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Beschreibung des Oberamts Böblingen/Kapitel B 11

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11. Holzgerlingen,
ein Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit, zu dem der Schaichhof, die obere, die mittlere und die untere Mühle gehören. Der große beinahe 1/4 Stunde lange ziemlich regelmäßig gebaute Ort mit 1818 evang. und 14 kathol. Einwohnern, liegt 1 Stunde südlich von der Oberamtsstadt frei und hoch am obern Rande des hier mit mehreren Einschnitten beginnenden Aichthals, in das man, besonders vom Kirchthurme aus, eine sehr ansprechende Aussicht genießt. In neuerer Zeit hat derselbe durch die Herstellung gut gekandelter reinlicher Ortsstraßen, wie durch die Wiederinstandsetzung mehrerer Wohnhäuser an äußerem Ansehen gewonnen; übrigens sind ein großer Theil der Häuser alt und meist zu Ende des 16. und Anfangs des 17. Jahrhunderts erbaut. Die ansehnliche Pfarrkirche mit ihrem weithin sichtbaren Thurme liegt an der Hauptstraße beinahe in der Mitte des Dorfs. Sie ist im spät germanischen Style erbaut und die auf der Südseite über dem spitzbogigen Eingang angebrachte Jahreszahl 1473 wird die Zeit ihrer Erbauung angeben. Das Chor mit seinen Strebepfeilern, zwischen denen hohe, in den Bogenstücken gothisch gefüllte spitzbogige Fenster angebracht sind, schließt sich mit einem halben Sechseck. Das Schiff hat dieselben Fenster, welche übrigens zum Theil später verändert wurden, bei welcher Gelegenheit weitere schmucklose Luftöffnungen in dasselbe eingebrochen worden sind. Ebenso wurde erst vor 6 Jahren ein Eingang auf der Südseite auf eine Art vergrößert, die mit dem| übrigen Bau der Kirche nicht im Einklang steht. Im Innern ist sie nicht sehr hell und auch für die stark zunehmende Gemeinde bald nicht mehr geräumig genug. Die flach getäfelte Decke ist bemalt und an den Brüstungen der Emporkirchen sind werthlose Gemälde, Scenen aus der biblischen Geschichte vorstellend, angebracht. Das schöne Chor hat ein mit scharfen Gurten getheiltes Netzgewölbe, an dessen obern Kreuzungen Schlußsteine angebracht sind, die in der Richtung von Westen nach Osten folgende Bilder haben: 1) ein Engel, welcher das Ortswappen, eine weiße Lilie im rothen Felde hält; 2) ein geharnischter Ritter mit einer Fahne, der heilige Mauritius, der Schutzpatron der Kirche; 3) eine schön durchbrochene Rosette und 4) Maria mit dem Christuskinde. Der viereckige, hohe Thurm hat 6′ dicke Mauern und im untern Stockwerk ein Kreuzgewölbe. Im obersten Stockwerke sind rundbogige Schalllöcher, die übrigens erst später eingebrochen oder doch verändert wurden, sonst befinden sich an den Seiten desselben nur schmale, schußschartenartige Lichtlöcher. In den 60ger Jahren des vorigen Jahrhunderts schlug der Blitz in das Dach und verbrannte dasselbe nebst dem ganzen hölzernen Einbau des Thurms; er erhielt dann statt seines früheren Pyramidendachs, auf dessen Ecken je ein kleines Thürmchen stand, ein einfaches ziemlich hohes Zeltdach. Bei diesem Brande schmolzen auch die Glocken auf dem Thurme, daher die jetzt auf ihm befindlichen aus neuerer Zeit sind. Die größte und kleinste davon haben die Umschriften: „Christian Ludwig Neubert goß mich in Ludwigsburg anno 1769,“ auf der mittleren steht: „Christian Ludwig Neubert goß mich in Ludwigsburg anno 1774.“ An die Südseite des Thurms ist das sogenannte Todtenhäusle angebaut, von dem übrigens nur der untere steinerne Stock alt ist. – In der östlichen Wand desselben ist ein Grabstein mit folgender Inschrift eingemauert: „anno domini 1481 am frytag nach oculi starb Ulrich Bönder der hat gestift daß man an Kirmesse alle frytag sollet am Kreuz stehen ..... .“ Die Unterhaltung der Kirche steht der Stiftungspflege zu. Der Begräbnißplatz lag früher um die Kirche, wurde aber 1828 mit einem Aufwand von 1000 fl. auf die östliche Seite des Dorfs verlegt. Das geräumige nur 60 Schritte nördlich von der Kirche gelegene, gelb getünchte Pfarrhaus ist massiv von Steinen erbaut und bildet mit dem Ökonomiegebäude, Garten und ummauertem Hofraum einen stattlichen und zugleich freundlichen Pfarrsitz. Es soll ehedem ein Jagdschloß der Herzoge von Württemberg gewesen seyn. Als das frühere Pfarrhaus wird die gegenwärtig dem Bäckermeister Speidel gehörige Wohnung bezeichnet. Die Unterhaltung des Pfarrhauses hat der Staat zu bestreiten. Südlich der Kirche, an| die alte Kirchhofmauer angebaut, steht von allen Seiten frei, das 1811 mit einem Gemeindeaufwande von 4000 fl. neu erbaute Schulhaus mit Lehrerwohnung. An der Schule unterrichten ein Schullehrer, 1 Unterlehrer und 1 Lehrgehilfe. Eine Industrie- und eine Kleinkinder-Schule bestehen auf Gemeindekosten. Das im Jahre 1833 mit einem Aufwand von 8000 fl. neu erbaute, stattliche Rathhaus liegt östlich der Kirche an der Hauptstraße; in ihm befindet sich zugleich 1 Schulzimmer und die Wohnung des Unterlehrers. Seit 4 Jahren besteht ein Gemeindebackhaus mit Obstdörre. Am südlichen Ende des Orts steht mit einem breiten Wassergraben umgeben das Schloß Kalteneck, dessen unteres massives Stockwerk mit Strebepfeilern noch von der ehemaligen festen Burg übrig geblieben ist. Die zwei weiteren Stockwerke sind leicht aus Holz gebaut und das Ganze in neuerer Zeit blaßgelb getüncht worden, was vollends alle Spuren von Alterthümlichkeit verwischte. Auch die ehemalige Zugbrücke mußte einer festen Brücke mit Geländer, die nun über den Wassergraben zu dem Schlosse führt, weichen. Nachdem das Schloß mit 12 Morgen Baumwiesen und einer Holzgerechtigkeit von 12 Klafter sammt Reisach, welche 1621 mit 38 Morgen Wald abgelöst wurde, in verschiedene Hände kam (s. unten) erkaufte es 1845 ein Bürger von Holzgerlingen. Die Güter wurden vertheilt und die dazu gehörigen Waldungen schon 1826 von der Gemeinde erworben. Der gegenwärtige Besitzer erbaute im Jahre 1849 jenseits des Wassergrabens eine Färberei, die er nun betreibt. Die Luft ist gesund und Trinkwasser in hinreichender Menge vorhanden. Am Rathhaus, nach der Sage unter der Kirche, entspringt mit einer starken, klaren, in einem dauerhaften Gewölbe gefaßten Quelle, die Aich, sie erhält bald mehrere Zuflüsse und treibt noch auf der Markung die obere, mittlere und untere Mühle. Die meisten Brunnen im Ort haben hartes Wasser, welches dem Vieh, besonders den Pferden, die es nicht gewöhnt sind, nachtheilig wird. Die Fuhrleute tränken daher ihre Pferde entweder gar nicht im Ort oder führen sie zum Schloßbrunnen, dessen vorzügliche Quelle in der Nähe des Schlosses entspringt. Die 1/4 Stunde nordwestlich vom Ort entspringende Ludlenbadquelle hat ebenfalls vortreffliches Wasser; hier stand früher ein Bad, das Ludlenbad genannt, von dem man vor 18 Jahren noch Grundreste aufdeckte. Das beste Wasser liefert ein, nur einige 100 Schritte südlich vom Ort liegender Brunnen, der sogenannte Häseltrog. Die fleißigen, sparsamen und religiös gesinnten Einwohner haben eine dauerhafte Gesundheit und erreichen trotz ihrer im Durchschnitt dürftigen Lebensweise häufig ein sehr hohes Alter. Ihre ökonomischen | Verhältnisse sind im Allgemeinen befriedigend, die Mittel ihres Auskommens bestehen hauptsächlich in Feldbau und Gewerbe. Die Feldgüter liegen theils auf dem ebenen Plateau, theils an den Thalabhängen der Aich, der Würm und der Seitenthäler derselben. Der im Allgemeinen naßkalte, weniger fruchtbare und etwas schwer zu bebauende Boden besteht auf der Ebene aus Lehm, dem bald Thon oder Liaskalkstein zur Unterlage dienen; an den Abhängen herrscht Thon und Keupermergel vor. Frühlingsfröste stellen sich häufig ein, daher feinere Gewächse, wie Bohnen, Gurken etc. leicht erfrieren, dagegen ist Hagelschlag in neuerer Zeit selten. Ungeachtet dieser nicht ganz günstigen natürlichen Verhältnisse wird doch durch unermüdeten Fleiß und gute Bewirthschaftung dem Boden das Möglichste abgewonnen; neben dem gewöhnlichen Dünger werden ziemlich viel Jauche und etwas Gyps als Besserungsmittel desselben angewendet. Gebaut werden die gewöhnlichen Getreidearten und in der zu 1/4 angeblümten Brache Kartoffeln, Kraut, Futterkräuter, Rüben, Kohlraben, Flachs und in namhafter Ausdehnung Hanf. Auf einen Morgen wird an Dinkel 6 Simri, an Gerste 4 Simri und an Hafer 4 Simri ausgesäet; der Ertrag wird im Durchschnitt zu 6 bis 7 Scheffel Dinkel, 4 bis 5 Scheffel Gerste und 5 Scheffel Hafer pr. Morgen angegeben. Die ergiebigen Wiesen, welche theilweise bewässert werden können, liefern gutes nahrhaftes Futter. Früher wurde an einem südlichen Abhange Weinbau betrieben, den man vor etwa 10 Jahren wegen des schlechten Ertrags vollends aufgab. Die Obstzucht ist bedeutend und hat in neuerer Zeit, wo besonders auch die Allmanden mit Obstbäumen ausgepflanzt wurden, sehr zugenommen. Im Jahre 1847 sollen etwa 100.000 Simri Kern- und Stein-Obst auf der Markung gewachsen seyn. Die Schafweide wird jährlich um 860 fl. verpachtet, der Pförcherlös beträgt 500 fl. Die Gemeinde ist im Besitz von etwa 1000 Morgen gut bestockter Laubwaldungen, in denen noch mehrere 100 Stämme Eichenoberholz vorhanden sind. Sie werden in 40jährigem Umtriebe bewirthschaftet und ertragen jährlich 300 Klafter und 16.000 Stück Wellen, wovon jeder Bürger 1/2 Klafter und 25 Stück Wellen erhält, der Rest wird für 800–1000 fl. verkauft. Unter den Waldungen befinden sich 200 Morgen, welche der Staat im Jahre 1821 der Gemeinde für eine Schönbuchsgerechtigkeit abtrat. Die Rindviehzucht ist ziemlich ausgedehnt; eine gute Landrace wird durch vier Gemeindefarren erhalten und verbessert. Die Schweinezucht, welche früher stark betrieben wurde, hat in neuerer Zeit abgenommen. Auf der Markung laufen 500 Stück Schafe, die auch im Ort Überwinterung finden. Bienenzucht wird in 40 Stöcken betrieben.| Von Gewerben sind besonders 4 Fabriken zu nennen, in welchen leinene und baumwollene, sogenannte Herrenhuter Bänder gefertigt werden, sie beschäftigen etwa 60–70 Personen, meist weiblichen Geschlechts, was für die Gemeinde von großem Nutzen ist, da sich nicht selten ein Mädchen 100–140 fl. jährlich verdienen kann. Der Absatz der gefertigten Waaren geht in das In- und Ausland. Eine Möbelzeugfabrik mit sogenannten Jacquardmaschinenstühlen, die 12–16 Ortsangehörige beschäftigt, wird mit gutem Erfolg betrieben. Am nördlichen Ende des Dorfs steht eine Ziegelhütte, die nicht nur für den Ort, sondern auch für die Umgegend arbeitet. Außer diesen sind die gewöhnlichen Gewerbe, besonders die Weberei durch tüchtige Handwerker vertreten; die Weber, deren es etwa 150 sind, arbeiten in Zeuglen, Hosenzeugen etc. für auswärtige Fabrikanten. Übrigens stehen in Folge der allgemeinen Gewerbestockung gegenwärtig viele Stühle leer und manchem emsigen Meister fehlt Arbeit und Verdienst. Im Ort befinden sich zwei Schildwirthschaften, 2 Kaufleute und 2 Krämer. Die frequente Vicinalstraße von Böblingen nach Tübingen führt der Länge nach durch den Ort, von ihr geht beim Schaichhof eine Vicinalstraße ab, die über Weil im Schönbuch nach Waldenbuch führt. Eine weitere Vicinalstraße geht von Holzgerlingen nach Altdorf und Hildrizhausen.

Den großen Zehenten bezieht größtentheils der Staat, welcher ihn von der Bebenhauser Pflege, Weil im Schönbuch, von der geistlichen Verwaltung Böblingen und von der Tübingenschen Pflege Sindelfingen übernommen hat. Von einem kleinen Distrikt muß er mit der Pfarrei Altdorf, welcher zugleich von einem andern Distrikt der große Zehente allein zusteht, getheilt werden; einige wenige Äcker sind zehentfrei. Die jährlichen Grundgefälle an Geld, welche die Stiftungspflegen Dagersheim, Altdorf, Ehningen, Weil im Schönbuch, Breitenstein, Böblingen, Schönaich, Holzgerlingen, sowie die Pfarrei Altdorf und der Besitzer der Burg Kalteneck, im Ort zu beziehen hatten, wurden 1819/20 im 20fachen Capitalwerth abgelöst, in neuerer Zeit werden nur noch Fruchtgefälle von den Stiftungspflegen Böblingen, Holzgerlingen, Weil im Schönbuch und der Gemeindepflege Holzgerlingen bezogen.

Das Gemeindevermögen besteht gegenwärtig außer den namhaften Einnahmen aus Wald und Weide in 6000 fl. Capital; das Vermögen der Stiftungspflege beträgt 3000 fl. An Stiftungen sind zur Anschaffung für Brod und Schulbücher etwa 400 fl. vorhanden. Im Aichthale westlich vom Ort liegen:

b) die obere Mühle, c) die mittlere Mühle, d) die untere Mühle, die politisch und kirchlich nach Holzgerlingen| gehören. Jede derselben enthält 1 Mahl- und 1 Gerbgang, die übrigens öfters wegen Wassermangel stille stehen.

In Sattlers Topogr. Geschichte wird Seite 324 angeführt, daß man vor 80 Jahren in Mauren kaum die Spitze des Kirchthurms zu Holzgerlingen habe sehen können, jetzt aber erblicke man mehr als die Hälfte von dem hohen Dache dieses Thurmes.

Wie schon im allgemeinen Theil gezeigt wurde, hat eine römische Heerstraße durch den Ort geführt und zwar nach den noch vorhandenen Spuren, gerade an dem Ursprung der Aich vorüber; es läßt sich daher mit ziemlicher Gewißheit annehmen, daß die Römer sich dieser Quelle wegen hier wohnlich niederließen, um so mehr, als der Punkt wegen seiner hohen, dominirenden Lage ihnen für eine Niederlassung ganz geeignet erscheinen mochte. Die Burg Kalteneck mit ihrem künstlich angelegten Wassergraben wird wohl ursprünglich eine römische Verschanzung gewesen seyn, die dann später zu einer Burg benutzt wurde. Das nur 1/4 Stunde nördlich vom Ort auf dem sogenannten Schützenbühl entdeckte, räthselhafte Steinbild (s. den allg. Theil) gibt einen sichern Beweis, daß diese Gegend schon in den frühesten Zeiten bewohnt war. Unweit des Fundorts liegt der „Böbelsberg,“ wo nach der Sage früher Alterthümer gefunden wurden und eine Burg gestanden seyn soll. Etwa 1/2 Stunde westlich von Holzgerlingen heißt ein Ackerdistrikt das „Ritterbuch“ und ein daran stoßender „in den Steinmauren,“ wo die Volkssage ein abgegangenes Schloß wissen will.

Holzgerlingen war Reichsgut, welches wohl mit dem Besitze des Forstes Schönbuch zusammenhing K. Heinrich II. schenkte 1007, November 7., zu dem Bisthum Bamberg, welches er gerade gründete, locum proprietatis suae Holzgerninga in pago Glehuntra in comitatu Hugonis (von Tübingen). Mon. Boic. 28, 379. Vom Reiche kam die Hoheit über Holzgerlingen an die Pfalzgrafen von Tübingen, welche hier noch einzelne Erwerbungen machten; 1369 kaufte Pfalzgraf Conrad Leibeigene in Holzgerlingen von Osterbronn von Rohr, 1370 von Dietrich und Friz von Altdorf.

Vasallen von diesen Tübinger Pfalzgrafen und deren Rechtsnachfolgern, den Grafen von Württemberg, waren die Herren und Vögte von Holzgerlingen, welche mit den Herren von Gerlingen (Oberamts Leonberg) stammverwandt waren, und ein und dasselbe Wappen (zwei Halbmonde) führten, wie solches auch die Herren von Altdorf und Breitenstein hatten. In dieser Familie blühten im Jahre 1283 und folg. Albert und Werner (Gerbert Hist. nigr. silv. 3, 206), im Jahre 1289 und folg. Heinrich. Später vorkommende Namen sind: Dieterich, Reinhard, Conrad, Hans, Fritz, Georg; ein Georg von Holzgerlingen erscheint noch 1466. Von diesen Herren| machte Württemberg zu verschiedenen Zeiten einzelne Erwerbungen.

Von benachbarten Adeligen waren hier begütert: die von Gerlingen, von Thailfingen (1369 Wolf von Thailfingen zu Holzgerlingen gesessen, 1383 Berthold von Thailfingen erhielt von Graf Rudolf von Hohenberg einen Hof zu Holzgerlingen zu Lehen), von Tachenhausen etc.

Im Jahre 1363, April 4., verkaufte Catharina, Gemahlin Graf Ulrichs von Württemberg, geborene Gräfin von Helfenstein, ihren Theil des Dorfes Holzgerlingen, worauf sie ohne Zweifel bewidemt war, für 500 Pfund Heller ihrer Schwägerin Elisabeth, Gattin Graf Eberhards des Greiners, geb. Gräfin von Henneberg, welche auch 1367, November 29., von Hans, Conrads des Vogts seligen Sohn von Holzgerlingen und dessen Schwester einen Theil an der Vogtei von Holzgerlingen, und noch 1381, September 30., von demselben Hans, dessen übrigen Antheil an dieser Vogtei erkaufte.

Als Lehen von Württemberg besaß Georg Zimmerer in Holzgerlingen Haus, Hof, Scheune und zwei Gärten, welche nach seinem Tode 1483 Graf Eberhard von Württemberg einzog und seinem außerehelichen Sohne, Georg Württemberger verlieh (Steinhofer 3, 386). Leibeigene, Güter und Einkünfte besaß hier das Kloster Bebenhausen; einzelne Bezüge hatte auch das Spital in Eßlingen.

Der Kirchensatz gehörte den Herren von Holzgerlingen (z. B. im Jahre 1338), später gelangte er an die Herren von Tachenhausen, sodann an Württemberg. Wolf von Tachenhausen vertrug sich 1478 mit der Pfarrei wegen eines Viertel des Zehenten und gab solches 1489 für 448 fl. dem Stift Tübingen zu lösen (Gabelk).

Im Jahre 1487, Mai 7., überließ Graf Eberhard dem ebengenannten Stifte das Patronat zu Holzgerlingen, behielt sich aber seinen Zehentantheil vor (Sattler Gr. 3 Nr. 107). Im Jahre 1557 erscheint der erste Pfarrer (Binder 883), früher bestellten die Tübinger Stiftsherren bloß einen Vicarius. Noch jetzt steht das Nominationsrecht der Universität Tübingen zu.

Bei Holzgerlingen steht die Burg Kalteneck, auf welcher die Herren von Holzgerlingen saßen; schon im Landbuch von 1623 erscheint solche als alter Burgstall. Ulrich Mayer von Wasseneck erhielt von Württemberg im Jahre 1412 die Burg pfandweise und kaufte solche 1420, November 18., von der Gräfin Henriette von Württemberg als Vormünderin ihrer beiden Söhne Ludwig und Ulrich, jedoch mit Vorbehalt der Losung (Steinhofer 2, 708). Als er ohne lehensfähige Erben starb, verlieh sie Württemberg an Wilhelm Zimmerer 1441 (Steinhofer 2, 823), von ihn gelangte| sie 1467 an Georg Zimmerer und nach dessen Tode verkaufte Graf Eberhard von Württemberg Kalteneck mit dem Wassergraben, Scheunen, zwei Gärten und dem Beholzungsrecht im Schönbuch an Claus Steinmarn von Jesingen, damals zu Holzgerlingen gesessen, für 100 fl. rhein. (Steinhofer 3, 493).

Gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts gehörte das, damals allen bürgerlichen Lasten unterworfene Schloß dem Oberstlieutenant von Mitschevall, welcher es 1744 an Bauern verkaufte. Ende desselben Jahrhunderts war Eigenthümer Hauptmann von Milkau, dessen Wittwe es 1802 an Christoph Künkele verkaufte. Die weitere Reihe der Besitzer ist: 1804 Gottfried von Stolterfoth, 1806 Ernst Carl Adolf von Kechler, 1816 Victor Heinrich Jäger, 1818 Georg Ferd. Aug. Gfrörer, 1821 Carl von Bühler, 1826 die Gemeinde, 1826 Hans Carl Gothelf von Könneritz, 1840 Eberh. Jonathan Knapp, 1845 Jak. Binder, 1849 dessen Sohn.

e) Der Schaichhof, eine 430 Morgen große königl. Hofdomaine mit 9 Einwohnern, liegt 1/2 Stunde von seinem Mutterort Holzgerlingen an der Böblingen–Tübinger Vicinalstraße. Das im modernen Styl erbaute, schön eingerichtete, zweistockige Wohnhaus mit einem Zwerghaus, auf dem ein Thürmchen sitzt, schließt im Verein mit 4 ansehnlichen Ökonomie- und Stall-Gebäuden den reinlich gepflasterten Hofraum ein und bildet mit den angrenzenden Gärten und Baumgütern, den freundlichen, auf dem Liasplateau hoch gelegenen Wohnsitz, von dem man eine ausgedehnte, liebliche Aussicht genießt. Laufende Brunnen fehlen und werden durch einen Pumpbrunnen, der im Hofraum steht, ersetzt. Ein kleiner Weiher liegt zunächst des Hofs und ein zweiter namhaft größerer etwa 100 Schritte östlich davon an der Straße nach Weil im Schönbuch. Die Feldgüter sind, mit Ausnahme einiger Gehänge gegen das Schaichthälchen, ziemlich eben und haben einen bald mehr, bald weniger mit Sand gemischten Thonboden, der von einem dichten Lehm (Letten) oder von Liaskalk unterlagert wird; im Allgemeinen gehört er zu den mittelguten Fruchtböden, demungeachtet wird durch zweckmäßige Bewirthschaftung der Ertrag der Felder sehr gesteigert. Das Gut wird nach dem System der Fruchtwechselwirthschaft, zu welchem Behuf das Feld in neun Schläge abgetheilt ist, von den Pächtern, Gebrüder Geyer, gemeinschaftlich bewirthschaftet. Von den Cerealien werden vorzugsweise Dinkel, Gerste, Hafer und Roggen gebaut und durchschnittlich 7 Scheffel Dinkel, 31/2 Scheffel Gerste und 41/2 Scheffel Hafer pr. Morgen eingeheimst. Etwa der sechste Theil des Ackerfeldes bleibt reine Brache, im übrigen Theile zieht man Flachs, Hanf, Kartoffeln, Runkeln, Kraut, Klee, Ackerbohnen, Erbsen,| Linsen und Wicken. In neuester Zeit sind Versuche mit frühem Welschkorn und Mohn gelungen; etwa 20 Morgen werden jährlich mit Kohlreps angeblümt. Die Wiesen sind mit geringer Ausnahme gut, die im Schaichthal gelegenen können bewässert werden; das Wässerungsrecht ist jedoch durch eine Mühle beschränkt. Die Ufer der Schaich sind mit Erlen besetzt, die in einem 20jährigen Umtrieb jährlich 8–10 Klafter Holz abwerfen. Was die Obstzucht betrifft, so befinden sich etwa 1000 Kern- und 400 Steinobst-Bäume auf dem Gute, von denen erstere im Jahre 1847 5000 Simri ertrugen. In neuester Zeit wurde von den Pächtern eine Baumschule angelegt. Mit Einschluß von 3 Fohlen werden gegenwärtig 10 Pferde und 75 Stück Rindvieh gehalten; die Pferde gehören dem besseren Landschlage an, das Rindvieh besteht aus einer Kreuzung von der Rigi, Allgäuer und Simmenthaler Race und nähert sich allmählig der letzteren. Man sieht mehr auf Milchnutzung als auf die Mastung, doch wird auch älteres Vieh, sowie solches, das zur Milchnutzung nicht taugt, gemästet und zum Verkauf gebracht. Aus der Milch von ungefähr 40 Kühen wird, so weit sie nicht für den Hausbedarf erforderlich ist, Käse bereitet und theils in der auf dem Hofe betriebenen Gastwirthschaft verwendet, theils bei lebhafter Nachfrage in der Umgegend abgesetzt. Etwa 150–200 Stück Schafe werden gehalten und auf dem Hof überwintert.

Der Schaichhof war Ende des vorigen und Anfangs dieses Jahrhunderts Eigenthum der Familie Eisenbach, später kam er an den Rechtsconsulenten Dr. Klotz und wurde von diesem 1824 an die königl. Hofdomainenkammer verkauft.