Der grüne Esel
[97] Der grüne Esel.
Wie oft weiß nicht ein Narr durch thöricht Unternehmen
Viel tausend Thoren zu beschämen!
Neran, ein kluger Narr, färbt einen Esel grün,
Am Leibe grün, roth an den Beinen,
Er zieht, und jung und alt erscheinen.
Welch Wunder! rief die ganze Stadt,
Ein Esel, zeisiggrün! der rothe Füsse hat!
Das muß die Chronik einst den Enkeln noch erzählen,
Die Gassen wimmelten von Millionen Seelen;
Man hebt die Fenster aus, man deckt die Dächer ab;
Denn alles will den grünen Esel sehn,
Und alle konnten doch nicht mit dem Esel gehn.
Dem Esel mit Bewundrung nach.
Der Kranke selbst vergaß der Krankheit Plage,
Wenn man vom grünen Esel sprach.
Die Kinder in den Schlaf zu bringen,
Vom grünen Esel hört man singen,
Und so geräth das Kind in Schlaf.
Drey Tage waren kaum vergangen:
So war es um den Werth des armen Thiers geschehn,
Den grünen Esel mehr zu sehn.
[98] Und so bewundernswerth er anfangs allen schien:
So dacht itzt doch kein Mensch mit einer Sylb an ihn.
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Ein Ding mag noch so närrisch seyn,
Er sieht, und er erstaunt. Kein Kluger darf ihm wehren.
Drauf kömmt die Zeit, und denkt an ihre Pflicht;
Denn sie versteht die Kunst, die Narren zu bekehren,
Sie mögen wollen, oder nicht.