Die Ehre des Hertzogthums Crain - Band VI - Von der Istrianer Sprache / Sitten und Gewohnheiten
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SPrache der Histerreicher. Haar-Mode. Kleidung der Männer. Weibische Tracht. Ihre Wohnungen. Ihre Gewehr. Rede der Freywerber an die Eltern. Deß Braut-Vattern Antwort. Ihre Erscheinung / zum andern Mal. Wie er die abschlägige Antwort den Werbern vorher muß zu wissen thun. Wie er ihnen seine Bewilligung zu verstehen gibt. Die Verlöbniß. Wie der Bräutigam die Braut abholet. Sprachwechsel bey Ankunfft deß Bräutigams. Kurtzweilige Aufzüg vor Auslieferung der Braut. Die Braut wird von ihren Führern angelegt. Der Braut Krantz. Wie sie zur Copulation reiten. Die Braut und ihre Gefreündinnen zupffen dem Bräutigam nach der Copulation das Haar aus. Die Braut wirfft Brod aus. Sitz-Ordnung vor der Hochzeit-Tafel. Gesundheit-Trüncke. Höfliche Reden / der beyden Starashinen gegeneinander. Wie Braut und Bräutigam / von der Braut Eltern / den Segen empfangen. Zuruff der Umstehenden. Heimführung der Braut zu deß Bräutigams Hause. Der Braut wird ein Kuchen-Hadern gereicht. Wie es bey dem Nacht-Mahl zugehe. Gebratenes Huhn wird ihnen aufs Bette gebracht. Deß Staraschina Rede an das Wasser / zu welchem die Braut geführet wird. Selbigem [328] giebt er auch zu essen und zu trincken. Ihr Tantz. Garstige Zotten-Geschwätze der Alten. Der Bräutigam danckt der allzu langbleibenden Gesellschafft ab. Ihre Kirchweih-Täntze. Istrianische Oster-Fladen. Schneller Heimlauff aus der Kirchen. Hände-Waschen unter einem glühendem Feuer-Brande. Todten-Gespenst so das Blut aussaugen soll. Dem die Bauren einen Pfahl durch den Bauch schlagen. Wiewol es von der Obrigkeit gestrafft wird. Ein vor 15. Jahren geschehenes Exempel. Ein andres Exempel zu Lindar. Wie auch in einem Histerreichischem Dorff Venedischen Gebiets. Was davon zu halten. Woher der Name Strigon komme. Ovidii Beschreibung deß Vogel Strigis. Begrabener zu Eywanschitz / stehet allezeit wieder auf. Muß vom Hencker zerstückt werden. Begrabener zu Blow in Böhmen steht auf und bringt Leute um. Ein andres Exempel in Böhmen. Nordischer Held lässt sich lebendig / zu seinem verstorbenem Freunde / ins Grab versperren. Wie derselbe wieder heraus gekommen. Wie übel er im Grabe zugerichtet worden. Wie S. Benedictus etliche / aus dem Grabe wieder hervorgehende Weibs-Personen zur Ruhe gebracht haben soll. Denckwürdige Begebenheit / mit einem Jütländischem Kauffmann.
DAß die Istrianer (Istriane) oder Histerreicher / im fünfften Theil deß Landes Crain / seßhafft seyn / ist schon hiebevor / an seinem Ort / angedeutet: Allhie haben wir / von ihren Sitten und Gebräuchen / uns fürgenommen zu reden.
Sprache der Histerreicher. Diese Histerreicher / oder Istrianer / reden zweyerley Sprachen; als erstlich die Istrianische / so mit der Dalmatinischen übereinkommt; und hernach auch die Italiänische; aber schlecht.
Haar-Mode. Ihrem Haupt verstatten sie keine Locken; sondern schneiden das Haar ab / und lassen nur vorn / an beyden Seiten / über den Ohren / einen Zwickel sitzen. So hat man auch gar nicht Ursach / zu argwohnen / als ob sie / von den Langobardern / herstammeten: denn ihre kurtze Bärte zeugen fast augenscheinlich darwider.
Kleidung der Männer. Etliche setzen Hüte auf; Etliche nur kleine Hauben / oder Kappen / so von Filtz gemacht seynd. Vorn an den Hosen / tragen die Männer / wie einen grossen Beutel.
Weibische Tracht. Die Weiber tragen keine Petschen (oder Schleyer) auf dem Kopff; sondern umwickeln den Kopff / mit einem langen / aber gar artlich-gefaltenem / Leinwand-Tuch.
An stat der Schuhe / tragen meistentheils / sowol die Weiber / als Männer / Opanken / (Seynd Schuhe / so nur eine Solen haben / und mit einem Riemen oder Schnur an den Fuß fest gemacht werden; Sihe die Figur N. 37. gleichwie auch die Crabaten tragen) wie gegenwärtiges Kupffer davon ein Beyspiel / oder Muster / gibt.
Ihre Wohnungen. Sie hausen / in grossen Dörffern / auch der mehrer Theil in steinernen Wohn-Gebäuen: wiewol sie sich darinn ohne Oefen / und nur mit Kaminen / betragen.
Ihre Gewehr. Ihr tägliches Hand-Gewehr / ein solches nemlich / das sie täglich behändigen / und damit herum wandeln / ist ein Braduiza, insgemein Balcha genannt. Sonst aber pflegen sie sich auch / wider befahrende Anfeindung / mit Büchsen / oder Feur-Röhren / und Sebeln / oder Pallaschen zu bewehren.
Wer ihre Handthierung wissen will / der beliebe / in die Summarische Topographiam, (nemlich ins zweyte Buch dieses Wercks) einen Ruck-Blick zu thun. Denn ich mag dem Leser nichts wieder aufwärmen / noch / unnöthiger Weise / wiederholen. Hoffe aber / derselbe könne wolgefällig unterhalten werden / so man ihm die recht-artliche Hochzeit-Gebräuche / dieses Volcks zu lesen gibt. Welche folgender Beschaffenheit seynd.
Hat Einer ein verliebtes Auge / auf [329]
ein ehrliches Mägdlein / geworffen; so ersucht er Zween seiner Bluts- oder auch Muts-Freunden / daß sie zu deß Mägdleins / dem sein Hertz günstig / Eltern / oder Befreundte gehen / und bey denselben die Werbung thun mögen. Womit es aber gar förm- und feyerlich zugehet / und die Sache so zierlich angebracht wird / als man / von irgend einem Dorff-Cicerone, und gutem Ceremonien-Meister / immermehr könnte erwarten. Denn nachdem die zween Werber vorher ihre Ankunfft zu wissen gemacht / und der gelegenen Zeit sich erkündigt haben / erscheinen sie / vor der Haus-Thür: sintemal sie nicht hinein treten dörffen. Deß Mägdleins Vater und Mutter aber stehen in der Haus-Thür / um das Anbringen dieser Beyden daselbst anzuhören: von welchen sie ungefähr also angeredet werden.
Rede der Frey-Werber an die Eltern. „Wir seyn anhero kommen / euch zu berichten / daß wir vernommen / was ihr für eine gute / feine / vernünfftige / und häusliche Tochter habt; und daß das rühmliche Gerücht ihrer Tugenden unserem Befreundten N. N. zu Ohren gelangt: Welches Zweiffels ohn / nicht ohne Göttlichen Willen und Schickung / ihn / zu einer ehrlichen Liebe gegen ihr bewogen; also / daß er sie / zu einem ehelichen Weibe / wünschet und verlangt. Er ist ein guter gescheidter Mensch / von guten Leuten / gedultig / und sanfftmütig. Sie wird sich besser / und ruhiger / bey ihm / befinden / als bey einem Andren / und an Essen und Trincken keinen Mangel haben.“
Nachdem sie ausgeredt / gibt ihnen der / in aller Reputation und Gravitet zwischen der Haus-Thür stehende / Vater Folgendes zur Antwort:
Deß Braut Vatern Antwort. Ihr habt dieses zwar gar fein / und vernünfftig / angebracht: und dörffte dieses auch wol keine üble Sache seyn: Aber / für dißmal / weiß ich mich darüber annoch nicht / mit einer Antwort / zu erklähren; sondern werdet euch gedulden / biß über acht Tage. Unterdessen will ich das Mägdlein fragen / ob sie damit zu frieden / und Lust dazu habe?
Alsdann bedancken sie sich / und gehen davon. Ihre Erscheinung zum andren Mal. Nach Verfliessung genommener achttägigen Bedenck-Zeit / stellen sich diese Zween wieder ein / und zwar / wie zuvor / vor der Thür deß Hauses; und der Vater bleibt / wie vorhin / unter seiner Haus-Thür / stehen. Da dann Jene diesen fragen / Ob er sich nun habe besonnen? und begehren / er solle nunmehr sich / gegen ihnen / erklähren / ob er die Tochter geben wolle; damit sie die Schuhe (welches Compliment gewöhnlich dabey [330] gebraucht wird) nicht umsonst zerreissen mögen.
Darauf spricht der Vater: Ich habe die Sache noch nicht genug erwogen: über vierzehen Tage aber / will ich euch eine ausführliche Antwort ertheilen.
Damit bedancken sie sich abermal / und gehen wiederum ihres Wegs.
Wie er die abschlägige Antwort den Werbern vorher muß zu wissen thun. Daferrn nun der Vater / seine Tochter dem Freyer zu geben / nicht gemeynt ist; so muß er / innerhalb solcher vierzehen Tagen / zu diesen zweyen Werbern / einen Mann schicken / und ihnen sagen lassen / er könne dem Menschen sein Kind nicht geben: dann kommen selbige beyde Männer nicht wieder. Lässt er es aber nicht abschlagen / und schickt Niemanden deßwegen an sie; so kehren sie / nach gesetzter vierzehentägiger Frist / wieder ein.
Wie er ihnen seine Bewilligung zu verstehen gibt. Da lässt er sie dann alsobald ins Haus gehen: woselbst sie miteinander essen und trincken / und sich unterreden / wann sie das Versprechen (oder / wie mans in Teutschland / sonst auch nennet / Verlöbniß halten wollen / und der Hand-Streich geschehen solle; wieviel Personen man mit sich bringen müsse; und dergleichen.
Die Verlöbniß. Bey solchem Versprechen / (oder Hand-Streich) geben Braut und Bräutigam einander die Hand. Er gibt ihr auch einen Ring; empfähet aber hingegen / von ihr / keinen. Hernach küsset er sie / und beredet sich / mit ihr / wegen deß Tages / daran sie wollen ihre Hochzeit halten / und was er / seines Theils / ihr darzu für einen Beytrag thun werde: da er dann gemeinlich zwey Mernig oder einen halben Metzen (denn vier Mernig machen ungefähr einen Metzen) imgleichen einen Kastraun / oder Schöpfen / und ein Legel Weins / dazu steuret / nachdem sein Vermögen sich erstreckt.
Wie der Bräutigam die Braut abholet. Wann dann der Hochzeit-Tag erscheint; macht sich der Hochzeiter auf / samt einem Starashina, und einem Nastazhilo, oder Helffern deß Starashina, der ihm hilfft / den Hochzeit-Gästen zuzusprechen / mit einem Trunck. Denn solch einen Helffer / welcher die Hochzeit-Leute hilfft tractiren / nennet man / auf Istrianisch / Nastazhilo. Es begleiten ihn / neben dem / auch zween Brautführer / und andre geladne Gäste; jedoch kein Weibsbild. Insgemein pflegen sie alle miteinander zu reiten; und zwar gantz voran Einer / mit einem Ochsen-Horn; dergleichen man sonst / in diesem Lande / zum Jagen / an stat eines Jäger-Horns / gebraucht. Dasselbe Horn bläset er / und lässt sich eben soviel dabey duncken / als ob er den Einzug eines grossen Herrn / mit der Trompeten / verkündigte. Ihm folget Einer / mit einer grossen Fahn / darauf ein grosser Kolazh, und / oben auf der Spitze / ein angespisster Apffel / steckt. Sie ziehen alle / in Krabatischer Kleidung / daher. Hinten auf ihren Kappen (oder Hauben) sitzt ihnen eine Pfauen-Feder.
Der Bräutigam trägt ein Paar Schuhe / und Paar Strümpffe / wie auch einen roten Rock / oder Casacke / ohne Ermel / für die Braut. Hinten an selbigem Rock / (welchen man Jezherma nennet) hangt ein grosser langer Quast / oder Dollen / von Seiden und Bändern mancherley Farben gemacht.
Wann sie nun also angeritten kommen / vor das Haus / darinn die Braut ist; wünscht er / dem / welcher in der Thür steht / einen guten Morgen. Jener bedanckt sich / und sagt dazu: Wohinaus / guter Freund? Habt ihr der Strassen verfehlt? Hierauf antwortet der Starashina: Sprach-Wechsel bey Ankunfft deß Bräutigams. Nein! wir haben der Strassen nicht verfehlt. Wir haben gejagt / und den Sperber ausgelassen / nach einem Rebhun / welches uns entflohen ist / und zwar in dieses Haus. Wir bitten zum schönsten / daß ihr uns dasselbe heraus geben wollet. Denn ihr wisst je wol / daß dennoch das Wild dessen sey / der es auftreibt / und anfängt zu jagen; obschon hernach ein Andrer dasselbe fängt.
Der im Hause antwortet: Das ist wahr (ist schon recht) aber wir haben nicht gesehn. Ihr habt deß Wegs verfehlt / und seyd irr geritten: Es ist nichts hier.
Der Starashina versetzt: Ihr habt unsere Jagt (unser Gejagtes) hier; müsst es uns heraus geben.
Jener erwiedert: So steigt ab vom Pferde: Ich will euch Alles zeigen / was wir im Hause haben. Wann ihr aber nichts findet / so habt ihr gewiß deß Wegs verfehlt.
Alsdann steigen Alle vom Pferde / und geht der Starashina voraus / zu dem Thor (zu der Haus-Thür / meyne ich) so alsdann zugemacht ist. Kurtzweilige Aufzüge vor Ausliefferung der Braut. Der aber / so vorhin / in der Thür / gestanden / macht wieder auf / und praesentirt dem Starashina ein lumpicht-angelegtes / altes / garstigs Weib / welches den Kopff / mit einem alten Teppicht / behenckt hat; damit man ihr nicht könne ins Angesicht sehn. Oben auf dem Kopff / trägt sie [331] einen Reiter (oder Sieb) woferrn der Starashina dieselbe für die Braut ansiht; wie er zwar mehrmaln vermeynt / sie sey es / weil er ihr Antlitz nicht sehen kann: so behält er sie: biß man den Reiter / samt dem Teppicht / herunter thut / und er gewahr wird / daß es die Braut nicht sey. Alsdann zeucht der / so im Hause steht / den Starashina lange auf / mit Fopperey / vexirt ihn weitlich / und spricht / er habe nun sein gejagtes Feder-Spiel schon empfangen: und was er dergleichen mehr für Händel daher macht.
Ist es aber die Braut selbst / und der Starashina giebt sie wieder zuruck / weil er meynet / sie sey nicht die Braut / so darff er gleichfalls / für vexiren nicht sorgen: sondern sein Gegner / oder Correspondent / drinnen / hat seinen Spaß mit ihm / und zwar ebenfalls ziemlich lange. Man giebt sonst solcher verruntzelten / garstig und schlampicht-angelegten / Venerillen / noch wol andre mehr / mit also verdecktem Angesicht / hinaus: damit es desto mehr zu lachen gebe; und brauchen also diese lustige Bauersleute weder Englischer / noch Italiänischer / Komedianten / ein Freuden-Spiel / oder Mummerey / an ihren hochzeitlichen Freuden-Tagen / anzurichten: sondern wissen solches / mit dreyen Personen / anzustellen / und sich allemal / mit gleicher Erfindung / zu vergnügen / die / aus der Ungeschicklichkeit deß Alters / hervorgesucht / und doch / für ein Bauren-Gehirn / noch gut genug. Denn es scheint / die Darstellung eines häßlich-alten und garstigen Weibes / an stat der verlangten jungen Braut / geschehe darum / damit gleichsam der vorher-erblickte tunckle Schatten deß weiblichen Alters / ihm den endlich anbrechenden Morgen-Glantz / das ist / den Anblick seiner Braut / desto angenehmer und beliebter machen möge.
Braut wird / von ihren Führern / angelegt. Wenn nun denn ein Mal die rechte Braut ausgefolgt worden: so wird sie / von den Deueri, oder zween Brautführern / zuforderst hinter das Haus geführt: allda Einer ihr die Strümpffe / der Andre die Schuhe anlegt. Sie kleiden ihr gleichfalls einen Rock (Jezherma) an / und legen ihr eine weisse Petschen über den Kopff / so biß an den Mund herunter geht / und oben drauf einen Krantz / der so groß / als der Kopff ist.
Der Braut-Krantz. Solcher Krantz ist / aus Seiden / und Blumen / und allerley gefärbtem Papier / gemacht. Einen dergleichen trägt auch der Bräutigam / auf dem Hut. Hernach theilt die Braut Allen miteinander die Püschlein oder Sträußlein aus / so gleichfalls von Blumen / Seiden / und gefärbtem Papier zusammen gewunden seynd.
Hiemit setzen sie sich Alle zu Pferde / und reiten / in folgender Zug-Ordnung:
Wie sie zur Copulation reiten. Erstlich der Hornbläser / welcher mutig und tapffer drein bläset: Hernach der / so die Fahne trägt / und selbige immerfort herum schwingt: nechst dem / der Starashina, und Nastazhilo; und zwischen ihnen der Bräutigam. Darauf folget die Braut: welche / gleich den Männern / männlich (das ist / mit Beschreitung deß Pferdes) reitet; und zwar / zwischen denen zween Deueri, oder Brautführern: Alsdann die übrige Hochzeit-Leute / und zwar Alle / mit Sebeln / oder Palaschen / bewehrt. Es geschicht doch gleichwol auch nicht selten / daß sie alle miteinander zu Fuß gehen / und Niemand / ohn allein die Braut / reitet: welches recht artlich zu sehen. Und also werden die Verlobte / nach der Kirchen / zur Trauung / begleitet.
In der Kirchen / gehen sie zum Opffer; wie die Fiumaner / oder Liburner / bey Castua / und daherum / thun / als vorhin ist vermeldet worden.
Braut und ihre Gefreundinnen zupffen dem Bräutigam / nach der Copulation / das Haar aus. Sobald sie nun zusammen gegeben seynd; springt die Braut auf den Bräutigam zu / und fällt ihm ins Haar: deßgleichen thun auch die andre Weibsbilder / so mit der Braut befreundet seynd: sie stehen alle darnach / daß sie ihm mögen das Haar aus dem Kopffe zupffen. Hingegen beschirmet ihn der Starashina, soviel er kann / deckt ihm das Haupt / mit seinem Rock / und laufft also / mit ihm / zur Kirchen / hinaus. Die Weiber setzen nach / zupffen / rupffen / und rauffen ihm immerfort das Haar aus / soviel Ihrer Ihm nur können beykommen / und ihn erreichen: biß sie zur Kirchen hinaus gekommen: alsdann ist er frey / und darff ihm Keine mehr ins Haar greiffen.
Die Braut wirfft Brod aus. Sobald die Braut sich / ausser der Kirchen / befindt / wirfft sie ein Kolazh, so etwan drey oder vier Sold werth / von der Kirch-Thür / unter die Leute: bricht hernach auch etliche Kolazh, und wirfft gleichfalls die Stücker / unter den Hauffen / hin und wieder.
Ist die Pfarr-Kirche / darinn sie gecopulirt / in einer Stadt / oder Marckt; so sperrt der Thorwarter das Thor zu: da muß der Bräutigam ihm zween Groschen spendiren; daß er das Thor aufthue / [332] und sie auslasse. Damit reiten sie / in gleicher Ordnung / wie zuvor / wieder hin / nach der Braut ihrem Hause.
Sitz-Ordnung / an der Hochzeit-Tafel. Daselbst setzen sich die Hochzeit-Leute / an eine lange Tafel. Der Starashina sitzt oben an; zu seiner Rechten / die zween Deueri, oder Brautführer; und / zwischen denselben die Braut. Zur Lincken deß Starashina, hat seinen Sitz der Nastazhilo; neben ihm / der Hochzeiter; folgends / seine Leute; und sonst / an selbiger Seiten / gar kein Weibsbild / ohn allein die Braut. Aber unten / auf der andren Seiten / nemlich gegen über / sitzen der Braut ihre Leute / sowol Männer / als Weiber / und haben ihren eigenen Starashina.
Also sprechen sie den Schüsseln und Bechern / oder Gläsern / fleissig zu / trincken / sauffen / und fressen resolut drauf / und muß Einer dem Andren redlich Bescheid thun. Braut und Bräutigam / wie auch die beyde Deueri, trincken zwar / soviel ihnen beliebt: Doch müssen diese (nemlich die Deueri) dem Starashina, im Trincken Beystand leisten / und helffen: denn sie sauffen starck. Gesundheit-Trüncke. Der Obensitzende Starashina bringt dem andren / der unten sitzt / drey Gesundheiten. Wenn man aber ihm / dem obern Starashina, zum vierdten Mal das Geschirr mit Wein reicht / nimt er solches zwar an / und bringt es gleichfalls dem Untern Starashina zu; trinckt aber nur ein wenig davon / und überreicht den Rest dem untern oder einheimischen Starashina, (das ist / demjenigen / welcher / in der Braut ihrem Hause ist) mit diesem Compliment: Ich habe den Gewalt zuzutrincken / schon lange gnug gehabt; nunmehr überlasse ich denselben dem einheimischen oder Haus-Starashina. Nachdem also jetztgedachte drey Trüncke / so man die Ehren-Trüncke heisst / vorbey; hebt der Unter-Starashina allerley Gesundheiten an; winckt hernach über eine Weile / dem andren / und sagt: Ich mögte gern mit dir reden: aber deine Gäste seynd nicht still.
Gleich damit spricht der andre Staraschina gantz überlaut: No tihu nasi! das ist: Seyd still / ihr Unsrigen! Gleich also heisst auch der Untere die Seinige still zu schweigen. Worauf sie alle sämtlich still werden. Höfliche Reden der beyden Starashinen gegeneinander. Indem hiernechst der untere Starashina den Hut abziehen will (angemerckt / sie / in Hüten / zu Tische sitzen) so sagt / zu Ihm der Obere Starashina: Pokry rojo posteno glauo, postena usta gouore: das ist: Bedeck deinen ehrlichen Kopff: das ehrliche Maul redet. Alsdann thut der Untere Starashina eine lange Rede / schneidet mancherley Complimenten daher; bringt auch dabey Jenem indessen bald diese / bald jene Gesundheit mancher grossen Potentaten / und Herrn / sowol geistlicher / als weltlicher / zu.
Nachdem man nun Essens und Trinckens die Gnüge und Ersättigung bekommen; bittet der Starashina der Braut ihre Eltern / daß sie der Braut mögen den Segen geben. Wie Braut und Bräutigam / von der Braut Eltern / den Segen empfangen. Hierauf breiten sie / mitten in der Stuben / einen Teppicht / auf den Flez (das ist / auf den Boden) worauf Braut und Bräutigam also gegeneinander knien / daß Eines dem Andren ins Gesicht schauet. Auf einer Seiten / steht der Starashina; auf der andren aber / der Braut Vater und Mutter. Deß Bräutigams Vater aber (welches eine ungerereimte Weise ist) erscheint niemals bey der Hochzeit. Solchem nach hebt der Braut Vater an seinen Segen und spricht: Du / mein Sohn! und du / meine Tochter! Ich segne / und weissage euch / daß ihr werdet Kindes Kinder sehen / biß ins vierdte Glied.
Zuruff der Umstehenden. Die Umherstehende stimmen Alle mit zu / und ruffen: Nasimo bratezo, nase ne veste debe njem shitousako rodilo, angeli stahu. Amen! sa suahu amen! amen! Auf Teutsch: Unserm Bruder / unserer Braut / wird allerley Getreyde wol gerahten / Die Engel seynd aufgestanden (Amen) und haben geschrien / Amen! Amen!
Gleich damit hebt der Vater wiederum an / zu segnen / und spricht: Sie werden deß Getreydes soviel bekommen / daß es ihnen / an Raum und Platz / mangeln wird / solches aufzuheben. Darauf antwortet der gesamte Umstand / wie vorhin. Er fährt alsdann weiter fort / segnet ihnen den Weinwachs / das Rindvieh / die Bienen. Und ein Jedweder der Umstehenden schreyet das vorige Formular dazu.
Hiernechst ergreifft der Starashina einen Kolazh (oder runden Brod-Kuchen) und wirfft / oder schlägt solchen dem Bräutigam auf den Kopff / also daß derselbe zu kleinen Stücklein bricht / und redet diese Worte dabey: Usi dobri zhasi, oui naybolie. Das ist: Alle gute Zeit! diese gegenwärtige am besten! Alle so daneben stehen / schreyen dazu Amen! Amen! Und schlägt Jedweder den Andren / nemlich den / welcher ihm am nechsten [333] steht / mit einem Kolazh, auf den Kopff / gleich als wollte er ihm den Brod-Segen in den Kopff hinein schlagen.
Heimführung der Braut zu deß Bräutigams Hause. Nach Verrichtung sothaner wunderlichen Benediction / führet man die Braut / zu deß Bräutigams Hause. Jedoch gehet keiner von ihren Befreundten mit Ihr; sondern allein deß Bräutigams seine Leute. Wann sie nun / biß an das Haus gekommen / sagt der Starashina, vor der Haus-Thür / zu deß Bräutigams Mutter / oder / soferrn diese nicht mehr im Leben / oder auch sonst an der Gegenwart verhindert wird / zu einer Andren / die dabey ihre Stelle vertritt: Wir haben eine gute / fromme / und ehrliche Dirne[1] daher gebracht: wann ihr sie wollet annehmen; wird sie euch / im Hause / alle Dienste fleissig verrichten. Der Braut wird ein Kuchenhader gereicht. Da kommt denn deß Bräutigams Mutter heraus / mit einem garstigen Fetzen (Lumpen wollte ich sagen oder Abwisch-Hadern) dergleichen man in der Küchen zu brauchen pflegt / um das Geschirr damit zu wischen; und reicht solchen der Braut: welche denselben / bey einem Ende oder Zipffel / ergreifft: dahingegen die Mutter den andren in der Hand behält / und sie also ins Haus hinein führt.
Daselbst setzt sich die Braut / in der Stuben / nider / auf einem rauhen Stuhl / drauf ein rauher Peltz / und das rauhe heraus gekehrt / ligt. Alsdenn giebt man ihr ein kleines Büblein (Kolenzèz) in den Schoß. So thut sie dann / als ob sie selbigem Kinde die Brust gäbe / und es säugen wollte.
Bald darauf tritt ein Weib herzu / und stosst Ihr eine kleine / mit Honig bestrichene / Pogatschen ins Maul / welche man Jebazha nennet. Davon isset die Braut etwas Weniges; giebt hernach dem Bräutigam etwas davon ins Maul / und folgends auch denen andren Nebenstehenden davon zu essen.
Wie es alsdann bey dem Nachtmal zugehe. Hiernechst gehen sie zum Nachtmal; und bringt der Starashina dieses Hauses / dem rechten Starashina Eines zu; nemlich den Willkoin (oder / wie sie es heissen / den Dobradosliza.)
Demnechst stellet sich die Köchinn dar / mit einem Hafen oder Topff voll Weins / darein ungefähr eine Maß gehet / und bringt daraus dem rechten Starashina eins zu / auf Braut und Bräutigams Gesundheit. Auf selbige Gesundheit / muß ein Jeglicher den gantzen vollen Hafen austrincken.
Nach vollbrachtem Nacht-Mal / werden Braut und Bräutigam in eine Kammer gesperrt: darinn Eines dem Andren muß die Schuhe und Strümpffe abziehen. Womit sie sich alsdann schlaffen legen. Gebratenes Huhn wird ihnen aufs Bette gebracht. Uber eine Stunde hernach / bringt man ihnen eine gebratene Hänne aufs Bette / davon sie Beyde essen.
Zu Morgens aber giebt man der Braut (oder neuen Ehfrauen) einen Kehr-Besem in die Hand / daß sie das Haus auskehre: Und indem sie solches thut; wirfft deß Bräutigams Mutter ihr allerley Kehrich / oder Staub / und Unflat / vor / was sie schon hat ausgekehrt / und streuet solches hin und wieder: auf daß die Braut nur / mit dem Haus-kehren / desto mehr zu thun bekomme. Die Brautführer aber treten zu / und wehren der Mutter / fangen auch endlich dieselbe: damit die Braut könne die Stuben unverhindert ausfegen.
Nachmals rufft der Starashina alle Anwesende zusammen: da sie dann der Braut eine Brenta (oder Butten) auf den Buckel geben / auch Brod / Käse / und Wein mit sich nehmen / und also hingehen zum nechsten Wasser. Deß Staraschina Rede zu dem Wasser. Da der Staraschina das Wasser anredet / mit diesen Worten: Dobèr dan uoda jordana, koja se Korstila Boga nu Suetiga juana, je sem tebi perpelau leto neuestizo de bodesh ny uslusila nu njo zhisto ohranila. Welches die Teuschte Zunge also vorbringen würde: Guten Tag / du Wasser Jordan! der du GOtt / und den H. Johann / getaufft hast. Ich habe dir diese Braut zugeführt / daß du Sie bedienen sollt / und sie fein rein halten.
Welchem er zu essen und zu trincken giebt. Hiemit schneidet er etliche Stücklein Brods und Käse / wirfft solche ins Wasser; und geusst auch ein wenig Weins ins Wasser. Also giebt er dem Gewässer zu essen und zu trincken: das übrige isst und trinckt er selber / nebst denen / so um ihn herstehen. Welche hierauf / in der Braut ihren Hafen / Wasser giessen. Aber die Deueri, oder Brautführer wehren ihnen / und giessens aus; gehen also endlich hiemit ingesamt wieder heim.
Es sihet / als ob diß eine Nachaffung einiges alt-heidnischen Wasser-Opffers wäre. Konnte wol nicht schaden / daß irgend ein oder anderer Obrigkeitlicher Beamter dem ersten Erfinder solcher [334] aberglaubischen Narrethey die Ehre erwiesen / und etwan einen wackren Stab (ad imitationem deß Staraschina) ungefähr auch also angeredet hette: Guten Tag! du Stock! Ich habe dich anhero geführt / daß du diesem aberglaubigem Stockfisch den Staub so thörichter Phantaseyen ausklopffen / und ihm den Rock fein rein halten sollt. Dergleichen Stock-Begrüssung sollte auch noch wol heut / bey solchen Wasser-Ceremonien / sich nicht übel schicken: Allein es steht zu besorgen / die eigensinnige Leute würden ihnen ihren alten Gebrauch nicht ausklopffen lassen. Gebrauch ist der Bauren Gesetzgeber.
Ihr Tantz. Wann sie nun heimgelangt; so geht der Tantz an. Wobey nur der Bräutigam / und die Braut / und die Gesellen / tantzen. Zween und zween fassen jedweder den Zipffel eines Schweiß-Tüchleins / und halten / im tantzen / beyde denselben in Händen. Also hupffen sie dahin / nach dem Schall einer doppelten Pfeiffen / Uidalize genannt.
Indem die jungen Leute herum tantzen / sitzen der Starashina, der Nastazhilo, der Fahnenführer / und der Hornbläser / still / und schauen / in aller Erbarkeit / dem Reigen zu / als gleichsam Richter deß Tantzes.
Garstige Zotten-Geschwätze der Alten. Die andre Alten aber klagen Einer dem Andren / bald dieses / bald jenes / was sie gethan; bringen allerley garstige Zotten vor / so schlimm / als Einer mag ersinnen: worauf ihnen auch bißweilen eine garstige Buß auferlegt wird. An solchen schlampigten Unflätereyen / und satyrischen Reden / mit derer Erzehlung ich weder das Papier / noch dem Leser die Augen besudeln / noch die liebe Zeit verderben mag; sondern mich begnüge / zu sagen / daß sie gantz ungereimt und schändlich seyen / haben alsdann die Garst-Hämmel ihren grössesten Spaß / Ergetzung / und Gelächter. Wie dann solche liederliche Fatz-Narren-Possen / welche Niemanden übler / als alten Leuten / die sich der Ernsthafftigkeit und Erbarkeit / oder eines unärgerlichen Schertzes / befleissen sollten / anstehen / zu nichts anders nütz / als zur Reitzung eines groben und unverschämten Gelächters. Dieses Wesen treiben sie also drey / oder vier Tage lang / und auch bißweilen wol noch länger.
Der Bräutigam dankt der allzulangbleibenden Gesellschafft ab. Wann nun der Bräutigam Ihrer schon satt ist / und sie aus dem Hause wünscht; giebt er Jedwedem einen Kolatsch / bedanckt sich für die Ehre / daß sie seine Gäste gewesen / und bittet / sie mögen / für dißmal / so vor lieb nehmen. Wann er ihnen nicht also Urlaub und zu verstehn gäbe / daß er Ihrer gnug habe; würde Keiner / von sich selbsten / hinweggehen.
Imfall aber ein Witwer / oder eine Witwe / Hochzeit hält; kommen alte und junge Leute / auch so gar die Kinder / bey Nacht / vor das Haus / und machen ihm eine Music von allerley Klapperwerck; setzen auch keine Nacht aus / biß er ihnen einen guten Trunck spendirt: wie auch / in denen vorigen Theilen deß Landes / gebräuchlich ist. Woferrn sich Einer aber / mit ihnen zu vergleichen / allzu lange verzeucht: so dörffen sie ihm sicher soviel / als um drey Kronen werth nehmen / was sie wollen: denn / daß sie ihn / biß auf soviel pfänden / ist schon also erkannt.
Bey ihren Kirchweihen / setzt es gemeinlich grosse Rauff-Händel: weßwegen allstets zwölff oder funffzehen wolbewehrte Soldaten / sie im Zaum zu halten / oder voneinander zu bringen bestellt werden.
Ihre Kirchweih-Täntze. Es wird auch dabey getantzt. Der erste Tantz gehört dem Supan (oder Schultheissen) und denselben verkaufft er / um drey Liber (welche 40. Kreutzer machen.) Das Spielwerck / so dabey gebraucht wird / ist eine Rosheniza (oder Schalmey) imgleichen eine Vidalize, das ist / eine doppelte Pfeiffe.
Istrianische Oster-Fladen. In den Ostern / machen die Histrianer und auch (wie im Buch von der Religion soll erzehlt werden) die Einwohner der andren Fünfftheile dieses Landes / grosse Pogatschen von einem Mernig Weitzen. Solche Pogatsche wird zwar nicht hoch; aber hingegen gar breit / und ungesäurt; auch in keinem Ofen gebacken; sondern auf glühende Kohlen gelegt / und nachdem es darauf gar gebacken / herausgenommen. Das / was etwan daran verbrannt ist / schabt man ab / mit einem Messer. Sie machen gleichfalls ein Presènz, wie im Ober- und Unter-Crain / und ein Lämmlein: welches auch der ärmste zu der Weihe tragen muß.
Etliche füllen ihre Hosen / mit Hirs / und gehen also in die Kirche / in Hoffnung / dadurch viel Hirses / das Jahr über / zu bekommen.
Schneller Heimlauff aus der Kirchen. Nachdem das Brod und Fleisch geweihet ist / lauffen sie Alle nach Hause / [335] so streng und eilig / als ihnen möglich: Und ist solches Lauffen / im gantzen Lande / gebräuchlich.
Bey ihren Leich-Begängnissen / ist dieses absonderlich zu mercken / daß / wann die / so mit der Leiche gegangen / von der Begräbniß zurück / und in die Stube kommen / alsdann ein altes Weib einen glühenden Feuerbrand Hände-Waschen / unter einem glühendem Feuer-Brande. (gorezha glaunia) nimt / und allgemach Wasser drauf giesst. Die / welche der Begräbniß beygewohnt / halten ihre Hände darunter / und waschen sich / in diesem / ihnen von dem Brande gantz warm auf die Hände rinnendem / Wasser. Hernach setzen sie sich zur Tafel / greiffen wacker zur Schüssel / und zum Glase.
Todten-Gespenst / so das Blut aussaugen soll. Das Land- und Bauers-Volck in Isterreich glaubt gar fest / es gebe gewisse Zaubrer und Hexenmeister / welche den Kindern das Blut aussaugen. Einen solchen Blut-Aussauger nennen sie Strigon, imgleichen auch Vedarèz. Wann nun solcher Strigon einmal verreckt; so halten sie dafür / er gehe / gegen Mitternacht / im Dorff / herum / klopffe und schlage an die Häuser; und / aus selbigem Hause / da er angeklopfft / werde / in den Tagen / Einer sterben. Und so alsdenn Jemand daraus stirbt / sprechen die Bauren / der Strigon hat ihn gefressen.
Was noch mehr ist / so glauben auch diese viel-glaubende Bauren / daß solche umgehende Strigons ihnen / bey nächtlicher Weile / ihre Weiber bekriechen / und würcklich beschlaffen / wiewol kein einiges Wort dabey reden. Ich besorge aber / daß auch offt wol die Witwen / zumal wann sie noch jung und schön seynd / von recht fleischlichen Geistern / recht würcklich und wachsamlich beschlaffen werden. Also seynd sie der gäntzlichen Meynung / es werde ihnen diß Gespenst keine Ruhe lassen / bevor sie ihm einen Pfahl von Dorn-Holtz durch den Leib schlagen.
Deßwegen gehen auch der Behertzesten Etliche hin / solches zu verrichten / und zwar / allemal / nach Mitternacht: weil sie glauben / er befinde sich / vor Mitternacht / nicht im Grabe / sondern gehe alsdann herum. Dem die Bauren einen Pfahl durch den Bauch schlagen. So öffnen sie dann das Grab / und stossen / oder schlagen ihm einen Pfahl / der eine Faust- oder kleinen Arm dick ist / durch den Bauch / und schänden ihn häßlich aus. Darauf rinnt Blut hervor / der Leichnam krümmt und bieget sich auch / als ob er lebte / und den Schmertzen empfünde. Alsdenn verschütten sie das Grab wiederum mit Erden / und gehen ihres Weges.
Solche Verfahrung / mit Eröffnung deß Grabes / und Durchpfählung deß todten Körpers / ist / unter den Istrianern / auf dem Lande / nemlich bey den Bauren / sehr gemein. Wiewol es die Obrigkeit strafft. Denn obgleich die Obrigkeit / wann es auskommt / mit harter Straffe dawider eyfert / weil es dem Glauben entgegen ist: geschichts nichts destoweniger gar offt.
Ein vor 15. Jahren geschehenes Exempel. Im 1672ten Jahr hat man gleichfalls / zu Khring in Isterreich / dem begrabenen Leichnam deß Giure Grando einen Pfahl durch den Leib zu treiben / sich bemühet; weil aber der Pfahl in den Leib nicht hineindringen wollen / ihm den Kopff abgeschnitten. Solches verwegenen Stückleins haben sich Ihrer Etliche unterfangen: nemlich der Micolo Nyena, der Stipan Milasich, der Miho Radetich, Mattio Chericatin, Nicolo Macina, Jure Macina, Juira Sorsich, Martino Udoreicich, und Micula Crairaer. Dem ersten aber ist das Hertz entfallen / also / daß er / den todten Körper anzugreiffen / allzu verzagt worden. Worauf sich der Andre drüber hergemacht / und den Kopff herabgeschnitten; und der Dritte das Krucifix dabey gehalten. Wie dann diese alle drey noch am Leben seynd. Wovon wir unten / in dem Buch / darinn von den Crainerischen Städten / gehandelt wird / einen umständlichern Bericht / bey Beschreibung deß Marckts Kreinck / thun wollen: weil sich unterschiedliche sehr merckwürdige Sachen dabey ereignet haben / die wir allhie auslassen / und an diesem Ort nur den Handel bloß berühren.
Ein andres Exempel zu Lindar. Vor wenig Jahren / ist dergleichen geschehen / zu Lindar / und auch neulich erst / vor gleichfalls kurtzer Zeit / in einem Isterreichischem Dorff / wiewol Venetianischen Gebiets. Wie auch in einem Histerreichischem Dorff Venedischen Gebiets. Massen mir / im Jenner 1687ten Jahrs / eine fürnehme / und glaubwürdige Person zugeschrieben / daß / in jetztbemeldtem Venedisch-Histerreichischem Dorff / die Bauren / bey der Nacht / ein Grab aufgemacht / und dem Todten einen Pfahl durch den Leib gejagt.
Was davon zu halten. Daß aber / aus sothanem todtem Körper / Blut zu fliessen scheint / ist eine blosse Augen-Verblendung / womit der Satan solche aberglaubige Leute narret. Daß das Gespenst herum gehet / und an das Haus klopffet / aus welchem Einer bald sterben soll / widerfährt ihnen ihres Aberglaubens halben: denn wie sie glauben / so geschicht ihnen. Und daß es / nachdem man den Körper / mit einem Pfahl / [336] durchgebohrt / sich hernach nicht mehr sehen lässt / haben sie keines wegs dem Pfahl zu dancken: sondern der arglistige Geist stellet sich mit Fleiß so / als ob ihm dadurch die Wiederkunfft abgeschnitten wäre; damit er sie nur immer tieffer / in solchen Aberglauben / verführe. Daß er auch die Weiber beschläfft / bekommt er desto leichter Macht und Verhengniß / je weiter die Weiber beydes in der Furcht / und im Aberglauben / den Männern vorgehen.
Hievon behandelt der Rabbi Iisaschar, in seiner gelehrten und leswürdigen Kabala denudata, eine leswürdige Frage / quare mulieres potiùs inclinent ad fascina, & incantationes, quàm viri.[2]
Woher der Name Strigon komme. [Es hat das Ansehn / der Nam Strigon, welchen die Istrianer den boshafften Hexen-Unziefer zugeeignet / so den Kindern das Blut aussauget / komme her von dem Lateinischen Wort / Strix: womit die heidnische Römer einen Nacht-Vogel / nemlich den Uhu / so den Kindern / oder Kinds-Ammen die Milch / oder auch das Blut / aussaugen sollte / sowol / als eine sothane Hexe / benannten / welche / gleich solchem Vogel / die Kinder und Ammen aussaugte.
Selbige Nacht-Vögel meynet der Poet Ovidius, in diesen seinen Versen: Ovidii Beschreibung deß Vogels Strigis.
Sunt avidae volucres, non quae Phineia mensis
Guttura fraudabant; sed genus inde trahunt.
Grande caput, stantes oculi, rostra apta rapinae,
Canities pennis, unguibus hamusin est.
Nocte volant, puerosq, petunt nutricis egentes,
Et vitiant cunis corpora rapta suis.
Carpere dicuntur lactentia viscera matris,
Et plenum poto sanguine guttur habent.
Est illis strigibus nomen: sed nominis hujus
Causa, quod horrendâ stridere nocte solent.[3]
Die Meynung ist diese: daß es fressige Vögel gebe / so zwar nicht die Harpyen seynd / doch gleichwol ein von ihnen herkommendes Geschlecht. Dieselbe haben einen grossen Kopff / weit hervorstehende / und starrende / Augen. Der Schnabel ist / zur Erschnappung deß Raubes / recht bequem. Ihre Federn seynd grau; die Klauen krumm / und mit langen Nägeln geschärfft; fliegen / bey Nacht / umher / fallen auf die saugende Kinder / raffen dieselbe aus der Wiegen hinweg / und verderben sie / indem sie ihnen das Blut austrincken. Er beschreibt hiemit anderst keinen Vogel / als die Nacht-Eule.
Plinius[4] hält es / für ein Mährlein / daß solche Vögel den Kindern die Brüste / oder auch den Ziegen die Milch / aussaugen sollten. Gleichwie es auch der Schwenckfeld / und Licentiat Garmannus[5] eben so wenig gläuben wollen.
Daß sie aber den Ziegen die Milch abtrincken / achtet P. Schottus, für keine Unwarheit[6] und Doctor Frommannus vermeynt / daß sie eben sowol / bey antreffender Gelegenheit / dem Kinder-Blut nachtrachten mögen.[7] So findt man auch / beym Bartholino, ein Exempel / daß drey Kinder / so in einer Kammer gelegen / von einem solchen Vogel / besogen worden.[8] Welches aber besagter Garmannus, für Hexenwerck / ansihet.
Nach solchem Vogel nun / hat man diejenigen Hexen / von welchen man glaubte / daß sie den Kindern das Blut aussaugten / gleichfalls Striges genannt; nachdem man sie / vor noch älterer Zeit / volaticas, die fliegende / geheissen: weil man nemlich / auch vor Alters / schon dafür gehalten / daß die Truden den Kindern das Blut aussaugten. Massen Marsilius Ficinus solches / in diesen Zeilen / bezeuget: Communis quaedam & verus est opinio, aniculas quasdam Sagas (quae & striges vulgari nomine vocantur,) Infantium sugere sanguinem, quò pro viribus rejuvenescant.[9]
Es treibt aber der Satan seine Buben- und Mord-Stücke / mit den begrabenen Todten-Körpern / nicht nur in Histerreich allein / sondern hat dergleichen auch / mehrer Orten / gespielt.
Begrabener zu Eywanschitz / stehet allezeit wieder auf. Martinus Zeiler erzehlt / in seinen Traur-Geschichten / daß ihn / im Jahr [337] 1617. und 1618. zu Eywanschitz / in Mähren / einige erbare und wolbeglaubte Bürger / zu etlichen malen / berichtet haben / es wäre daselbst / vor etlichen Jahren / ein Bürger / welchen männiglich für einen ehrlichen Biedermann angesehn / auf dem Gottes-Acker / oder Kirchhofe selbiger Stadt / begraben; aber hernach allezeit / bey der Nacht / aus dem Grabe wieder hervorgekommen / und mancher Mensch / von ihm erwürgt worden. Dieser unruhige Todte hat allemal seinen Sterbkittel / bey dem Grabe / zurück- und ligen lassen / und denselben / wann er wieder in sein Grab gestiegen / sich nider zu legen / wiederum angezogen. Nachdem aber einsmals die Wächter auf dem Kirchthurn / ihn erblickt hatten / daß er aus dem Grabe heraus- und umher ginge; lieffen sie eilends hinunter / und trugen ihm den Sterbkittel davon. Als er nun / nach Verrichtung seiner Gänge / wieder zum Grabe kehrend / seinen Kittel nicht angetroffen; hat er ihnen zugeruffen / sie sollten ihm denselben wiedergeben / oder gewärtig seyn / daß er ihnen Allen die Hälse bräche. Worüber sie dermassen erschrocken / daß sie ihm denselben gleich alsobald hinab geworffen.
Muß vom Hencker zerstücket werden. Aber weil er viel Unglücks / auf seiner Nacht-Wanderschafft / stifftete: musste der Hencker ihn endlich ausgraben / und in Stücken hauen. Worauf man Ruhe für ihm gehabt / und weiter nichts gespührt. Der Scharffrichter zoch ihm einen langen grossen Schleyer aus dem Maul hervor / den er seinem / neben ihm begrabenem / Weibe / vom Kopff hinweggenagt hatte. Welchen der Hencker dem Volck zeigete / und rieff: Schaut! wie der Schelm so geitzig gewest! Nachdem man ihn aus dem Grabe genommen / hat er angefangen / zu reden / und gesagt: Ihr habt es jetzo eben recht getroffen! denn weil nunmehr mein auch verstorbenes Weib zu mir gelegt ist; wollten wir Beyde sonst die halbe Stadt umgebracht haben.[10]
Man findet auch / bey dem alten Böhmischen Chronisten / Hagecio, diese folgende zween abentheurliche Fälle.
Begrabener zu Blovv in Böhmen steht auf und bringt Leute um. Im Jahr 1337. hat man / in dem Böhmischen Dorff / Blow, eine Meil von der Stadt Cadan / einen Vieh-Hirten begraben: welcher / alle Nächte / hernach aufgestanden / und die Dörffer durchwandlend / denen begegnenden Leuten grossen Schrecken eingestürtzt / auch / mit ihnen / geredet / nicht anderst / als ob er noch im Leben wäre. Ja! er hat es / bey blosser Erschreckung / nicht beruhen lassen; sondern auch Ihrer etlichen gar den Hals gebrochen. Und welchen er / bey Namen / genannt / der ist acht Tage hernach / gestorben.
Solchem Unheil zu steuren / haben ihm die Nachbarn einen Pfahl / durch den Leib / schlagen lassen. Darüber er aber nur gelacht / gespöttelt / und gesprochen: Ihr meynt Wunder! was ihr mir für einen gewaltigen Possen gerissen / indem ihr mir einen Stecken gereicht / womit ich mich desto besser der Hunde erwehren kann. Es haben ihn aber zuletzt zween Hencker verbrannt: dabey er dann allerley Possen getrieben / und die Füsse nach sich gezogen / auch bald / wie ein Ochs / gebrüllt / bald / wie ein Esel / geschrien. Und / als ihm einer von den Henckern einen Stich in die Seiten gab; floß das Blut häuffig heraus. Damit hat das Ubel ein Ende genommen.
Der Author / nemlich gedachter Hagec / berufft sich / auf die Chronic deß Klosters Opatowitz / darinn er solche Geschichte gefunden.[11]
Ein andres Exempel in Böhmen. Noch ein andres Beyspiel giebt eben dieser Böhmische Geschichtschreiber; nemlich dieses. Als man zehlte 1345 / verreckte / in dem Böhmischen Städtlein Levin, eines Hafners (oder Töpffers) Weib; welches Jedermann für eine Ertz-Zauberinn hielt: und starb urplötzlich dahin: dannenhero die Bürger glaubten / der Teufel hette sie / indem sie die Geister beschworen / erwürgt: ausser welcher Zuvorkunfft deß höllischen Würgers / sie / mit nechstem / auf einem flammendem Holtzstoß / ihr Grab gefunden hette.
Weil sie nun / in und unter einem so saubren Credit / verblasst war: ward sie / auf einem Scheidewege / begraben; ist aber hernach vielen Leuten / in mancherley / und unter andren / in Viehes Gestalt / erschienen / auch Einer und Andrer / von ihr / ums Leben gebracht worden. Darum man / weiteren Unglück vorzukommen / den Körper aufgegraben / und wahrgenommen / daß sie / unter der Erden / ihren Schleyer schon halb gefressen: welcher gantz blutig war / als man ihr denselben / aus dem Rachen / gezogen. [338] Aber solches Blut floß noch viel häuffiger von ihr / als man ihr einen eychenen Pfahl / durch den Leib / schlug.
Nachdem sie / also durchpfählt / wieder eingescharrt worden / hat sie den Pfahl heraus gerissen / und noch mehr Leute ermordet / weder vorhin. Wodurch man bewogen worden / den Körper wieder auszugraben / und samt dem Pfahl zu verbrennen / die Asche aber / samt dem Erdreich / ins Grab zu streuen. An der Stäte / da der Körper verbrannt worden / hat man / etliche Tage über / einen Würbel-Wind / sonst aber hernach / von ihr / weiter nichts / gesehen / noch einige Anfechtung erlitten.[12]
In den Miscellaneis Patris Balbini, wird gedacht / daß / im Jahr 1567. zu Trutnau / in Böhmen / ein Bürger / und reicher Geitzhals / Namens Stephan Huber / nach seinem Tode / ebenfalls viel Leute erdruckt und umgebracht. Denselben hat man gleichfalls aufgegraben / den Körper gantz fett / und gesunder Farbe / befunden; aber ihm den Kopff abgehauen. Da dann der Rumpff viel Bluts von sich gestürtzt. Hernach hat er die Leute ungeplagt / und sich nicht mehr blicken lassen.[13]
Daß man solche Körper / damit der Satan dergleichen Händel getrieben / mit einem Pfahl durchgegraben / auf daß man / für ihnen / mögte Ruhe haben / ist eine uralte / und wie mich dunckt / aus dem Heidenthum herrührende / Weise. Saxo Grammaticus schreibt / es hetten zween hertz-vertraute / wiewol heidnische / Freunde / Assuit und Asmund / sich gegeneinander eydlich verlobt / daß / welcher von ihnen Beyden den Andren überlebte / derselbe sich / mit dem Gestorbenem / lebendig sollte begraben lassen. Nordischer Held lässt sich lebendig / zu seinem verstorbenem Freunde / ins Grab versperren. Nachdem nun hernach der Assuit / am ersten / und zwar natürliches Todes / gestorben / hat der Asmund sich / aus Freundschafft- und Eydes-Pflicht / seinem heidnischen Wahn nach / verbunden geschätzt / sein Versprechen zu erfüllen / und sich demnach / mit deß Assuits Leichnam / in eine Höle / oder weite Grube / darein man den verblichenen Körper / samt dessen Hunde / und Pferde gebracht hatte / lebendig verschlossen; jedoch / ehe denn man die Spelunck hinter ihm zugemacht / ziemlich-viel Speise zuvor mit sich hinein genommen: auf daß er / eine lange Zeit / davon mögte zu leben haben.
Wie derselbe wieder herausgekommen. Es begiebt sich aber endlich / daß einsmals König Erich daselbst / mit dem Kriegsheer / vorbey marchirend / die Vermutung bekommen / es dörffte allda ein Schatz vergraben ligen: weßwegen er diese deß Assuits Grab-Höle öffnen / und den / noch lebenden / Asmund wieder heraus / ans Licht / führen lässt. Welcher nunmehr gar wühst / häß- und abscheulich anzusehen / und mit Eyter und Blut / beflossen war. Denn / wie er erzehlte / so war der Assuit / bey Nacht-Zeiten / wieder aufgelebt / hatte ihn / den Asmund / angefallen / mit ihm gerungen / und ihm das lincke Ohr herabgerissen. Immassen dieser / als der König gefragt / woher er die Wunde bekommen hette? demselben / in alt Gothischer Sprache / dasjenige / was in folgenden Lateinischen Zeilen ist enthalten / zur Antwort gegeben.
Quid stupetis, qui relictum me colore cernitis?
Obsolescit nempe vivus omnis inter mortuos.
Nescio quo stygii numinis ausu
Missus ab inferis spiritus Assuiti
Savis alipedem dentibus edit,
Infandoq. canem praebuit ori.
Nec contentus equi, velcanis, esu,
Mox in me rapidos transtulit ungues,
Discissâq. genâ sustulit aurem.
Hinc laceri vultus horret imago,
Emicat inquè fero vulnere sanguis.
Haud impunè tamen monstriser egit:
Nam ferro secui mox caput ejus,
Perfodiq. nocens stipite corpus.
Dem Teutschen Leser zu Liebe / will ich solches / in folgende Teutsche Reimen / verwandeln.
Was steht ihr so bestürtzt / daß ich so mißgefärbet /
vor euren Augen / bin: Wer seinen Aufenthalt
Lebendig hat / bey dem / den die Verwesung kerbet /
der wird so greulich-wüst / so rauh und ungestalt.
Wie übel er im Grabe zugerichtet worden. Assuitens Geist ist / aus dem Schatten-Schlund erlassen;
was für ein Höllen-Götz es auch verschaffet hat.
Er kam herauf. Sein Maul / und grimme Zähne frassen
das Roß / und auch den Hund: war doch damit nicht satt:
Er warff / gleich einem Wolf’ / auch mir die scharffe Klauen
ins Angesicht. Er riß die Backen mir entzwey /
Dazu das Ohr herab. Davon ist jetzt zu schauen
[339] mein Antlitz so zerritzt / und eurer Augen Scheu.
Da rühret her diß Blut! Doch ging ungenossen
dem Ungeheur nicht hin. Ich griff zu meinem Schwert /
Und spaltet’ ihm den Kopff: und hab’ auch durchgestossen /
mit einem Pfahl / den Leib / der meinen hat versehrt.
Diese Abentheuer / dergleichen Saxo sonst noch wol etliche mehr hat aufgezeichnet / sihet zwar / etlichen Umständen nach / einer Fabel in etwas gleich; doch / in etlichen / auch der Warheit ähnlich; nemlich in so weit / daß man vielleicht deß Asmunds / oder eines andren Verstorbenen / todten Körper / bald nach dessen Beysetzung / und zwar vor einiger Verwesung desselben / wieder gefunden / von einem unterirdischen Grab-Gespenst / so übel tractirt / wie oben berichtet worden. Welches man nachmals mit Zusätzen / vermehrt hat. Wiewol es dennoch auch so gar unglaublich nicht / daß sich der Asmund / zu dem todtem Assuit / lebendig habe einsperren lassen: angemerckt / bey den alten Nord-Völckern gar bräuchlich gewest / daß gute Freunde sich zusammen vereinigt und verbunden / miteinander zu sterben / oder lebendig mit dem Verstorbenem / ins Grab zu gehen. Es kann der Asmund vielleicht / durch einige verborgene Ritzen / etwas Lufft / und von den mit sich genommen Victualien / Nahrung und Unterhalt seines Lebens genossen; inzwischen aber / von dem Gespenste / Noth gelitten haben: Oder es mag auch wol der Asmund vorlängst schon erstickt gewesen / der Teufel aber / in seiner Gestalt / nemlich mit deß Asmunds todtem Leichnam umgeben / dem König Erich erschienen seyn.
Ob nun solches zwar gantz ungewiß / und gar nicht unbetrieglich ist: spühret man dennoch so viel daraus / daß es schon damals üblich gewest / den Todten-Gespenstern ihren angenommenen Leib / mit einem Pfahl / durchzustossen.
Die Ursach / warum die Körper der Hexen bißweilen also aus dem Grabe hervor- und herumgehen / und die Leute beschädigen / wird unterschiedlich beurtheilet: Indem Etliche / darunter obbenannter P. Balbinus befindlich ist / vermeynen / es geschehe darum / weil die Hexerey dem Allmächtigen so verhasst ist / daß er nicht nur die Seele derer Hexen (welche ungestrafft dahin sterben) dort mit hellischem / sondern auch den Leib derselben allhie / mit elementarischem Feuer / wolle verbrannt wissen.
Aber solche Meynung ist voll Ungewißheit. Denn es sterben viel Zauberer und Unholden / natürliches Todes; und kommen doch die Wenigsten derselben also / aus dem Grabe / wieder hervor. Scheint derhalben / der Satan bekomme die Zulassung / solche Bosheit und Mörderey / mit dem angelegtem Balg einer verreckten Zauberinn / zu treiben / zur Straffe mancher abergläubischer Leute (wie auch deß Herrn Haupt-Authoris Meynung dahin sich neiget) die / mit keinem festen Vertrauen auf GOtt / gerüstet / oder auch wol bißweilen allzuhurtig seynd / auf dieses oder jenes Weib einen ungegründten Verdacht der Zauberey zu werffen. Denn weil der Satan ein Verleumder ist / sucht er hiedurch sowol die Unschuldige als Schuldige / auch nach ihrem Tode / an ihren Leumut zu verletzen / und sie / noch unter dem Bodem / mit der härtesten Schmach anzugreiffen: damit er / zwischen den Verwandten / und solchen Leuten welche viel davon reden / und auch wol begehren / daß man sothanen Körper aufgraben / und köpffen / oder verbrennen solle / tödtliche Feindschafft / und Haß / anspinnen möge. Gleich wie er eben sowol zugleich hiemit dahin zielen kann / daß der falsche Wahn / als ob der Verstorbene selbst / mit seinem begrabenem Leichnam / also umher wandelte / den Leuten desto fester klebe / und die Einbildung / als müssten sie solches Gespenst / durch einen Pfahl / Schwert / oder Feuer vielmehr / weder durch ein glaubiges Gebet / vertilgen / desto kräfftiger erstarcke.
Deßwegen setzt er auch / wie gleichfalls hierinn ruhm-besagter Herr Haupt-Verfasser hochweislich urtheilet / den Weibsbildern stärcker / als dem Manns-Volck / zu: weil sie nemlich am furchtsamsten / erschrecksamesten / und abergläubiger / als die Männer / seynd. Zu welchem Spruch hochgedachter Herr Haupt-Author sowol kluge Heiden / als verständige Christen / zu Beystimmern hat. Strabo giebt die Weiber aus für Urheberinnen alles Aberglaubens.[14] Plato spricht / sie seyen / in allen Sachen / schwächer / als die Männer.[15] Schwächer nemlich nicht allein am Verstand / sondern auch an Mut und Hertzhafftigkeit. Daher bilden sie sich etwas Ungewöhnliches / oder Unvermutetes / um soviel erschrecklicher [340] vor / und werden darüber desto bestürtzter / seynd auch desto leicht- und abergläubiger; fürnemlich in traurigen Fällen.[16] Die göttliche Schrifft bezeugt es auch selbst / daß sie seyen σκεῦος ἀσθενέστερον, ein schwaches Gefäß.[17] Darum erschreckt / bethört / und besiegt sie der Satan auch viel leichter / weder einen behertzten Mann. Welches / von Alters her / die Erfahrung gewiesen / und / unter Andren / die Nordische Gothen / Dennemärcker / Norweger / und Isländer / zu ihren noch heidnischen Zeiten / schon gemerckt. Gestaltsam Olaus Wormius gedenckt / daß der Satan sich gar offt ihnen / in Gestalt grosser ungeheurer Riesen / vorgestellt; doch nicht so sehr die behertzte Männer / als nur die Weiblein / und Knaben / durch solche gespenstische Erscheinungen / erschreckt.[18]
Wann aber die Istrianische Bäurinnen sich / mit einem gläubigem / eyfrigem / und GOtt-vertrauendem / Gebet wehren / auch sonst eines christlichen Wandels befleissen / und abergläubiger Mittel müssig gehen; wirds dem Teufel wol fehlen / daß er sie / bey Nachtzeit / in Gestalt eines begrabenen Zauberers / sollte nothzüchtigen. Welchen aber dieses begegnet / bey denen muß es besorglich / an einem solcher dreyen Stücken / ermangeln.
Daß aber unvonnöthen sey /solchen / aus dem Grabe hervorgehenden Todten den Leichnam zu durchstossen / besondern dergleichen Gespenster / auf andre christlichere Weise / abgeschaffet werden können; imgleichen / daß solches / wann nach dem Tode / Jemand / aus den Gräbern / sich wieder erhebet / und herum wandert / nicht gleich eine Anzeigung gebe / als ob ein solcher aus dem Grabe erstehender Todter Hexerey / in seinem Leben / getrieben; will ich / durch ein altes / und neues Beyspiel erkenntlich machen.
Wie S. Benedictus etliche / aus dem Grabe wieder aufstehende Personen zur Ruhe gebracht haben soll. Gregorius Magnus erzehlt / es sey / zur Zeit deß H. Benedicti geschehen / daß / als der Diaconus, indem man / in der Kirchen / Messe gehalten / nach damaliger Gewonheit geruffen / wer nicht communicirte / der sollte Andren ausweichen / und Platz geben / eine Amme gewahr worden / wie etliche begrabene Weibsbilder / so von ihr erzogen waren / und für welche sie hernach dem Herrn zu opffern / (das ist Opffer-Gaben auf den Altar zu bringen) pflag / aus ihren Gräbern hervor gekommen / und wieder hinein gegangen. Da habe S. Benedictus, sobald er solches erfahren / mit eigener Hand alsofort eine Opffer überreicht / mit diesen Worten: Ite, & hanc oblationem pro eis offerri Domino facite, & ulteriùs excommunicatae non erunt. Geht hin / und lasst dieses Opffer dem HErrn für sie opffern; so werden sie / von der christlichen Gemein / nicht mehr ausgeschlossen seyn.[19] Worauf diese weibliche Körper nachmals / in ihren Begräbnissen / ruhig ligen geblieben seyn sollen.
Das neuere habe ich / aus der Versicherung / und sichtbarem Gezeugniß eines erbarn / christlichen / glaubwürdigen / und gottsfürchtigen Manns / der noch am Leben / und nicht allein deß Orts / da sichs zugetragen / bürtig / sondern es auch selbst mit angesehn / dazu sich erboten / imfall ichs verlangte / mir / aus selbigem Ort / von dem er zwar anjetzo über hundert und dreyssig Meilwegs entferrnt wohnet / durch Schreiben / von glaubwürdigsten Personen / die Bestetigung darüber zu verschaffen.
Zu Aalburg / in Nord-Jütland / lebte ungefähr vor XXIV. oder XXV. Jahren ein reicher Kauffmann / Thomas Larson genannt / mit seinem Weibe / in grossem Pracht und Uberfluß; welche / weil sie ihm ein stattliches Vermögen zugebracht / solches / durch ihre Hoffart / redlich wieder verzehren halff / und den Mann von einer Ungerechtigkeit zur andern verreitzte / sich aber selbsten ein schweres Verhängniß über den Hals zoch. Dann es geschach / daß sich einsmals / bey Nacht / ein stattlich-bekleideter Fremder in ihrem Hause einfand / welchen der Diener seinem Herrn anmeldete: der ihn auch höflich und freundlich empfing / und / nach Lands-Gewonheit / als Einen / der ihn zu besuchen angekommen / mit Wein tractirte. Sie trancken ziemlich lang miteinander aus zweyen kleinen silbernen Bechern / biß endlich der Fremde einen von selbigen untern Tisch fallen ließ. Der Diener neigte sich geschwinde solchen wieder aufzuheben; erblickte aber / mit höchster Bestürtzung / grosse Klauen an deß vermeynten Cavalliers Füssen; forderte hierauf seinen Herrn beyseits und entdeckte ihm / was er für einen entsetzlichen Gast bey sich hette.
Denckwürdige Begebenheit mit [341] einem Jütländischen Kauffmann. Dieser befihlt alsobald / nach denen Geistlichen zu lauffen; insonderheit aber / [341] daß der Knecht eilends anspannen / fortrennen / und den Herrn Peter von Gutum (Gutum ist ein Marcktfleck unweit von Aalburg / allwo dieser Herr Peter ein Kirchendiener / und seiner Gottseeligkeit halben sehr belobt war) holen sollte.
Die Geistliche stellen sich zwar ein; der Fremde aber zancket sich mit ihnen / und begehret nicht zu weichen. Endlich kommt auch gedachter Herr Peter / welcher / die Reise zu befördern / seine eigene Pferde vorspannen lassen / in gar kurtzer Zeit an. Sobald nun dieser in die Stuben hinein tritt / verschliesst sich der T. untern Tisch. Der Geistliche / durch GOttes Geist ermuntert / redet ihn unerschrocken an / daß er hervorkommen / und / was er hier zu thun habe / sagen sollte. Worauf der böse Geist / mit Entsetzen der Umstehenden / zur Antwort gab: daß er / durch Göttliche Zulassung / Erlaubniß bekommen / die Frau zu holen / und würde es mit ihr schon längst geschehen seyn / wann sie sich nur in der Stuben hette antreffen lassen; begehrte hierauf an den Geistlichen / daß er ihm verstatten mögte / seinen Weg wieder zu nehmen / wo er hergekommen.
Solches ward ihm aber nicht zugelassen: sondern erwehnter Herr Peter von Gutum stieß eine Scheiben aus / wodurch der unreine Geist gehen sollte. Welches auch geschahe; und bezeugten viel hundert / auf der Gassen stehende / und auf diesen Handel Achtung gebende / Personen / daß sie / mit ihren Augen / eine Flamme hetten durchfahren sehen.
Bald hernach stirbt sowol die Frau / als der Mann / aber mit so vielen Schulden / daß auch die Erben den Verstorbenen den Schlüssel auf das Grab warffen. Dann ob er wol / auf seinem Tod-Bette / befahl / Jedermann zu bezahlen / mit Vermelden / daß man noch wol finden würde / die Creditores zu vergnügen; so wollten Jene doch nicht trauen / sondern lieber nicht erben / als auf die Hoffnung eines ungewissen Uberrests / das Ihrige mit daran wagen. Hierauf ward nun alsobald das Haus / und alle Gemächer / vom Gericht versiegelt; aber Siegel und Schlösser kunnten den / bey Nacht wiederkommenden / Kauffmann nicht ausschliessen. Dann sobald dieses Gespenst / welches einen weiten Weg / von dem Kirchhofe / biß nach dem Hause / zu gehen hatte / ankam / sprangen alle Thüren auf / und sahe man bald dieses / bald jenes Gemach / durchs Licht erhellet; hörte auch darauf / wie die Geld-Säcke nacheinander geleeret wurden.
Hieraus ward endlich so eine gemeine Sache / daß täglich unterschiedliche Personen sich über den Fluß zusammen sammelten / den Thomas Larson wiederkehren zu sehen. Welcher sich dann allezeit / in seinem gewöhnlichen Habit / zeigte / und die / so ihn kannten / ihres Wegs ungehindert vorbey gehen ließ; dahingegen denen Fremden / die nichts um solche Begebenheit wussten / so offt sie ihn erblickten / und vor einen wahren Menschen hielten / die Haare auf dem Kopff zu flammen anfiengen / doch ohne die geringste Versehrung. Und dieses traurige Spectacul währete ein gantzes halbes Jahr.
Nachdem aber die Schuldforderer / von der Hinterlassenschafft / welche zu Abführung der Schulden / über Vermuten / noch zugereicht / befriedigt worden: hat man weiter nichts gesehn.
Also haben wir nun Exemplarischen Beweis / daß die Todten-Gespenster / so in deß Begrabenen Kleidung / oder auch Leich-Kleidern / aus dem Grabe / unter die Leute kommen / nicht eben nothwendig für Hexen-Körper zu achten / auch / zu ihrer Beruhigung und Zuruckbehaltung im Grabe / kein durch den Leib geschlagener Pfahl erfordert werde.
- ↑ Das Wort Dirne wird zwar / mancher Orten / für ein Schelt-Wort / genommen; an den meisten aber / für ein ehrliches Mägdlein.
- ↑ Vid. dicti R. Iisaschar Kabalae denudatae Tomus secundus, liber Sohar Tit. XIII. de Porta Spirituum, fol. 118.
- ↑ Ovid. I. 6. Fastor.
- ↑ lib. II. Hist. Natur. c. 39.
- ↑ Garmann. lib. I. de Miracul. Mortuor. Tit. 3. §. 10.
- ↑ P. Schottus lib. 9. Physicae curiosae, cap. 25.
- ↑ D. Frommann. lib. 3. part. 3. Sect. 2. c. 1. de Fascinatione.
- ↑ Vid. Doct. Bartholini Centur. I. Hist. Anatom. 9.
- ↑ Marsilius Ficin. Florentin. lib. 2. de Studiosorum Santiate Tuend. c. 11.
- ↑ Martinus Zeiler / im I. Theil der Traur-Geschichte.
- ↑ Hagecius in seiner Böhmischen Chronic / bey dem 1337sten Jahr.
- ↑ Hagec. ad Annum 1345.
- ↑ P. Balbinus lib. 3. Miscellaneorum historicor. Regni Bohemiae fol. 209.
- ↑ Strabo lib. 7. Geograph.
- ↑ Plato lib. 6. de LL.
- ↑ Gajous pro Lucilla apud Stobaeum. l. 2. p. 143.
- ↑ I. Petri 3.
- ↑ Vid. Ol. Wormius de Literatura Runica fol. in. 99.
- ↑ Gregor, M. lib. 2. Dialog. c. 24.