Die Universitäts-Kirche
Die jetzige Universitätskirche wurde von den Jesuiten auf der Stelle eines ehemals dem Karthäuserkloster St. Johannisberg gehörigen Anwesens wahrscheinlich zwischen 1630 und 1640 erbaut. Im Jahre 1778 ging die Kirche, auf welche die vorderösterreichische Regierung nach Aufhebung des Jesuitenordens Eigenthumsansprüche erhoben hatte, durch Schenkung Maria Theresia’s in den Besitz der Universität über; in der Urkunde bestimmte die Kaiserin, dass die Kirche, welche vordem Collegiumskirche und Kirche »zur unbefleckten Empfängniss« genannt wurde, Universitätskirche heissen und dass darin der academische und der Gymnasialgottesdienst gehalten werden solle. Im Jahre 1783 wurde dann auf Veranlassung Kaiser Joseph’s II. die Kirche mit dem Collegiumsgebäude dem Religionsfonds zur Errichtung eines Generalseminars unentgeltlich überlassen.
Nach Aufhebung dieses Seminars wies sie Kaiser Leopold II. der Hochschule als Eigenthum wieder zu. Im Jahre 1813 beschloss der academische Senat, die ohnehin wenig besuchte Kirche als Bibliothekgebäude zu verwenden, allein zunächst wurde sie jetzt während der Befreiungskriege als Militär-Magazin in Gebrauch genommen. Nach dem Friedensschlusse regte man von verschiedenen Seiten die Wiederherstellung der Kirche an, doch sollten die entsprechenden Arbeiten auf Kosten der Regierung und nicht der Universität ausgeführt werden, weil es sich hauptsächlich um Kriegsbeschädigungen handelte. Die Universität erhielt nun aus der Kreiskriegskasse eine Entschädigung [372] von 800 fl., die Restaurirung erfolgte jedoch nicht. Im Jahre 1820 ging man nochmals mit dem Gedanken um, die Kirche zu einer Bibliothek einzurichten; gleichzeitig aber erfolgte eine Anfrage des Grossh. Kreisdirectoriums, ob die Kirche verkauft oder zur Benutzung für die hiesige evangelische Gemeinde überlassen werden solle. Endlich schritt man im Jahre 1826 zu den Wiederherstellungsarbeiten, für welche die Mittel durch freiwillige Beiträge aufgebracht wurden. Nachdem die Kirche dreizehn Jahre lang profanen Zwecken gedient hatte oder geschlossen gewesen war, wurde am 5. November 1826 zum erstenmal wieder Gottesdienst darin gehalten. Am 21. October 1827 aber fand hier sogar in Gegenwart des Landesherrn die Consecration des ersten Erzbischofs von Freiburg statt, aus welchem Anlasse auch der Apostelchor hergestellt wurde, ein östlicherseits loggienartig in Stockhöhe an den Chor der Kirche angebauter Raum, der seine Benennung davon erhielt, dass hier die Apostelbilder aufgehängt waren, welche jetzt an den Wänden des Langhauses angebracht sind.
Von 1827 an wurde die Kirche wieder ihrer Bestimmung gemäss für den academischen und Gymnasialgottesdienst verwendet, vom 25. October 1857 bis Ostern 1873 auch für den Militärgottesdienst und von 1857–1875 für den Gottesdienst des erzbischöflichen Knabenseminars benützt. Im Jahre 1873 wurde sie nebst Inventar den Altkatholiken der Gemeinde Freiburg unentgeltlich zur Benutzung überlassen, jedoch dient sie seit dem Juni 1894 wieder dem römisch-katholischen Gottesdienste für Universitätsangehörige.
Die Anlage ist im Grundgedanken nach der von Vignola in Rom erbauten Kirche del Gesù durchgeführt, welche für eine Reihe von Kirchen der Jesuiten das Vorbild war. Das aus drei je 15 m breiten Jochen gebildete Langhaus ist mit einem 11,40 m weit gesprengten, durch Gurtbögen verstärkten Tonnengewölbe überdeckt. Zu beiden Seiten des Langhauses sind je drei Kapellen von 2,85 m Tiefe angelegt, welche mit Kreuzgewölben überspannt sind. Ueber den beiden Kapellenreihen sind Emporen aufgeführt; diese werden, entsprechend den Kapellenbreiten, von senkrecht zur Langhausachse angeordneten Tonnengewölben überdeckt, welche lünettenartig das Tonnengewölbe des mittleren Langhauses unterbrechen. Der Chor setzt sich in der Breite des Langhauses 6,98 m lang fort und endigt als halbkreisförmige Nische, über welche ein unmittelbar an das Tonnengewölbe des Langhauses anschliessendes Kuppelgewölbe gespannt ist. Die Gewölbe haben durchweg eine Stärke von einem halben Stein. Ihre Felder sind mit reicher Stuckverzierung geschmückt, während die Wände durch eine mannigfach [373] gegliederte Pilasterarchitectur in Stuck wirkungsvoll belebt werden. An den Haupteingang der Südseite schliesst sich eine Vorhalle an, zu deren beiden Seiten Treppen auf die Emporen führen. Oberhalb der Vorhalle selbst liegen zwei Emporen übereinander, von welchen die obere mit der Orgel als Sängerbühne benützt wird.
Die reiche Barock-Architectur des Hochaltars ist in imitirtem Marmor mit Vergoldung ausgeführt. In den beiderseits angelegten Kapellen befinden sich je drei Nebenaltäre, welche in derselben Weise,
nur in einfacherer Architectur hergestellt sind. Die Kanzel bietet ein ungewöhnlich schönes Beispiel von vergoldeter Holzarbeit im Stile der ganzen Ausstattung.
[373] Unter dem Boden des Langhauses befindet sich ein katakombenartiger Raum, in welchem sechsundfünfzig Mitglieder des früheren Jesuitencollegiums bestattet sind. In der westlichen Wand des Chores ist eine Grabplatte eingemauert, welche das Bildniss des Johannes Kerer nebst Nachrichten über sein Leben und Wirken enthält. Kerer war [374] zu Anfang des 16. Jahrhunderts Weihbischof von Augsburg, sodann Lehrer des Gymnasiums und zuletzt Rector und Professor der Universität [375] zu Freiburg. Er ist der Begründer des Collegium Sapientiae, einer Stipendienstiftung für Studirende der beiden genannten Lehranstalten. [376] Ob sein Leichnam an dieser Stelle wirklich beigesetzt ist, lässt sich nicht bestimmen.
[375][376] Oestlicherseits schliesst sich an die Kirche die Sakristei an, ein Raum von 9,45 m Länge und 5,75 m Breite, welcher mit einem Spiegelgewölbe mit Lunettengliederung überdeckt ist. Hier befindet sich eine Anzahl in Holz hergestellter und reich im Barockstil geschnitzter Kirchenmöbel. Nördlich ist der Kirche in der Verlängerung ihrer Achse ein Thurm von bescheidenen Formen angefügt, der mit einer Zwiebelkuppel abgedeckt ist. Architectonisch bedeutsam ist von dem Aeusseren nur die Südfaçade, welche in wirkungsvoller Weise im Stile der italienischen Hochrenaissance durchgebildet ist. Ein in Oel gemaltes Bild der Kirche und des Collegiengebäudes, welches eine reichere Architectur zeigt als die zur Ausführung gekommene, wird in dem theologischen Konvikt aufbewahrt.