Beschreibung des Oberamts Laupheim/Burgrieden
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Auf einer von der nahe vorbeifließenden Roth östlich gelegenen Anhöhe, von der man eine reizende Aussicht in das angenehme Roth-Thal und gegen Nordwest in das Donau-Thal genießt, ist 1 Stunde östlich von Laupheim der große, unregelmäßig gebaute, übrigens freundliche Ort, ziemlich uneben gelegen. Die Gebäude sind im Allgemeinen gefällig, dagegen lassen die Ortsstraßen in Beziehung auf Reinlichkeit noch Manches zu wünschen übrig.
Am südöstlichen Ende des Dorfs steht ziemlich erhöht die Pfarrkirche zum heil. Albanus, mit ihrem hohen, weithin sichtbaren Thurme; derselbe hat sich noch von der früheren Kirche erhalten, ist viereckig, massiv erbaut, und hat in seinen untern Stockwerken einfache Schußscharten, während im obersten Stockwerke spitzbogige Schalllöcher angebracht sind. Auf letzterem sitzt ein Satteldach, an dessen Giebelseiten sich frühgermanische Verzierungen befinden. Das Langhaus wurde im Jahr 1740 an der Stelle des früheren in einem einfachen, modernen Style neu erbaut, wozu man Materialien einer im Walde, in der Nähe des Weihung-Thales abgebrochenen Kapelle benützte; dasselbe ist in den Jahren 1842/43 erweitert worden. Das Innere der Kirche ist freundlich, hell und mit Deckemalereien geziert.
Um die Kirche liegt der Begräbnißplatz, auf dem außer den| Ortseinwohnern auch die Filialisten, mit Ausnahme der von Hochstetten, beerdigt werden.Nördlich der Kirche steht das 1771 erbaute Pfarrhaus, welches im Jahr 1838 mit einem Aufwande von 716 fl. bedeutend verbessert wurde. Bei der Baulast desselben, sowie der Kirche sind die unten genannten Gutsherren, der Spital Biberach und als Nachfolger des Klosters Heggbach der Graf von Waldbott-Bassenheim betheiligt.
Das Schulhaus, in welchem sich auch die Wohnung des Lehrers und die Gelasse für den Gemeinderath befinden, wurde im Jahr 1844 erbaut. Auch ist ein Gemeindebackhaus vorhanden.
Außer zwei laufenden Brunnen im Ort liefern noch mehrere Pumpbrunnen gutes Trinkwasser im Überfluß.
Die im Allgemeinen gesunden und wohlgewachsenen Einwohner treiben meistens Feldbau und Viehzucht, auch beschäftigen sich viele durch Holzmachen in den Staats- und Spitalwaldungen. Außer kleinen Gewerben für den nöthigsten örtlichen Bedarf sind auch einige Schildwirthschaften mit Brauereien vorhanden, und außerhalb des Dorfs steht an der Roth eine Mühle mit drei Mahlgängen und einem Gerbgang. Zur Sicherung des Verkehrs sind Vicinalstraßen nach Achstetten, Roth und nach Laupheim angelegt.
Der Gemeindebezirk wird von dem Roth-Thale durchzogen, dessen beinahe 1/4 Stunde breite Thalebene man meist für den Wiesenbau benützt; die übrigen Feldgüter liegen theils an den unbeträchtlichen Thalgehängen, theils ziemlich eben auf den Anhöhen; der östliche Theil des verhältnißmäßig nicht großen Gemeindebezirks ist mit Wald bestockt.
Der Boden ist im Allgemeinen fruchtbar und besteht, namentlich in dem westlichen Theil des Gemeindebezirks, aus einem leichten Diluviallehm, während derselbe im östlichen Theile etwas thoniger und schwerer erscheint; in der Roththalebene dagegen tritt Moorgrund auf.
Das Klima ist ziemlich mild, jedoch etwas rauher als in den Donaugegenden.
Die Landwirthschaft wird im Allgemeinen gut betrieben; namentlich wirkt der Gastwirth Linder, der ein großes Gut und einen bedeutenden Viehstand nebst Käserei besitzt, durch seinen umsichtigen Betrieb vortheilhaft auf dieselbe ein. Zweckmäßige Neuerungen, wie die Einführung des Hohenheimer Pflugs, die Verbesserung der Düngerstätten, die fleißige Benützung der Jauche u. s. w. haben längst Eingang gefunden. Nach der Dreifelderwirthschaft baut man Dinkel, Roggen, Gerste, Hafer und Wicken, wobei ein | durchschnittlicher Ertrag von 71/2 Scheffel Dinkel, 21/2 Scheffel Roggen, 3 Scheffel Gerste und 4 Scheffel Hafer pr. Morgen erzielt wird. Dinkel und Wicken gerathen vorzugsweise. In der zur Hälfte angeblümten Brache kommen hauptsächlich Kartoffeln, Futterkräuter (dreiblättriger Klee) und viel Flachs zum Anbau; von Handelsgewächsen zieht man außer Flachs auch Reps und Hopfen. Die geringsten Preise eines Morgens Acker betragen 100 fl., die mittleren 150 fl. und die höchsten 250 fl. Die Getreidefrüchte werden größtentheils in die benachbarten Städte Ulm, Biberach und Laupheim abgesetzt.Die durchgängig zweimähdigen, übrigens nicht bewässerten Wiesen liefern etwa zur Hälfte ein sehr gutes Futter, und ertragen pr. Morgen 16 Centner Heu und 10 Centner Öhmd. Die Preise eines Morgens bewegen sich von 250 – 350 fl.
Die Obstzucht, welche sich meist mit den gewöhnlichen Kernobstsorten beschäftigt, ist im Zunehmen begriffen, außer den um den Ort liegenden Obstgärten sind noch die bedeutenderen Straßen mit Obstbäumen besetzt. Das Obst gedeiht gerne, und wird theils selbst verbraucht, theils verkauft. Obschon eine Baumschule besteht, werden immer noch Jungstämme von Außen bezogen.
Eigene Waldungen besitzt die Gemeinde nicht, indessen können die Ortseinwohner ihren Holzbedarf aus den nahe gelegenen Waldungen des Grafen v. Fugger und des Hospitals Biberach auf eine leichte Weise beziehen.
Die Gemeinde-Schafweide wird um jährliche 100 – 200 fl. verpachtet.
Die Rindviehzucht ist in gutem Zustande und wird durch zwei Schweizerfarren, welche die Gemeinde anschafft und gegen 30 fl. pr. Stück in Verpflegung giebt, immer noch verbessert. Mit Vieh wird Handel auf benachbarten Märkten getrieben. Nach der Ernte findet noch Viehaustrieb statt.
Pferde werden von gewöhnlichem Landschlag gezogen, übrigens ist die Zucht im Abnehmen begriffen, indem die Benützung der Pferde bei Bestellung des Feldes immer mehr abkommt und die Bespannung des Pflugs häufig mit Kühen geschieht. Mit Pferden wird einiger Handel nach Außen getrieben.
Schweine, häufig als Ferkel aus Bayern gekauft und auch selbst gezüchtet, werden viele gemästet, und theils zum eigenen Bedarf verwendet, theils verkauft; mit Geflügel (Gänse, Hühner, Enten) wird in die benachbarten Städte ein kleiner Handel unterhalten.
Über den Gemeinde- und Stiftungshaushalt s. Tab. III.
| Auf dem nahe bei dem Dorf gelegenen Weilerberg soll eine Burg gestanden sein.Von den mit eigener Markung versehenen Gemeinde-Parzellen ist
b. Bürg, ein aus einigen ansehnlichen, weit auseinander gebauten Häusern bestehender Weiler, an der Roth, 1/8 Stunde südwestlich von dem Mutterort und 3/4 Stunden südlich von Ober-Holzheim gelegen. Im Ort ist ein besonderer Lehrer aufgestellt, der in einem dem Hospital Biberach gehörigen Gebäude die Kinder der evangelischen Einwohner von Bürg und dem nahe gelegenen Hochstetten unterrichtet. Eine über die Roth angelegte, hölzerne Brücke und zwei Stege verbinden die beiden Ufer unter sich und mit dem Mutterort.
Auf der linken Seite der Roth steht zunächst am Ort ein künstlich aufgeworfener, etwa 40′ hoher Hügel, die Burg oder Bürg genannt, wovon nicht nur der Weiler selbst, sondern vermuthlich auch Burgrieden ihre Namen erhielten. Um den Hügel lief früher ein von der Roth gespeister Wassergraben, daher die daselbst befindlichen Wiesen noch heute die „Weiherwiesen“ genannt werden. Obgleich der obere Raum des Hügels ziemlich klein ist und durchaus keine Spuren von Mauerresten enthält, so scheint doch, nach den im Hügel häufig aufgefundenen Kohlen, Ziegelresten, Hufeisen, Gefäßefragmenten u. s. w., früher eine kleine Burg, oder, was wahrscheinlicher ist, ein Wachthurm daselbst gestanden zu haben.
c. Hochstetten, Weiler, liegt an den östlich geneigten Gehängen gegen das Roth-Thal, nur 1/8 Stunde von Bürg und 1/4 Stunde südwestlich von Burgrieden; der Ort ist weitläufig gebaut und der östliche Theil desselben mit Obstgärten umgeben.
Die natürlichen und die landwirthschaftlichen Verhältnisse sind, wie auch in Bürg, denen des Mutterorts gleich. Die evangelischen Ortseinwohner haben ihren Begräbnißplatz in Ober-Holzheim.
d. Der Weiler Holz-Mühle besteht aus einem ansehnlichen Hause und aus einer vier Mahlgänge (worunter ein Kunstgang) und einen Gerbgang enthaltenden Mühle, welche auf der Markung Ober-Holzheim an der Roth, 3/4 Stunden nordwestlich von Burgrieden, gelegen ist.
In früheren Zeiten war Burgrieden ganz oder theilweise Eigenthum der von Freiberg-Achstetten. Im Jahr 1453 kaufte der Spital zu Ulm von Hans Reyter, Burger zu Ulm, Leute und Güter zu Burgrieden, Bühl, Hochstetten, Roth und an ein paar andern Orten um 6800 fl.; Dorf und Weiler Burgrieden selbst, sowie auch Leute und Güter „zu den Burgkhofen“, Hochstetten | und Bühl wurden von den Hans Reyter’schen Erben im Jahr 1466 an den Spital Biberach verkauft. Derselbe sicherte sich hier im Jahr 1533 die maleficische Obrigkeit durch Übereinkunft mit den Herren von Fugger, und ertauschte im Jahr 1537 den hiesigen großen und kleinen Zehnten von Hans Simon von Stadion gegen die Pfarrei zu Hundersingen. Bis zum Jahr 1802 gehörte der Ort diesem Spital, sofern dieser die meisten gutsherrlichen Einkünfte besaß, und theilte in diesem Jahrhundert in Beziehung auf den Wechsel der Herren die Schicksale der übrigen Orte desselben.Im Mai 1420 übergaben die drei Brüder Eberhard, Wilhelm und Hans von Freiberg, den Plan ihres verstorbenen Bruders vollführend, dem Kloster Heggbach den Kirchensatz und die Kirche zu Burgrieden mit Widdum, Zehnten und sonstigen Zugehörungen (ausgenommen die Vogtei), welche Stiftung Pabst Martin V. dem Kloster Heggbach einverleibte. Solches besaß bis zu seiner Aufhebung das Patronatrecht und einen Bauernhof. Mit der Abtei Heggbach selbst gelangte deren hiesige Besitzung im Jahr 1803 an den Grafen Waldbott-Bassenheim.