Kinder habe, im Sommer aber nur die Hälfte. Ähnlich heißt es 1808: im Winter 180-190 Kinder im Sommer nur 70–80. Erst die neuere Zeit hat es fertiggebracht, für das ganze Jahr hindurch einen gleichmäßigen Schulbetrieb einzurichten, wobei den Bedürfnissen der Landwirtschaft immerhin durch entsprechende Ferienzeiten nach Möglichkeit Rechnung getragen wird.

Nach dem Dreißigjährigen Kriege vernahm man häufig Klagen der Lehrer in Sachsen, daß ihrer Schule durch Nebenschulen Abbruch getan werde. Lehrer Ludwig (1701–1709) beschwerte sich darüber, daß in Oberrammersdorf der dortige Hirte Schule halte; das gleiche täten in Neukirchen und Ratzenwinden die Hirten, in Langenlohe ein Krämer. Diese suchten sich offenbar während der Winterszeit durch das Schulhalten einen Nebenverdienst zu verschaffen, mochte es auch mit ihrem Unterricht noch so schlecht bestellt sein. Ebenso klagte Leinisch 1719 über eine Nebenschule in Steinbach, die dann von der Behörde verboten wurde.

Eine andere Beschwerde ging auf das Auslaufen der Schüler in auswärtige Schulen. Die Kinder von Untereichenbach hielten sich gerne nach Eyb, die von Külbingen nach Vestenberg. Unter Lehrer Ritter, der allerdings – wie es in einem Berichte heißt – „zwar ein guter Mann“ war, dessen „Kräfte aber zu wenig“ waren, schickten die Leute ihre Kinder teilweise nach Lichtenau, sogar aus Sachsen und Volkersdorf.

Im übrigen geht durch alle Zeiten in der Vergangenheit die ständige Klage über unregelmäßigen und oft recht mangelnden Schulbesuch. Bloße Mahnungen in der Kirche und durch die weltlichen Behörden halfen nicht viel oder höchstens auf kurze Zeit. Erst die neuzeitliche Schulpflicht auf gesetzlicher Grundlage konnte hier Abhilfe schaffen.

Mit der zunehmenden Bevölkerung und mit der zunehmenden Erkenntnis von dem Wert eines geordneten Schulunterrichts stieg die Schülerzahl immer mehr. Im Jahre 1808 hören wir von 180–190 Kindern im Winter, 1839 von 171 Schülern, 1859 von 177, 1873 von 154, 1883 von 201. Es ist selbstverständlich, daß von einem gedeihlichen Unterricht bei einer solchen Schülermasse keine Rede mehr sein konnte, wenn und solange nur eine einzige Lehrkraft zur Verfügung stand. Anfangs suchten sich die Lehrer dadurch zu helfen, daß sie Schulkandidaten, die bei ihnen das praktische Schulhalten lernten, zum Unterricht beizogen, wie Lehrer Enzenberger, der sich [247] durch seinen Sohn helfen ließ. Aber das war doch nur ein schlechter Notbehelf. Die Regierung sah sich deshalb genötigt, die Schule zu teilen und im Jahre 1834 eine zweite Klasse einzurichten, wozu man schon bei dem Schulhausbau von 1813 das nötige Lehrzimmer vorgesehen hatte. Es war eine „Elementarschule“, die von einem Schulgehilfen versehen werden mußte. Aber auch diese Maßnahme genügte auf die Dauer nicht, weshalb man 1861 genötigt war, Abteilungsunterricht einzuführen, wobei die mittleren Jahrgänge vormittags, die unteren nachmittags Schule hatten. Erst 1892 wurde dann eine zweite Gehilfenstelle neben der ersten errichtet, 1894 die eine dieser Stellen in eine ständige Verweserstelle umgewandelt, 1902 endlich eine feste zweite Schulstelle gegründet. Gegenwärtig bestehen also in Sachsen zwei feste Schulstellen und eine ständige Verweserstelle, die aber auch mit einem Lehrer besetzt ist.

c) Das Schulhaus

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Wie bereits gesagt wurde, ist in der ersten Zeit die Schule im Pfarrhause gehalten worden, teils von dem Pfarrer selbst, teils von dem durch ihn bestellten Schulmeister, der dann auch im Pfarrhaus wohnte. Letzteres wird uns von Joachim Schreyer unter Pfarrer Kißling um das Jahr 1564 berichtet. Der nachfolgende Lehrer Joachim Schmidt kaufte sich selbst ein Häuslein im Dorf, das aber so klein war, daß er nur „kümmerlich“ darin die Schüler zu unterrichten vermochte. Erst als der Schuldienst mit dem Mesnerdienst vereinigt wurde, gab es ein besonderes Haus für die Schule, nämlich das Mesnerhaus, das seitdem bis in die Gegenwart herein als Schulhaus benützt wurde.

Im Dreißigjährigen Kriege brannte das Mesnerhaus ab. Der Mesner wohnte dann in einem Privathause, vermutlich als gebürtiger Sachsener in seinem eigenen Hause. Es wird als „Taglöhnerhaus“ bezeichnet und bot offenbar sehr wenig Raum für den Unterricht von Schulkindern. Der Neubau des Mesnerhauses war darum zur unbedingten Notwendigkeit geworden. Bei der Pfarreinsetzung und Kirchenvisitation des Jahres 1680 kam die Sache zur Sprache und es wurde von den beteiligten Herrschaften erwogen, wie dem Notstand abgeholfen werden könnte. Die Vertreter Nürnbergs erklärten, man erinnere sich nicht, je etwas zu Kirchen-, Pfarrhaus- oder Schulhausbauten beigetragen zu haben; zuvörderst möge der Markgraf mit einem Beitrag an die Hand gehen, dann werde sich auch Nürnberg finden lassen; im übrigen sei der Bau Sache des Gotteshauses – offenbar weil es sich eigentlich um das Mesnerhaus handelte – und weiter soll die „Brüderkapelle“ (Sebastiansstiftung) [248] zu den Kosten beitragen, auch die Gemeinde freiwillige Beisteuer leisten. Es folgten noch weitere Verhandlungen zwischen Ansbach und Nürnberg, deren Ergebnis das gleiche war wie stets in ähnlichen Fällen, daß nämlich die Stadt Nürnberg nichts leistete. Das Landalmosenamt, das doch das Recht über die Schule in Anspruch nahm, erklärte ebenfalls den Bau als eine Pflicht des Gotteshauses, das ist der Kirchenstiftung, und entzog sich damit jeden Beitrags. So blieb nichts anderes übrig, als das neue Mesnerhaus ganz aus kirchlichen und kirchengemeindlichen Mitteln zu errichten. Ob von markgräflicher Seite dazu etwas beigetragen wurde, ist aus den Akten nicht ersichtlich. Berichtet ist nur, daß das Haus 1682 gebaut wurde, und zwar, wie ausdrücklich bemerkt wird, auf derselben Stelle, wo das alte Mesnerhaus stand, teils noch auf dem Kirchhof, teils auf gemeindlichem Boden. Es stand nordwestlich von der Kirche, innerhalb des Raumes, der heute noch die Schule und den Schulhof umfaßt. Daß das Gebäude stets als kirchliches Eigentum galt, ergibt sich schon aus der Tatsache, daß die Kirchenstiftung immer wieder einmal für Reparaturen am Hause aufkommen mußte. Seltsam berührt es, daß die Stadt Nürnberg 22 Jahre später behauptete, das Haus sei von ihr gebaut worden, obwohl sie nachweislich keinen Pfennig dazugegeben hatte. Aber man suchte nach einer Begründung für den Rechtsanspruch auf die Schule und den Mesnerdienst und stellte darum solche unbegründete Behauptungen auf.

In dem neuen Mesnerhause war ein größerer Raum für den Unterricht der Schule vorgesehen worden. Er war anfangs jedenfalls zureichend für die nicht zu große Schülerzahl. Aber mit der Zeit wurde er doch zu klein. Auch das Haus selbst wurde allmählich recht baufällig. So mußte man wohl oder übel nach 130 Jahren an einen Neubau herantreten. Das geschah im Jahre 1813. Es war kein völliger Neubau, da man das alte Gemäuer zum Teil noch stehen ließ, es aber weiter ausbaute und vor allem ein Stockwerk aufsetzte. In dem oberen Geschoß wurden zwei Schulzimmer bereitgestellt in der Voraussicht, daß doch bald eine zweite Lehrkraft eingesetzt werden müßte. Die Mittel zum Bau wurden aus der Sebastiansstiftung entnommen, Baumaterial gab die abgebrochene Sebastianskirche her; die Gemeinde leistete die üblichen Hand- und Spanndienste und stellte auch Bauholz zur Verfügung. Während der Bauzeit vom 19. Juni bis 1. Dezember wurde der Saal des unteren Wirtshauses als Lehrzimmer benützt. Die Teilung der Schule in zwei Klassen wurde von der Regierung erst 20 Jahre später, im Jahre 1834, vorgenommen.

Den neuzeitlichen Anforderungen konnte auch dieses Haus nicht mehr genügen. In einem Bericht von 1873 wird das Gebäude als [249] sehr baufällig geschildert, dazu seien die Räume sehr beschränkt. Ein abermaliger Neubau wurde dringend. Seit 1874 wurden Verhandlungen darüber geführt. Die Sache zog sich aber in die Länge, weil die Baupflicht strittig war. Die Kirchenstiftung konnte nicht eintreten, da ihre Mittel nicht zureichten; so erhob sich die Frage, ob nicht der Staat als Rechtsnachfolger der markgräflichen Regierung einzutreten habe. Das Ministerium verneinte unterm 14. Oktober 1882 die Baupflicht des Staates. Der Weg gerichtlicher Klage wurde daraufhin nicht beschritten, sondern es wurde zur Kostendeckung wieder die alte Nothelferin, die Sebastiansstiftung, beigezogen. Soweit deren Mittel nicht ausreichten, trat die Schulgemeinde ein. Das Haus wurde 1884 gebaut, am 1. Dezember eingeweiht. Als Bauplatz wurde nicht nur der zum bisherigen Schul- und Mesnerhaus gehörige Raum verwendet, sondern auch noch der Platz des Nachbaranwesens Hs.-Nr. 24 (Böhmländer), das 1881 abgebrannt war. Da auch dieses neue Schulhaus an Stelle des alten Mesnerhauses und als Ersatz für dieses errichtet wurde, hat es die Bestimmung und den Zweck des alten Hauses mitübernommen und hat darum auch heute noch als Mesnerhaus zu gelten. Nur soweit Schulsäle neben der Wohnung eingebaut wurden, hat es seine Bestimmung verändert und ist zugleich als Schulhaus anzusehen. Solange Kirchendienst und Schuldienst vereinigt blieben, war dieses Verhältnis selbstverständlich und gab zu keinerlei Schwierigkeiten Anlaß. Erst als 1919 beide gesetzlich getrennt wurden, mußte auch bezüglich des Schul- und Mesnerhauses eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung erfolgen. Wie diese geschah, ist bereits in dem Abschnitt vom Kirchengut (Kirchenstiftung) berichtet worden (S. 211).

In dem neuen Schulhause von 1884 wurden drei Lehrzimmer eingerichtet, da man voraussah, daß bei der großen Schülerzahl zwei Räume nicht mehr genügten. Im Jahre 1892 wurde denn auch eine dritte Lehrstelle, zunächst Gehilfenstelle, errichtet. Nachdem 1902 die zweite ständige Schulstelle geschaffen worden war, mußte für den zweiten Lehrer eine eigene Wohnung gebaut werden, was am Ende des Dorfes in der Richtung gegen Volkersdorf geschah.

d) Das Einkommen der Schule

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Wie schon betont wurde, bezog ursprünglich der Lehrer nur das für jedes Kind zu entrichtende Schulgeld, das wöchentlich einen Kreuzer betrug. Wenn auch der Kreuzer damals einen Kaufwert von etwa 30 Reichspfennigen besaß, so reichte dieses Einkommen doch bei weitem nicht zu einem auskömmlichen Lebensunterhalte, zumal der Schulbesuch recht unregelmäßig und oft mangelhaft geschah und [250] überdies nur im Winter statthatte. Ärmere Kinder konnten das Schulgeld überhaupt nicht beibringen. Der Wert des Geldes sank zudem mit der Zeit immer mehr und damit auch das Einkommen des Lehrers. Eine Abhilfe brachte, wie schon gesagt wurde, die Verbindung mit dem Kirchendienste, der in jener Zeit durchaus nicht gering besoldet war, aber freilich auch mit der Zeit infolge der Geldentwertung sehr einbüßte. So mußten nach und nach andere Hilfsquellen flüssig gemacht werden. Eine Aufbesserung von 12 fl., die noch vor der Bereinigung mit dem Kirchendienst aus der Sebastians-Bruderschafts-Stiftung gewährt wurde und damals einen Kaufwert von etwa 300 RM bedeutete, nahm um 1578, als die Schulstelle gerade erledigt war, der damalige Pfleger von Lichtenau weg und wendete sie dem Lichtenauer Schulmeister zu, wie schon erwähnt wurde. In späterer Zeit übernahm die Kirchenstiftung das Schulgeld für arme Kinder und hielt so den Lehrer schadlos. Auch gewährte sie ihm eine Zulage von 16 fl. (damals etwa 150 RM im Werte) und erhöhte sie 1758 bei der Einführung der Sommerschule auf 24 fl. Anfangs mußten die Lehrer auch noch für die Beheizung der Schulzimmer selbst aufkommen, bis 1736 die Regierung den Gemeinden die Lieferung des nötigen Schulholzes zur Pflicht machte. Auch wenn man die Einkünfte aus dem Mesnerdienst (Genuß von zwei Wiesen, vier jährliche Sammlungen, Gebühren bei Taufen, Trauungen und Beerdigungen, Wohnung im Mesnerhause) dazunimmt, wird man immer nur ein bescheidenes Einkommen errechnen können. So bezifferte Lehrer Traumüller im Jahre 1740 sein Einkommen (außer der freien Wohnung) auf nur 161 fl., Lehrer Leitner 1808 auf 300 fl. Gewiß besaß damals das Geld gegen heute einen bedeutend höheren Kaufwert, der nicht übersehen werden darf; aber trotzdem lassen sich kaum mehr als etwa 1800 RM nach heutigem Werte errechnen. Auch diese Summe sank mit dem fortschreitenden Sinken des Geldwertes, so daß schließlich doch der Staat eingreifen und seinerseits für eine Besserung des Schuleinkommens Sorge tragen mußte. Doch erfolgte das erst in neuerer Zeit und nur ganz langsam. Nach der Revolution übernahm der Staat 1919 die gesamte Lehrerbesoldung unter gleichzeitiger Abtrennung des Kirchendienstes vom Schuldienste. Den Gemeinden verblieb nur noch die Bereitstellung und Unterhaltung der Schulgebäude.

Bezüglich des Kirchendienstes war man schon früher den Lehrern in einzelnen Punkten entgegengekommen. So wurde in Sachsen schon 1874 das Gebetläuten und Uhraufziehen einer eigenen Person auf Kosten der Kirchenkasse übertragen. 1919 mußte dann wieder ein besonderer Mesnerdienst eingerichtet werden.

[251]

2. Die Schule in Zandt

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Nach einem Bericht des Pfarrers Saur hatten die drei Orte Zandt, Unterrottmannsdorf und Oberrammersdorf schon vor dem Jahre 1680 sich zusammengetan, um jeweils für den Winter einen eigenen „Nebensehulmeister“ zu gewinnen. Da der Schulbezirk nur klein, die Einnahme an Schulgeld darum nur gering war, ein Schulhaus überhaupt fehlte, konnten sie naturgemäß nicht auf eine irgendwie geschulte Lehrkraft rechnen, sondern mußten zufrieden sein, wenn sich irgendeine Privatperson fand, die notdürftig lesen und schreiben konnte und daneben noch ein Handwerk verstand, um sich mit diesem besonders im Sommer den nötigen Lebensunterhalt zu erwerben. Mitunter stellte sich auch ein gerade beschäftigungsloser Lehrer oder Schulanwärter ein, der bereit war, vorübergehend seine Dienste zu leisten, bis er etwas Besseres fand. So lesen wir, daß 1681 Johann Nast dort unterrichtete, der dann nach Sachsen kam. Im Jahre 1703 hielt in Oberrammersdorf ein Hirte die Schule, 1705 in Zandt ein „vagierender“ (umherziehender) Student, 1714 in Unterrottmannsdorf ein edelmännischer „Gartbruder“ (ein wandernder Fechtbruder von vornehmerer Herkunft), 1727–1731 Wolfgang Friedrich Ludwig, vermutlich ein Lehrerssohn aus Sachsen, nach ihm der Schulanwärter Peter Weber, 1738 der Anwärter Joseph Christian Görnand. Im Jahre 1702 war sogar ein um seines Glaubens willen aus Schlesien vertriebener Geistlicher, namens Christoph Korndörfer, auf die Zandtmühle gekommen und hat dort Schule gehalten, ist aber bald darauf verstorben. Ein anderer Emigrant erschien 1741 in Unterrottmannsdorf; er kam aus Unterfranken (Kleinlangheim, dann Hohnsberg bei Burghaslach), hieß Johann Thomas Lang und war von der Schwarzenbergischen Herrschaft „aufs grausamste verfolgt und all des Seinigen beraubt“ worden. Da er länger zu bleiben willens war, versprach man ihm eine bessere Stellung; aber es wurde nichts aus den Versprechungen wegen „eingefallener harter Zeit und einiger Zwistigkeit der Inwohner“, weshalb er beim Markgrafen um eine andere Verwendung nachsuchte. 1725 wurde ein entlassener Vogt, Johann Kaspar Hayn, zum Schuldienst angenommen, 1745 Johann Leonhard Müller, ein Schneider aus Altenmuhr, der dann 1751 nach Fünfbronn als Lehrer zog.

So war es ein steter Wechsel unter den Schulhaltern. Keiner konnte länger bleiben, jeder trachtete bald wieder weiterzukommen. Die Stelle bot auch gar nichts Verlockendes. Es fehlte vor allem an einem Schulhause, wo der Lehrende wohnen und die Kinder um sich sammeln konnte. Die Wohnung wurde ihm jedenfalls in [252] irgendeinem Bauernhause (Nebenhaus) oder auch im Hirtenhause angewiesen. Ebenso mußte er in einem solchen Hause den Unterricht geben. Offenbar wurde dabei jährlich gewechselt, schon zwischen den drei Ortschaften, aber dann auch zwischen den einzelnen Häusern, wo sich gerade Kinder befanden. Seine Verköstigung hatte der Schulhalter ebenfalls abwechselnd in den verschiedenen Häusern seiner Schulkinder zu nehmen. Statt des ihm zustehenden Schulgeldes wurde er vielfach mit Naturalien abgefunden. Es war eine richtige „Heckenschule“, wie sie wiederholt in den Akten bezeichnet wird.

Schwierigkeiten ergaben sich immer wieder mit dem Lehrer von Sachsen, zu dem die Kinder eigentlich hätten in die Schule gehen sollen. Er verlangte wenigstens das Schulgeld für die Kinder, wenn sie nicht nach Sachsen gingen. Es ist begreiflich, daß sich die drei Dörfer gegen das doppelte Schulgeld sträubten, und sich auch dann noch weigerten, als es für Sachsen auf drei Kreuzer im Vierteljahr ermäßigt wurde. Aber die Behörde stellte sich auf den Standpunkt des Sachsener Lehrers. Der damalige Schuldiener Heinrich Wahl leistete darum, damit er nicht brotlos würde, lieber aus eigener Tasche eine Abfindung von 1½ fl. nach Sachsen. Doch war das nur eine vorübergehende Regelung.

Von 1742 an erhielt der Lehrer in Zandt aus der Kirchenstiftung in Sachsen jährlich 8 fl. Es scheinen um jene Zeit sich die Lehrer dauernd in Zandt aufgehalten zu haben, und zwar in dem dortigen Ochsenhirtenhaus (Nr. 12), das etwas später ausdrücklich als Schulhaus bezeichnet wird. Übrigens dachte man um jene Zeit ernstlich daran, ein eigenes Schulhaus zu bauen; man konnte sich aber nicht darüber einigen, an welchem von den drei Orten man es tun sollte, da jeder Ort darauf Anspruch erhob.

Der Sorge um ein neues Schulhaus wurden die Leute enthoben, als 1752 der Schneider und Zimmermann Johann Georg Mannbar die Winterschule übernahm. Er besaß ein eigenes Haus in Zandt (Hs.-Nr. Z) und konnte darin auch die Schule unterbringen. Er führte die Schule bis 1794, also 42 Jahre lang, und brachte damit feste Verhältnisse in das Zandter Schulwesen. Sein Einkommen war aus dem Schuldienst freilich recht gering. Er bezog nur das übliche Schulgeld und einen halben Metzen Korn von jedem Haus, aus dem Kinder seine Schule besuchten. Für arme Kinder ersetzte die Kirchenstiftung Sachsen das Schulgeld. Als Mannbar Alters halber den Schuldienst aufgeben mußte, durfte er die 8 fl. aus der Kirchenstiftung bis an sein Lebensende weiter beziehen, während für seinen Nachfolger ein neuer Betrag von 5, später 6 fl. ausgeworfen wurde. Der Nachfolger war Johann Lukas Herbst, Zimmermann aus Großbreitenbronn. Die Gemeinde gewährte ihm freie Wohnung [253] offenbar in dem alten Ochsenhirtenhaus –, dazu ein Gärtlein, einen Platz zu einer Wiese und etwas Holz. Im übrigen blieb die Besoldung, wie sie war, nur daß von 1805 ab die Neukirchener Kirchenstiftung jährlich 25 fl. zulegte. Das „Schulhaus“ (Ochsenhirtenhaus) befand sich in so üblem Zustande, daß es 1796 neu gebaut werden mußte. Es wurde dabei aber so schlecht hergestellt, daß es schon nach wenigen Jahren wieder „jämmerlich baufällig“ war. Zudem war das Schulzimmer viel zu klein und zu niedrig, obwohl man damals nur 25–30 Kinder zählte. Die Schülerzahl nahm aber rasch zu, so daß man 1839 schon auf 48 kam. Trotzdem kam es noch nicht sogleich zu einem Neubau des Schulhauses. Auf Herbst folgten noch vier Nebenschullehrer: 1823 Johann Leonhard Hofmann, nach ihm Meyer, dann Berwind und Schmidt. Erst 1833 trat man an den Neubau der Schule heran. Das Haus wurde auf der Stelle errichtet, auf der es noch heute steht, war einstöckig mit einem hellen und geräumigen Lehrzimmer, jedoch nur mit beschränktem Raum für den Lehrer. 1879 wurde das Haus erweitert durch den Anbau eines neuen Schulsaales, 1921 wurde ein Stockwerk aufgesetzt.

Von den nach 1833 in Zandt wirkenden und häufig wechselnden Schulverwesern und später Lehrern seien folgende benannt:

Maurer Leonhard, ständiger Schulverweser, 1848–1865, kam nach Dambach.

Thoma Georg, 1865–1879, verzog nach Obermögersheim.

Roth, Verweser, 1880–1885, kam nach Seenheim.

Neusinger Friedrich, kam von Schornweisach 1886 nach Zandt, 1888 nach Fürth.

Jörger Konrad, 1889–1891. Tauschte mit dem Nachfolger:

Maurer Ernst Ferdinand, 1891–1893. Kam von Kaubenheim, zog nach Kloster Sulz.

Meder Andreas, 1893–1901. Kam nach Fünfbronn.

Thoma Georg Friedrich, 1901–1907. Zog nach Kornburg.

Distler Johann, 1907–1920. Kam nach Altenberg, wurde Oberlehrer.

Strehl Hermann, seit 1. Mai 1920 in Zandt, vordem in Oberferrieden, Hauptlehrer.

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VII. Wirtschaftliche und gesundheitliche Verhältnisse

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1. Die Landwirtschaft

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Die Bewohner des Pfarrbezirkes von Sachsen haben von Anfang an durchaus Landwirtschaft getrieben. Daran hat sich bis heute nur wenig geändert. Einige gewerbliche Betriebe treten nicht besonders hervor und sind fast immer irgendwie mit Landwirtschaft verbunden. Auch Leute, die als Arbeiter auswärts tätig sind, suchen meist ein wenn auch noch so kleines Stück Land selbst oder durch ihre Angehörigen zu bewirtschaften. Die Landwirtschaft gibt der ganzen Bevölkerung ihr Gepräge.

Die älteste Form des landwirtschaftlichen Betriebes war auch bei uns wie anderwärts der große Bauernhof. Man findet solche Großhöfe jetzt nur noch selten, da sie in der Regel schon frühzeitig geteilt und zu Halbhöfen gemacht, sehr häufig auch noch weiter in kleine und kleinste Güter zerlegt wurden. Die neuere Zeit hat dazu noch die Güterzerschlagung gebracht, wodurch manche Höfe ganz aufgelöst oder durch große Verkäufe zu kleinen Besitzungen herabgewürdigt wurden. Umgekehrt haben dadurch kleine Güter sich emporgeschwungen und sind zu Höfen geworden, wenn auch der Kleinbesitz im allgemeinen vorherrschend wurde. Auch sonst sind durch Käufe und Verkäufe in dem Grundbestand der alten Höfe die weitgehendsten Änderungen herbeigeführt worden.

Nur der Besitzer eines Großhofes hieß ursprünglich „Bauer“. Wo der Hof geteilt wurde, ist in den alten Urkunden stets von „Halbhöfen“ und „Halbbauern“ die Rede, wobei aber diese halben Höfe immer noch sehr stattliche und nach unseren neuzeitlichen Begriffen große Höfe bildeten. Erst mit der Zeit wurden diese Namen abgeschwächt, und es wurde dann jeder Besitzer eines größeren Anwesens Bauer genannt, während die Inhaber kleinerer Anwesen als „Gütler“ bezeichnet wurden, da der Kleinhof als „Gut“ betrachtet wurde. Letztere führen gelegentlich auch den Namen „Söldner“ oder „Köbler“. Mitunter kommt in der Zeit vor etwa 200 Jahren auch die Benennung „Viertelshof“ und „Dreiviertelshof“ vor. Die Bezeichnungen Bauer und Gütler wurden in der Folgezeit nicht immer scharf voneinander geschieden, so daß die verschiedenen Besitzer ein und desselben Anwesens nicht selten bald als Gütler, bald als Bauern benannt werden. In der Gegenwart ist der Name Bauer für alle Erbhofbesitzer gesetzlich festgelegt, während die Inhaber geringerer Grundwerte den Titel „Landwirte“ führen. Ein Haus ohne jeden weiteren Grundbesitz erscheint in den Katastern des vorigen Jahrhunderts als „Leerhaus“, auch wenn es bewohnt war.

[255] Die Grundstücke wurden in alter Zeit bei uns nach „Tagwerk“ und „Morgen“ gemessen. Bei den Wiesen galten die Tagwerk, bei den Äckern und beim Wald die Morgen. Diese Maße wurden aber nur schätzungsweise festgestellt, nicht etwa auf Grund von genauen Vermessungen, wie in unserer Zeit. Das Tagwerk bezeichnete die Größe einer Wiese, die man an einem Tage mähen konnte, der Morgen aber umfaßte ein Stück Feld, das man an einem Vormittag („Morgen“) umzuackern vermochte. Daraus ergab sich von selbst eine gewisse Unbestimmtheit in der Größenangabe der alten Grundstücke. Im allgemeinen darf man sagen, daß ein altes Tagwerk um etwa ein Viertel größer war als unser neuzeitliches Tagwerk, also etwa 1,25 Tgw. (0,4 ha), während ein Morgen durchschnittlich um ein Drittel über das heutige Tagwerk hinausging, also etwa 1,33 Tgw. (0,44 ha) befaßte.

Die alten Höfe trieben Getreidebau für gewöhnlich nur soweit, als es der eigene Hausbedarf und die Abgabe an den Grundherrn, die Gült, erforderte. Für den Handel und Verkauf wurde wenig oder nichts gebaut, da es bei dem Mangel an Städten an Abnehmern fehlte. Es bestand auch wenig Anlaß, Waren für den Haushalt zu erwerben und um deswillen Landesprodukte abzusetzen, da auf jedem Hof alle nötigen Geräte, Kleider usw. selbst verfertigt wurden und lediglich für Eisenwaren Ausgaben notwendig wurden. Erst mit dem Aufkommen der Städte und mit der Entstehung eines eigenen Handwerkerstandes wurde es anders. Da mußte mehr an Getreide, Vieh u. a. produziert werden, um einerseits die Städte zu versorgen und anderseits aus den Städten allerlei Haus- und Lebensbedarf zu beziehen. Vor allem mußte mit dem Aufkommen der Geldwirtschaft im Mittelalter auch bares Geld durch den Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse gewonnen werden, um die mit der Zeit entstandenen, in Geld festgelegten Lasten, Zinsen, Steuern, Handlöhne u. dgl. bestreiten und auch sonst den Geschäftsverkehr sich erleichtern zu können. So mußte die Ackerfläche nach und nach vergrößert und der Wiesgrund erweitert werden. Beides konnte anfangs leicht geschehen, da man nur ein Stück von dem reichlich vorhandenen Wald zu roden brauchte oder von dem großen Weideland einen Teil abzweigte.

Da man eine Pflege des Ackerlandes durch Düngung, Fruchtwechsel und andere Maßnahmen in alter Zeit nicht kannte, so erschöpfte sich der Boden sehr bald innerhalb weniger Jahre. Man half sich dann damit, daß man das Land als „Egarten“ oder „Egerten“ öde liegen ließ, bis sich der Boden wieder erholt hatte, und inzwischen ein anderes Stück Land mit Feldfrucht bebaute. Das tat aber nur solange gut, als die Bevölkerung noch gering war und [256] man noch reichlich Land zur Verfügung hatte. Als hierin eine starke Änderung eintrat, mußte man sparsamer mit dem Boden umgehen, ihn besser ausnützen und durch entsprechende Bearbeitung fruchtbarer machen. Es entstand dann die sogenannte Dreifelderwirtschaft, bei der alles vorhandene Feld in drei große, annähernd gleiche Flurstücke geteilt und diese abwechselnd der Reihe nach im Laufe von drei Jahren mit Winterfrucht, dann Sommerfrucht und endlich Zwischenfrucht bebaut wurden. Soweit eine Zwischenfrucht (Kraut, Rüben, Erbsen, Linsen, Wicken, Flachs, später auch Kartoffeln u. a.) nicht benötigt wurde, ließ man das Land in diesem Jahre „brach“ liegen. Auch diese Dreifelderwirtschaft hat sich in der Neuzeit gelockert; besonders kennt man brachliegendes Land nicht mehr.

Gebaut wurde in ältester Zeit fast nur Korn und Haber. Darum sind die Getreideabgaben (Gülten) an die Grundherren regelmäßig in diesen beiden Getreidearten festgesetzt worden. Erst später kam der Weizen und die Gerste dazu, doch blieb dieser Anbau immer beschränkt. Noch im Jahre 1808 werden als Hauptprodukte der Landwirtschaft Korn, Haber und Flachs angeführt. Flachs wurde schon von Anfang an neben dem Getreide gebaut. Man brauchte ihn ja ebenso wie die Wolle unbedingt zur Herstellung der Kleiderstoffe. Die oben erwähnten Zwischenfrüchte kamen erst im Laufe der Zeit dazu. Außer den genannten hören wir gelegentlich noch von Wicken, von Hanf und sogar von Tabak. Die Kartoffeln, „Erdbirnen“ genannt, kommen erst um 1770 vor; ihr Anbau wurde vor allem durch die Hungerjahre 1770 und 1771, dann später noch 1784, gefördert. Der Flurname „Hopfenleite“ bei Hirschbronn beweist, daß man es sogar mit dem Hopfenbau versuchte, wenn auch offenbar ohne großen Erfolg.

Am meisten Gewicht legte man schon in ältester Zeit auf die Viehzucht, die sich schon damals auf hoher Stufe befand. Das Vieh bildete den Hauptreichtum des Bauern. Dazu gehörten nicht nur die Rinder, Schafe und Schweine, sondern ganz besonders auch die Pferde. Sie brauchte man als Zugtiere bei der Landwirtschaft, aber weiterhin als Verkehrsmittel für weitere Entfernungen, die bei dem völligen Mangel an Straßen nur mit Hilfe von Pferden zurückzulegen waren, wobei man für gewöhnlich auf den Pferden ritt und sie nur bei außerordentlichem Anlaß vor einen Wagen spannte. Solange der Bauer noch zum Heeresdienst ausrücken mußte, hatte er auch dazu sein Pferd nötig.

Zur Viehzucht diente vor allem das Weideland, das man von Anfang an überall in breiter Fläche liegen ließ. Man benützte dazu gern die abgelegeneren Flurbezirke, da man ja das Vieh leicht [257] weiter hinaustreiben konnte, ebenso Bodenstücke, die sich für den Feld- oder Wiesenbau nicht gut eigneten, wie Abhänge, Seitentäler, sumpfiges Gelände u. ä. Noch vor 130 Jahren gab es in den Gemeinden solche ausgedehnte Weideflächen, die damals erst an die Dorfbewohner, soweit sie „Gemeinderecht“ besaßen, verteilt wurden. Daß auch die Wälder vielfach zur Weide benützt wurden, ist schon S. 13 gezeigt worden. Der Weidetrieb erfolgte vom ersten Frühjahr an bis zum Eintritt des Winters. Die Stallfütterung beschränkte sich auf die Zeit, in der das Vieh draußen nichts mehr finden konnte. Darum brauchte man nicht sehr viele Wiesen, sondern nur soviel, als man zur Beschaffung des Futters für den Winter benötigte. Freilich mußte das Wiesland sehr gut und fruchtbar sein, da man ja einen geordneten Wiesenbau mit Düngung, Entwässerung oder Bewässerung und anderem nicht kannte.

Die Zubereitung des Flachses erforderte viel Arbeit und Sorgfalt. Die von allem Unkraut und Unrat sorgfältig gereinigten Stengel mußten erst ausgebreitet und in der Sonne gedörrt werden, wie es z. B. auf dem heute noch so benannten „Flachswasen“ bei Sachsen geschah; dann kam das „Rösten“ des Flachses in Weihern oder eigens dazu hergerichteten Wassergruben, wie um 1550 eine solche „Flachsröste“ am Weickersbach oberhalb Rutzendorf erwähnt wird. Weiter war der Flachs wieder zu trocknen und dann recht dürr zu machen, weshalb er in Backöfen gesteckt oder auf Zimmeröfen gelegt wurde. Da hierbei öfters Brände entstanden, verboten die Regierungen späterhin das Dörren des Flachses in den Häusern und ordneten die Erbauung eigener Brechhäuser mit Dörröfen außerhalb der Ortschaften an. Das ist auch überall geschehen, im Markgrafentum seit 1716. Dort wurde dann das Dürrmachen des Flachses besorgt und im Anschluß daran das wiederholte „Brechen“ mit Hilfe der besonderen Geräte. Erst dann konnte der Flachs gehechelt und in Reißen gebündelt werden, um während der langen Winterabende gesponnen und schließlich am Webstuhl zu Leinentuch gewoben zu werden. Ein langer Weg, der so vom Flachs auf dem Acker zu dem Leinenballen der Hausfrau im Wäscheschrank führte. – Von den seiner Zeit errichteten Brechhäusern ist noch eine gute Zahl da und dort am Rande der Dörfer vorhanden, allerdings meist verödet und dem Verfall nahe. Die Mehrzahl wurde im Laufe der letzten Jahrzehnte schon abgebrochen, nachdem der Flachsbau langsam aufgehört hatte, weil er gegen die billigere Baumwolle und andere Stoffe nicht mehr aufkommen konnte. Manche Brechhäuser wurden auch umgebaut und anderen Zwecken (Maschinenhallen u. ä.) zugeführt.

[258]

2. Nebenbetriebe der Landwirtschaft

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Der Obstbau wurde ehedem wenig gepflegt. Man liest zwar in den alten Akten öfters von Obstbäumen in den Gärten und auf den Feldern, und der Pfarrer von Sachsen hatte sogar Anspruch auf den Obstzehnten im Dorfe; aber ständig ist die Klage, daß der Obstzehnte nichts trage. Die Bäume waren offenbar recht verwildert und gaben nur wenig und dazu schlechte Frucht. Eine richtige Baum- und Gartenpflege brachte erst die neue Zeit hervor. Verwunderlich mag es erscheinen, daß einst auch Weinbau getrieben wurde. Und doch war es so. Der Berghang bei Sachsen in der Richtung gegen Rutzendorf heißt nicht umsonst der „Weinberg“; es wurde vielmehr dort wirklich eine Zeitlang Wein gebaut. Ähnlich steht es mit dem Hang westlich von Herpersdorf und ebenso einem Flurbezirk bei Immeldorf, die beide auf einer Karte von 1592 als Weinberge bezeichnet werden. Zu erinnern ist auch an den Weinberg bei Ansbach und vor allem an den nördlich von Lichtenau am Berghang gelegenen Weinberg. Von letzterem ist uns Näheres bekannt. Er war durch einen Graben von der übrigen Flur abgegrenzt und durch einen Zaun geschützt. Im Jahre 1553 wurde ein eigener Weingärtner, namens Eucharius Hofmann von Oberntief (bei Windsheim), zur Pflege des Weinbergs bestellt gegen eine Entschädigung von 20 fl. nebst dem nötigen Brennholz. Aus der geringen Besoldung ist zu schließen, daß er nicht dauernd, sondern nur zeitweise in Lichtenau weilte, um da die nötigen Arbeiten im Weinberg zu vollziehen. Als 1558 an der Festung in Lichtenau die nördliche Eckbastei errichtet wurde, legte man in den Grundstein auch ein „Glas“ (wohl eine Flasche) von dem Rotwein, der in dem Weinberg gewachsen war, dazu einen Kupferpfennig der Stadt Nürnberg. Um 1600 wird berichtet, daß in dem Weinberg auch ein Kelterhaus mit einer Weinkelter (zum Auspressen des Traubensaftes) stand. Der Ertrag belief sich damals auf jährlich 2–3 „Fuder“ Wein (etwa 3000 Liter). Als 1721 der Festungsbau erneuert wurde, fand man das 1558 eingemauerte Glas wieder, allerdings zerbrochen und ohne Wein. In den neuen Eckstein setzte man ein Glas spanischen Weins, ein Zeichen, daß damals kein einheimischer Weinbau mehr getrieben wurde. Der Dreißigjährige Krieg hatte ihm jedenfalls ein Ende bereitet. Der bei uns gebaute Wein war sicher in der Regel recht sauer, so daß man nicht ungern auf die Fortführung des Weinbaues verzichtete. Die Anlage der vielen Weinberge in der Gegend erklärt sich überhaupt nur daraus, daß man in alter Zeit viel mehr Wein trank als in der Gegenwart, und zwar nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Lande.

[259] Ein Nebenbetrieb der Landwirtschaft war in unserer Gegend stets die Bienenzucht. Schon in der ältesten Urkunde aus unserem Pfarrbezirk vom Jahre 1111 wird diese vorausgesetzt. Eine leibeigene Familie in Ratzenwinden wurde bei einer Schenkung an das Gumbertusstift in Ansbach freigegeben unter der Bedingung, daß sie jährlich an das Stift eine feste Abgabe leiste, entweder in Geld oder in Wachs oder in einem Stück neuen Tuches. Das Wachs weist unfehlbar auf eine schon damals in Ratzenwinden bestehende Haltung von Bienen hin. Das Wachs brauchte man notwendig zur Herstellung von Kerzen für die Kirchen, die bei Messen und anderen gottesdienstlichen Feiern auf den Altären brennen sollten. Eben darum war damals bei der Bienenzucht die Gewinnung von Wachs wichtiger als die Ernte von Honig. Aber nicht nur in Ratzenwinden, auch anderwärts wird oft die Abgabe von Wachs hervorgehoben. So hatte 1460 Hans Teufel von Volkersdorf jährlich ½ Pfund Wachs an die Pfarrei Sachsen zu liefern. 1432 bestand der Pachtpreis für verschiedene Grundstücke der Kirchenstiftung Sachsen in jährlich 14 Pfund Wachs. 1510 hatte eine Reihe von Leuten in Lichtenau, Hirschbronn, Alberndorf und anderwärts je 1–2 Pfund Wachs an die Sebastians-Bruderschafts-Stiftung in Sachsen zu entrichten. In Neukirchen schaffte man nach Ausweis der Rechnungen von 1507 und nachfolgend eigens Bienen für die dortige Kirche an, um so das erforderliche Wachs zu gewinnen. Man schöpft aus dem allen den Eindruck, daß in alter Zeit die Bienenzucht lebhafter betrieben wurde als in der Gegenwart, allerdings nur in der einfachen und wenig ertragreichen Form, wie sie noch bis in die Gegenwart herein üblich war. Der Wandel der Zeiten zeigt sich aber darin, daß heute die Gewinnung von Wachs zur Nebensache geworden ist, während die Erzielung einer möglichst reichen Honigernte ausschlaggebend voransteht.

3. Der Wald

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Eine hohe Bedeutung kam von jeher dem Walde zu, nicht nur für die Landwirtschaft, sondern für das ganze Volk. Bis in die neuere Zeit herein war der Wald die einzige Quelle für die Beschaffung des nötigen Heizmaterials, für die Lieferung des Bau- und des Werkholzes und für manches andere. Dem Bauern bot er einst vielfach Weide für sein Vieh, den hohen Herren Gelegenheit zur Ausübung der Jagd. Das Leben des deutschen Volkes ist zu allen Zeiten aufs innigste mit dem Walde verbunden gewesen.

Nur sah der Wald in alter Zeit und noch lange fort ganz anders aus als heutzutage, wie schon im ersten Kapitel dieses Buches hervorgehoben [260] wurde. Von irgendeiner Waldkultur, wie wir sie heute gewohnt sind, war nicht das geringste zu sehen. Es war zunächst ein buntes Gemisch von allerlei Bäumen, wie „Eichen, Tannen, Linden, Espen und anderem Holz“ wie es in einer Beschreibung des Herrenwaldes um 1700 heißt. Man ließ wachsen, was wachsen wollte, und schlug heraus, was man gerade brauchte. Darum gab es viele lichte Stellen, viel Graswuchs, viel Unterholz, viel unnützes Gestrüpp. Von einer sachgemäßen Aufforstung der kahlen Stellen war keine Rede, man ließ Wind und Wetter für den Nachwuchs sorgen. Daher kam es, daß die Wälder trotz ihrer Größe doch so wenig ergiebig waren. Um so mehr fand das Vieh dort Nahrung, wenn es in den Wald getrieben wurde, was anderseits freilich wieder für den Baumwuchs recht nachteilig war. Über Weiderechte ist schon früher geredet worden. Hier sei nur noch nachgetragen, daß gerne auch die Schweine in den Wald getrieben wurden, besonders wo ein guter Eichenbestand die Möglichkeit einer Schweinemast bot. Das war z. B. im Espan (Herrenwald) der Fall. Dort wurden zeitweise an die 400 Schweine zur Eichelmast gebracht und von einem dazu bestellten Hirten gehütet. Über Nacht wurden die Schweine in einem herrschaftlichen Stall untergebracht, der bei Herpersdorf stand. Die Leute, die ihre Schweine in dieser Weise hüten ließen, mußten eine bestimmte Gebühr an die Herrschaft in Lichtenau bezahlen.

Wie in Gemeindewäldern gewirtschaftet wurde, kann man aus der für Sachsen ausgestellten Dorfordnung ersehen, über die später berichtet werden wird (S. 304). Auch eine Ordnung für Oberrammersdorf gibt einigen Aufschluß (S. 308). Die herrschaftlichen Waldungen waren meist reichlich mit sogenanntem „Rechtholz“ belastet, das einzelne Untertanen oder auch Gemeinden bezogen. Wie sie zu diesen Rechten kamen, ist nicht bekannt; vermutlich wurden sie einst als Entschädigung für bestimmte Leistungen gewährt, zum Teil gehörten sie zur Besoldung von Beamten und Geistlichen. So zählt das Salbuch der Pflegschaft Lichtenau von 1550 folgende Abgaben aus den nürnbergischen Waldungen auf: 60 Klafter Holz an den Pfleger in Lichtenau, 18 Klafter an den dortigen Pfarrer, 48 Klafter an 4 Rutzendorfer Bauern, 6 Klafter nach Volkersdorf, 120 Klafter an 20 Bürger zu Lichtenau, 6 Klafter an den Pfarrer zu Immeldorf, je 2 Klafter den Mesnern zu Sachsen und Immeldorf, dazu 60 Klafter zum Betrieb des Kalkofens zwischen Lichtenau und Rutzendorf usw. Insgesamt waren es 462 Klafter Brennholz. Daß auch der Markgraf aus seinen Wäldern viel Holz abgab, ist bekannt. Er tat es nicht nur für Kirchen- und Schulhausbauten, sondern auch als Rechtholz an Private. So fielen je 8 Klafter an 2 Bauern in Hirschbronn, 46 Klafter an 7 Bauern in Alberndorf, dazu 5 Klafter [261] an die dortige Gemeinde, dann 16 Klafter an 2 Anwesen in Steinbach. Diese Holzrechte bestanden bis in die Gegenwart herein, wo sie der Ablösung verfielen. Ein paar Rechte in Oberrammersdorf und Ratzenwinden haben ihre Besitzer schon früher verfallen lassen, teils weil ihnen das Holz in zu weiter Entfernung angewiesen worden war, teils weil sie selbst genug Wald besaßen.

Sehr schwer hatten die Bauern unter den Wildbannrechten zu leiden, die dem Markgrafen sowohl im Lichtenauer wie im Ansbacher Bezirk zustanden. Er hielt stets auf einen möglichst starken Wildstand und forderte dazu freien Auslauf des Wildes aus dem Walde auf die Felder der Bauern. Das hatte wenig zu sagen bei den kleineren Tieren, wie Rehen und Hasen; dagegen richteten die großen Tiere, die Hirsche und Wildschweine, auf den Feldern oft gewaltigen Schaden an, indem sie die Saaten zerstampften und die Acker zerwühlten. Beständig gingen darum Klagen wegen des „überhäuften markgräflichen Wildbrets“ ein, so 1581 von Lichtenau, Sachsen und Rutzendorf, 1608 von Milmersdorf und Herpersdorf. Wohl wurde ihnen daraufhin gestattet, die Saatfelder bis zur Ernte mit Stangen und Latten zu „verlandern“, d. h. mit einem Geländer zu versehen und so gegen das Wild zu schützen; aber das war nur ein dürftiger Schutz, besonders gegen die Wildschweine. Und auch dieser Schutz mußte gleich nach der Ernte entfernt werden, sonst kamen die markgräflichen Jäger und schlugen die Zäune nieder, wie es 1707 längs der Waldgrenze von Sachsen über Milmersdorf nach Herpersdorf geschah. Vor allem wurde scharf darauf gesehen, daß die Leute ja nicht das Wild selbst von den Feldern verscheuchten und vielleicht gar Hunde dazu gebrauchten. Im Jahre 1594 schlugen die Jäger einen Bauernjungen, der das Wild fortscheuchte, so übel, daß er daran starb. Zu einer großen „Bittschrift“ sahen sich 1583 die Einwohner von Hirschbronn, Alberndorf, Steinbach, Ratzenwinden und weiteren Orten veranlaßt, weil sie bei der Feldhut keinen Hund mitnehmen durften; das Wild sei so „heimisch“ geworden, daß es nicht mehr aus dem Getreide zu vertreiben sei, weder mit Schreien noch mit anderem, so daß es „alles verdirbt und abbeißt“; deshalb bitten sie dringendst, zu erlauben, daß sie doch „etliche Hündlein, die dem Wild ohne Schaden seien“, für die nächtliche Hut gebrauchen dürften. Ob ihnen die Bitte gewährt wurde, ist nicht bekannt. Daß die Hirsche sogar den Menschen gefährlich werden konnten, zeigt ein Vorfall im Jahre 1590, wo ein Mann aus Sachsen von einem Hirsch „hart beschädigt“ wurde.

Zur Aufsicht über den Wildstand war in Hirschbronn ein markgräflicher Wildmeister aufgestellt, der seine Wohnung in dem jetzt [262] Ottschen Hause am Eingang des Dorfes hatte. Nach ihm heißt heute noch der von dort zum Walde führende Weg der „Wildmeisterweg“. Der Bezirk dieses Wildmeisters erstreckte sich von der Rezat nordwärts über Herpersdorf, Wicklesgreuth, Vestenberg, Külbingen, Katterbach und Obereichenbach. Er hatte mit seinen Jägern besonders aus Wilddieberei zu achten, die zwar äußerst streng, oft grausam bestraft wurde, aber doch immer wieder vorkam. Ein zweiter markgräflicher Wildmeister hatte seinen Wohnsitz in Petersaurach. Die nürnbergische Herrschaft in Lichtenau unterhielt einen Förster mit einem Gehilfen.

4. Hirten, Handwerker, Arbeiter, Gewerbetreibende

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Nicht alle Söhne aus den Höfen und Gütern der Bauern konnten sich wieder auf dem Lande in dem ererbten landwirtschaftlichen Berufe ansässig machen. Der vorhandene Boden reichte dazu nicht aus. Wohl half man sich in der Anfangszeit durch Teilung der Höfe und Güter; aber auf die Dauer ging das nicht an. Einen Teil der überschüssigen Bevölkerung nahmen die aufkommenden Städte dem Lande ab. Aber viele zogen es vor, auf dem Lande zu bleiben und sich da auf diese oder jene Weise zu ernähren. Es bildeten sich Gewerbe und Handwerke aus, die den Bauern an die Hand gehen und so die Grundlage zu einer gesicherten Lebenshaltung bilden konnten. Andere lebten einfach als Arbeiter und Taglöhner auf einem Dorfe und wußten sich bald da bald dort nützlich zu machen. Voraussetzung war meist der Bau oder Erwerb eines eigenen, wenn auch noch so kleinen Häuschens; doch gab es mit der Zeit nicht wenige, die als „Inwohner“ in einem gerade leerstehenden Hofhause oder sonstwo sich einmieteten. Für manche, wie für die Hirten, war durch eine eigene Dienstwohnung gesorgt. Mit der Zeit vermochten es diese, zunächst außerhalb der Bauernschaft stehenden Leute, sich emporzuarbeiten, etwas Vieh zu halten, einige Grundstücke zu erwerben und damit an der Landwirtschaft teilzunehmen. Der doppelte Beruf bot ihnen dann eine um so sicherere Lebensstellung.

Der Hirtenberuf ist wohl schon sehr früh entstanden. Es lag ja nahe, in einem Dorfe das Hüten des Viehes auf der Weide einer dazu aufgestellten, erfahrenen Persönlichkeit zu übertragen und diese dafür entsprechend zu entlohnen. Darum treffen wir von alters her fast in jedem Dorfe ein Hirtenhaus, das der Gemeinde gehörte, das aber dem jeweiligen Hirten samt seiner Familie zur Verfügung stand. Der Hirte wurde alljährlich im Spätherbst oder um Weihnachten „gedingt“, ähnlich wie die Dienstboten. Oft konnte er dabei lange in einem Dorfe bleiben, nicht selten mußte er aber von Ort zu Ort wandern [263] und konnte nirgends heimisch werden. Über die Entlohnung der Hirten geben die Dorfordnungen Aufschluß, die in einem späteren Abschnitt behandelt werden (S. 303 ff.).

Der Hirte mußte genaue Kenntnis haben nicht nur vom eigenen Flurbezirk, sondern auch von den auf fremde Fluren sich erstreckenden Hutrechten. Von ihnen wird später bei der Aufführung der einzelnen Ortschaften noch zu reden sein. Vielfach wurde dem Hirten auch die Haltung des zu jeder Viehherde notwendigen „Ochsen“ (Stieres) übertragen, weshalb wir in den Ortschaften oft von einem „Ochsenhirtenhaus“ neben dem eigentlichen Hirtenhause hören. Als Entschädigung hierfür wurde ihm neben anderen Einkünften meist der Genuß einer „Ochsenwiese“ überlassen. Doch ging öfters die Haltung des Bullen reihum bei den einzelnen Anwesen. – Auf die Weide wurde in der Regel alles Vieh zusammen getrieben, die Rinder, die Schafe und auch die Schweine. Sogar die Gänse wurden dem Hirten mitunter anvertraut; doch ist gelegentlich auch von einer besonderen Gänsehirtin die Rede.


Als ältestes Gewerbe auf dem Lande tritt überall das Schmiedehandwerk auf. Denn der Bauer brauchte den Schmied zur Herstellung seiner landwirtschaftlichen Geräte und Werkzeuge. In Sachsen befand sich wohl von jeher eine Schmiede, da sie schon in den ältesten Urkunden vorkommt (schon 1517). Anderwärts wurde sie erst später errichtet. In Alberndorf taucht eine Schmiede um das Jahr 1600 auf, und zwar als Zugehörung zu dem Anwesen Hs.-Nr. 6 (Wirtschaft), wurde aber 1754 auf das neugebaute Anwesen Hs.-Nr. 2 übertragen. In Unterrottmannsdorf ließ sich 1613 der erste Schmied nieder, in Oberrammersdorf um das Jahr 1784.


Uralt ist auch das Gastwirtsgewerbe. Wieder steht hier Sachsen voran, wo sicher das älteste Gasthaus eingerichtet wurde. Veranlassung bot hier vor allem der Sitz des Gotteshauses; denn die Pfarrangehörigen, die zum Teil sehr weit zu den Gottesdiensten oder zu kirchlichen Handlungen (Taufen, Trauungen, Beerdigungen u. a.) herkamen, bedurften eines Ortes zum Ausruhen und zur Erfrischung. In der Wirtschaft zu Sachsen bestand deshalb auch ein Erbschankrecht, das zwar von Lichtenau aus gelegentlich angezweifelt, aber tatsächlich jederzeit ausgeübt wurde. Zu gleichem Zwecke mochte auch das Wirtshaus in Rutzendorf entstanden sein für solche Kirchgänger, die von jenseits der Rezat kamen. Auch dieses Haus war eine „Erbschenkstatt“. Erst später ist wohl die Wirtschaft in Alberndorf errichtet worden, vermutlich zuerst auf dem Hofe Hs.-Nr. 1, von dem in den Schriften berichtet wird, daß dort eine alte Brauereigerechtigkeit bestanden [264] habe. Doch ist nichts Näheres bekannt. Bestimmt wissen wir dagegen, daß auf dem Hause Nr. 6 (Kernstock) mindestens seit dem Dreißigjährigen Kriege eine Wirtschaft mit Brauerei betrieben wurde. Das gleiche gilt von Steinbach, wo auf dem Anwesen Hs.–Nr. 20 seit jener Zeit ein „Brau– und Tafernrecht“ (Tafern = Wirtschaft) ruhte, wahrscheinlich von dem Deutschherrnorden zu Eschenbach begründet, da diesem das Haus gehörte. Ebenfalls nach dem Kriege erscheint in Zandt das Anwesen Hs-.–Nr. 7 als „Wirtsgut“. Später, um 1718, kam Volkersdorf auf Hs-Nr. 18 dazu. Alle übrigen Wirtschaften im Pfarrbezirk wurden erst im vorigen Jahrhundert aufgetan, so Ratzenwinden um 1830, zuerst auf dem Hause Nr. 5, später auf Nr.4; dann Unterrottmannsdorf um 1840 auf Hs-Nr. 7 (Schmiede), hernach auf Hs.–Nr. 8; in Hirschbronn um 1850 auf Hs-Nr. 5, dann auf Hs.–Nr. 14; in Neukirchen um die gleiche Zeit auf Hs.-Nr. 12, später auf Hs.-Nr. 2. Eine zweite Wirtschaft in Sachsen auf Hs.-Nr. 22 erscheint um das Jahr 1840, eine dritte am Bahnhof auf Hs.–Nr. 47 um 1873. Die Gaststätte in Oberrammersdorf auf Hs-Nr. 9 stammt aus jüngster Zeit.

Wie anderwärts, so brauten auch im Pfarrbezirk die Bauern öfters selbst ihr Bier. Es geht dies aus Beschwerden der Wirte hervor, die sich wegen Beeinträchtigung ihres Geschäftes beklagten, wie z. B. 1704 der Wirt von Rutzendorf. Auch über den Pfarrer Spelter von Sachsen wurde 1667 eine solche Klage laut. Das Selbstbrauen konnte den Leuten allerdings nicht verwehrt werden, wohl aber der Ausschank ihres Bieres an Leute, die nicht zum Haushalte gehörten.

Nach dem Dreißigjährigen Kriege nahm das Branntweinbrennen stark überhand, wie der Pfleger von Lichtenau im Jahre 1652 klagte. Ausdrücklich berichtet wird uns von „Branntweinbrennern“ nur aus Volkersdorf und Zandt. Die Wirtschaft in Zandt besaß Brauerei- und Branntweinbrennerei–Gerechtigkeit.


Uralt ist die Weberei. In ältester Zeit hatte wohl jeder Hof seinen eigenen Webstuhl. Später bildete sich ein besonderer Beruf heraus, meist als Nebenerwerb auf kleineren Gütern. Bis in die neue Zeit herein blühte die Handweberei, bis die großen Fabrikbetriebe aufkamen und sich für die Bauern die Selbstbearbeitung von Wolle und Flachs nicht mehr lohnte. Die selbstgesponnenen und selbstgewebten Stoffe waren zwar fester und dauerhafter, aber die Fabrikware war billiger und dem Aussehen nach schöner, und das gab zuletzt den Ausschlag.


Zur Reinigung und Zerfaserung der Wolle, sowie zur Bearbeitung der gewebten Tuche bediente man sich in späterer Zeit der Walkmühlen. Auf Veranlassung der Ansbacher Tuchmacher wurden [265] dazu unterhalb Ratzenwinden zwei Mühlwerke eingerichtet, die untere Walk 1719 und die obere Walk, diese zuerst 1715 als gewöhnliche Mühle, dann 1746 als Walk.


Eine Verdienstmöglichkeit boten ehedem auch die beiden Kalkbrennereien im Pfarrbezirk. Kalksteine kommen in unserer Gegend nur sehr spärlich vor, wie schon im Anfang dieses Buches betont wurde; lediglich eine schmale Steinschicht, die da und dort zutage tritt, liefert eine gewisse Ausbeute. Eine solche Schicht fand man an dem Wege von Sachsen nach Alberndorf rechts am Hang, und eine andere zwischen Rutzendorf und Lichtenau, ebenfalls am unteren Berghang. Dort wurden die Kalksteine ausgegraben und auf besonderen Ofen zu dem für Bauzwecke so notwendigen Kalk gebrannt. Der eine Ofen bei Alberndorf wurde wohl von der markgräflichen Herrschaft unterhalten, die zwei Öfen bei Rutzendorf unterstanden der Lichtenauer Herrschaft. Der so gewonnene Kalk genügte für die nächste Umgebung. Seit es möglich wurde, den Kalk auf billigem Wege von weiterher zu beziehen, verloren die genannten Brennereien ihre Bedeutung und gingen ein.


Dauernden Verdienst gaben bis in die Gegenwart herein zwei wichtige Steinbrüche, ein weit ausgedehnter, seit ältester Zeit betriebener Bruch bei Lichtenau, zum Teil noch auf Volkersdorfer Flur, und ein kleinerer Bruch zwischen Milmersdorf und Herpersdorf. Beide liefern einen wertvollen Sandstein, der weithin zu festen Bauten Verwendung fand und noch findet. Vermutlich ist auch die Kirche von Sachsen mit solchen Steinen gebaut worden. Auch nach Ansbach wurde viel Material gefahren, und sogar zum Bau des großen Bahnhofes in Stuttgart wurden Steine aus diesen Brüchen verwendet.


Auch eine Ziegelei gehörte früher zur Pfarrei. Sie wurde 1590 vom Pflegamt Lichtenau in Herpersdorf errichtet. Zu Beifuhren von Lehm verpflichteten sich die Bauern von Milmersdorf und Herpersdorf, und zwar als Gegenleistung dafür, daß sie noch weiter ihre Rosse im Espan (Herrenholz) hüten durften, als ihnen dies wegen vorgekommener Holzfrevel verboten werden sollte. Zum Betrieb des Brennofens waren 60 Klafter Holz aus dem Herrenholz angewiesen. Nach dem Dreißigjährigen Kriege saß auf der Ziegelei die Familie Kittel, die 1652 den Betrieb käuflich erwarb. Später lohnte sich die Ziegelei nicht mehr und ging ein. Sie konnte sich nicht halten gegen die großen, neuzeitlich eingerichteten Betriebe in Lichtenau und bei Eyb. Im letzteren finden aber auch heute noch verschiedene Arbeiter aus der Pfarrei lohnende Beschäftigung.

[266] Eine Häfnerei wurde 1609 in Sachsen eröffnet und dazu 1625 ein Brennofen gebaut. Es geschah das auf dem Anwesen Hs.-Nr. 9, wo wir in der Folgezeit Häfner finden. Von 1750 ab wurde das Geschäft auf Hs.-Nr. 26 übertragen.


Erst in neuerer Zeit kamen andere Handwerke in Aufschwung, wie Schreinereien, Wagnereien, eine Büttnerei, Maurergeschäfte und anderes. Nicht wenige Leute aus der Pfarrei arbeiten aber auch auswärts in größeren Betrieben, in Lichtenau, Ansbach und selbst Nürnberg. Auch an Schneider- und Schuhmachergeschäften fehlt es nicht. Meist ist mit dem Handwerk oder Geschäft ein kleiner landwirtschaftlicher Betrieb verbunden.


Eine Bäckerei muß sich schon sehr frühe in Sachsen befunden haben. Bereits 1517 kommt ein Bäcker Veit Hertlein vor und später werden solche immer wieder erwähnt. Sie saßen wahrscheinlich schon von alters her auf dem Anwesen, auf dem auch heute noch die Bäckerei betrieben wird (Hs.-Nr. 22). In Alberndorf richtete um 1765 ein Bäckermeister aus Schalkhausen auf dem Gute Hs.-Nr. 3 eine Backstube ein. Von dort wurde sie 1883 auf das Anwesen Nr. 5 verlegt, wo sie später einging. Schon früher gab sich der Wirt auf dem Gute Nr. 6 zeitweise mit einer Bäckerei ab.


Von der Badstube zu Sachsen wird später berichtet werden. Andere gelegentliche Geschäfte aus neuester Zeit sind aus dem Hausbesitzerverzeichnis am Schlusse des Buches zu ersehen.

5. Öffentlicher Verkehr, Geldwesen, Maße

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Der öffentliche Verkehr war in der ältesten Zeit kaum nennenswert. Erst als die Städte aufkamen und Mittelpunkte des öffentlichen Lebens wurden, gestaltete sich der Verkehr lebhafter und es bildeten sich Verkehrswege zu den Städten und besonders von Stadt zu Stadt. Auch Klöster und Herrschaftssitze (Schlösser und Burgen) wirkten verkehrsfördernd. Es ist dann öfters von „Straßen“ die Rede, auf denen der Verkehr vor sich ging. Es wäre aber weit gefehlt, dabei an neuzeitliche Straßenzüge zu denken; denn irgendwie gepflegte oder gar mit Steinen beschotterte Straßen gab es damals bei uns nicht. Man mußte sich vielmehr mit Wegen begnügen, die ganz unseren jetzigen Feldwegen ähnlich waren. Höchstens daß man bei den schlimmsten Stellen etwas vorsorgte, große Löcher mit Steinen ausfüllte und über sumpfiges Gelände Holzprügel legte. Eben darum [267] zogen sich diese „Straßen“ am liebsten über Höhen und Berge hin, weil hier festerer Untergrund gegeben war; dagegen vermied man die Talgründe so viel als möglich, weil diese häufig versumpft, durch Bäche gesperrt oder sonst grundlos und zumal nach längerem Regen ganz unfahrbar waren. Wo der Weg doch über Wasserläufe hinwegführte, mußten feste Brücken vorhanden sein.

In der ersten Zeit fehlte es auch an solchen Brücken. Man mußte dann nach einer seichten Furt suchen, durch die man mit dem Wagen hindurchfahren konnte, was selbstverständlich nur bei niedrigem Wasserstande möglich war. Eine solche Furt befand sich durch die Rezat bei Volkersdorf, die aber später zu besserer Durchfahrt gepflastert wurde und darum heute noch die „Steinfurt“ heißt. Eine andere Furt ergab sich zwischen Immeldorf und Schlauersbach, die in den alten Schriften stets als „Streitfurt“ bezeichnet wird. Da es dort auch noch einen Streitanger und eine Streitlach gibt, muß wohl der Schluß gezogen werden, daß hier einmal ein „Streit“ ausgefochten wurde, sei’s ein Prozeß um Grund und Boden, oder sei’s ein kriegerischer Kampf zwischen zwei Parteien. Auch von Sachsen nach Rutzendorf mag ursprünglich solch eine Furt als Übergang über die Rezat gedient haben. Da hier jedoch ein dringender Verkehr zwischen dem Gotteshause und dem südlichen Teil der Pfarrei vorlag, wird man bald eine feste Verbindung hergestellt haben, zunächst wohl eine hölzerne Brücke, aber dann eine vom Wasser nicht mehr bedrohte steinerne Brücke. Aus ähnlichen Gründen wird die ursprüngliche Furt zwischen Alberndorf und Steinbach durch eine Brücke in Verbindung mit einem Steg über das Überschwemmungsgebiet ersetzt worden sein.


Die alten „Straßen“ liefen großenteils ganz anders als die neuzeitlichen Verkehrswege. So ging die Straße von Ansbach nach Lichtenau nicht etwa das Rezattal entlang, sondern von Eyb aus auf die Höhe nach Kaltengreuth, weiter über Hirschbronn hinab nach Sachsen und Volkersdorf. Erst von da an lief die Straße das Tal entlang nach Lichtenau und weiter nach Windsbach. Die Verbindungsstraße von Lichtenau nach Nürnberg ging über Herpersdorf und Petersaurach, von da in gerader Richtung durch den Wald nach Heilsbronn. Von Ansbach aus führte die Straße nach Nürnberg zunächst über Untereichenbach, dann aufwärts nach Neukirchen, an diesem Ort unmittelbar vorbei nach Wicklesgreuth und weiter nach Heilsbronn. Sie wird auf einer Karte von 1525 als „Hohe Straße“, später als „Hochstraße“ benannt. Die Strecke zwischen Untereichenbach und Neukirchen heißt heute noch im Volksmund der „Straßenweg“, obwohl er selbst als Feldweg nur noch wenig benützt wird. Nicht zu verwechseln ist mit dieser Hochstraße die „Alte Poststraße“, die über Katterbach in geringer [268] Entfernung von der jetzigen Reichsstraße unmittelbar nach Külbingen und von da weiter nach Nürnberg führte. Die heutige Reichsstraße wurde, wie alle gut gebauten Straßen um Ansbach her, erst unter dem letzten Markgrafen Alexander im Jahre 1769 angelegt. Ein alter Weg ging von Ansbach über die Silbermühle weiter nach Ratzenwinden, Unterrottmannsdorf und Wolframs–Eschenbach. Auf der Höhe zwischen Zandt und Großbreitenbronn schnitten sich an einem Punkte mehrere Wege, die von Ansbach, Lichtenau, Eschenbach, Gunzenhausen und Herrieden herkamen.

Der Verkehr auf den alten Straßen war einst durch viele Zollschranken gehemmt. Beim Übergang von einem Land in das andere wurden schon von jeher Zölle von den durchgeführten Waren erhoben. Als man dann dazu überging, bessere Straßen zu bauen, errichtete man auch im eigenen Lande Zollstätten, um so die Mittel zum Unterhalt der Straßen zu gewinnen. Um 1759 bestanden solche Zollstätten z. B. in Ansbach, Deßmannsdorf, Brodswinden, Weidenbach, Merkendorf, Wicklesgreuth, Windsbach usw. Auch in Alberndorf wurde seit 1742 Zoll erhoben, nachdem eine Landstraße durch das Tal hin gebaut worden war. Diese Wegzölle kamen erst in Wegfall, als die preußische Regierung vom Lande Besitz ergriffen hatte (1792 bis 1806). Im Lichtenauer Bezirk gab es keine Zollstätten; dafür taten aber auch die Nürnberger gar nichts für die Besserung der Straßenverhältnisse.


Über die neuzeitliche Ausgestaltung des Verkehrswesens, wie sie hauptsächlich unter der bayerischen Regierung vor sich ging, ist bereits auf S. 138 berichtet worden.


Zum öffentlichen Verkehr gehört auch das Geldwesen, das erst den Verkehr mit Handel und Wandel ermöglicht. Wir haben schon bisher viel von allerlei Münzen und Münzwerten gehört, aber ohne inneren Zusammenhang und ohne genauere Darstellung. Das soll nun soweit als nötig nachgeholt werden. Dabei muß von Anfang an festgehalten werden, daß es ungeheuer schwierig ist, ein anschauliches Bild von dem Münzwesen vergangener Zeiten zu gewinnen, einmal weil die Münzen außerordentlich mannigfaltig waren und häufig wechselten, dann aber auch, weil ihr Wert sehr schwankte und mit der Zeit immer geringer wurde, und endlich weil die Münzen selbst immer wieder verschlechtert und geringwertiger gemacht wurden. Gleichwohl soll eine kurze Darstellung versucht werden, wenigstens was das Geldwesen seit der Reformationszeit betrifft. Um einen gewissen Anhalt für den jeweiligen Wert des Geldes in der Hand zu haben, wurden die Taglöhne zugrunde gelegt, wie sie einst galten und wie sie jetzt [269] üblich sind; denn diese bleiben sich in ihrem Kaufwert doch immer annähernd gleich, da sie in der Regel nur das zum Leben Notwendige gewähren.

Um das Jahr 1500 rechnete man bei uns hauptsächlich mit „Pfund“ und „Pfennigen“. Das Pfund war keine Münze, sondern bedeutete nur eine bestimmte Geldsumme, nämlich 240 Pfennige. Der alte Pfennig ist aber nicht zu vergleichen mit unserem heutigen Pfennig; er war vielmehr eine Silbermünze und besaß ungefähr soviel Kaufwert wie heute 15 Kupferpfennige. Ein besserer Taglohn betrug deshalb damals 30 Silberpfennige, d. h. nach heutigem Gelde etwa 4,50 RM. Ein „Pfund“ bedeutete also in jener Zeit rund 36 RM. Neben dem Pfund rechnete man später auch mit dem „Ort“; dieser bedeutete ¼ Pfund, also etwa 9 RM. Als Großgeld erscheint um jene Zeit der „Gulden“, der ursprünglich, wie schon seine Name sagt, aus Gold geprägt wurde, früher etwa 60 RM wert war, um 1500 aber nur noch einen Kaufwert von etwa 30 bis 36 RM hatte. Erst später wurde der Gulden auch aus Silber hergestellt und verlor damit gewaltig an Wert. Als in Deutschland die Markwährung eingeführt wurde (1871), wurde der Gulden nur noch mit 1,71 M umgerechnet. Es gab weiter um das Jahr 1500 große oder dicke Pfennige, „Groschen“ genannt, die etwa 8 alten Pfennigen an Wert gleichkamen (also etwa 1,20 RM). Weiter kamen die Haller Pfennige auf, die zuerst in der Stadt Schwäbisch-Hall geprägt und danach „Häller“ oder „Heller“ genannt wurden. Sie stellten zunächst eine bessere Münze dar, die mehr galt als der alte Pfennig, verloren aber bald durch Verschlechterung der Münze an Wert, so daß sie schließlich nur noch die Hälfte eines Pfennigs galten. Es kamen weiter die „Taler“ auf, die zuerst in Joachimstal im Erzgebirge geprägt wurden und von dieser Stadt ihren Namen erhielten. Sie standen zunächst dem Gulden gleich, nahmen aber dann recht verschiedene Werte an. Besonders beliebt war späterhin der Rheinische Taler. Bei der Einführung unserer gegenwärtigen Markwährung wurde der Taler dem Wert von 3 RM gleichgesetzt und ist so noch lange in Geltung geblieben (als Dreimarkstück).

So stellte sich bei uns in der Hauptsache das Geldwesen um das Jahr 1500 und in der nachfolgenden Zeit dar. Aber, wie schon gesagt, diese Münzen und Werte blieben nicht beständig. Schon in den verschiedenen Ländern wurden stets die Münzen mit verschiedenem Gold- und Silbergehalt geprägt und überdies oft noch durch Beimischung anderen Metalls verschlechtert. So sank der Kaufwert der Münzen mit der Zeit immer mehr. Um das Jahr 1680 besaß z. B. der alte Pfennig nur einen Kaufwert von 6 heutigen Pfennigen (statt früher 15), ein Kreuzer (meist der 60. Teil eines Guldens) nur noch [270] den Wert von 22 Pfennigen heute (statt früher 52 Pfg). Zur Verschlechterung der Münzen trugen auch die sogenannten „Kipper und Wipper“ bei, Leute, die die guten Münzen beschnitten oder gar aus guten schlechte Münzen herstellten (Falschmünzer). Immer wieder mußte gegen diese scharf vorgegangen werden. So verstehen wir es, wenn wir in der Kirchenrechnung von Sachsen 1503 lesen: „Im Stock an guter und böser Münz 28 Pfund 18 Pfennige“ ; oder wenn es von der Klingelsackeinlage 1732 heißt, daß sich allerlei „verrufene Kreuzer“ darin fanden, die man nur zum halben Werte veräußern konnte.

Im Jahre 1805 werden bei uns folgende Münzen aufgeführt:

1 Taler = 90 Kreuzer. – 1 Gulden = 60 Kreuzer.
1 Batzen = 5 Kreuzer. – 1 Kreuzer = 4 leichte oder 3½ gemeine Pfennige.
1 Kaisergroschen = 12 Pfennig. – 20 Groschen = 1 Gulden.
     Dazu Zweigroschen-, Viergroschen- und Achtgroschenstücke.
1 Halbgulden = 1 Mark (nach damaliger Wertung).
1 Konventionstaler = 2 fl. 24 kr. Davon halbe und Viertelstaler.
1 Kronentaler = 2 fl. 42 kr. Davon wieder halbe und Viertelstaler.
1 Laubtaler = 2 fl. 45 kr. Davon auch halbe Taler.
1 preußischer Taler = 1 fl. 45 kr.
1 preußisches Achtgroschenstück = 35 kr., 1 Viergroschenstück = 17½ kr., 1 Zweigroschenstück = 8¾ kr.


Noch mannigfaltiger als die Münzen waren in Deutschland die Maße. Nicht nur jedes Land hatte hierin seine Eigenheit, sondern im gleichen Gebiete oft jede Stadt und jeder Bezirk. Es kann darum an dieser Stelle nur auf diejenigen Maße Rücksicht genommen werden, die um Ansbach und um Lichtenau Geltung besaßen. Es bestanden zwar auch hier noch Unterschiede zwischen dem markgräflichen und nürnbergischen Gebiete, doch waren diese nicht allzu groß.

Als Längenmaß diente wohl überall der „Fuß“ oder „Schuh“, der vom menschlichen Fuße abgenommen und darum von Natur verschieden war. Der Nürnberger Schuh, der bei uns galt, maß 30,4 cm. Der später eingeführte bayerische Fuß hatte nur 29,2 cm. Er war in 12 Zoll eingeteilt zu je 2,4 cm. Ein größeres Maß war die Rute, die 10 Fuß lang war. – Vom Flächenmaß war schon beim Abschnitt von der „Landwirtschaft“ die Rede. Feld und Wald wurden nach Morgen, die Wiesen nach Tagwerk angegeben, beide nicht nach genau feststehenden Maßen, sondern nach der Arbeit, die man an einem „Morgen“ oder an einem „Tage“ darauf leisten konnte. Beide waren größer als das später unter der bayerischen Regierung als allgemeines Feldmaß eingeführte Tagwerk, nach dem auch heute noch [271] vielfach gerechnet wird. Ein altes Tagwerk umfaßte im Durchschnitt etwa 1,25 bayerische Tagwerk, ein alter Morgen etwa 1,33 Tagwerk. Das bayerische Tagwerk war in Dezimalen eingeteilt, von denen je 100 auf 1 Tagwerk gingen. Auf das jetzt geltende Reichsmaß umgerechnet zählt ein bayerisches Tagwerk 0,34 ha, ein altes Tagwerk 0,4 ha, ein alter Morgen 0,44 ha.

Das übliche Getreidemaß war in alter Zeit das Simra (Simmer), das sowohl in Ansbach wie in Nürnberg ziemlich gleich war, während sonst in den Ämtern und Städten die größten Verschiedenheiten bestanden. Ein Simra faßte 16 Metzen, aber nur bei glatter Frucht, d. h. bei Korn und Weizen; bei rauher Frucht dagegen, also bei Haber und Gerste, zählte man 32 Metzen. Aber auch da war der Metzen wieder verschieden; bei glatter Frucht faßte er rund 19 Liter, bei rauher Frucht nur 18,5 Liter. Auf unser Reichsmaß bezogen läßt sich sagen, daß eine Simra Korn und Weizen etwas über 3 hl faßte, eine Simra Haber und Gerste nicht ganz 6 hl. In der bayerischen Zeit wurde nach „Schäffel“ gerechnet mit einem Inhalt von 2,22 hl. – Für Flüssigkeiten galt die alte „Maß“, von der 60 oder in Ansbach 66 auf einen Eimer gingen. Die Nürnberger Maß war größer als die spätere bayerische Maß und faßte 1,46 Liter. Noch größer war die Ansbacher Maß, die 1,27 bayerische Maß = 1,85 Liter aufnahm.

Das Holz wurde nach „Klaftern“ gemessen. Aber auch hier gab es die größten Verschiedenheiten. Eine Klafter nach Ansbacher Maß hatte nur 2,846 Ster; nach Nürnberger Maß war sie verschieden abgestuft je nach der Verwendung als Rechtholz, Besoldungsholz, Werkholz usw. Die größte Nürnberger Klafter faßte 4,04 Ster, die kleinste 1,93 Ster. Rechtholz wurde gewöhnlich zu 2,52 Ster angesetzt.

6. Die öffentliche Sicherheit

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Man rühmt gern die „gute, alte Zeit“, wenn einem in der Gegenwart etwas nicht gefallen will. Nun hatte gewiß die alte Zeit manches Gute und Angenehme, aber sie hatte dafür auch ihre großen Mängel und Schattenseiten. Zu letzteren gehörte das Gebiet der öffentlichen Sicherheit im Lande. Denn damit war es einst sehr schlecht bestellt. Es fehlte vollkommen an einer Land- und Straßenpolizei, die für Ruhe, Ordnung, Sicherheit des Lebens und Eigentums gesorgt und die Zuchtlosigkeit in Schranken gehalten hätte. Darum vernehmen wir aus den alten Schriften fortgesetzt Klagen über die Unsicherheit auf dem Lande. Es trieb sich allzu viel Gesindel auf den Landstraßen umher, nicht nur in Kriegszeiten, sondern auch in Friedenszeiten. [272] Da es eine Fürsorge für arme Leute nicht gab, mußten diese wohl oder übel auf den Bettel gehen und landauf, landab sich ihren Unterhalt zusammensuchen, wobei sie nur zu leicht auf Abwege gerieten und die geordnete Arbeit verlernten. Zum Betteln gesellte sich gern das Stehlen. Man nahm, was man erwischen konnte, bei Tag und erst recht bei Nacht. Waren die Bauern nicht willig genug zum Geben, so drohte man ihnen mit dem „Roten Hahn“, und manches Anwesen ging in Feuer aus. Es war ja auch dem Gesindel nicht sehr schwer gemacht, den Bauern um Haus und Hof zu bringen, denn die Dächer waren noch mit Stroh gedeckt und Feuerwehren waren unbekannt. Nur scharfe Hunde gewährten einigen Schutz. Besonders berüchtigt waren die „gartierenden Landsknechte“, d. h. abgedankte Soldaten, die irgendwo nach Beendigung eines Krieges entlassen worden waren und sich nun, oft in ganzen Haufen, im Lande umhertrieben. In dem Abschnitt von den „Folgen des Dreißigjährigen Krieges“ ist schon darauf hingewiesen worden. Es war aber nicht nur nach diesem Kriege so, sondern auch nach anderen Kriegen, wie nach den wiederholten Türkenkriegen, den Franzosenkriegen usw. So beklagten sich z. B. 1567 die Leute bei den Behörden, daß der Bauer auf dem Strüthof solchen Landsknechten Unterschlupf gewähre, damit sie „die gestohlenen Hennen daselbst fressen und verschlemmen“ könnten. Mehrfach ergingen von den Regierungen scharfe Mandate gegen „gartierende Landsknechte und herrenloses Gesindel“, wie es 1611 heißt; oder gegen „bettelndes und stehlendes Gesindel“ (1692), gegen „Diebe und Gauner“ (1687), gegen „Mordbrenner“ (1689 und 1726), gegen „Handwerksburschen und Landstreicher“ (1720). Öfters erscheinen auch „Zigeuner“, vor denen gewarnt wird, so 1608 in Sachsen und benachbarten Orten, dann wieder 1693, 1718 und in der Folgezeit noch lange fort.

Wohl griffen die Regierungen oft ein, veranstalteten Streifen durch ihre Schutzwachen und setzten gelegentlich sogar das Militär ein; aber es half das immer nur für kurze Zeit. Auch schärfste Strafen wurden verhängt und Diebe, Mordbrenner und dergleichen Verbrecher wurden ohne weiteres an den Galgen gehängt; aber die Schwierigkeit war eben die, diese Leute zu erwischen und dingfest zu machen. Bei den vielen Kleinstaaten war die Landesgrenze immer ganz nahe und man konnte sich nach begangener Tat leicht ins „Ausland“ flüchten.

In diesem Zusammenhänge müssen auch die Juden genannt werden. Schon vor dem Dreißigjährigen Kriege werden sie als eine schwere Plage vor allem in den Städten bezeichnet, so daß Markgraf Joachim Ernst (1603–1625) sie aus seinem Lande „ausschaffen“ lassen mußte. Ein späterer Markgraf ließ sie aber wieder herein gegen [273] Bezahlung eines teuren Schutzbriefes; und noch später hatte Ansbach sogar seine Hofjuden, mit denen es allerdings sehr schlimme Erfahrungen machte. Um 1724 und 1735 wird sogar von jüdischen Banden berichtet, die an verschiedenen Orten Einbrüche und Kirchenraub verübten, so daß man mit schärfster Gewalt gegen sie vorgehen mußte. Im Pfarrbezirk Sachsen ist in früherer Zeit nichts von einer Tätigkeit der Juden erkennbar; erst nach 1700 tauchen sie auf und machen sich als Güterhändler und Güterzertrümmerer bemerkbar, wie 1731 in Volkersdorf, wo der Jude Mosch Lazar von Ansbach das Anwesen Hs.-Nr. 4 zerschlug. Die Stadt Nürnberg duldete ehedem überhaupt keine Niederlassung von Juden in ihrem Gebiet, also auch nicht im Lichtenauer Amt. Dagegen hielt Ansbach immer wieder seine schützende Hand über sie. Bekannt sind im Volksmunde zum Teil heute noch die Namen der übel berüchtigten Juden Model, Elkan und Hirsch Fränkel, Isak Nathan und Ischerlein.


Sehr groß war einst die Feuersgefahr. Nicht nur wegen der Strohdächer, von denen sich ein Brand leicht auf die Nachbarhäuser übertragen konnte, sondern vor allem wegen der mangelhaften Beleuchtung in den Häusern. Man kannte ja nur Wachskerzen und Talglichter, die aber zu kostspielig waren, als daß man sie regelmäßig hätte benützen können. Für gewöhnlich bediente man sich der „Schleißen“, der langen Späne, die man eigens für den Hausgebrauch zurichtete. Schleißen wurden meist schon in den Wohnzimmern gebrannt; mit brennenden Schleißen ging man in die Ställe und auch in die Scheunen; Schleißen wurden zu Fackeln zusammengebunden und angezündet, um damit über die Straße oder auch über Land zu gehen. Es ist klar, wie feuergefährlich dies alles sein mußte. Dazu war es auch mit den „Ofen und Schlöten“ oft schlimm bestellt, denn eine geordnete Kaminkehrung gab es noch nicht und Kaminbrände waren darum nicht selten. Auch sonst ging man nicht immer vorsichtig genug mit dem Feuer um, wie wir schon bei der Darstellung der Flachsbereitung (Abschnitt „Landwirtschaft“) gesehen haben. Deshalb erließ Markgraf Wilhelm Friedrich im Jahre 1715 eine eingehende „Feuerordnung“ mit ausdrücklichem Hinweis auf die in jüngster Zeit „verschiedentlich ausgebrochenen schweren Feuersbrünste“. Aus dieser Ordnung sei folgendes kurz herausgehoben:

Bei schwerer Strafe ist es verboten, mit brennenden Lichtern oder Schleißen oder auch angesteckten Tabakspfeifen in die Ställe oder auf die Böden zu gehen; es müssen stets wohlverwahrte Laternen gebraucht werden. Ebenso ist es streng verboten, nachts mit offenen Lichtern oder mit Fackeln über die Gasse zu gehen. Verboten ist auch, Heu, Stroh, Flachs oder dergleichen an Orten zu verwahren, wo man [274] mit Lichtern vorbeigehen muß. Jeder Hausvater soll vor dem Schlafengehen noch überall im Hause nachsehen, ob das Feuer wohl verwahrt sei. Verboten ist es, Asche oder Ruß auf die Miststätte zu bringen oder in hölzerne Gefäße zu fassen. Holzstöße und Reisig dürfen nicht an die Häuser geschichtet oder in diese hineingebracht werden, sondern müssen abseits wohl verwahrt werden. Zweimal im Jahre soll eine Feuerschau in alle Häuser gehen und strenge Nachschau halten. Lederne Wassereimer sind überall zu beschaffen. Zum Dörren und Brechen des Flachses sind eigene Häuser auf freiem Felde zu errichten. Das Dreschen bei Nacht ist ganz abzustellen bei 2 fl. Strafe. Das Decken der Häuser mit Schindeln oder Stroh ist in den Städten ganz verboten, auf dem Lande soll es soviel als möglich „verwehrt“ werden. „Geschlierte oder gar hölzerne Schlöte“ sind durchaus nicht gestattet. Die Backöfen sind außerhalb der Häuser und in guter Entfernung davon abzusetzen.

7. Die öffentlichen Lasten

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Wiederholt sind schon die Abgaben berührt worden, die in früherer Zeit von der Bevölkerung zu tragen waren. Sie sollen aber hier zusammengefaßt und noch weiter ergänzt werden.

Die ältesten und zugleich wichtigsten Abgaben waren die auf dem Grundbesitz lastenden, die Grundlasten. Sie waren von doppelter Art:

a) Die Zehnten, von denen auf S. 56 die Rede war. Sie sollten eigentlich der Kirche ausschließlich zustehen, gingen aber im Laufe der Zeit zum weitaus größeren Teile in die Hände von Klöstern und besonders auch von weltlichen Herren über und verfehlten damit ihren ursprünglichen Zweck, der Kirche nach jeder Richtung hin eine gesicherte Grundlage zu schaffen.

b) Die an die Grundherren als die eigentlichen Besitzer des Grund und Bodens zu leistenden Abgaben (siehe S. 39). Sie waren ihrer Art und Höhe nach recht verschieden. Allgemein üblich war eine Leistung an Getreide, meist Korn und Haber, die jährliche „Gült“. Daneben trat meist noch ein Geld-Zins, der anfangs nicht unbeträchtlich war, aber mit dem sinkenden Geldwert von selbst immer geringer wurde und schließlich zu einem ganz kleinen Betrag herabsank. Weiter war das „Handlohn“ zu entrichten, wenn das Gut in andere Hände überging. Es betrug in der Regel den 30. Teil des Hofwertes, wenn infolge Todesfall der Besitz weiter vererbt wurde, dagegen den 15. Teil, wenn das Gut verkauft wurde. Doch kamen auch geringere und höhere Handlöhne vor je nach dem Herkommen. In [275] ältester Zeit war auch bei solchen Besitzveränderungen das „Besthaupt“ oder auch „Bestkleid“ üblich, d. h. die Abgabe des besten Stück Viehes oder des besten Kleides an den Grundherrn. Diese Abgabe kam fast überall schon frühzeitig in Wegfall, vermutlich weil dafür das Handlohn eingesetzt wurde. Im Pfarrbezirk konnte es späterhin nur nach in zwei Fällen festgestellt werden: Vom Hause Nr. 3 in Hirschbronn heißt es um 1661, daß es „Hauptrecht gibt“, allerdings in Form einer entsprechenden Geldentschädigung; und von Hs-Nr. 5 in Unterrottmannsdorf lesen wir 1770, daß es „mit dem besten Stück Vieh zum Hauptrecht“ pflichtig sei. Da und dort waren noch einzelne Naturalgaben herkömmlich, wie etwa die „Weihnachtssemmel“, oder Wachs oder dergleichen. Allgemein galt als Zeichen der grundherrlichen Abhängigkeit die Übergabe einer, manchmal auch mehrerer „Fastnachthennen“, daneben oft noch die Lieferung von Herbsthühnern.

Zu den grundherrschaftlichen Lasten werden in der Regel auch die Frondienste gerechnet, obwohl diese zum Teil wohl auch dem Landesherrn galten und damit zu den allgemeinen öffentlichen Lasten zu rechnen wären. Sie waren sehr verschieden und meist wenig drückend. So erfahren wir aus dem Lichtenauer Salbuch, daß vier Bauern von Rutzendorf, dann zwei von Malmersdorf und je einer von Volkersdorf und vom Weickershof verpflichtet waren, das Heu und Grummet von der Schloßwiese bei Lichtenau in die herrschaftliche Scheune einzufahren, wobei sie für jede Fuhre eine Maß Bier und ein Pfund Brot erhielten. Weiter hatten sie das Brennholz für das Schloß in Lichtenau und nötigenfalls auch das erforderliche Bauholz zu fahren gegen einen bescheidenen Fuhrlohn. Dafür hatten sie aber auch Anspruch auf Rechtholz (siehe S. 260). Alle nach Lichtenau und zum Almosenamt gültpflichtigen Untertanen hatten weiter Jagdfron zu leisten bei den Treibjagden auf Hasen, Rehe, Füchse und anderes Kleinwild, aber nur an zwei Tagen im Jahre, wobei sie überdies je zwei kr. Entschädigung erhielten. Ein Dienstbauer hatte dazu den „Hasenwagen“ zu fahren für 7½ kr. Ähnlich scheint es im markgräflichen Gebiet gewesen zu sein. Hier lesen wir gelegentlich, daß die Bauern auf Hs.-Nr. 1 und 5 in Hirschbronn mit je einer „halben Mähne mit 1 Stück“ belastet waren, d. h. sie mußten zusammen mit einem Doppelgespann Fronfuhren leisten. Der markgräfliche Bauer in Rutzendorf Hs-.-Nr. 19 hatte „1 Stück Anspann zur Jagd“ zu stellen, wenn der Markgraf in der Nähe auf Hirsche und Wildschweine jagte. Der Halbhof „Weiß“ in Steinbach (wohl Hs.-Nr. 19) hatte „Handdienst mit Holzhacken und Jagen“. Die vordere Mühle in Steinbach und die Büchenmühle waren verpflichtet, je einen markgräflichen Jagdhund zu „atzen“, d. h. zu füttern. Auch der Markgraf bewilligte an seine Bauern reichlich Rechtholz.

[276] Alle Grundlasten wurden 1848 in feste Reichnisse an Geld umgewandelt (Bodenzinse).

Zu diesen Grundlasten, die ursprünglich die einzigen Lasten waren, kamen im Laufe der Zeit allgemeine öffentliche Abgaben, die teils das Reich (der Kaiser) mit Bewilligung des Reichstages zur Bestreitung der Kriegskosten einführte, teils die Landesfürsten zur Deckung ihrer Schulden in Sachen des Landes, aber auch für den eigenen Haushalt, zur Ausstattung von Fürstentöchtern u. a. Die Landesherren waren dabei an die Bewilligung durch die Landtage gebunden, die sich aus den großen Grundherren, den Vorständen der Klöster, den Vertretern der Städte und anderen maßgebenden Persönlichkeiten zusammensetzten. In ältester Zeit waren die Kaiser und Fürsten zur Bestreitung ihrer Ausgaben allein auf ihr persönliches Vermögen angewiesen, der Kaiser daneben auf den Ertrag der Königshöfe und anderer Reichsgüter, auch auf die Gebühren für die Verleihung von Rechten, z. B. an Städte, und dergleichen. Der Heeresdienst mußte ohne jedes Entgelt von den freien Bauern geleistet werden. Aber mit der Zeit änderte sich dieses Verhältnis, besonders als zur Kriegsführung Söldnerheere aufgestellt wurden. Da erwuchsen hohe Kosten, die nicht mehr auf die bisherige Weise getilgt werden konnten, zu denen darum das ganze Reich beisteuern mußte. Ähnlich ging es den Landesherren für die in ihrem Gebiet erwachsenden Kosten.

Folgende allgemeine öffentliche Abgaben sollen hier genannt sein:

1. Der „Gemeine Pfennig“, eine schon vor der Reformation wiederholt erhobene Reichssteuer, z. B. 1471 als Türkensteuer, dann wieder 1490. Es war eine richtige Kriegssteuer, die immer je nach Bedarf von den Reichsständen bewilligt werden mußte. Sie wechselte in ihrer Höhe und war vom gesamten beweglichen und unbeweglichen Vermögen von jedermann zu leisten, bei geringem Bedarf mit ¼% des Vermögens, bei höherem Bedarf bis zu 1¼%. Infolge der vielen Kriege wurde die Steuer immer häufiger erhoben, besonders zu den Kämpfen gegen die Türken als sogenannte „Türkensteuer“.

2. Im Markgrafentum gab es fast immer Schulden, weshalb die Landstände stets aufs neue Steuern zu bewilligen hatten. Wir hören da bald von einer Martinisteuer, bald von einer Michaelisabgabe. Dauernd hat sich die „Lichtmeßsteuer“ erhalten, die zwar anfangs auch nur eine außerordentliche Abgabe war, aber dann alljährlich von allen Untertanen erhoben wurde. Sie wurde zu einer regelrechten Landessteuer, die zu den „ordentlichen Kammergefällen“ gehörte. Sie erlosch erst, als 1812 an ihre Stelle mit Zusammenfassung anderer Abgaben ein allgemeines „Steuerprovisorium“ eingeführt wurde.

[277] 3. Der Bezirk um Lichtenau hatte nach Nürnberg andere Landessteuern zu entrichten. Es kommt da 1618 eine „Fronsteuer“ vor und später eine „Landsteuer“. Beide hatten wohl den gleichen Zweck wie die markgräflichen Steuern, nämlich die Schulden der Stadt Nürnberg zu tilgen.

4. Zu den schwersten öffentlichen Lasten zählten die ungeheuren Kontributionen, die im Kriege von den Feinden den Bewohnern des Landes auferlegt wurden. Wir hörten davon schon beim Hussitenkrieg 1430, und wieder im Dreißigjährigen Kriege. Dann kamen 1688 die Franzosen, 1763 die Preußen, 1796 und 1805/6 abermals die Franzosen. Und immer wieder wurde das Land gebrandschatzt und mußte schwere Summen Geldes erlegen. Daß daneben auch Gespanne für den Feind zu leisten, Proviant beizuschaffen, Einquartierungen zu übernehmen waren, sei nur der Vollständigkeit halber beigefügt.

5. Eine friedliche Last war dagegen das „Umgeld“, eine auf Bier, Wein und Branntwein gelegte Abgabe, die schon sehr alt ist und in anderer Form heute noch besteht. Es war immer eine recht einträgliche Landessteuer, die z. B. für die beiden Fürstentümer Ansbach und Bayreuth 1564 die damals sehr bedeutende Summe von 30 400 fl. ergab.

6. Von den Zöllen ist schon beim Verkehrswesen geredet worden. Sie waren zu jener Zeit notwendig, damit endlich die Straßen in besseren Zustand versetzt werden konnten. Sie haben als Pflaster- und Brückenzölle bis in die neueste Zeit herein fortbestanden. Nur die Grenzzölle an den Grenzen unseres Reiches gibt es auch heute noch.

7. Eine wachsende Belastung des Volkes brachten die amtlichen Gebühren mit sich. Sie wurden mit der Zeit immer zahlreicher und höher und mußten bei allen möglichen Gelegenheiten entrichtet werden, in Vormundschaftssachen, für Heiratserlaubnis, bei gerichtlichen Urteilen, bei Genehmigung von Gesuchen, als Botenlöhne usw.

8. Das Armenwesen

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Neben dem landstreichenden Gesindel, von dem im Abschnitt von der öffentlichen Sicherheit die Rede war, gab es auch wirkliche Arme, die unverschuldet in Not geraten waren, die keine genügende Arbeit finden konnten oder die infolge von körperlichen Gebrechen nicht imstande waren, sich den Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Für sie sorgte weder der Staat noch die Gemeinde, sie waren vielmehr ganz auf die Wohltätigkeit ihrer Mitmenschen angewiesen. In der ältesten Zeit war es die Aufgabe der Kirche, sich um diese Armen [278] anzunehmen, und gerade die Überlassung des Zehnten sollte dazu auch die nötigen Mittel gewähren. Aber es ist schon gesagt worden, wie der Zehnte mehr und mehr der Kirche genommen wurde, wie auch sonst die Einkünfte der Gotteshäuser immer mehr zurückgingen. Sie konnten darum ihrer pflichtmäßigen Armenversorgung nur mehr unvollkommen gerecht werden. Luther hat deshalb darauf gedrungen, daß in jeder Gemeinde ein „gemeiner Kasten“ aufgestellt werde, damit die Besucher des Gottesdienstes ihre Opfer einlegen und so die Kirche ihrer Aufgabe an den Armen nachkommen könnte. Ob damals auch in Sachsen solch ein „Kasten“ oder Opferstock aufgestellt wurde, ist nicht bekannt; wahrscheinlich ist es nicht geschehen, weil hier schon durch die wohlhabende Sebastiansstiftung hinreichende Vorsorge getroffen war. Allerdings verwendete man späterhin nur einen, oft recht bescheidenen Teil der Einkünfte dieser Stiftung zu diesem Hauptzweck, während man den Hauptteil für die Schule und andere Zwecke ausgab. So war doch auch in Sachsen für die Armen wieder schlecht gesorgt.

Im Jahre 1595 erging ein markgräfliches Mandat auf Grund eines Beschlusses des Reichstags zu Regensburg, wonach in allen Pfarrkirchen „Stöcke, Kasten und Truhen“ aufgestellt werden sollten, um die aus dem Türkenkrieg zurückkehrenden Kranken und Verwundeten zu versorgen. Es ist nicht überliefert, ob der Beschluß auch in Sachsen vollzogen wurde; wenn ja, dann war es nur eine vorübergehende Maßnahme. Eine richtige Armenpflege kam erst 1707 in Gang, als in Sachsen der Klingelsack eingeführt und in jedem Hauptgottesdienst herumgetragen wurde. Er brachte gleich im ersten Jahre 88 fl. ein; und wenn es auch später etwas weniger wurde, so fiel doch immer eine für die damalige Zeit ganz schöne Summe an, die zwischen 47 und 90 fl. schwankte. Das Geld wurde restlos für die Armen verwendet, in erster Linie für solche aus der Pfarrei, dann aber auch für fremde Hilfsbedürftige, soweit sie einer Unterstützung würdig waren, besonders für Heimatlose, Flüchtlinge und dergleichen. Das durch den Klingelsack eingesammelte Geld wurde jedesmal vor den Augen der Gemeinde in den Opferstock geleert, der vermutlich in der Nähe des Altars stand, ähnlich wie der jetzt noch dort befindliche Stock. Von Zeit zu Zeit, zwei bis viermal im Jahre, wurde dann der Opferstock von den zuständigen Persönlichkeiten geöffnet und sein Inhalt in die Kirchenstiftungskasse zur Verrechnung übernommen. In Neukirchen, wo nur einmal an der Kirchweihe Gottesdienst gehalten wurde, verteilte man den Ertrag des Klingelsacks stets sofort an Arme.

Trotzdem verstummten die Klagen über das Bettlerunwesen nicht. Andere Gemeinden gingen eben nicht in gleicher Weise vor, obwohl die markgräfliche Regierung 1720 anordnete, daß fortan jede [279] Gemeinde ihre Armen selbst zu versorgen habe. Und auswärtige Herrschaften taten überhaupt nicht mit, so daß gerade von dort die Bettler nach wie vor ins Land kamen, z. B. aus dem Deutschordensgebiet Eschenbach oder aus dem Bistum Eichstätt (Herrieden, Ornbau). Auch die Stadt Ansbach konnte ihre vielen Armen nicht meistern. In einem Bericht von 1808 heißt es von Neukirchen: „Sehr geplagt von Bettlern“; von Hirschbronn: „Der Bettel ist sehr groß“; von Sachsen: „Hat vom Anlauf fremder Bettler sehr viel auszustehen“. Dabei hatte Sachsen selbst zehn Hausarme zu versorgen, Hirschbronn deren sechs. In Ratzenwinden und Oberrammersdorf gab es damals keine Hausarmen. Von anderen Orten ist uns nichts berichtet.

Eine staatliche Armenfürsorge bestand bis 1808 nicht. Wo aus irgendeinem Grunde die Behörde eingreifen mußte, tat sie es auf Kosten vermöglicher Kirchenstiftungen, wie wir es bei Neukirchen (S. 216) gesehen haben. Auch Sachsen wurde öfters beigezogen. Als 1744 bei der Weidenmühle (bei Ansbach) ein ausgesetztes Kind aufgefunden wurde, hatte die Kirchenstiftung jährlich 4 fl. als Erziehungsbeitrag für das Kind nach Ansbach abzuliefern. Ähnliches wiederholte sich. Erst recht mußte die Stiftung eintreten, als im Pfarrbezirk selbst, nämlich in Ratzenwinden vor dem Hause des Johann Paul Schuh (Hs-Nr. 1), ein etwa 14 Tage altes Kind ausgesetzt worden war. Da die Eltern des Kindes nicht zu ermitteln waren, hatten sich die Stiftungen von Sachsen und Neukirchen in die Aufbringung des Pfleggeldes zu teilen. Das Kind erhielt dann den Namen „Backsteiner“, weil es neben einem Haufen Backsteine gefunden wurde; getauft wurde es auf den Namen Johann Michael.

Im Jahre 1808 wurde die gesamte Armenpflege für den Landgerichtsbezirk Heilsbronn bei diesem Amte vereinigt und eine „Wohltätigkeitsbeamtung“ eingerichtet. Alle Klingelsackeinlagen mußten nun dorthin abgeliefert werden, und alle Armen des Bezirks sollten von dort aus versorgt werden. Der Erfolg dieser Zentralisierung war vorauszusehen: Es erwuchsen eine Menge Schreibereien und Unkosten, und die Armen kamen doch nicht zu ihrem Rechte. Denn es war unmöglich, von einer entfernten Stelle aus die Würdigkeit und Bedürftigkeit der Einzelnen genau zu prüfen; die Unterstützungen gelangten allzu oft an die unrechte Stelle, während die wirklich Bedürftigen zu kurz kamen. Die Wohltätigkeitsbeamtung mußte deshalb nach einigen Jahren wieder aufgehoben werden. Dafür wurden dann in allen Gemeinden „Lokalarmenkassen“ eingerichtet und damit den politischen Gemeinden die Fürsorge für die Armen übertragen. Die Klingelsackeinlage von Sachsen floß nun ohne weiteres in die sechs Armenkassen der in der Pfarrei bestehenden Gemeinden. Für die Dauer war das kein normaler Zustand, daß die Kirche zwar [280] die Mittel für die Armenpflege aufbringen, die Verteilung der Mittel aber den politischen Gemeinden zustehen sollte. Da überdies die Kirchenstiftung ihre Einnahmen selbst sehr notwendig brauchte, beschloß 1884 die Kirchenverwaltung, fortan den Ertrag des Klingelsacks selbst zu behalten und ihn für kirchliche Zwecke zu verwenden.

Durch die neueste Gesetzgebung wurden die Armenpflegen durch die Ortsfürsorgeverbände ersetzt. Irgendeine Teilnahme der Kirche oder ihrer Vertreter an der Fürsorge für die Armen ist nunmehr ausgeschlossen; nur die freiwillige Liebestätigkeit steht ihr noch zu.

9. Die Volksgesundheit

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Gesundheitspflege war in vergangenen Zeiten wenig bekannt. Ärzte gab es auf dem Lande überhaupt nicht und in den Städten nur vereinzelt. Man mußte sich in Krankheitsfällen mit dem begnügen, was erfahrene ältere Leute wußten, und das war meist nicht viel und manchmal recht verkehrt. Einige Kenntnisse eigneten sich mit der Zeit die Bader an, die besonders bei äußeren Verletzungen Hilfe leisten konnten. Bei inneren Leiden aber war man bis in die neuere Zeit herein fast völlig hilflos. Es ist begreiflich, daß dabei die Kurpfuscherei blühte, wie noch 1808 die Klage laut wurde, daß „alte Weiber, Hirten und auch Fallmeister“ an den Kranken herumkurierten.

Begreiflich ist auch die große Sterblichkeit, wie sie aus den alten Kirchenbüchern zu erkennen ist. Vor allem waren es die Kinder, die leicht dem Tode zum Opfer fielen. So befanden sich z. B. 1682 unter 36 Verstorbenen nicht weniger als 15 kleine Kinder, im folgenden Jahre unter 25 Toten 12 Kinder. Hundert Jahre später ist das Verhältnis nicht viel günstiger; man zählte unter 46 Verstorbenen im Jahre 1782 noch 17 kleine Kinder, im nächsten Jahre 18 unter 46 Toten. Die Bevölkerung nahm deshalb nur ganz langsam zu, obwohl die Zahl der Geburten sich stets auf einer rühmlichen Höhe hielt.

Die große Kindersterblichkeit hing freilich in erster Linie damit zusammen, daß das Hebammenwesen noch völlig unausgebildet war. Es kamen bei den Geburten oft die schlimmsten Versäumnisse und Verfehlungen vor, die nicht nur den Kindern, sondern allzu häufig auch den Müttern im Wochenbette das Leben kosteten. Um das Jahr 1800 waren die beiden Hebammen von Eyb und Brodswinden zuständig für die markgräflichen Dörfer in der Pfarrei, die Hebamme in Lichtenau für die nürnbergischen Dörfer.

Zu der hohen Sterblichkeit trugen außerordentlich viel die immer wiederkehrenden Seuchen bei. Wir lesen in den alten Berichten z. B. 1533 von einer „Seuche“, 1543 von einer „pestilenzischen [281] Seuche“, 1562 von der „Pest“, 1575 von „eingerissenen Seuchen und Krankheiten“. Und so ging es fort durch die Jahrhunderte, besonders in Kriegszeiten, wie im Dreißigjährigen Kriege, wo in Lichtenau 1635 sogar ein Fall von „Aussatz“ festgestellt wurde. Oft wurden behördliche Anordnungen erlassen, um das Eindringen von solchen Seuchen – meist vom Osten her über Böhmen und Österreich – zu verhindern; es wurde vor reisenden Bettlern, vor Juden und anderen gewarnt. Schon längere Zeit vor dem Dreißigjährigen Kriege tauchte die „abscheuliche Krankheit der Franzosen“ auf, eine außerordentlich böse und ansteckende Geschlechtskrankheit, gegen die der Pfleger in Lichtenau von der Stadt Nürnberg ausdrücklich einen verständigen Arzt anforderte, um die Krankheit zu bekämpfen. Über alle diese Seuchen Herr zu werden, ist erst in neuerer Zeit gelungen. Teils durch strenge Grenzkontrolle und Absperrmaßnahmen, teils durch Impfungen und sachgemäße ärztliche Behandlung ist allmählich der Zustand eingetreten, wie wir ihn heute kennen, wo die Worte„Pest“ und „Seuche“ nur noch vom Hörensagen bekannt sind. Die Schutzpockenimpfung, durch die bis heute die schlimme Blatternkrankheit siegreich bekämpft wird, ist um das Jahr 1800 eingeführt worden.

Weit verbreitet und viel gebraucht waren ehedem die Badestuben. Schon 1407 werden sie in Sachsen und Immeldorf erwähnt, auch Lichtenau besaß eine solche. Von Brodswinden wurde 1467 sogar als von einem „Wildbad“ geredet. Es war wohl überall so, wie es uns um 1550 aus Lichtenau berichtet wird, daß der „Bader“ jeden Samstag ein warmes Bad zu richten hatte. Jede Person, die baden wollte, hatte dafür 1 Pfennig (damals = 15 heutige Pfennig) zu entrichten, Kinder unter 10 Jahren waren frei. Das Holz zum Heizen des Bades mußte der Bader selbst stellen, soweit nicht die Herrschaft in Lichtenau einiges dazu leistete. Diese an sich sehr erfreuliche Neigung zum Baden war aber durchaus nicht immer gesundheitsfördernd; denn das gleiche Bad wurde stets von vielen Personen miteinander und nacheinander benützt, so daß von Reinlichkeit bald nicht mehr viel zu merken war. Und überdies verbreiteten sich dadurch leicht ansteckende Krankheiten, wie es z. B. von der oben angeführten Franzosenkrankheit ausdrücklich bezeugt wird. Mit der Zeit gingen auch diese Badstuben wieder ein.

Dagegen blieben die Bader weiter bestehen. Nur daß sie sich fortan in anderer Weise mit der Körperpflege beschäftigten. Sie übernahmen das Rasieren oder, wie man früher sagte, das „Balbieren“; sie konnten zu Ader lassen („schröpfen“), Wunden verbinden, allerlei Salben bereiten und dergleichen. Allmählich versuchten sie auch innere Krankheiten zu heilen, was ihnen aber durch die markgräfliche Baderordnung von 1655 untersagt wurde. Nach dieser Ordnung [282] durften sie wohl äußere Schäden am menschlichen Leibe behandeln, aber nichts „zur Kur des inneren Menschen“ vornehmen, auch keine Arzneien verschreiben. Überdies mußten sie vor der Zulassung zum Baderberuf erst eine Prüfung ablegen. Auf Grund dieser Prüfung pflegten sich dann die Bader gern als „Chirurgen“ zu bezeichnen. Für Sachsen sind uns die Namen folgender Bader und nachmals Chirurgen überliefert: 1564 Wolf Funk, 1577 Hans Eberlein, 1747 Johann Georg Lämmel, 1764 Johann Friedrich Supf, 1782 Karl Joh. Friedrich Häberlein, aus Weiltingen zugezogen, 1815 Joh. Philipp Friedrich Häberlein, der Sohn des Vorgenannten, 1832 Friedrich Gottschalk aus Bürglein.

Die Volksgesundheit ist in hohem Grade abhängig von der Lebensweise eines Volkes. Nur eine maßvolle Lebensweise ohne Ausschweifungen und Entartungen vermag auf die Dauer ein Volk bei Kraft, Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu erhalten. Leider kann man nicht behaupten, daß diese Grundregel bei uns immer eingehalten worden wäre. Besonders bei außerordentlichen Gelegenheiten, wie bei Taufen, Hochzeiten, Kirchweihen und dergleichen, gab man sich nur zu gern der Völlerei mit Saufen, Fressen und noch schlimmeren Dingen hin. Aber auch sonst gab es oft zu klagen. Wir hören von Zechereien schon am Sonntagvormittag während des Gottesdienstes, von vielem Branntweintrinken in den Wirtshäusern, von unerlaubten Tanzereien an Sonn- und Feiertagen und anderem. Immer wieder mußten die Behörden dagegen einschreiten. So erging z. B. 1594 ein Erlaß der Stadt Nürnberg wider „Hoffarttreiben, Schwelgen, Volltrinken und andere Leichtfertigkeiten“. Im Zusammenhang damit steht die schon erwähnte Überhandnahme der Branntweinbrennereien nach dem Dreißigjährigen Kriege. Oft kommen auch Klagen über Unzucht, Ehebruch und andere Unsittlichkeit vor. Gewiß darf man solche Klagen nicht übertreiben und überschätzen, da in den Berichten immer nur die Schattenseiten des Volkslebens hervorgehoben werden, während die hellen und lichten Seiten als selbstverständlich betrachtet und darum nicht weiter benannt werden. Aber soviel darf und muß gesagt werden, daß es in vergangener Zeit durchaus nicht immer und überall zum besten bestellt war. Manches ergab sich auch aus den Zeitverhältnissen. Wenn im Jahre 1818 das Pfarramt Sachsen darüber Beschwerde führte, daß in der Pfarrei nicht weniger als neun wilde Ehen vorhanden waren, so darf nicht übersehen werden, daß damals die Eingehung einer Ehe für arme Leute außerordentlich erschwert war; jede Gemeindevertretung konnte dagegen Einspruch erheben, wenn sie eine etwaige spätere Belastung der Gemeinde befürchtete. Auch die Eltern der Betreffenden besaßen ein weitgehendes Einspruchsrecht.

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VIII. Volkskundliches

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1. Kirchliche Sitten und Unsitten

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Wie es in vergangener Zeit damit bestellt war, ist schon in dem Abschnitt über die „Kirchliche Ordnung“ eingehend dargestellt worden (S. 219). Hier soll nur einiges nachgeholt und vor allem die Gegenwart behandelt werden.

Die Taufen werden gegenwärtig schlicht und einfach gehalten, wie es der kirchlichen Art entspricht. Gute alte Sitte ist es, die Kinder womöglich am Sonntag zur Taufe in die Kirche zu bringen. Haustaufen sind nur in Notfällen üblich. Bei unehelichen Kindern wurde vordem das Geläute verweigert, wird aber jetzt gewährt, da man die Kinder nicht für die Fehltritte der Eltern büßen lassen will.

Bei Hochzeiten wird ebenfalls jede Ausartung vermieden. Die Trauung im Gotteshause ist auch nach der Einführung der Zivilstandsgesetzgebung im Jahre 1876 regelmäßige Ordnung geblieben. Die alte Sitte, daß gefallene Brautleute ohne Kranz, Schleier und Strauß erscheinen, ist in den Städten schon seit längerem aufgegeben worden und verschwindet auch auf dem Lande mehr und mehr. Ein alter Aberglaube ist es, daß der Braut- und Hochzeitswagen in der Zeit von 11–12 Uhr und vor allem während des Zwölfuhrläutens nicht unterwegs sein dürfe, da sonst Unheil drohe; doch gibt es nur noch wenige Leute, die darauf achten. Dagegen kommt immer noch die Sitte vor, daß die Brautleute auf ihrem Weg vom Gotteshause heimwärts aufgehalten werden und sich durch das Auswerfen von Geldstücken gleichsam loskaufen müssen. Mehr scherzhaft wird die Meinung vertreten, wer von den beiden Brautleuten zuerst das Haus betritt, wird Herr im Hause sein. Beim Hochzeitsmahl erhalten öfters die Brautleute nur einen Teller vorgesetzt, aus dem sie gemeinsam zu essen haben, zum Zeichen, daß sie fortan einträchtig zusammenleben und gleichsam aus einer Schüssel essen müssen. Daß Ehen nur bei zunehmendem Monde zu schließen seien, damit der Kindersegen nicht ausbleibe, wird kaum mehr beachtet und mit Recht als Aberglaube angesehen.

Wenn ein Toter im Hause lag, war früher die Totenwache üblich. Nachbarn und Freunde kamen im Hause zusammen und hielten nachts die Wache. Dabei suchten sie sich die Zeit mit Gesprächen, mit Spielen, Trinken und anderem zu vertreiben und es ging oft nichts weniger als würdig zu. Es war deshalb wohlgetan, daß dieser Brauch abgestellt wurde. Weiter hielt man einst streng darauf, daß kein Vieh eingespannt wurde, solange der Tote im Hause lag. Wenn der Sarg [284] zum Hause hinausgetragen wird, pflegen auch heute noch die Träger dreimal abzusetzen zum Zeichen, daß der Tote seine letzte Reise im Namen des dreieinigen Gottes antritt. Auswärtige Leichen werden auf dem voll aufgesetzten Leiterwagen (Erntewagen) nach Sachsen gefahren, dort an den von alters her bestimmten Plätzen auf die Totenbahre gelegt, vom Geistlichen, Kantor und Schülerchor abgeholt und abgesungen und dann zum Kirchhof geleitet. Dort findet am Grabe die kurze Einsegnungsfeier statt, worauf das Trauergeleite sich in das Gotteshaus zum Trauergottesdienst begibt. Ein alter Aberglaube ist es, daß der Zug der Leidtragenden, auch bei längerem Wege, nicht abbrechen darf, weil sonst bald ein zweiter Leichenzug aus dem Dorfe nachfolgen müßte; ebenso soll sich der Fuhrmann auf dem Pferde nicht umsehen, weil dies bedeuten würde, daß bald wieder ein Toter nachkommt. Das gleiche würde es bedeuten, wenn der Fuhrmann die beiden Strohbündel, auf denen der Sarg während der Fahrt ruhte, wieder mit nach Hause bringen würde; er muß sie unterwegs verlieren, was er durch rasches Fahren unschwer erreichen kann. Auch von solchen abergläubischen Vorstellungen gilt, daß sie vom Volke nicht mehr ernst genommen werden, auch wenn man äußerlich noch darauf achtet.

Der Hexenglaube, ein noch aus uralter Zeit stammendes Stück Aberglaubens, ist in der Geschichte der Pfarrei Sachsen nur selten hervorgetreten. Bekannt ist nur der Fall des Bäckers Hacht, der 1594 bezichtigt wurde, daß er an Kühen Zauberei getrieben habe, damit sie keine Milch mehr gäben. Er wurde sogar vor dem Pflegamt Lichtenau deshalb verklagt. Dieses gab zwar nicht viel auf die Klage, hielt es aber doch für ratsam, den Hacht und sein Weib „etliche Tage bei Wasser und Brot in den Turm (zu Lichtenau) zu sperren“. Auch sonst ist aus der Gegend nicht viel zu berichten. Eine Hirtin in Büschelbach wurde 1593 von einer Frau beschuldigt, daß sie ihre drei Kinder durch Zauberei umgebracht habe; ebenso eine Frau aus Immeldorf, daß sie sich „wegen Mißbrauchs des heiligen Abendmahls sehr verdächtig“ gezeigt habe und daß auch ihr Mann wegen „böser und zauberischer Händel“ berüchtigt sei. Im Jahre 1707 soll eine Dirne in Malmersdorf versucht haben, durch Zauberei dem Johann Eischer von Zandt und seiner Verlobten Uneinigkeit in der Ehe zu bereiten. Vernünftigerweise gaben die Nürnberger Behörden nichts oder doch nur wenig auf solche Anzeigen. Und ebenso hielt man es im Markgrafentum Ansbach, obwohl anderwärts, wie in Würzburg, Hexen in Menge beschuldigt, durch die Folter zu Geständnissen gezwungen und auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Bei uns hielten sich die kirchlichen und weltlichen Behörden frei von diesem blutigen Aberglauben, und so mußte auch das Volk zu besserer Einsicht kommen. Freilich der Aberglaube an sich starb nur ganz langsam aus. Noch [285] 1808 wurde über viel Aberglauben in unseren Gemeinden geklagt, und die letzten Ausläufer reichen noch bis in die Gegenwart herein. Besonders das „Brauchen“, die früher oft geglaubte und geübte Kunst, mit Hilfe von allerlei zauberhaften Formeln und Gebräuchen, bei denen der Name Gottes stark mißbraucht wurde, kranke Tiere und auch kranke Menschen heilen zu wollen, kam noch in nicht zu ferner Zeit vor. Doch wird immer wieder versichert, daß dieser und auch anderer Aberglaube aus der Gemeinde so gut wie verschwunden sei.

2. Weltliches Brauchtum

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Noch in einem gewissen Zusammenhang mit der Kirche steht die heute noch geübte Sitte des Osterfeuers. Schon längere Zeit vor Ostern sammeln Knaben und auch junge Burschen allerlei brennbares, aber sonst nicht weiter brauchbares Material aus Häusern und Höfen, dazu Reisig und Gestrüpp, und tragen es auf eine das Dorf überragende, möglichst weit hinausschauende Höhe. Dort wird am Ostermontag abends der hochaufgeschichtete Haufen angezündet, wobei die Jugend unter fröhlichem Geschrei mit Fackeln in den Händen um das Feuer springt. Früher bestand auch die Sitte, am Johannistag solche Feuer abzubrennen; die markgräfliche Regierung verbot es jedoch im Jahre 1784. Die jetzt wieder üblich werdende Sitte des Johannisfeuers im Gedenken an die Sommer-Sonnenwende ist somit nur die Erneuerung eines alten Brauchtums.

Einst achtete man viel auf die Zwölfnächte zwischen Weihnachten und Epiphanias. Es durften da bestimmte Arbeiten nicht geschehen, z. B. keine Wäsche aufgehängt werden. Auch sonst hielt man die Tage für bedeutungsvoll für das Geschick der Menschen im kommenden Jahre. Heute achtet niemand mehr darauf, außer daß manche das Wetter an diesen Tagen beobachten und daraus Schlüsse für die Witterung der nächsten 12 Monate ziehen.

Noch besteht die Sitte des Grenzumgangs durch die mit der Grenzüberwachung und Grenzsteinsetzung betrauten „Siebner“. Vordem erfolgte der Umgang jährlich, jetzt nur noch von Zeit zu Zeit. Gerne nimmt man dabei einige Knaben oder junge Leute mit, um diesen den Verlauf der Flurgrenze genau einzuprägen. Verrückung eines Grenzsteines in der Flur gilt noch heute wie ehedem als schweres Verbrechen, das auch nach dem Tode noch gesühnt werden muß. Allgemein glaubte man früher, daß ein solcher Sünder im Grabe keine Ruhe fände und bei nächtlicher Weile am Grenzstein „umgehen“ müßte.

Vor 50 Jahren kam es noch vor, daß in der Nacht zur Fastnacht aller Unrat im Hause mit einem alten Besen zusammengekehrt, auf [286] eine Kehrichtschaufel gefaßt und samt Besen und Schaufel auf ein Nachbargrundstück geworfen wurde. Man glaubte damit alles Ungeziefer ein Jahr lang aus dem Hause vertrieben zu haben.

Ein alter Brauch war der Niederfall. Wenn früher nach wochen- und oft monatelangem Dreschen endlich der Dreschflegel zur Ruhe kam, dann mußte die Bäuerin ein festliches Mahl anrichten, damit sich die Leute nach vollbrachter Arbeit gütlich tun konnten. In Ratzenwinden, Oberrammersdorf und anderwärts wurde auch schon bei Beendigung der Ernte, wenn die Schnitter ihre Sichel wieder aufhängen durften, eine solche fröhliche Mahlzeit gehalten. Beides nannte man den „Niederfall“, ein Wort, dessen Erklärung noch nicht feststeht. Die Sitte wurde manchmal auch auf den Abschluß anderer Arbeiten ausgedehnt. Als 1562 Kirche und Turm in Neukirchen wieder hergestellt wurden, hielt man am Ende einen Niederfall, bei dem laut Rechnung reichlich „verzehrt“ wurde. Gleiches wird aus Sachsen 1606 überliefert, wo nach dem Umbau des Turmes eine „Mahlzeit beim Niederfall“ gehalten wurde. Etwas hat sich ja von diesem Brauch bei größeren Bauten bis heute erhalten, wo nach der Ausrichtung des Dachstuhles eine kleine Feier mit dem Zimmermannsspruch stattfindet und eine bescheidene Zehrung gehalten wird; nur ist der Name hierfür verlorengegangen.

Wenn an Lichtmeß die Dienstboten wechselten, so galt es als feste Ordnung, daß sie bis spätestens 11 Uhr mittags auf der neuen Stelle einzutreffen hatten. Kamen sie erst später, gleichviel ob mit oder ohne ihre Schuld, so glaubte man ehedem, daß sie das Jahr über nicht „aushalten“ würden. Wenn früher ein Stück Vieh gekauft und in den Stall gebracht wurde, so pflegte man Besen und Mistgabel über den Weg zu legen und das Vieh darüber zu führen in dem Glauben, daß es dann im Stall wohl gedeihen werde.

Von der Unsitte des Wetter1äutens ist schon auf S. 195 gehandelt worden, ebenso von der noch gefährlicheren Unsitte, daß der Dachdeckergehilfe nach vollbrachter Arbeit am Turm ein Paar neue Schuhe und Strümpfe erhielt, diese aber auf dem Knopf des Turmes stehend anziehen mußte (S. 197). Beides war ein Spiel mit dem Leben und wurde mit Recht verboten.

Zu jedem Bauernhofe gehörte einst ein Hofhaus, das für die alten Bauersleute den Wohnsitz bildete, wenn sie den Hof an die jungen Leute übergeben hatten. Dabei behielten sie sich stets ein zureichendes Ausgeding an Naturalien aller Art vor, so daß sie im Hofhause einen selbständigen Haushalt führen konnten. Heute sind die Bauernhäuser meist so geräumig gebaut, daß die alten Leute auch darin wohnen bleiben können. Gern führen sie mit den jungen Leuten den gemeinsamen Haushalt weiter und gehen ihnen bei der Arbeit in [287] Haus und Hof nach Möglichkeit an die Hand. Das Hofhaus führte auch den Namen „Korb“.

Eine schöne Sitte war es einst, daß man einzelne Bäume teils mitten in der Flur, teils an bestimmten Grenzen stehen ließ als Merk- und Wahrzeichen für die Gemeinde. So stand einst im Talgründlein an der von Neukirchen nach Sachsen führenden Straße ein mächtiger Eichbaum, der für die Fraischgrenze des Bezirks Lichtenau bedeutungsvoll war, aber später von gewinnsüchtiger Hand niedergeschlagen wurde. Auch östlich von Neukirchen stand zwischen den Feldern, da wo heute noch der Fraischstein steht, einst ein großer Birnbaum, der ebenfalls für die Fraischgrenze richtunggebend war. Ferner war am Kirchenweg von Külbingen nach Sachsen beim Eintritt in den Wald eine hohe Fichte zu sehen, die sogenannte „Kirchfichte“.

Auch bei Oberrammersdorf stand südlich vom Dorfe auf dem „Schelmwasen“ ein alter Birnbaum, an dem die Fraischgrenze vorüberführte. Und so gab es sicher noch manchen Merkbaum da und dort im Pfarrbezirk. Auch an der Kirche zu Sachsen, besonders in der Nähe der Sakristei, kann man, wie so vielfach an kirchlichen und weltlichen Sandsteinbauten, länglich ausgeschliffene Rillen sehen, die der Volksmund gern als Teufelskrallen bezeichnet. Man hat diese oft mit alten kirchlichen Gebräuchen in Verbindung zu bringen gesucht, ohne aber hierfür einen urkundlichen Nachweis finden zu können. Die Vermutung liegt nahe, daß ihre Entstehung auf einen rein weltlichen und vielleicht rein praktischen Brauch zurückgeht, wie z. B. die notwendige Schärfung der früher für Sicheln und Sensen gebrauchten Wetzsteine beim Beginn der Ernte. Daß dabei am liebsten die harten Steine an Gotteshäusern benützt wurden, mag mit gewissen abergläubischen Vorstellungen zusammenhängen.

3. Alte Sagen

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Es ist nicht viel, was an alten Sagen im Gebiete der Pfarrei Sachsen überliefert ist. Zunächst sind es einige Geister- und Gespenstergeschichten. So soll es an gewissen Orten nachts nicht geheuer sein, weil es dort „umgeht“, wie an dem Fraischstein zwischen Zandt und Großbreitenbronn oder auch im Rosenbergwald bei Zandt. Im Gründlein zwischen Zandt und Oberrammersdorf soll beim steinernen Steg des Nachts öfters eine weiße Geiß gesehen worden sein. Auf dem Strüthof ist vordem in der heiligen Weihnacht um 12 Uhr das wilde Heer durch das Haus und den Hof gezogen. Oft sei es auch vorgekommen, daß in der Nacht sich eine Drud auf die Brust des Schlafenden setzte und ihn drückte. Alle solche und ähnliche Geschichten [288] finden heutigentags im Volk keinen Widerhall mehr und werden in das Gebiet des Aberglaubens verwiesen.

Etwas anders steht es mit den Geschichten von den „feurigen Männern“, die früher manchmal gesehen wurden und von denen ein alter, glaubwürdiger Mann aus der Pfarrei dem Verfasser dieses Buches erzählte, daß er selbst in seiner Jugend eine solche Erscheinung beobachtet habe. Immer verhält es sich mit diesen Feuermännern so, daß sie mit Einbruch der Nacht irgendwo aus einem Talgrund, in der Regel aus einer sumpfigen Niederung aufsteigen, kurze Zeit über das Tal hin oder auch einen Berghang hinauf schweben und dann verschwinden. Die Erdkunde hat längst nachgewiesen, daß es Sumpfgase sind, die in der nächtlichen Kühle aus dem Boden aufsteigen, sich von selbst entzünden und dann vom Winde da und dorthin geweht werden, bis sie vergehen. Die menschliche Phantasie mag sie leicht für gespenstische Gestalten halten. Mit der zunehmenden Bodenkultur verschwinden von selbst solche Erscheinungen.

Eine besondere Sage wird aus Hirschbronn berichtet. Danach lieferten die drei zum Kloster Heilsbronn gehörigen Bauern aus Hirschbronn vorzeiten einmal ihr jährliches Gültgetreide nach Nürnberg ab. Auf dem Heimwege hörten sie bei Wicklesgreuth mitten im Walde laute Hilferufe aus der Richtung von Vestenberg her. Sie gingen den Rufen nach und fanden drei Frauen in vornehmen Kleidern, die sich im Walde verirrt hatten. Diese hatten zwar eine Glocke läuten hören, der sie nachgehen wollten, fanden aber keinen Ausweg mehr aus dem Walde. Die drei Bauern führten sie nun den richtigen Weg zurück. Beim Scheiden erklärten die Frauen, es sollten die Bauern einen Wunsch aussprechen, den sie ihnen gern erfüllen wollten. Da die Bauern nicht recht wußten, was sie sagen sollten, erklärten die Frauen weiter, daß der Wald, worin sie gefunden worden seien, fortan den drei Bauern gemeinsam gehören sollte. So sei es dann auch tatsächlich geschehen. – Richtig ist an der Geschichte, daß die drei nach Heilsbronn zins- und gültpflichtigen Bauern von alters her einen gemeinsamen Wald in der Gegend zwischen Wicklesgreuth und Vestenberg besaßen und heute noch besitzen. Es sind die Anwesen Hs.-Nr. 2, 8 und 11/12, von denen die beiden letzten früher einen Hof bildeten. Der Wald hat trotz einer neuzeitlichen Abgabe zum Straßenbau immer noch die stattliche Größe von rund 15 Tagwerk. Seit wann der Wald im Besitz der genannten Anwesen steht, ob er durch Kauf oder Schenkung oder sonstwie erworben wurde, läßt sich nicht feststellen. Ähnliche Sagen finden sich ja vielfach. Hier will die Erzählung offenbar den Besitz eines vom Dorf ziemlich weit entfernten Grundstückes erklären.

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IV. Kriegsläufte

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1. Die Türkenkriege

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Wie schon wiederholt berührt wurde, hatte das deutsche Volk in früherer Zeit immer wieder mit den Türken zu tun. Diese brachen über Bulgarien und Ungarn stets aufs neue in deutsches Land herein, nach Österreich, auch Steiermark und Kärnten. Äußerst groß war die Gefahr, daß sie noch weiter nach Deutschland eindrangen und wie einst die Hunnen alles verwüsteten, die Leute hinmordeten oder in die Sklaverei fortschleppten. Darum waren die deutschen Heere immer wieder genötigt, zum Kampf gegen den Erbfeind der Christenheit auszuziehen. In der Reformationszeit war es Kaiser Karl V., der wiederholt das deutsche Volk zum Krieg aufbieten mußte. Eben deshalb konnte er auch nicht so gegen die Evangelischen vorgehen, wie er es wollte, sondern mußte ihnen Ruhe und Frieden gewähren. Denn er brauchte zum Krieg auch die evangelischen Reichsstände; und gerade seine Erblande Österreich, Steiermark usw. waren am ersten und am meisten bedroht.

Das Reich mußte zum Krieg auch oftmals die sogenannte Türkensteuer, eine allgemeine Reichssteuer, bewilligen. Von der Kirche wurden mehrfach Bußtage und Bittgottesdienste angeordnet. Im Jahre 1542 wurde sogar die „Türkenglocke“ eingeführt, von der schon die Rede war, d. h. jeden Mittag um 12 Uhr sollte überall in Deutschland die Betglocke läuten, damit die Leute Gott um Schutz und Hilfe gegen die Türkennot anriefen. Die Glocke läutet heute noch, obwohl die Türkengefahr längst geschwunden ist und niemand mehr die Bestimmung der 12-Uhr-Glocke kennt. Von den Behörden wurden zeitweise alle Tänze und weltlichen Vergnügungen verboten, auch Sammlungen für die Türkenkämpfer angeordnet.

Am schwersten drohte die Türkengefahr nach dem Dreißigjährigen Kriege, als Deutschland furchtbar geschwächt darniederlag. Im Jahre 1663 hatte man bei uns so schwere Sorge vor einem Türkeneinfall, daß der markgräfliche Hof bereits Vorbereitungen traf, von Ansbach wegzuziehen und alle wertvollen Gegenstände in Sicherheit zu bringen. Alle Tänze, öffentliche und private Musik, „Üppigkeiten, Schreien und Jauchzen auf den Gassen oder anderswo“ wurde strengstens untersagt. Doch ging damals die Gefahr wieder vorüber. Aber 20 Jahre später, 1683, drangen die Türken doch bis Wien vor und belagerten die Hauptstadt des deutschen Kaisers. Mit Mühe hatte sich der kaiserliche Hof nach Passau retten können. Größte Bedrängnis mußte aber die Stadt Wien viele Wochen hindurch ausstehen gegen [290] die heftigen Anstürme der Türken, bis endlich ein starkes Heer aus dem Reich und aus Polen heranrückte und die Stadt befreite. Wäre es damals den Türken gelungen, Wien zu erobern, so wäre ihnen ganz Deutschland offengestanden, und nicht zum letzten wäre unser Frankenland ihrem Wüten und Morden zum Opfer gefallen.

Auch 1683 hatte der Markgraf den Befehl zu „bußfertigem und gottseligem Leben, zum Besuch der Gottesdienste und Betstunden“ usw. ergehen lassen. Als dann die Türken zurückgeschlagen und am 2. September 1686 auch die ungarische Hauptstadt Ofen (jetzt Budapest genannt) ihren Händen entrissen worden war, wurde eine allgemeine Danksagung in den Kirchen gehalten. Hievon ist noch im ältesten Kirchenbuch von Sachsen ein Vermerk zu finden.

Nur langsam sind dann in der Folgezeit die Anstürme der Türken gegen das Deutsche Reich zum Stillstand gekommen.

2. Die Einfälle der Franzosen

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Schon im Dreißigjährigen Kriege hatten die Franzosen Partei ergriffen und ihre Soldaten in Deutschland kämpfen lassen, und zwar auf Seite der Schweden, obwohl sie selbst zur katholischen Kirche gehörten. Es ist auch das ein Beweis dafür, daß dieser Krieg in seiner zweiten Hälfte kein Glaubenskrieg mehr war, sondern nur noch ein Kampf um die Macht, um Beute und Eroberungen. Frankreich hat denn auch aus dem Kriege ein schönes Stück deutsches Land als Siegesbeute heimgebracht.

Aber das genügte dem französischen König Ludwig XIV. noch lange nicht. Er begann seine berüchtigten Raubkriege zu führen, um noch weiteres Land von Deutschland loszureißen. Im Jahre 1688 fielen seine Soldaten in die Pfalz ein und verwüsteten dieses schöne Land in furchtbarster Weise. Er wollte aus dem Land eine Wüste machen, um so für immer von Deutschland getrennt zu sein. Seine Mordbrenner griffen auch auf das rechte Rheinufer über und ließen dort eine Reihe von Städten in Flammen aufgehen, darunter Heidelberg mit seinem herrlichen Schlosse. Eine besonders verwegene Schar unter dem Führer Feuquieres machte sogar einen Vorstoß über Württemberg bis herein ins Frankenland. Im November 1688 kam sie über Mergentheim, Crailsheim und Rothenburg nach Ansbach, überall schwere Kontributionen einhebend und, wo man ihnen nicht willfahrte, alles niederbrennend. Auch Ansbach mußte 10 000 fl. als Brandschatzung erlegen. Über den weiteren Verlauf des Streifzuges erzählt uns das Kirchenbuch von Sachsen: „Am Sonntag, den 18. November, ist zu Mittag der Franzos in das nürnbergische Gebiet dahier [291] eingebrochen, gesengt und gebrennt hier in Sachsen an die 30 Zimmer (Gebäude); der Gottesdienst blieb ganz unterwegs, die Leute liefen alle davon; Kirche und Pfarrhaus blieben verschont (vermutlich weil sie ansbachisch waren); der Feind blieb über Nacht, zog am Montag weiter.“ – Die Festung Lichtenau wurde von Feuquieres zur Übergabe aufgefordert. Aber diesmal hielt sich der Ort anders als im Dreißigjährigen Kriege. Der Amtspfleger, Rittmeister v. Haller, soll das französische Schreiben mit den Worten zurückgeschickt haben: „Sagt eurem Herrn, ich verstehe nicht französisch; auf gut deutsch will ich ihm antworten, meine Antwort aber mit Pulver und Blei schreiben.“ Um dem Feind keinen Stützpunkt vor der Festung zu lassen, hatte er die Kirche und andere Gebäude in Lichtenau niederzureißen befohlen. Dann ließ er unausgesetzt scharf auf den Feind feuern und vertrieb ihn bald von Lichtenau. In der Nähe von Boxbrunn wurde vor etlichen Jahren bei Grabungen am „Franzosenholz“ eine 10 Pfund schwere Kanonenkugel gefunden; sie ist wahrscheinlich 1688 von Lichtenau aus auf die Franzosen hinausgeschossen worden, da diese dort im Walde ein Lager bezogen hatten. Von Lichtenau zog Feuquieres weiter nach Immeldorf, wo er die Pfarrscheune niederbrannte; auch andere Ortschaften sollen noch von ihm heimgesucht worden sein. Über Weißenburg, Donauwörth und Ulm wandte er sich dann wieder rückwärts zum Rhein, mit reicher Beute beladen. Dabei zählte die Truppe nur etwa 1000 Reiter und einige hundert Fußsoldaten. Aber das ganze Land war von deutschen Truppen entblößt, und bis das kaiserliche Heer am Rhein erschien, verging eine lange Zeit. Es eilte dem Kaiser auch gar nicht, da er ja in seiner Hofburg zu Wien weitab vom Kriegsschauplatz sicher saß und überhaupt für die Not des Reiches wenig Mitgefühl aufbrachte.

Noch lange fort und immer wieder drohte Gefahr von den Franzosen, weshalb wiederholt Bußtage angeordnet wurden. Im Kirchenbuch von Sachsen lesen wir z. B.: „1689, den 29. November, hat man hier angefangen, Abend Betstunden zu halten um 4 Uhr wider den Franzosen, welcher der Zeit den 20 jährigen Stillstand mit dem Kaiser und dem römischen (römisch-deutschen) Reich gebrochen.“ Eine Folge der französischen Raubkriege war es auch, daß viele evangelische Pfarrer aus der Pfalz vertrieben wurden. So kam 1711 ein Sohn des damaligen Pfarrers von Sachsen, namens Dietrich, flüchtig aus Flehingen und fand mit seinem Weibe in Hirschbronn eine vorläufige Unterkunft.

Nach Beginn der französischen Revolution im Jahre 1789 flohen viele Bürgerliche und Adelige aus Frankreich, um ihr Leben zu retten. Auch in Ansbach ließen sich 79 eine Zeitlang nieder. Als dann [292] die französischen Heere 1796 den Rhein überschritten, erschienen auch zahlreiche deutsche Flüchtlinge aus der Gegend am Rhein, im ganzen über 2000. Da Ansbach als preußisches Gebiet damals im Frieden mit Frankreich lebte, konnten die Flüchtlinge bei uns sicher sein. Dagegen mußte Nürnberg sowie das übrige deutsche Land die Schrecken des Krieges durchkosten. Auch in das Gebiet um Lichtenau drang am 25. August 1796 eine Abteilung französischer Reiter in der Stärke von 25 Mann ein und begehrte Quartier. Aber Lichtenau verschloß seine Tore. Nach einiger Zeit hörte man ein „fürchterliches Klagegeschrei“ aus Sachsen, Volkersdorf und Rutzendorf, vernahm auch Flintenschüsse. Aber die Leute in den Dörfern wehrten sich mit Dreschflegeln, Heu- und Mistgabeln und anderem, und verjagten die Franzosen. So eilig ritten diese nach Ansbach davon, daß sie in Sachsen, wo sie lagern wollten, sogar Karabiner und Futtersäcke liegen ließen, die sie allerdings am andern Tage wieder holten.

Das Jahr 1800 brachte für die Nürnberger Orte lange und starke Einquartierung, während die ehemals markgräflichen, jetzt preußischen Orte wegen der Neutralität Preußens verschont blieben. Umgekehrt hatten die letztgenannten Orte im Jahre 1805 und 1806 schwer unter dem Durchzug und unter der Besetzung der Franzosen zu leiden. Hierüber ist schon auf S. 136 näher berichtet worden.

3. Die Kämpfe zur Befreiung und Einigung Deutschlands

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Im Jahre 1806 legte Kaiser Franz II. die deutsche Kaiserkrone nieder und behielt nur noch den Titel eines Kaisers von Österreich. Das alte Deutsche Reich, das „Heilige Römische Reich deutscher Nation“, wie sein voller Name lautete, nahm damit ein Ende. Es gab fortan nur noch eine bunte Reihe von einzelnen deutschen Staaten und freien Reichsstädten. Der größte Staat war Preußen, das unter Friedrich dem Großen (1740–1786) mächtig emporgestiegen war. Die übrigen deutschen Gebiete standen teils unmittelbar unter Napoleons Herrschaft, teils hatten sie sich unter seinem Protektorat zu einem Rheinbund zusammenschließen müssen. Daß aber Deutschland nicht völlig auseinanderfiel, sondern daß der Gedanke der Zusammengehörigkeit weiterlebte und mit der Zeit immer mehr erstarkte, war ungewollt das Verdienst des französischen Kaisers. Denn der ungeheure Druck, den dieser Gewaltmensch auf das deutsche Volk ausübte, die Knechtschaft, unter der er ganz Deutschland seufzen ließ, bewirkte mehr als alles andere, daß sich die durch so viele Landesgrenzen getrennten Deutschen wieder als Glieder eines großen Volkes, [293] als „Deutsche“ fühlen lernten. Die gemeinsame Not schloß das Volk innerlich zusammen.

Zunächst galt es, das Joch Napoleons wieder abzuschütteln. Es mußte der große Freiheitskrieg von 1813 und 1814 geführt werden. Napoleon hatte es gewagt, im Jahre 1812 gegen Rußland mit einem ungeheuren Heere zu Felde zu ziehen; aber der russische Widerstand einerseits und die furchtbare Winterkälte anderseits gaben seinem Heere den Todesstoß. Was nicht auf den Eisfeldern Rußlands verblutete oder von Frost und Hunger dahingerafft wurde, mußte in wilder Flucht heimwärtskehren. „Mit Mann, mit Roß und Wagen hat sie der Herr geschlagen“, wie es in einem Liede heißt. Auch aus Bayern hatten 30 000 Soldaten dem Rufe des Franzosenkaisers folgen müssen, viele gewiß auch aus unserer Gegend; aber nur wenige konnten den Heimweg finden. Und nun stand Deutschland auf, und im Bunde mit Österreich und Rußland begann es seinen heldenhaften Freiheitsskampf. Bald in Preußen, bald in Sachsen und Böhmen wurde gekämpft, bis es am 16.–19. Oktober 1813 zur großen Völkerschlacht bei Leipzig kam, wo endlich unter heißestem Ringen Napoleon entscheidend aufs Haupt geschlagen wurde. Bayern hatte sich schon am 8. Oktober von Napoleon losgesagt, kam aber nicht mehr recht zur Schlacht bei Leipzig. Dafür trat es dem flüchtenden Heere bei Hanau am Main entgegen, freilich ohne den französischen Kaiser ernstlich aufhalten zu können. Es zogen dann die siegreichen Heere nach Frankreich hinein, wo sie nach mehreren Schlachten am 31. März 1814 ihren Einzug in Paris halten durften. Noch ein zweiter Freiheitskrieg wurde 1815 notwendig, als der in die Verbannung geschickte Kaiser Napoleon noch einmal zurückkehrte; doch ein rascher Sieg der verbündeten Heere bei Waterloo in Belgien am 18. Juni 1815 und ein zweiter Einzug in Paris machte seiner Herrlichkeit bald ein Ende. Auf der Insel Helena in Atlantischen Meere mußte er einsam seine letzten Lebensjahre verbringen.

Durch den Kampf um die Freiheit war das Einheitsbewußtsein des deutschen Volkes mächtig gewachsen. Es blieb auch in der Folgezeit lebendig, obwohl die deutsche Kleinstaaterei fortbestehen blieb und der Einheitswille besonders von Österreich aus heftig bekämpft wurde. Es wurde trotz allem 1833 der deutsche Zollverein gegründet, und 1848 trat die erste deutsche Nationalversammlung in Frankfurt zusammen. Zu einer wirklichen Einigung fehlte freilich noch vieles. Vor allem stand der Gegensatz zwischen Preußen und Österreich hindernd im Wege. Ein friedlicher Ausgleich erwies sich auf die Dauer ebenso als unmöglich wie eine gedeihliche Zusammenarbeit der beiden Mächte. Es mußte schließlich eine kriegerische Auseinandersetzung erfolgen, wie sie dann 1866 vor sich ging. [294] Durch den Sieg der Preußen bei Königgrätz in Böhmen am 3. Juli wurde Österreich gezwungen, zurückzutreten. Bayern hatte sich auf die Seite Österreichs gestellt und in Unterfranken vergebens gegen die preußischen Truppen gekämpft. Da Preußen bei den Fr1edensverhandlungen Maß zu halten verstand, war es dem damaligen preußischen Minister Bismarck möglich, zuletzt alle deutschen Staaten mit Ausnahme von Österreich in dem Norddeutschen Bunde zusammenzuschließen und so die Einigung Deutschlands mächtig zu fördern.

Doch erst der Deutsch–Französische Krieg von 1870/71 brachte die vom Volk ersehnte bessere Einigung unter einem neuen deutschen Kaiser. Frankreich hatte wieder einen Napoleon als Kaiser bekommen; aber dessen Herrschaft stand auf sehr schwachen Füßen, weshalb er durch einen siegreichen Krieg gegen Deutschland seinen Thron zu festigen hoffte. Die Stimmung des französischen Volkes kam ihm entgegen, da man auf Preußens Erfolge längst eifersüchtig geworden war und die Einigung Deutschlands um jeden Preis zu hintertreiben trachtete. Aber der Einheitsgedanke war schon so mächtig geworden, daß nach Frankreichs Kriegserklärung das ganze deutsche Volk einmütig aufstand und den Franzosen bei Weißenburg, Wörth, Metz und vor allem in der umfassenden Schlacht bei Sedan am 1. und 2. September 1870 die gebührende Antwort gab. Paris wurde daraufhin vier Monate lang belagert und mußte am 28. Januar 1871 kapitulieren, worauf wieder der Einzug in Paris erfolgte. Die bayerischen Truppen haben sich vor allem vor Sedan (bei Bazeilles), dann in den Kämpfen um Orleans (2.–4. Dezember) ausgezeichnet. Noch während des Krieges einigten sich die deutschen Fürsten dahin, daß sie dem Könige von Preußen, Wilhelm I., die deutsche Kaiserkrone anboten. In dem Königsschlosse zu Versailles bei Paris wurde am 18. Januar 1871 das neue Deutsche Reich unter einem neuen Kaiser proklamiert. Durch den Friedensschluß mit Frankreich wurde auch das uralt deutsche Land Elsaß mit einem Teil von Lothringen dem Reiche wieder einverleibt und damit der Raub wieder gutgemacht, mit dem einst König Ludwig XIV. sich diese Gebiete angeeignet hatte.


Auf zwei Gedenktafeln im Kirchenarchiv zu Sachsen ist ein Teil der Kriegsteilnehmer von 1870/71 verzeichnet. Ihre Namen sollen hier folgen:

Aus Sachsen: Peter Flier, Friedrich Meier, Leonhard Meier, Johann Jakob Oder, Friedrich Ziegler.

Aus Neukirchen: Andreas Helmreich, Peter Helmreich, Georg Käpplinger, Georg Kernstock.

[295] Aus Hirschbronn: Simon Buchinger, Georg Luger, Johann Ott, Michael Pirner (dieser wurde vermißt).

Aus Alberndorf: Georg Kallert.

Aus Steinbach: Johann Andörfer, Michael Leidel, Johann Wießmeier.

Aus den anderen Pfarrorten sind keine Verzeichnisse vorhanden.

4. Der Weltkrieg und seine Folgen

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Das neue Deutsche Reich nahm in den Jahren von 1871–1914 einen ungeheuren Aufstieg. Fabriken entstanden in fast unübersehbarer Menge, die Städte breiteten sich gewaltig aus, Kolonien wurden in Togo, Kamerun, Südwestafrika, Ostafrika, Neuguinea und auf den Inseln des Stillen Ozeans erworben, Kunst und Wissenschaft blühten, der deutsche Handel befuhr alle Meere der Welt, die Lebenshaltung der Bevölkerung hob sich zusehends. Aber eben dieser Aufstieg erregte den Neid der anderen Völker, zumal ihnen die deutsche Konkurrenz schwer zu schaffen machte. Aus dem Konkurrenzneid erwuchs langsam der Wille, Deutschlands Macht und Blüte wieder zu zerstören und das deutsche Volk wieder in die frühere Ohnmacht und Zerrissenheit zurückzustürzen. Es begann die bekannte Einkreisung Deutschlands. England war es voran, das Frankreich und Belgien, Rußland und Serbien zu einem festen Bunde zusammenzubringen wußte und überdies noch eine Reihe kleinerer Staaten auf seine Seite zu ziehen verstand. Es bedurfte nur eines Funkens, um den schrecklichsten aller Kriege zum Ausbruch zu bringen; und dieser Funke war die Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Serajewo durch serbische Fanatiker.

Es ist hier unmöglich, diesen langen Krieg von fast 4½ Jahren auch nur einigermaßen darzustellen; es können nur seine Grundzüge berührt werden. Auf Deutschlands Seite hätte infolge des abgeschlossenen Dreibundes noch Österreich und Italien stehen sollen, doch ersteres erfüllte allein seine Pflicht. Italien stand zunächst als neutral abseits und ging im Jahre darauf zu den Feinden über. Dagegen schlossen sich Bulgarien und die Türkei an Deutschland an. Trotz der ungeheuren feindlichen Übermacht hat das deutsche Heer mit seinen Verbündeten Unglaubliches in der Zeit vom August 1914 bis November 1918 geleistet. Belgien wurde fast ganz besetzt, tief hinein nach Frankreich wurde die Front vorgetragen; die Russen wurden von Hindenburg bei Tannenberg vernichtend geschlagen und dann weit über Polen und die Ostseeprovinzen zurückgedrängt; Rumänien [296] und die Ukraine wurden genommen, Serbien und ein Teil des Balkan erobert, ein gutes Stück von Oberitalien besetzt. Überall waren die deutschen Regimenter siegreich. Aber der Feinde waren zu viele, zumal als auch noch Nordamerika in den Krieg eingriff. Und dann gebrach es bei uns an den nötigen Rohstoffen zur Herstellung des Kriegsmaterials und nicht zum letzten auch an den erforderlichen Lebensmitteln. So stockte immer wieder der siegreiche Vormarsch unserer Truppen, sie mußten sich auf den verlustreichen und nervenzermürbenden Stellungskrieg einstellen. Langsam mußte zuletzt da und dort die Front zurückgenommen werden. Dennoch wäre es gewiß, wenn nicht zum Siege, so doch zu einem erträglichen Frieden gekommen, wenn man auf deutscher Seite nicht versäumt hätte, die Flotte, die sich in der Schlacht am Skagerrak so rühmlich hervorgetan hatte, rechtzeitig in ihrer vollen Schlagkraft einzusetzen und ebenso die Unterseeboote, die gleichfalls Großes geleistet hatten, zur vollen Wirksamkeit zu bringen. Auch hätte in der Heimat nicht Streik und Meuterei geduldet werden dürfen, die beide schließlich zu dem bekannten „Dolchstoß in den Rücken der Front“ führten. So mußte sich das deutsche Heer mit blutendem Herzen zu jenem Waffenstillstand bequemen, den es im Vertrauen auf die Zusicherungen des amerikanischen Präsidenten Wilson in den bekannten 14 Punkten abschloß. Aber dann brach am 9. November 1918 die Revolution in Deutschland aus und lieferte damit das deutsche Volk der schonungslosen Willkür der Feinde aus. Jeder Widerstand gegen die feindlichen Forderungen war unmöglich gemacht; Deutschland mußte den von seinen Gegnern ohne Anhören der deutschen Regierung diktierten schmachvollen Frieden von Versailles unterschreiben.

Unerhört waren die Friedensbedingungen. Elsaß-Lothringen fiel an Frankreich, Eupen und Malmedy an Belgien, ein Teil von Holstein an Dänemark, Posen und ein Teil von Westpreußen, dazu später noch Ostoberschlesien an Polen, das Memelland an Litauen, das Hultschiner Ländchen an die Tschechei. Sämtliche Kolonien wurden weggenommen und als „Mandate“ an die Siegerstaaten England und Frankreich verteilt. Das ganze Heer mußte aufgelöst werden bis auf einen kleinen Rest von 100 000 Mann, der als Söldnerheer bestehen bleiben durfte. Alle Festungen mußten geschleift, alles Kriegsmaterial bis zur letzten Patrone abgeliefert, alle Fabriken, die zur Erzeugung von Kriegsmaterial dienen konnten, umgestellt werden. Riesige Mengen an Vieh, Kohlen und anderen Produkten waren abzuliefern. Eine breite Zone an den Grenzen Deutschlands durfte weder mit Militär belegt noch sonstwie kriegsmäßig behandelt werden. Eine ungeheure, in ihrer Höhe gar nicht begrenzte, von vornherein unerschwingliche Kriegsschuld sollte an die Feinde bezahlt werden. [297] Von anderen zahllosen Verpflichtungen gar nicht zu reden. Und zu alledem mußte Deutschland noch das Bekenntnis unterschreiben, daß es allein an dem Kriege schuld gewesen sei. – Österreich wurde überhaupt aufgeteilt. Südtirol und ein gutes Stück Land am Adriatischen Meer mit Triest fiel an Italien; Kroatien und Slawonien mit Bosnien kam an Serbien, Siebenbürgen an Rumänien. Aus dem Rest wurden drei selbständige Länder gemacht: Deutschösterreich, Ungarn und die Tschechoslowakei.

Schrecklich waren die weiteren Folgen des Krieges. Es trat zunächst die furchtbare Geldentwertung ein, die man mit dem Namen „Inflation“ bezeichnet, wobei die Ersparnisse des Volkes zum größten Teil verlorengingen und weithin Not und Entbehrung einkehrten. Nach der Inflation folgte eine vorübergehende Scheinblüte der Produktion mit Hilfe großer Anleihen im Auslande, und hernach eine von Jahr zu Jahr zunehmende Arbeitslosigkeit, die zuletzt fast sieben Millionen arbeitswillige Hände feiern ließ. Es waren untragbare Zustände entstanden, die zu meistern der damaligen marxistischen Regierung unmöglich war.

Eine Änderung brachte erst die nationalsozialistische Revolution im Jahre 1933 und der Übergang der Reichsregierung an Adolf Hitler, der am 30. Januar das Reichskanzleramt übernahm. Nunmehr wurde eine Fessel des Versailler Vertrags nach der andern wieder zerbrochen. Deutschland trat am 14. Oktober 1933 aus dem Völkerbund aus, der doch nur eine Einrichtung der Siegerstaaten zur Niederhaltung des deutschen Volkes war. Es wurden Gesetze zur Ordnung und Wiederbelebung der nationalen Arbeit und damit zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit erlassen. Am 1. März 1935 durfte das Saarland wieder ins Reich zurückkehren; am 16. März des gleichen Jahres wurde die allgemeine Wehrpflicht aufs neue eingeführt. Es folgte 1936 am 7. März die Wiederherstellung der deutschen Wehrhoheit im Rheingebiet, 1938 am 13. März die Wiedervereinigung von Österreich mit dem Deutschen Reiche und dazu am 1. Oktober die Befreiung des sudetendeutschen Landes vom tschechischen Joch und sein Anschluß an das Reich. Am 22. März 1939 wurde das Memelland rückgegliedert, nachdem wenige Tage vorher (16. März) das Protektorat Böhmen und Mähren errichtet worden war. Unterm 1. September 1939 geschah die Wiedervereinigung Danzigs mit Deutschland und hernach im Gefolge des siegreichen Krieges gegen Polen die Errichtung der teils alten, teils neuen Grenze des Deutschen Reiches im Osten.

Gegenwärtig muß Deutschland in einem neuen Kriege stehen, den England und Frankreich gegen das Deutsche Reich erklärt haben. Es ist auch das eine Folge des Weltkrieges in seiner letzten Auswirkung. [298] Der Krieg sollte nach dem Willen der Feinde dazu dienen, das Versailler Diktat wieder aufzurichten und womöglich noch furchtbarer zu gestalten. Daß dieser Vernichtungswille nicht zum Ziele komme, dafür kämpft aufs neue das deutsche Volk. Es kämpft um sein Daseins- und Lebensrecht. Es hat bis zur Stunde siegreich gekämpft und darf hoffen, zum vollen Siege hindurchzudringen.


Nachstehend seien noch die Namen der im Weltkrieg gefallenen und vermißten Krieger, nach den derzeitigen Pfarrorten ausgeschieden, angeführt mit beigesetztem Todestag:

     Sachsen
Lederer Georg, lediger Arbeiter, 2. 11. 1914.
Stützer Friedrich, led. Gütlerssohn, Schreinergehilfe, 9. 11. 1914.
Häßlein Friedrich, led. Metzger, Obermatrose, 9. 5. 1915.
Neubert Friedrich, led. Gastwirtssohn, 20. 5. 1915.
Bickel Johann, led. Wirtssohn, 21. 6. 1915.
Bickel Konrad, led. Bäckergehilfe, Bruder des vorigen, 4. 10. 1917.
Schmidt Johann, led. Gütlers- und Steinbrecherssohn, 11. 3. 1916.
Schmidt Friedrich, led. Dienstknecht, Bruder des vorigen, 25. 9. 1916.
Vogelhuber Georg, led. Gütlerssohn, Schuhmacher, 23. 6. 1916.
Hagelauer Georg, verh. Gütler und Arbeiter, 3. 9. 1916.
Lehr Georg, led. Dienstknecht, 11. 6. 1916.
Wirth Johann, verh. Gütler, 4. 12. 1914.
Schindler Leonhard, led. Gütlerssohn, 16. 7. 1917.
Ullherr Thomas, verh. Schuhmachermeister, 2. 8. 1917.
Buchrucker Hermann, led. Pfarrerssohn, Student, 18. 8. 1917.
Buchrucker Fritz, led. Pfarrerssohn, Student, 10. 8. 1918.
Vogelhuber Georg, led. Maurers- und Büttnerssohn, 29. 8. 1917.
Oberhäußer Heinrich, led. Hauptlehrerssohn, Unterseebootssteuermann, 15. 3. 1918.
Schweizer Georg, led. Schiffskoch, 7. 4. 1918.
Schropp Friedrich, led. Oberstationsmeisterssohn, Schreiner, 15. 7. 1918.
Geyer Georg, led. Metzgermeisterssohn, 18. 10. 1918.


     Milmersdorf
Schmidt Simon, verh. Gütler, 31. 7. 1915.
Popp Johann, led. Bauernsohn (adoptiert), 15. 9. 1916.


     Volkersdorf
Erkenbrecher Karl, verh. Taglöhner, 10. 5. 1915.
Kronberger Johann, led. Gütlerssohn, 20. 5. 1916.

[299] Stützer Friedrich, led. Landwirtssohn, 16. 8. 1917.
Schmidt Michael, led. Gütlerssohn, 12. 12. 1917.
Kittel Johann, led. Gütlerssohn, 28. 3. 1918.

     Rutzendorf
Rudelsberger Johann, led. Gastwirtssohn, 23. 9. 1914.
Führhäuser Georg, led. Gastwirtssohn, Stiefbruder des vorigen, 4. Z. 1915.

     Neukirchen
Bogendörfer Georg, verh. Gütler und Schäfer, 21. 9. 1917.
Eschenbacher Michael, led. Bauernsohn, Schreiner, 4. 9. 1916.
Schwab Johann, led. Bauernsohn, 4. 7. 1918. Schwab Johann, led. Bauernsohn, 1. 7. 1918.

     Hirschbronn
Arnold Georg, led. Bauernsohn, 15. 9. 1915.

     Alberndorf
Hamberger Johann, led. Gütlerssohn, 28. 11. 1914.
Vogelhuber Johann, led. Bauernsohn, 4. 10. 1917.
Heubeck Georg, led. Bauernsohn, 22. 10. 1918.

     Steinbach
Andörfer Johann, led. Gütlertzsohn, 12. 4. 1915.
Keim Johann, led. Bahnarbeiterssohn, 15. 12. 1917.
Blank Friedrich, verh. Gütler, 5. 8. 1916.

     Ratzenwinden
Schwab Andreas, verh. Bauer, 8. 10. 1915.
Schwab Michael, led. Bauernsohn, Bruder des vorigen, 17. 9. 1916.

     Steinhof
Fischer Johann, verh. Gütler, 15. 7. 1918.

     Oberrammersdorf
Wurzinger Georg, led. Bauernsohn, 14. 11. 1914.
Körner Johann, verh. Bauer, 1. 7. 1916.
Messerer Johann, led. Bauernsohn, 3. 12. 1916.
Meier Johann, verh. Bauer, 22. 7. 1918.

     Unterrottmannsdorf
Haspel Michael, led. Gütlerssohn, 16. 11. 1914.
Röttenbacher Konrad, led. Zimmermannssohn, 23. 2. 1916.
Kollert Georg, verh. Gütler, 4. 6. 1917.

[300]      Zandt
Haberecker Georg, led. Bauernsohn, 16. 8. 1914.
Vogel Johann, led. Bauernsohn, Stiefbruder des vorigen, 22. 10. 1916.
Barthel Georg, verh. Gütler, 24. 10. 1914.
Schletterer Georg, led. Gütlerssohn, 23. 6. 1916.


Auf dem Kirchhof in Sachsen ist ein würdiges Denkmal für die Gefallenen und Vermißten errichtet worden. Es wurde am 26. Oktober 1919 eingeweiht und trägt auf einer Steinsäule die Namen der Kriegsopfer. Bis 1936 wurde jeweils am Todestage der Kriegsopfer abends die große Glocke auf dem Turm in Sachsen zu ihrem Gedenken geläutet, nachdem am Sonntag zuvor ihre Namen von der Kanzel verkündigt wurden.


[301]

X. Die Dorfgemeinden

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1. Allgemeines

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Jedes Dorf bildete in geschichtlicher Zeit eine Gemeinde für sich, nicht in dem heutigen politischen Sinne, sondern im Sinne einer Genossenschaft, wie sie sich natürlicherweise aus dem ursprünglich einen Hof durch Teilungen und Zusiedlungen entwickelt hatte oder wie sie bei den Herrensiedlungen – Neukirchen, Hirschbronn und der Nordteil von Oberrammersdorf – sich nach dem Willen der Grundherren geformt hatte. Die Entwicklung ging wohl nicht überall gleichmäßig vor sich, aber gewisse Grundlinien lassen sich überall verfolgen. Bei den aus einem Hof hervorgegangenen Ortschaften mußte man frühzeitig dazu übergehen, das nutzbare Ackerland zu teilen, sei’s nach größeren zusammenhängenden Stücken, wie sie heute noch vielfach aus den Flurplänen ersichtlich sind, sei’s nach kleineren Teilen in den verschiedenen Gewannen der Gemarkung. Ebenso wurden – vielleicht etwas später – die Wiesen geteilt. Auch Privatwald entstand nach und nach, ob durch Teilung gemeinschaftlichen Waldbesitzes, oder durch grundherrliche Schenkung, durch Kauf oder sonstwie, läßt sich nicht mehr feststellen. Ein Hauptteil des Flurkreises blieb aber bis herein in die Gegenwart Gemeinbesitz der Dorfgenossen, nämlich die ausgedehnten Weiden für das Vieh und auch ein größeres oder kleineres Stück Wald, mitunter der ganze Wald wie in der Dorfschaft Sachsen. Daneben behielt sich die Gemeinde meist noch einzelne Felder und Wiesen vor, sei’s zur Nutzung für den Hirten oder für andere Zwecke. Bei den Herrensiedlungen, wie sie oben bezeichnet wurden, scheint die Teilung der ganzen Flur nach großen durchgehenden Streifen, die Feld, Wiese und Wald befaßten, wenn nicht sofort, so doch jedenfalls sehr früh erfolgt zu sein. Aber auch da blieb gemeinsames Weide- und Waldland an irgendeiner Außenseite des Flurbezirkes vorbehalten.

Der gemeinsame Weide- und Waldbesitz, die Aufstellung eines Hirten, die Einführung der Dreifelderwirtschaft, die Beachtung der Zufuhrwege zu den einzelnen Grundstücken, die Unterhaltung der Feldwege, Brücken und Wasserläufe, die Innehaltung bestimmter Grenzen und anderer Rechte bedingte eine feste Ordnung in jedem Dorfe. Zur Aufrechterhaltung dieser Ordnung war stets ein Dorfhaupt nötig, anfangs wohl der Besitzer des ersten und größten Hofes, später ein freigewähltes Haupt. Wenn in Alberndorf der Urhof (Hs.-Nr.1 und 12 zusammen) einst der „Herrenhof“ hieß, so möchte man vermuten, daß hier ursprünglich das Dorfhaupt seinen Sitz hatte; doch ist dieser Name erst aus späterer Zeit überliefert und [302] kann sehr wohl auch einen anderen Grund haben. Wir wissen überhaupt urkundlich aus der alten Zeit sehr wenig. Erst um die Reformationszeit hören wir von „Dorfmeistern“ oder „Bürgermeistern“. In manchem Dorfe werden zwei Bürgermeister genannt, wie in Sachsen und Rutzendorf; sie hatten entweder gemeinsam vorzugehen oder sich gegenseitig zu vertreten. Von Zeit zu Zeit wurden Versammlungen der Dorfgenossen einberufen, um die Dorfordnung zu besprechen und zu handhaben, wobei auch Rügen und Strafen ausgesprochen werden konnten, alles selbstverständlich nach altem Brauch und Herkommen.

Schon im Laufe der Zeit war der ursprünglich sehr große Gemeindebesitz, die „Gemeine“ oder, wie sie anderwärts hieß, die „Allmende“ (= Allgemeine) mehr und mehr zusammengeschrumpft, weil die zunehmende Bevölkerung und die gesteigerte Lebenshaltung auch aus dem Lande dazu führte, mehr Ackerland zu bebauen und auch mehr Wiesen anzulegen. Im Anfang des vorigen Jahrhunderts ging man überhaupt dazu über den Weidebetrieb auszulassen oder ihn ganz wesentlich einzuschränken, und dafür die Stallfütterung einzuführen. Nur für die Schafe wurde der Weidebetrieb noch weiter, zum Teil bis heute, fortgesetzt, wozu neben geringen Weideresten auch das bebaute Land je nach der Jahreszeit benützt werden konnte. Das nicht mehr benötigte Weideland wurde dann unter die Dorfbewohner, soweit sie Gemeinderecht besaßen, verteilt. Teilweise, wie in Sachsen, geschah das auch mit dem Gemeindewald.

Im Nürnberger Bezirk um Lichtenau hören wir schon sehr früh, schon um 1465, von „Dorfhauptleuten“ neben den Bürgermeistern. Soviel ersichtlich ist, hatten diese die Ausgabe, für die Landesherrschaft tätig zu sein, vor allem die von den Regierungen ausgeschriebenen Steuern einzuheben. Zuerst scheint für jedes Dorf ein nürnbergischer Bauer als Dorfhauptmann aufgestellt worden zu sein, in Sachsen sogar deren zwei; aber später wurde der Lichtenauer Bezirk in drei Hauptmannschaften mit je zwei Hauptleuten aufgeteilt, die ihren Sitz in Lichtenau, Immeldorf und Sachsen hatten. Zur Hauptmannschaft Sachsen zählten die Orte Sachsen, Volkersdorf, Rutzendorf, Zandt, Unterrottmannsdorf, Boxbrunn, Herpersdorf, Langenlohe und Milmersdorf, also alle damaligen Pfarrorte von Sachsen, soweit sie auf Nürnberger Gebiet lagen. – Im markgräflichen Gebiet begegnen uns in der Folgezeit die „Schulzen“ (= Schultheißen), die wohl eine ähnliche Aufgabe wie die Hauptleute um Lichtenau zu erfüllen und die an die Landesherrschaft „geschuldeten“ Abgaben einzuziehen hatten.

Eine besondere Bedeutung kam ehedem den Kirchweihen zu, die als Volksfeste meist in recht ausgelassener und nicht selten in [303] wüster Weise gefeiert wurden. Häufig gab es zwei Kirchweihen, die eine mit der Kirche zusammenhängende, wirkliche Festfeier, und eine zweite, nur für den betreffenden Ort geltende Volksfeier. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Verhütung von Schlägereien und anderen Ausartungen war von alters her ein „Kirchweihschutz“ üblich, den die Gemeindeherrschaft auszuüben hatte. Freilich die Frage, wer als Gemeindeherr galt, gab nicht selten Anlaß zu schweren Zwisten. Bekannt ist der Krieg, den der Markgraf Kasimir 1502 mit der Stadt Nürnberg wegen des Kirchweihschutzes von Affalterbach (südöstlich von Nürnberg) führte (S. 91). In unserer Gegend kam es nicht zu so blutigen Auseinandersetzungen; aber strittig blieb z. B. immer der Kirchweihschutz in Unterrottmannsdorf zwischen Ansbach und Nürnberg. Auch in Steinbach kam es zu Reibereien zwischen den Markgräflichen und dem Deutschherrenorden zu Eschenbach, da letzterer das Recht des Schutzes für sich beanspruchte, weil das Wirtshaus in Steinbach ihm gehörte. – Genaueres über die Aufgabe des Kirchweihschutzes erfahren wir aus Neukirchen, wo den Herren von Vestenberg dieses Recht zustand. Nach einem alten Berichte erschien der Vogt von Vestenberg am Kirchweihtage in Neukirchen und rief zuerst das Friedensgebot aus mit der Drohung, wer den Frieden breche, werde mit 10 fl. bestraft. Dann verlieh er den „Plan“ (Tanzplatz) und nahm von den herbeigekommenen Krämern das „Stättgeld“ (Platzgeld) ein. Getränke auszuschenken und zu „kochen“ (Speisen zu verabreichen) war nur dem Wirt von Vestenberg gestattet. Der Tanzplatz befand sich unter der Linde mitten im Dorf. Bei Regenwetter gab der Nachbar auf Hs.-Nr.8 (jetzt Reutelshöfer) seinen Stadel her, der „zu einem Obdach und Tanzplatz“ hergerichtet wurde, wobei die Herren von Vestenberg jedesmal den Ersatz von Schäden zusicherten, die etwa durch Ausbruch von Feuer entstehen würden. Kam es zu einer Schlägerei, so verhängte der Amtsvogt sofort die schuldige Strafe und entfernte die Frevler. Mit Sonnenuntergang wurde die Kirchweihfeier geschlossen. Letzteres war um deswillen notwendig, weil bei den damaligen schlechten Beleuchtungsverhältnissen (Talglichter, Kienspäne, Fackeln) die Ordnung und Sicherheit nicht mehr aufrechtzuerhalten war. Nur wo feste Wirtshäuser standen, wie in Sachsen, konnte das Fest noch eine Zeitlang geduldet werden, doch machte man auch da aus guten Gründen bald Schluß.

2. Die alten Dorfordnungen

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Es war natürlich, daß bei der Handhabung der alten, nur mündlich überlieferten Ordnungen im Dorfe sich mit der Zeit Unstimmigkeiten ergaben, daß manches veraltete und darum der neuen Zeit entsprechend [304] umzugestalten war. Aus solchen Gründen wurden da und dort von den Herrschaften schriftliche Dorfordnungen aufgestellt und den Gemeinden übergeben. Am ausführlichsten ist die „Gemeinordnung des Dorfs Sachsen“ von 1611, ausgearbeitet von dem Pfleger Scheurl in Lichtenau. Sie sei hier im Auszuge mitgeteilt:


1. Vom Gemeinhalten

Wenn durch die geordneten Bürgermeister zu einer Gemeinversammlung geboten wird, soll eine Sanduhr auf die bestimmte Zeit aufgesetzt werden. Wer binnen einer Viertelstunde nicht erscheint, soll unwidersprechlich 15 Pfennig (jetzt etwa 2 RM) zu geben verfallen sein. Wer ganz ausbleibt, ist einer Buße von 5 Pfund Gelds verfallen (schätzungsweise etwa 10 RM). Wenn es der Bürgermeister für gut ansieht, die Weg und Steg, auch andere gemeine Arbeit zu machen, soll jeder, der dazu geboten wird nach der Reihenfolge der Häuser, ohne Widerrede erscheinen und arbeiten, oder einen Mann an seiner Statt stellen. Tut er das nicht, verfällt er einer Strafe von 36 Pfg. (etwa 4,80 RM) im Sommer, im Winter von 24 Pfg (etwa 3,20 RM). Schickt er nur einen Jungen, der die Arbeit nicht leisten kann, wird dieser „abgeschafft“ und die gleiche Strafe verhängt.


2. Die Bürgermeisterwahl betreffend

Wenn alljährlich auf Martini der Bürgermeister gewählt wird, soll kein „Gemeinsnutzer“ ausbleiben bei einer Buße von 5 Pfund Geld. Der neu erwählte, wie auch der alte Bürgermeister hat sich bei der Herrschaft Lichtenau vorzustellen, damit der alte „seiner Pflicht entlassen und dagegen der neue mit gebührlichen Pflichten der Gemein zum Besten belegt werde“.

Ebensowenig darf ein Gemeinsmann ausbleiben, wenn alljährlich der Hirte gedingt wird oder wenn des Jahres dreimal mit dem Hirten abgerechnet wird.


3. Vom Hirtendingen und seinem Lohn

Wenn ein Hirte angenommen worden ist, soll er der Herrschaft Lichtenau zur „Leistung seiner Pflicht (Verpflichtung)“ vorgestellt werden. Sobald es im Frühjahr „aufgeht“ und der Bürgermeister es für gut ansieht, hat er das Vieh auszutreiben. Doch soll sein Lohn erst „auf Gertrauden Tag“ (17. März) angehen. Dreimal im Jahr soll mit ihm abgerechnet werden, nämlich auf Walburgi (1. Mai), Jakobi (25. Juli) und Martini (11. November). Die Abrechnung hat nach der Stückzahl des Viehes mit Einschluß der Schweine zu erfolgen. Weiter soll der Hirt auf je zwei Haupt Vieh je zwei Laib Brot erhalten, einen „Austreib- und einen Stupfellaib“ (einen Laib zum [305] ersten Austrieb des Viehes und einen Laib nach der Ernte, wenn das Vieh über die „Stoppeln“ gehütet wurde), oder statt des Laibes in Geld den Wert mit 5 Pfg. (jetzt etwa 0,70 RM). Kann der Hirte das Vieh auch noch nach Martini einige Zeit austreiben, ist ihm noch ein Laib Brot zu reichen. Wer Schafe oder Lämmer auf die Weide bringen will, muß den Hirten ebenso wie für Schweine entlohnen. Wer in der Gemeinde den „Ochsen“ (Stier) hält, muß sich mit einem zwei– oder dreijährigen Tier versehen. Will er den Ochsen nimmer halten, hat er es der Gemeinde ein Vierteljahr vor Bartholomaei (24. August) anzuzeigen, wenn er nicht der „Gemeinstraf“ verfallen will.


4. Von Gotteslästern und Fluchen

Wer sich bei den Gemeindeversammlungen „Gotteslästern und Fluchen, auch Schwören und allerlei Ungehorsam“ zuschulden kommen läßt, soll mit einem „Ort“ (einem Viertelsgulden, nach heutigem Wert etwa 4 RM) bestraft werden; ebenso wer andere „freventlich Lügen straft“.


5. Vom Gemein-Metzen

Wenn ein Gemeinsmann den Metzen (das gemeindliche Getreidemaß) beim Bürgermeister holt und behält ihn ohne Erlaubnis über Nacht, so soll er der Gemeinde mit 5 Pfg. (etwa 70 heutige Pfennige) zur Straf verfallen sein.


6. Vom Gemeinholz

Wer das aus dem Gemeindewald ihm zugewiesene Holz nicht selbst braucht, soll es einem andern in der Gemeinde zu kaufen geben nach Recht und Billigleit. Der Verkauf an anderen Orten ist bei 1 fl. (etwa 15 RM) verboten. Nur wenn niemand in der Gemeinde das Holz kaufen will, darf er es außerhalb des Ortes verkaufen; doch muß er es zuvor in seine „Hofrait“ heimfahren.

Das „Übertreiben und Hüten“ im Urlas (Gemeindewald) ist künftig bei 2 fl. Strafe verboten, ebenso das „Wüsten und Hauen“ dort und in anderen Hölzern bei 5 Pfund Strafe. „Doch soll einem jeden Häuslein Reis (Reisig) in sein Haushalten zu hauen erlaubt sein.“ Wer Holzverwüster betrifft und solches dem Bürgermeister nicht anzeigt, ist ebenfalls mit 5 Pfund Strafe verfallen.

Das Holz aus dem Gemeindewald wird jährlich auf Martini „ausgegeben“ (im Wald angewiesen) und ist darauf zwischen Lichtmeß und Ostern von den Nutznießern zu fällen. Wer das versäumt, ist der „Dorfbuß“ (Gemeindestrafe) verfallen, desgleichen wer seine Klafter nicht bis Walburgi ausgerichtet und das Büschelholz nicht bis Pfingsten aufgehauen hat. Die Länge der Scheiter darf künftig nicht mehr nach [306] Belieben gemacht werden, sondern nicht länger als 3½ Werkschuh (etwa 1 m), „bei abgesetzter Straf“. Auch die Klaftern sind nach dem gemeinen Maß anzulegen.

Wenn der Bürgermeister mit seinen Helfern das Holz. ausgibt, sollen sie 1 fl. vertrinken dürfen, ebenso wenn sie das gefällte Holz besichtigen; doch soll dieses Geschäft „in der Gemeinde herumgehen“, und wer trotz „Los und Bot“ (d. h. obwohl er dazu ausgelost und ordnungsgemäß geboten wurde) sich widersetzt, soll der Dorfbuß verfallen sein.


7. Vom Eichel–Klauben

Wenn Eicheln im Urlas abfallen, ist es bei Dorfbuß verboten, allein in den Wald zu gehen und die Eicheln aufzulesen; sondern an einem bestimmten Tag soll es erlaubt werden, daß aus jedem Haus eine Person von früh 8–11 Uhr frei „aufklauben und lesen“ darf. Wer vorher oder nachher begriffen wird, verfällt der Dorfbuß.


8. Vom Feldobst

Obstbäume, die auf der „Gemein“ stehen, dürfen nicht abgeschüttelt oder mit Stangen zerschlagen und mit Prügeln zerworfen werden, bei Strafe; nur was von selbst abgefallen ist, darf jedermann im Dorf auflesen.


9. Vom Grasen

Leuten, die kein Vieh halten, soll das Grasen im Urlas und das Dörren des Grases bei Strafe verboten sein; ebenso das Mähen und Grasen auf den Wasen und Angern. Nur wer Vieh hat, darf es tun, wenn es „die Notdurft erfordert“.


10. Vom Hörner–Abschneiden

Nachdem bisher beide Bürgermeister mit den Hirten beim Hörner– Abschneiden gegangen und „nachher die gesammelten Eier gegessen“, sollen sie künftig nicht mehr als 5 Pfund „zu vertrinken Macht haben“.


11. Von Mist- und Düngung-Verkauf

Kein Gemeinsmann darf künftig seinen Mist und seine Düngung außerhalb der Herrschaft (Amt Lichtenau) verkaufen; wer in eine andere Herrschaft verkauft, hat für jedes Fuder 1 Pfund an Geld zu bezahlen.


12. Vom Herbergen

Bei Dorfbuß darf niemand landflüchtige, verdächtige Personen beherbergen.

[307] 13. Vom Flachs

Wer Flachs zum Rösten in den Weiher legt, muß hernach, wenn er den Flachs „auswäscht“, die „Röst–Stamm und Stückel“ wieder aus dem Wasser nehmen, bei Strafe. Wird der Flachs in die Häuser gebracht, muß er „an gewahrsame Örter, da man nicht mit Licht und Feuer hingeht, gelegt werden“; auch darf er nicht in den Stuben gedörrt werden, bei Dorfbuße.


14. Von Schleißen und brennenden Fackeln bei nächtlicher Weile

Niemand darf die Schleißen auf den Ofen legen, wie es bisher geschehen, „daraus dann großer Schaden erfolget“ (durch Selbstentzündung und Brandschaden); sondern es müssen die Schleißen 3 Schuh weit vom Ofen entfernt liegen, bei Strafe. Ferner soll niemand bei nächtlicher Weile mit brennenden Schleißen oder Fackeln über die Gasse gehen bei 15 Pfg. Strafe.


Soweit die alte Gemeindeordnung von Sachsen. Wie man sieht, enthält sie viele notwendige Bestimmungen, aber doch auch wieder allerlei unnötige und kleinliche Anordnungen. Es ist darum begreiflich, wenn wir später (1748) in einem Bericht über Sachsen lesen: „Hat eine Gemeindeordnung, die aber nicht richtig gehalten wird.“


Zur Ergänzung sei noch aus der Rutzendorfer Gemeindeordnung von 1605, ebenfalls von Pfleger Scheurl verfaßt, folgendes angeführt:


Von Vorrat des Gemeingelds:

Die beiden Bürgermeister sollen das Geld in einer eisernen, mit zwei Schlüsseln versperrbaren Büchse verwahren, wobei jeder einen Schlüssel bei sich zu behalten hat. In der Kasse sollen immer wenigstens 3–4 fl. liegen, damit die Gemeinde im Falle der Not Geld hätte.


Von Dingung eines Hirten!

Die Gemeinde soll hierbei einen Gulden zu vertrinken haben.


Jährliche Rechnung betreffend:

Es sollen die Bürgermeister jährlich auf den Gertraudentag (17. März) vor der Gemeinde ordentliche Rechnung leisten, diese auch der Herrschaft (in Lichtenau) vortragen.

[308] Vom Rain-Hüten:

Das Abhüten der Raine mit Ochsen, Pferden, Füllen wird nochmals bei Strafe von 3 fl. verboten. Wenn der Bürgermeister nicht nach Gebühr bestraft, soll er dem Amt mit doppelter Strafe verfallen sein.


Von Haltung der Gänse:

Weil die Gänse den Gemeinwasen so sehr verderben, soll künftig ein Bauer nicht mehr als 8 Gänse, ein Köbler (Gütler) nicht mehr als 6 Gänse überwintern dürfen. Im Sommer darf ein Bauer nur 25 junge Gänse, ein Köbler nur 15 halten, aber stets nur bis Martini (11. November), nicht länger. Fremde junge Gänse von auswärts herein zu bringen, ist nicht gestattet; nur wenn jemand selbst nicht junge Gänse nachziehen konnte, darf er bis zu 12 Stück auswärts kaufen.


Für Oberrammersdorf gab schon 1513 das Stiftsamt Ansbach zur Schlichtung von „Irrung und Zwietracht“ verschiedene Anordnungen heraus, die auch als ein Stück Gemeindeordnung gelten können. Es wird darin bestimmt:

Wer mit einem Grundstück an den „Gemein-Trieb“ (Weg für das auf die Weide getriebene Vieh) stößt, hat das Grundstück zu „verlandern“ (mit einem Geländer zu versehen). Dabei sollen alle Gemeindeglieder einander helfen und das nötige Holz aus dem Gemeindewald oder, wenn es dort fehlt, aus den eigenen Wäldern darreichen.

Der Brunnen (offenbar eine fließende Quelle) bei Hans Hummer soll der ganzen Gemeinde frei sein zum Trinkwasser. Wer aber mit einem Kübel darein greift oder sonst den Brunnen unrein macht, soll mit 3 Pfund Geld gebüßt werden (damals über 40 RM an Wert).

Ein Bauer darf das Jahr über nicht mehr als 42 Schafe, ein Köbler (Gütler) nicht mehr als 21 Schafe samt den davon gefallenen Lämmern das Jahr über halten und durch den Gemeindehirten austreiben lassen.

Im Gemeindewald darf keiner mehr abhauen, als er „zu seiner Haushaltung und Notdurft“ jährlich braucht, auch noch, was er für den Schmied und Wagner bedarf. Holz zu hauen und zu verkaufen ist aus dem Gemeindewald nicht gestattet. Auch muß im Wald gute Ordnung eingehalten werden. Ein junger Schlag darf fünf Jahre lang nicht mit Schafen und sieben Jahrelang nicht mit Hornvieh betrieben werden. Verboten ist weiter, daß jemand Holz ausreutet und daraus für sich einen Acker oder eine Wiese oder einen „Egarten“ (brachliegendes Land) macht, bei einer Strafe von 20 fl.


Von Steinbach heißt es in einem Salbuch um 1600: Jeder kann so viel Rindvieh halten als er will, aber an Schafen ein Bauer nur 36 Stück, ein Köbler nur 18, ein Inwohner (ohne Feldbesitz) nur 10 Stück.

[309] Bei Hirschbronn ist gelegentlich verzeichnet: „Hat zwar eine Gemeindeordnung, wird aber nicht abgelesen.“


In ähnlicher Weise, wie es in den vorstehenden Gemeindeordnungen schriftlich niedergelegt ist, wird es wohl in allen Dörfern nach Brauch und Herkommen gehalten worden sein. Eines nur fällt bei diesen schriftlichen Ordnungen auf, daß sich in das alte, ursprünglich ganz frei gehandhabte Dorfrecht bereits die Landesherrschaft eingeschoben hat. Nicht nur der Bürgermeister muß sich erst beim Pfleger in Lichtenau seine Bestätigung und Verpflichtung holen, sondern auch der Dorfhirte. Die Rechnungen müssen vor der Herrschaft abgelegt werden; nicht einmal der Mist darf aus dem Herrschaftsgebiet hinausgefahren werden. Allerdings scheint diese kleinliche Bevormundung mehr im Nürnberger als im Ansbacher Gebiet eingetreten zu sein.

3. Die einzelnen Dorfschaften

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Sachsen (siehe S. 23)

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Im Dorfe Sachsen gab es in geschichtlicher Zeit fast nur Kleinbesitz. Der alte Sachsenhof war offenbar schon sehr früh zerschlagen und in eine Anzahl kleinerer Güter aufgeteilt worden. Nur die alte Schenkstatt (Hs.–Nr. 27), die aller Wahrscheinlichkeit nach einst der Sitz des Sachsenhofes war, besaß von alters her den für einen mäßigen „Hof“ erforderlichen Grund und Boden. Daneben konnte nur noch der Pfarrhof als richtiger Bauernhof gelten; alle übrigen Anwesen waren klein und zum Teil ganz gering. Nur der große Gemeindewald „im Urlas“ und die ausgiebigen Viehweiden an den Berghängen und auf der Höhe gaben den kleinen Gütern einen gewissen Rückhalt. Wie schon früher gesagt wurde, bestand die Dorfschaft mindestens seit 1463 aus 26 Anwesen mit Einschluß des Pfarrhofes. Diese Zahl blieb sich lange fort gleich. Die 26 hatten bis in die Gegenwart herein allein das Gemeinderecht, wobei dem Pfarrhof ein doppeltes Recht zustand, so daß es eigentlich 27 Rechtsanteile waren. Um das Jahr 1600 ist einmal die Rede von einem „unbezimmerten“ Gut, d. h. von einem Grundbesitz, zu dem kein Haus vorhanden war; aber auf diesem Besitz ruhte kein Gemeinderecht. Erst 1625 und 1628 kommen zwei weitere, neugebaute Häuser vor, aber auch diese blieben ohne gemeindliches Recht. Als 1814 der Gemeindewald und 1815 die Gemeindeweiden aufgeteilt wurden, hören wir von 28 Loszetteln, die geschrieben und nach denen die Verteilung vorgenommen wurde; es scheint also später doch noch ein Gemeinderecht [310] hinzugekommen zu sein, obwohl selbst 1808 nur 26 Inwohner (Ortsbürger) angeführt werden neben 3 „Tropfhäuslern“, d. h. Leuten, die nur soweit Grund und Boden besaßen als das vom Dach abtropfende Wasser reichte. Die Gesamteinwohnerzahl betrug im Jahre 1800 nur 176.

Erst nach dem Übergang des Landes an das Königreich Bayern begann sich Sachsen langsam zu vergrößern. Zunächst entstanden die Häuser Nr. 35–38, einige Zeit später Hs.-Nr. 39-44. Eine besonders lebhafte Bautätigkeit setzte nach dem Kriege von 1870/71 ein, wo in rascher Folge die Häuser Nr. 45–55 und wenig später Nr. 56–59 erstanden. Auch die allerneueste Zeit brachte noch Zuwachs, so daß gegenwärtig die Hausnummern bis 63 reichen. Nach der neuesten Zählung beläuft sich die Einwohnerzahl nunmehr auf 347 (einschließlich Bahnhof und Bahnposten Nr. 10, aber ohne Milmersdorf).

Aus dem Gemeindebuch von Sachsen, das 1846 von dem Lehrer und Kantor Weichselfelder angelegt wurde, ist nachstehendes zu entnehmen: Der Ort zählte damals 42 Hausnummern mit 48 Familien und 233 Seelen. Es galt nürnbergisches Recht (ebenso wie für alle anderen ehemals nürnbergischen Orte). Die Brunnenstuben samt den beiden Brunnenquellen befanden sich im Garten des Gütlers Leidel (jetzt Friedr. Brehm, Hs.-Nr. 19). Das schon 1407 erwähnte Ochsenhirtenhaus stand auf Hs.-Nr. 7 (jetzt Feuerwehrhaus). Das Hutrecht hatte die Gemeinde in der ganzen Ortsflur inne mit Ausnahme der Gärten und Beunten, sowie Pl.-Nr. 170, die sämtlich Hegerecht besaßen. Koppelhut (gemeinsame Hut) bestand mit Volkersdorf und Rutzendorf auf Pl.-Nr. 81, dann mit Volkersdorf auf der ganzen Sachsener Flur, mit Milmersdorf auf Pl.-Nr. 295. Dagegen hatte Sachsen das Hutrecht auf einigen Plan-Nummern von Milmersdorf und aus einem Teil der Volkersdorfer Flur, dann mit Volkersdorf zusammen auf der Rutzendorfer Gemarkung diesseits der Rezat. Das Recht zum Hüten erstreckte sich vom 1. Oktober bis 1. April.

Früher waren die Hutrechte noch viel verwickelter. Nach einem Bericht von 1810 waren folgende Grundstücke „mehrhütig“: Der Mühlrangen bei Volkersdorf mit etwa 9 Tagwerk war dreihütig, weil Sachsen, Volkersdorf und Lichtenau darauf das Hutrecht hatten. Der Weinberg bei Sachsen mit 12 Tagwerk war dreihütig für Sachsen, Volkersdorf und Rutzendorf, der Bruckwasen gegen Rutzendorf mit 1 Tagwerk dreihütig für die gleichen Orte, der Kohl- und Marterwasen oberhalb Sachsen mit 13 Tagwerk zweihütig für Sachsen und Volkersdorf, der Hinterberg mit 12 Tagwerk und der Grundwasen mit 6 Tagwerk ebenfalls doppelhütig für die beiden Orte.

Wiederholt wird in den Akten hervorgehoben, daß Sachsen keine Schäferei halten durfte. Als 1721 ein Sachsener, Hans Matthias [311] Dörflein, versuchte doch Schafe auszutreiben, wurde ihm das sofort von der Herrschaft verwehrt.

Die grundherrschaftlichen Rechte übte für alle Anwesen in Sachsen das Landalmosenamt in Nürnberg aus. Eifersüchtig wachte es über diesen Rechten, auch gegenüber dem Pflegamt Lichtenau. Als z. B. 1736 das Pflegamt als Landesbehörde eine Vermessung der Gemeindemarkung vornehmen ließ, beeilte sich das Almosenamt als Grundherrschaft die Vermessungspflöcke wieder herausreißen zu lassen. Auch ein bezeichnendes Bild vergangener Zeiten.

Der Kirchweihschutz lag in den Händen des Pflegamts Lichtenau, welches die Gemeindeherrschaft über Sachsen führte. Wie auf S. 84 ausgeführt wurde, fiel die erste „Kirbei“ auf Montag vor Johannis in Anknüpfung an das alte Fest des Kirchenheiligen St. Alban, das einst am 21. Juni gefeiert wurde; die zweite Kirchweih auf Sonntag nach Mariae Himmelfahrt, also nach dem 15. August, eine Zeitlang anscheinend auf den Feiertag St. Bartholomaei (24. August), schließlich auf den Sonntag vor Bartholomaei. Der Amtsknecht von Lichtenau rief auf dem Platz vor dem Wirtshaus jedesmal das „Friedgebot“ aus und sorgte dann für Ruhe und Ordnung während des ganzen Festes, wobei ihm die Dorfhauptleute und zwei Bürger behilflich sein mußten. Auch der Richter von Lichtenau war meist zugegen. In einem Bericht von 1540 heißt es, daß der Pfarrer von Sachsen dem „Kirbenbeschützer“ aus Lichtenau Essen und Trinken zu reichen habe, wenigstens zur „Suppen“, wie man damals das Mittagsmahl nannte; doch scheint das nur kurze Zeit geschehen zu sein.

Das Friedgebot wurde vom Amtsknecht auch bei Hochzeiten ausgerufen, da sich hierbei nicht selten Streitigkeiten infolge Trunkenheit ergaben.

Im Jahre 1597 lesen wir von dem Bau einer steinernen Brücke am Dorfausgang gegen Rutzendorf. 1902 baute die Gemeinde eine Wasserleitung mit einer Reihe laufender Brunnen im Dorfe. Da dieser Leitung infolge von Schutzbauten am Bahndamm 1927 der Zustrom des Wassers zum größten Teile entzogen wurde, waren lange Verhandlungen mit der Bahnverwaltung nötig, um diese zur Leistung von Schadenersatz zu veranlassen, worauf die Wasserleitung von Grund auf umgebaut und ausgebaut und ein Hochwasserbehälter an der Hirschbronner Straße errichtet wurde.

An Gemeindegrundstücken werden in alter Zeit (1550 und später) erwähnt: Eine Wiese bei einem halben Tagwerk, gegen Neukirchen zu gelegen, dem Hirten zur Nutzung überlassen; dann eine Wiese und ein Äckerlein daran bei drei Vierteln, die Ochsenwiesen genannt, gehört zur Erhaltung des gemeinen Herdochsen (Zuchtstieres). [312] Wegen der Nutzung der Bäume, die auf der Weide am Urlasberg wuchsen, gab es wiederholt Streit mit Volkersdorf, da diese wegen ihres Hutrechtes auch Anspruch darauf erhoben, obwohl der Berg nicht zu ihrer Flur gehörte.

Milmersdorf (siehe S. 24)

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Der Ort bildete eine eigene Dorfschaft, obwohl dort von jeher nur 3 Höfe standen, die jetzigen Hs.-Nrn. 1, 2 und 3, wobei jedoch Nr. 1 ursprünglich am oberen Ortsausgang im Talgrund stand und erst infolge Gefährdung durch den Eisenbahndamm vor einiger Zeit an seine jetzige Stelle versetzt wurde. 1568 wurde auf Gemeindegrund durch Jörg Steltzer ein Häuslein mit Bewilligung der Ortsbauern errichtet gegen die Zusicherung, daß dieser die Stelle eines Hirten übernehme; das Haus war ohne jeden Grundbesitz und die Gemeinde hatte sich das Vorkaufsrecht vorbehalten. Der jetzige Hof Nr. 8 war vordem mit Nr. 1 vereinigt und wurde erst 1856 abgetrennt. Bei der neuen Gemeindeeinteilung durch die Bayerische Regierung (nach 1806) wurde Milmersdorf mit Sachsen vereinigt, behielt aber bis in die neueste Zeit herein sein eigenes Gemeindevermögen. Als Gemeindebesitz wird 1550 ein Stück „Holz“ am Weg nach Külbing angegeben. Daneben war jedenfalls ausgiebiges Weideland vorhanden. 1748 werden dazu genannt: ein großer Wasen am Sächsener Weg, ein Wasen und bei 6 Morgen Holz am Külbinger Kirchsteig. Sie besaßen das alleinige Hutrecht auf ihrer Flur mit Ausnahme einiger Grundstücke, auf die Sachsen „treiben“ durfte.

Um 1810 werden aufgezählt: 3 Bauernhöfe, 5 Feuerstellen (außer den 3 Höfen noch 1 Hofhaus und 1 Hirtenhaus), 5 Familien mit 37 Seelen. Gegenwärtig zählt man 38 Einwohner.

Die Dorfherrschaft übte das Amt Lichtenau aus. Der älteste Bauer war dabei stets Bürgermeister. An Grundherrschaften traten nicht weniger als 4 auf: Das Almosenamt Nürnberg, das dortige Clara-Kloster, die Mendleinsche Bruderstiftung von Nürnberg, die Stadt Nürnberg (über den Neubau Nr. 7, das Hirtenhaus).

Volkersdorf (siehe S. 24)

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Im Lichtenauer Salbuch von 1517 werden 14 Anwesen aufgeführt, darunter 3 als „Handroß“, d. h. als Nebengut zu einem anderen Hof oder Gut. Dazu wird noch 1 Hirtenhaus erwähnt. Um 1550 wird berichtet: In Volkersdorf sind 16 Mannschaften (Anwesen), nämlich 5 Höfe, 10 Güter und 1 ödes, unbezimmertes Gut (ein Gut ohne eigenes Haus), ferner 1 Hirtenhaus. Eine Schenkstatt ist nicht [313] vorhanden; es „mag ein jeder mit Erlaubnis der Herrschaft (Lichtenau) schänken“. Um 1808 gab es in Volkersdorf 19 Höfe und Güter; 1 Hof war unter 2 Besitzer geteilt (Hs.-Nr. 7). Im ganzen waren es 22 Feuerstellen mit 29 Familien (einschließlich der Altsitzer, Mietsleute u. a.) und 136 Seelen. Die heutige Einwohnerzahl beläuft sich ebenfalls auf 136, wobei aber die nach Lichtenau gepfarrten Häuser nicht mitgezählt sind.

Auch Volkersdorf ist sich in seiner Größe durch Jahrhunderte hindurch ziemlich gleichgeblieben. Erst als nach 1800 die neue Zeit anbrach, begann der Ort zu wachsen. Anlaß gaben vor allem die Steinbrüche vor Lichtenau, die nicht wenigen Arbeitern Beschäftigung und Nahrung boten. Alle Häuser von Nr. 25 ab sind so als Neubauten entstanden. Einige Gebäude stehen so dicht bei Lichtenau, daß man sie als zu diesem Ort gehörig ansehen möchte, wie denn auch 3 Anwesen tatsächlich schon seit längerem kirchlich zur dortigen Pfarrei gewiesen sind. Zwei Neubauten sind schon bald wieder abgegangen, so daß man heute nicht einmal mehr ihren früheren Standort angeben kann (Nr. 32 und 33). Auch die beiden Hirtenhäuser Nr. 8 und 9 sind abgebrochen worden.

Die Dorfherrschaft wurde vom Pflegamt Lichtenau ausgeübt. Der Bürgermeister – um 1600 waren es zwei – wurde dort verpflichtet. Gewählt wurde er „um St. Michelstag“ (um den 29. September). Grundherrschaften waren um 1800 vorhanden: Das Almosenamt Nürnberg über neun Anwesen, die Stadt Nürnberg über sechs, die Pfarrei Sachsen über zwei, das Clara–Kloster Nürnberg über zwei, das Katharinen–Kloster Nürnberg über ein Anwesen. Als Gemeindebesitz wird 1550 erwähnt: ½ Tagwerk Wiesen beim Mühlrangen, dem Hirten zur Nutzung überlassen; bei 19 Morgen Holzmark, am Gödelsberg gegen Weickershof. Hutrechte hatte Volkersdorf besonders in der Flur von Sachsen, wie dort bereits berichtet wurde; ferner jenseits der Rezat mit Rutzendorf und Lichtenau auf dem dortigen langen Wasen und weiter gegen den Weickersbach, dann am Bach hinauf bis zum Weiher, auf dem Kesselwasen und auf dem breiten Wasen, über die Krottenbürg hinüber in der Richtung auf Boxbrunn bis zur „Püttenklingen“ und zum Lichtenauer Gemeinholz, von da herab zur Rezat. Wegen der Hutrechte gab es manche Auseinandersetzung, wie mit Sachsen, so auch mit Rutzendorf (z.B. im Jahre 1703).

Rutzendorf (siehe S. 24)

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Um das Jahr 1517 zählte man in Rutzendorf elf Höfe und Güter, von denen einer als „Handroß“ (Nebengut) mit einem anderen Hof zusammen bewirtschaftet wurde. Miteingeschlossen unter [314] die elf Anwesen war die Rutzenmühle und die Wirtschaft. Daneben gab es noch ein Hirtenhaus. In diesem Umfang ist die Dorfschaft geblieben bis in die Gegenwart herein. Es wurde nur im Jahre 1619 ein zweites Hirtenhaus an das erste angebaut und gleichzeitig einem wohl ins Abwesen gekommenen Ortsbürger, namens Lorenz Warter, gestattet, auf gemeindlichem Boden ein kleines Haus zu errichten, das dann in der Folgezeit als „Leerhaus“, d. i. als Haus ohne Grundbesitz, erscheint (Hs.-Nr. 5). Mitunter wurde ein Hof geteilt, aber dann später doch wieder zusammengenommen oder sonstwie verändert, wie die Hs.-Nr. 11 und 12, 16 und 17. Nur ein Hof wurde ganz aufgelassen (Nr. 15). Der Güterbestand der einzelnen Höfe unterlag freilich durch Käufe und Verkäufe vielfach großen Veränderungen, wie sich aus den alten, noch vorhandenen Grundstücksverzeichnissen deutlich ersehen läßt.

In einer Dorfbeschreibung von 1550 heißt es: Die Gemeinde wählt jährlich um Martini zwei Bürgermeister, die vom Pfleger zu Lichtenau verpflichtet werden. Der Hirte hat zur Nutznießung drei Viertel Wiesmat hinter seinem Haus an der Rezat, dann ein Viertel Wiese am Altbach, die Ochsenwiese genannt, und zwei Wiesflecke „ober der Brücke“. Die Gemeinde besitzt weiter einen Wasen bei der Brücke gegen Lichtenau, den Innerbruckwasen genannt, dann den Bruckacker und einen Morgen Acker am Geislohe, weiter acht Morgen Gemeinholz gegen Ratzenwinden am Bruckacker und bei der „Flachsrösten“ gegen den Weickershof. Hutrecht hat Rutzendorf zum Teil gemeinsam mit Sachsen und Volkersdorf (siehe bei diesen Orten), dann „auf dem See (Egelsee) gegen Ratzenwinden über den Fraischstein“. Grund und Boden gehört dort am Egelsee den Orten Rutzendorf und Steinbach-Alberndorf gemeinsam, und beide sind dort zugleich mit Ratzenwinden zu hüten berechtigt. Weiter hat Rutzendorf das alleinige Hutrecht hinauf bis an den Ratzenwinder Grund, an das Lotterholz und an das Huff (nahe bei Steinhof), an den Strüthof und an den Weickershof, dort allerdings gemeinsam mit dem Strüthof. Dann auf dem wilden Wasen zwischen den Pfarräckern und den Feldern des Strüthofs und des Weickershofs, hier zugleich mit Weickershof und Oberrammersdorf. Endlich mit Steinbach und Alberndorf zusammen auf den oberen Wiesen an der Rezat bis zum unteren Büchenwasen, und jenseits der Rezat auf den Wiesen bis zum Einfluß des Büchenbaches. Der „Lindenwasen“, der „hinauf an dem markgräflichen Gut“ liegt, also aufwärts von Hs.-Nr. 19 (jetzt Reim), gehört allein der Gemeinde Rutzendorf, die dort auch einen Egarten (brachliegendes Land) und einen halben Morgen Holz besitzt. Um 1810 hören wir von 19 Feuerstellen mit Einschluß der Hirten- und Hofhäuser, entsprechend der noch heute gültigen Hausnummernzahl. [315] 1808 wurden 106 Seelen gezählt; nach der letzten Volkszählung sind es nur noch 82 Bewohner. Der Gemeinde standen um 1550 und später stets zwei Bürgermeister vor (siehe Gemeindeordnungen). Sämtliche Anwesen standen unter der Grundherrschaft der Stadt Nürnberg; nur der Hof Nr. 19 (jetzt Reim) gehörte zum Hofkastenamt Ansbach.

Bei Rutzendorf führt eine Brücke über die Rezat, die schon bei der Darstellung der Verkehrsverhältnisse erwähnt wurde. Der Hauptteil der langen Brücke muß schon frühzeitig aus Stein gemauert worden sein; dagegen war der nördliche Teil, der nur als Flutbrücke für das Hochwasser diente, offenbar immer aus Holz, wozu z. B. 1592 das Pflegamt Lichtenau sechs Lagerhölzer aus seinen Waldungen bewilligte mit der Weisung, das noch fehlende Holz aus dem eigenen Wald zu entnehmen. 1732 wird uns von vier gemauerten Gewölben berichtet, die damals sehr schadhaft geworden waren, was auf ein hohes Alter schließen läßt. Daneben werden noch „zwei steinerne Wände, worüber Lager von Holz gelegt sind“, erwähnt. Die Brücke wurde damals offenbar nur ausgebessert, wohl hauptsächlich auf Kosten der Gemeinde; denn 1748 wird die Gemeindekasse als sehr geschwächt bezeichnet infolge der hohen Kosten bei der Reparatur der Brücke. Doch war die Ausbesserung ungenügend, denn 1756 mußte ein richtiger „Bau“ nachfolgen, diesmal auf öffentliche Kosten, wobei die beteiligten Gemeinden Frondienste zu leisten hatten. Dieser Bau steht noch heute. Im Jahre 1800 wurde die Frage erörtert, ob man nicht auch den hölzernen Brückenteil durch einen steinernen Bogen ersetzen sollte; aber man ließ es bei dem Holzbau. Dieser ist erst in neuerer Zeit durch eine Eisenlagerung ersetzt worden.

Erwähnt sei noch, daß sich das Dorf 1929/30 eine eigene Wasserleitung mit Hochwasserbehälter baute.

Neukirchen (siehe S. 25)

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In und nach der Reformationszeit ist immer von 10 Höfen und Gütern die Rede, die im Dorfe bestanden. Dabei ist es jahrhundertelang geblieben. Nur daß daneben noch ein Hirtenhaus wie überall vorhanden war. Erst um 1724 kam das Haus Nr. 12 hinzu und 1729 das Haus Nr. 6, beide auf gemeindlichem Boden errichtet und beide ohne Grundbesitz. In neuerer Zeit, um 1863, wurde noch Nr. 16 gebaut. Eine Zeitlang waren im vorigen Jahrhundert die beiden Höfe Nr. 3 und 4 in der Hand der Familie Käpplinger vereinigt, während umgekehrt die Höfe Nr. 7 und 8 geteilt wurden (in 7 a und 7 b bzw. in 8 a und 8 b). Um 1808 werden 13 Feuerstellen aufgeführt mit 15 Familien (einschließlich Altsitzer) und 89 Seelen. Nach der letzten Volkszählung hat Neukirchen 90 Einwohner.

[316] Die Dorfherrschaft stand den Herren von Vestenberg zu, später denen von Eyb auf Vestenberg, seit 1724 den Markgrafen. Im Dorfe waltete ein Bürgermeister und in späterer Zeit auch ein Schulze. Eine Gemeindeordnung war einst vorhanden, verbrannte aber 1692, als das Haus des damaligen Bürgermeisters Ellinger in Flammen aufging. Über die beiden Kirchweihen ist schon auf S. 75 das Nähere gesagt worden; ebenso auf S. 303 Genaueres über die Ausübung des Kirchweihschutzes. Eine „Bierschenke“ kommt erst 1738 vor ohne Angabe auf welchem Hause. Biel später befand sich eine Wirtschaft auf Hs.-Nr. 12, gegenwärtig auf Hs-Nr. 2.

In den Jahren 1768/69 wurde die große Staatsstraße gebaut, die nahe bei Neukirchen vorüberführt. Hierzu mußte vor allem Hs.–Nr. 8 eine größere Fläche von 1¾ Morgen abtreten.

An Gemeindenutzungen werden um 1748 erwähnt: Ein Wasen bis an die Külbinger Grenze, ein Wasen unten zum Dorf hinaus bis an das kleine Weiherlein, ½ Morgen Acker und ein Weiherlein bei der Hirtenwiese, ½ Tagwerk Wiese am Dorf bei der Ochsenwiese, die Ochsenwiese selbst mit ½ Tagwerk. – Ehedem gab es noch einen Weiher bei Neukirchen in der Richtung gegen Milmersdorf, der ursprünglich dem Gumbertusstift zu Ansbach gehörte. 1573 kaufte ihn Veit Asmus von Eyb zu Vestenberg und wandelte ihn in Wiesen um. Er war 5 Tagwerk groß.

Grundherrschaften waren mehrere in Neukirchen berechtigt: Die Pfarrei Immeldorf über drei Höfen, das Stiftsamt St. Gumbertus über zwei Anwesen, wovon eines zur Pfarrei Sachsen handlohnpflichtig war, das Almosenamt Nürnberg über zwei, die Herren von Zeltner in Nürnberg über zwei, die Herrschaft Vestenberg über zwei (neuere Bauten), das Kloster Heilsbronn über ein Haus.

Hirschbronn (siehe S. 26)

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Um das Jahr 1550 setzte sich das Dorf Hirschbronn aus 11 Höfen und Gütern zusammen. So war der Stand offenbar schon seit längerer Zeit und blieb es auch Jahrhunderte hindurch. Erst 1757 trat eine Teilung des großen Hofes am oberen Ende des Dorfes ein in die beiden jetzigen Höfe Hs-Nr. 11 und 12. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde dann ein kleines Gut Nr. 8½ vom Hauptgut Nr. 8 abgezweigt. Etwas früher scheint das Hofhaus zu Hs-Nr. 2 verkauft und zu einem selbständigen Anwesen gemacht worden zu sein (jetzt Hs.-Nr. 15). Das ehemalige Wildmeisterhaus (Nr. 14) war 1589 von der markgräflichen Regierung erbaut worden und ging anfangs des vorigen Jahrhunderts in Privatbesitz über. Ein Neubau aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts ist weiter das Haus [317] Nr. 16. Eine Zeitlang bestand auch das „Klingenhaus“, ein jedenfalls ganz kleines Wohngebäude ohne Grund und Boden im Klingengrund; es ist nach 1796 verschwunden. Zum Dorf gehört noch ein Bahnwärterhaus.

Um 1808 sind in Hirschbronn 14 Feuerstellen mit 18 Familien, einschließlich der Altsitzer, und mit 114 Seelen verzeichnet. Die neueste Volkszählung ergab 107 Bewohner.

Die Gemeindeherrschaft führte der Markgraf. An der Spitze des Dorfes stand ein Bürgermeister. Kirchweihschutz war nicht nötig, da keine besondere Kirchweihfeier gehalten wurde. Es gab lange fort auch kein Wirtshaus. 1736 wird zum erstenmal eine „Bierschenke“ erwähnt ohne Angabe des Hauses. Später wurde im Haus Nr. 5 eine Wirtschaft eröffnet um 1850; sie ging hernach auf Nr. 14 über. Über die Wildmeisterei siehe S. 261.

Die Gemeinde besaß um 1748 folgende Grundstücke: Einen Wasen hinterm Weiher am Weg nach Ansbach, ½ Tagwerk Weiher, ½ Tagwerk Wiese für den Hirten, bei 15 Morgen Holz am Steinbacher Buck.

Folgende Grundherrschaften waren zuständig: Das Hofkastenamt Ansbach für drei Höfe, das Gumbertusstift für drei, Kloster Heilsbronn für drei, später infolge Teilung vier Höfe, die Herren von Haller in Nürnberg für ein, die Stadt Ansbach ebenfalls für ein Gut.

Alberndorf (siehe S. 27)

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Alberndorf und Steinbach gehörten von alters her stets zusammen. In den alten Salbüchern werden beide regelmäßig als eine Dorfschaft behandelt und die einzelnen Höfe oft willkürlich durcheinander geworfen, so daß es nicht immer möglich ist, die Höfe diesseits und jenseits der Rezat zu unterscheiden. Immerhin sind die beiden Orte durch die Talsohle voneinander getrennt, tragen auch verschiedene Namen, so daß sie hier doch getrennt aufgeführt werden müssen.

Am Ausgang des Mittelalters standen in Alberndorf acht Güter und Höfe, die so bis in die neuere Zeit herein bestehen blieben, wenn auch mit einigen Veränderungen innerhalb der Anwesen. Der größte Hof blieb stets derjenige, den wir früher als den ältesten bezeichnen mußten, der „Herrenhof“, der die beiden jetzigen Höfe Nr. 1 und 12 in sich vereinigte. Kleine Güter waren immer die Hs.-Nr. 3 und 4, die nach dem Dreißigjährigen Kriege sogar eine Zeitlang miteinander verbunden waren. Auch Hs.-Nr. 7 galt nur als ein Viertelshof. Hs.-Nr. 8 ist erst 1684 vom Hof Nr. 9 abgezweigt worden und war ehedem Hofhaus zu letzterem. Der Herrenhof wurde 1725 geteilt, die Schmiede 1754 errichtet. Hs.-Nr. 11 ist ein Neubau aus jüngster [318] Zeit. Die beiden Hirtenhäuser, an denen Alberndorf Anteil hatte, befanden sich in Steinbach. Zugehörig zum Dorf ist ein Bahnwärterhaus.

Sämtliche Höfe und Güter hatten als Grundherren den Markgrafen von Ansbach, zu dessen Hofkastenamt sie gült– und zinspflichtig waren. Nur das Wirtshaus hatte zum Gumbertusstift (Stiftsamt) seine Schuldigkeit zu entrichten. Auf dem Wirtshaus ruhte eine alte Brauereigerechtigkeit, auch war dort längere Zeit eine Schmiede und eine Bäckerei in Betrieb. Die Schmiede wurde 1754 auf das neugebaute Haus Nr. 2 übertragen und ist seitdem dort verblieben; die Bäckerei wurde 1765 auf Nr. 3 eingerichtet, dann 1883 auf Hs.-Nr. 5 übertragen, wo sie später einging. Eine Brauerei befand sich in ältester Zeit auch auf Hs.-Nr. 1, doch ist davon nichts weiter bekannt. 1742 richtete die markgräfliche Regierung nach dem Bau der Straße durch das Rezattal in Alberndorf eine Zollstätte ein, die zuerst von dem Hause Nr. 3, dann von der Schmiede aus versehen und nach 1806 wieder eingezogen wurde.

Die Gemeindeherrschaft und der Kirchweihschutz standen dem Markgrafen zu; die Kirchweih selbst wurde am gleichen Tage wie in Sachsen gefeiert. Zwei Bürgermeister führten das Dorfregiment für Alberndorf und Steinbach gemeinsam; vermutlich wurde der eine Bürgermeister stets aus Steinbach gewählt. In späterer Zeit kommt noch ein markgräflicher Schulz (Schultheiß) vor. Eine geschriebene Dorfordnung war nicht vorhanden.

Gemeinsam mit Steinbach besaß Alberndorf um 1748 folgende Gemeindegrundstücke: Einen großen Wasen bei der Büchenmühle, ebenso einen großen Wasen gegen Hirschbronn, einen Wasen in der Feuchtlach, einen großen Wasen bei der Silbermühle, ¾ Morgen Feld unterhalb der Aumühl an der Hundsleiten (ehedem ein Wasen), 30 Morgen Holz, davon die Hälfte den Hirschbronnern zustand, ¼ Tagwerk Wiese am Weiher, 1 Tagwerk Wiese an der Höll (Hall), die als Hirtenwiese diente, ½ Tagwerk Ochsenwiese an der Au. Der Wasen in der Feuchtlach war vordem ein Gemeinholz.

Um 1748 werden neun Untertanen erwähnt, drei Höfe, fünf Güter und das Wirtshaus. Um 1808 werden gemeinsam mit Steinbach 25 Feuerstellen mit 32 Familien (Altsitzer eingeschlossen) und 173 Seelen gezählt. Nach der letzten Volkszählung hatte Alberndorf allein 62 Seelen, Steinbach 94, zusammen also 156.

Steinbach (siehe S. 27)

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Für Steinbach gilt mehrfach das bereits zu Alberndorf Gesagte. 1748 werden dort drei Mühlen benannt mit Einschluß der Büchenmühle, dann zwei Höfe, ein Halbhof, ein Wirtshaus [319] und drei Güter. Außerdem befanden sich dort noch zwei „Leerhäuser“ (Häuser ohne Grundbesitz) und zwei Hirtenhäuser. Diesen Umfang wird das Dorf schon seit langer Zeit gehabt haben, nur die beiden Leerhäuser sind jüngeren Ursprungs. Erst in neuerer Zeit wurden gebaut: Hs.-Nr. 16½ (1876), 27 (um 1878), 28 (1906). An Stelle des einen Hirtenhauses wurde ein Nebenhaus zur vorderen Mühle errichtet. Der Hof Nr. 24 ist im Jahre 1914 eingegangen; die Grundstücke wurden zur genannten Mühle gezogen, die Scheuer steht noch. Die Hausnummern wurden in Steinbach fortlaufend im Anschluß an die Zählung zu Alberndorf fortgeführt, also von Nr. 13 an weiterfolgend.

Die hintere Mühle gab 1858 ihren Betrieb auf, da sich bei dem Bau der Eisenbahn mit dem hohen Damm Schwierigkeiten ergaben und der Staat es deshalb vorzog, den Mühlbetrieb mit einer Geldsumme abzulösen. Die vordere Mühle hatte bis 1792 ebenso wie die Büchenmühle die Pflicht, einen markgräflichen Jagdhund zu unterhalten; die Pflicht wurde dann gegen einen jährlichen Zins von 1 fl. abgelöst. Die zum Deutschherrenorden in Eschenbach gehörige Wirtschaft besaß einst Brauereigerechtigkeit.

Die Kirchweih wurde gleichzeitig mit Alberndorf gefeiert. Da die markgräfliche Regierung die Dorfherrschaft beanspruchte, machte sie auch das Recht des Kirchweihschutzes geltend. Dieses Recht bestritt aber der Deutschherrenorden in Eschenbach als Inhaber des Wirtshauses, weshalb in den Jahren 1777-1781 ein großer Streit entstand, der mit vielen Schriften hin und her ausgefochten wurde.

Als Grundherrschaften sind folgende zu nennen: Das Gumbertusstift bei fünf Anwesen (samt der Büchenmühle), der Markgraf durch das Hofkastenamt bei vier Häusern mit Einschluß der beiden Leerhäuser, der Deutsche Orden mit zwei Höfen, die Stadt Ansbach mit einem Gut.

Ratzenwinden (siehe S. 29)

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Um das Jahr 1500 gab es in Ratzenwinden acht Höfe und Güter, die bis in die neuere Zeit herein den dauernden Bestand der Dorfschaft bildeten. Daneben werden 1502 und 1577 noch zwei „ungezimmerte Güter“ erwähnt, also ein zweifacher, jedenfalls geringer Grundbesitz ohne eigene Gebäude. Es ist anzunehmen, daß diese mit der Zeit veräußert und von den Bewohnern in Ratzenwinden erworben wurden. Ziemlich früh kommt auch ein „Leerhaus“, also ein Haus ohne Grundbesitz, vor (jetzt Hs.-Nr. 12). Eine Erweiterung erfuhr das Dorf, als 1715 die obere und vier Jahre später die untere [320] Mühle gebaut wurde. Das Hirtenhaus, das sich auch seit ältester Zeit im Dorfe befand, wurde vor etwa 100 Jahren verkauft und in der Folgezeit zu einem selbständigen Besitztum ausgebaut (Hs.–Nr. 6). Um die gleiche Zeit wurde ein Außenort angelegt, der Ste1nhof, zu dem 1845 das erste Haus gebaut und späterhin noch drei Häuser hinzugefügt wurden. 1870 wurde der Hof Hs-Nr. 3 zerschlagen und daraus hernach die beiden Anwesen Nr. 3 und 17 gebildet. Hs-Nr. 2 wurde 1816 geteilt in 2 a und 2 b. Nr. 13 wurde um 1862 vom Hofe Nr. 9 abgetrennt, Nr. 16 ist ein Neubau aus dem Jahre 1853, Nr. 20 ein solcher von 1889. Zugehörig zum Dorf ist noch ein Bahnwärtershaus dicht beim Dorfe. 1808 besaß das Dorf 11 Feuerstellen mit 15 Familien (einschließlich Altsitzer) und 81 Seelen. Bei der letzten Volkszählung ergaben sich 119 Einwohner, 98 in Ratzenwinden, 21 in Steinhof.

Die Gemeindeherrschaft wurde vom Gumbertusstift (Stiftsamt) ausgeübt. Kirchweihschutz war nicht nötig, da Ratzenwinden keine eigene Kirchweih feierte. Der Gemeinde stand wie überall ein Bürgermeister vor. Eine schriftliche Gemeindeordnung war nicht vorhanden. Von einer Bierschenke hören wir erst 1738 ohne Angabe, wo der Ausschank stattfand; später geschah dies im Hause Nr. 5, wieder später auf Nr. 4. Von den beiden Walkmühlen ist schon geredet worden (S. 264).

Als Gemeindegrundbesitz wird 1748 lediglich ein Wasen bei der Büchenmühle erwähnt. Um 1808 heißt es weiter: Ein Gemeindeholz liegt mit Alberndorf im Streit. über Hutrechte siehe „Rutzendorf“.

Grundherrschaftliches Recht besaß über alle Anwesen das Gumbertusstift zu Ansbach. Nur über die später entstandenen Bauten, Hs-Nr. 10, 11 und 12, war das markgräfliche Hofkastenamt zuständig für Gült und Zins.

Oberrammersdorf (siehe S. 29)

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An der Zahl von acht Höfen und Gütern, die seit alter Zeit in Oberrammersdorf entstanden waren, hat sich bis zur Gegenwart nur wenig geändert. Neu entstanden ist die Schmiede, die um das Jahr 1784 eingerichtet wurde, vermutlich in einem zu Hs.-Nr. 8 gehörigen Nebengebäude; dann das jetzige Wirtshaus, das wahrscheinlich vom Hof Nr. 11 abgezweigt wurde; endlich Hs-Nr. 14, das 1845 auf Gemeindegrund erbaut wurde. Der große Hof Hs.–Nr. 12/13 (jetzt Heubeck) war eine Zeitlang, etwa von 1768 bis um 1813, unter zwei Familien geteilt, wurde aber dann wieder zusammengenommen. [321] Für kurze Zeit, vermutlich 1683–1722, scheinen die beiden Anwesen Nr. 1 und 4 vereinigt gewesen zu sein. Das alte Hirtenhaus wurde 1899 zur Aufbewahrung von Feuerlöschgeräten umgebaut.

Das Gumbertusstift (Stiftsamt) in Ansbach übte die Gemeindeherrschaft aus. Der Dorfschaft stand ein Bürgermeister vor, der wie überall von der Gemeinde gewählt wurde. Ein Kirchweihschutz war nicht nötig, da eine besondere Feier nicht üblich war. Eine eigentliche schriftliche Gemeindeordnung fehlte; doch hat das Stiftsamt 1569 verschiedene Anordnungen erlassen, nachdem sich Streitigkeiten im Dorf ergeben hatten (siehe S. 308). Um 1808 gab es im Dorf 13 Feuerstellen mit 18 Familien (einschließlich Altsitzer) und 86 Seelen. Nach der letzten Volkszählung waren es nur noch 66 Einwohner.

Der Ort besaß größere Gemeindenutzungen, von denen um 1748 aufgezählt werden: Um das ganze Dorf herum ein Wasen; mit den Zandtern zusammen etwa 50 Morgen Wald, weiter im Alleinbesitz vier Morgen Holz im Keferloh am Weg nach Ratzenwinden; ein Tagwerk Wiese (Ochsenwiese) am Weg nach Sommersdorf, zwei Flecklein Hirtenwiese an den Trieb stoßend. Um 1808 heißt es: 24 Morgen Hutplätze, 10 Morgen Gemeindewald meist aus Gebüsch bestehend, 8 Weiher; weiter „23 Morgen sind Steinbruch zum Chausseebau“ (Bau der Staatsstraße von Ansbach nach Gunzenhausen). Beigefügt war die Bemerkung, daß die Gemeinde die Verteilung der Hutungen und des Gebüsches unter die Bewohner wünsche. Das ist später wie überall geschehen.

Was die Weiher betrifft, so stammen diese wohl zum Teil vom Gumbertusstift. Dieses besaß um 1650 bei Oberramersdorf zwei Weiher, einen zu drei Tagwerk und einen zu einem Tagwerk. Das Stift hatte auch in der Richtung gegen den Weickershof und Strüthof 25 Morgen Holz, das den Namen „Pfaffenstruth“, d. i. Struthwald der Pfaffen (Chorherren), führte.

Sämtliche Anwesen waren vordem zur Grundherrschaft des Gumbertusstiftes zins- und gültpflichtig; nur der Hof Hs.-Nr. 10 gehörte den Freiherren v. Stromer in Nürnberg.

Unterrottmannsdorf (siehe S. 31)

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Um 1550 zählten zur Dorfschaft elf Höfe und Güter, dazu die Weidenmühle und ein Hirtenhaus. Das war jahrhundertelang der Bestand der Gemeinde. 1613 kam dann die Schmiede hinzu, die auf gemeindlichem Boden erbaut wurde, aber keinen Grundbesitz hatte. Für die Erlaubnis zum Bau mußte der Schmied jährlich [322] 1¼ fl. (damals etwa 20 RM an Wert) an die Gemeinde abgeben. 1778 wurde der alte Schwabsche Hof (jetzt Wirtshaus) geteilt, um die Mitte des vorigen Jahrhunderts jedoch wieder vereinigt; er trägt darum die beiden Hs.-Nrn. 8 und 9. Die jetzigen Anwesen Nr. 16 und 17 bildeten einst einen großen Hof, der aber im Anfang des verflossenen Jahrhunderts geteilt wurde. 1870 wurde der Schiefersche Hof Hs.-Nr. 5 zerschlagen und die Grundstücke zum Teil verkauft; aus dem Rest gingen zwei kleinere Güter hervor, das eine auf dem alten Haus Nr. 5, das andere auf dem zugehörigen Hofhaus, das die Nummer 20 erhielt. Ganz neu gebaut wurden die Häuser Nr. 21 im Jahre 1869, Nr. 22 im Jahre 1881 und Nr. 23 im Jahre 1900. Um 1808 gab es mit Einschluß der Weidenmühle 18 Feuerstellen (die Hofhäuser mit inbegriffen) mit 18 Familien und 92 Seelen. Bei der letzten Zählung ergaben sich 100 Bewohner.

Die Dorfherrschaft war strittig. Die Stadt Nürnberg nahm sie durch das Pflegamt Lichtenau für sich in Anspruch, stieß aber auf den Widerspruch der Einwohner, besonders der zum Deutschherrenorden in Eschenbach gehörigen; auch das Stiftsamt in Ansbach und durch dieses der Markgraf machten Ansprüche. Vielleicht trug dieser Umstand die Schuld daran, daß es früher viel Streit und Zwist in der Gemeinde gab; besonders wird oft von bösen Auseinandersetzungen wegen des Bewässerns der Wiesen berichtet, wobei es sogar zu Schlägereien kam. Von einer Wirtschaft im Dorfe hören wir erst aus den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts.

Als Gemeinnutzungen werden 1748 hervorgehoben: Ein Wasen bei der Schmiede, ein Wasen am Weg nach Oberrammersdorf, ein Wasen am Weg nach Gotzendorf, ein großer Morgen Weiher und Fischwasser, ½ Tagwerk Hirtenwiese zwischen Weidenmühle und Gotzenmühle. Um 1808 werden sieben Morgen Hutplatz und sieben Morgen Wald erwähnt. Ein Hutstreit entspann sich 1698 mit Oberrammersdorf.

Folgende Grundherrschaften waren im Dorf mit Zins und Gült berechtigt: Das Gumbertusstift bei vier Anwesen, der Deutschherrenorden von Eschenbach bei vier, die Freiherren von Förster bei drei, das markgräfliche Kastenamt zu Ansbach bei einem, das nürnbergische Amt Lichtenau bei einem Haus.

Zandt (siehe S. 31)

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Von alters her gehörten zur Dorfschaft 14 Höfe und Güter mit Einschluß der Zandtmühle. Ferner waren zwei Hirtenhäuser vorhanden. Die beiden Anwesen Nr. 13 und 14 stellten früher einen [323] Hof dar, der erst 1750 geteilt wurde; jetzt befinden sich (seit 1928) beide Häuser wieder in einer Hand. Hs.-Nr. 16 wurde erst 1757 von dem Haupthof Nr. 15 abgetrennt, stand nach 1848 längere Zeit leer und wurde dann abgebrochen. Das Ochsenhirtenhaus ging nach 1757 in Privatbesitz über. Erst im vorigen Jahrhundert setzten Neubauten ein; noch vor 1829 wurde das Haus Nr. 20 erbaut, 1829 Nr. 21, 1833 Nr. 22 (das Schulhaus), 1849 Nr. 23, 1867 Nr. 24 und 25, 1869 Nr. 26, 1921 Nr. 27. – Um 1808 gab es im Dorf 19 Feuerstellen, einschließlich der Hofhäuser, mit 23 Familien, im ganzen 107 Seelen. Bei der letzten Volkszählun